Die Bewerbung für die Saison 2020 hatte Jochen Kiefer noch gar nicht abgegeben, als ihn die Botschaft erreichte, dass er seine Pläne fürs nächste Jahr streichen kann. „Ein-Fahrer-Teams sind der Dorna ein Dorn im Auge“, das wusste Kiefer schon lange. Sie wollen die kleinen Teams aus der WM drängen. Weniger Teams heißt gleich geringere Kosten – aus Sicht der Dorna. Die Startplätze sollen in der Moto2 deshalb von 31 auf nächstes Jahr nur noch 28 reduziert werden.
Der Ausschluss von Kiefer Racing führt aber nicht zu weniger Startplätzen, denn der bisherige Startplatz soll an das Petronas Team gehen. Diese Strategie baut die sowieso schon große Dominanz der spanischen und italienischen Rennteams noch weiter aus. Das empfindet nicht nur das Team von Jochen Kiefer als Affront, auch andere Teams äußern Bedenken zum Vorgehen der Dorna. Peter Öttl, der zusammen mit Max Biaggi ein Moto3-Team unterhält, äußerte sich gegenüber sueddeutsche.de folgendermaßen: „Die Großen mit viel Geld verdrängen die kleinen Teams. Wenn es tatsächlich so kommt, dann ist das nicht okay.“
Ausgezeichnete Aufbauarbeit beim Nachwuchs
Die Finanzierung für ein zweites Motorrad und einen zweiten Fahrer für die Moto2 2020 hätte das Kiefer-Team nachweisen können, berichtet motorsport-total.com. Das Team zählt zu den erfolgreichsten privaten Rennställen der letzten zehn Jahre und steht für ausgezeichnete Aufbauarbeit beim Nachwuchs. Aber darum scheint es der Dorna nicht zu gehen, was auch bei den deutschen Motorrad-WM-Fans auf Unverständnis stößt. Sie starteten eine Online-Petition „Für den Erhalt des Traditionsteams Kiefer Racing in der Moto2“. Und Jochen Kiefer gibt sich kämpferisch: „Wir werden nicht so schnell aufgeben, damit vielleicht maßgebliche Herrschaften in Deutschland aufmerksam werden und gemeinsam mit den Verantwortlichen der Weltmeisterschaft diese Entscheidung nochmals überdenken.“
Vor allem für den deutschen Nachwuchs wäre es ein herber Schlag, wenn es dabei bliebe, dass Kiefer Racing keinen Startplatz in der Moto2 bekommt. Mit dem aktuellen Fahrer Lukas Tulovic (19 Jahre) hatte der Rennstall viel vor: Für die Saison 2021 hatten sie den WM-Titel im Visier. Und als zweiten Fahrer womöglich Jonas Folger auf dem Zettel, der nach seinem Burn-Out wieder zurück in die WM möchte.
2011 WM-Titel mit Bradl

Mit Stefan Bradl gewann Kiefer Racing 2011 zuletzt die WM, insgesamt stehen zwei Titel auf dem Konto des Teams, 13 WM-Siege und 15 Jahre im Motorrad-WM-Zirkus, wobei Kiefer auf 30 Jahre Motorsport „Made in Germany“ zurückblicken kann. Bis zum Grand Prix in Malaysia 2017 leitete Jochen Kiefer das Team zusammen mit seinem Bruder Stefan. Dieser starb im Alter von 51 Jahren während des Grand Prixs in Sepang an einem Herzinfarkt. „Durch den Schicksalsschlag von meinem Bruder waren wir schon einmal kurz davor zu gehen. Aber wir haben gesagt, wir machen weiter. Und das ist leider nur auf zwei Jahre verlängert worden.“