Porträt Fritz Walter Egli

Porträt Fritz Walter Egli Ein Blick in die Vergangenheit

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Über dem Motor nicht viel mehr als ein zehn Zentimeter dickes Rohr aus Präzisionsstahl, vorne den Lenkkopf dran und hinten zwei Streben zur Schwingenachse. Mit derart einfachem wie effektivem Rahmenbau wurde Fritz Walter Egli weltberühmt. Völlig zu Recht.

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Die Motorradszene bezeichnet ihn als Wunder, sein Erbauer eher als Ergebnis technischer Analyse und sorgfäl­tigen Aufbaus: den Egli-Zentralrohrrahmen. Erfunden im Jahr 1967, ins Bewusstsein weiterer Kreise gerückt, nachdem sie von den Unzulänglichkeiten japanischer Rohrgeflechte gehört und gelesen hatten, womöglich gar eigene Erfahrungen sammeln mussten.

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Wie auf Schienen, so lief ein Honda-Motor Anfang der 70er eben nur im Egli-Rahmen. Anderen Triebwerken erging es ebenso, angefangen mit jenem der 1000er-Vincent, die der junge Fritz fürs Siegen herrichten wollte. „Ich hatte einen Bastard aus Rapide und Black Shadow-Motorenteilen auf das Niveau des Production Racers Black Lightning gebracht“, erzählt er.

Fahrwerke der bekannten englischen Tuner hoffnungslos überlegen

Mit knapp 70 PS bewegte Egli in der Open Class der Schweizer Meisterschaft das mit Abstand stärkste Motorrad. „Auf den wenigen Rundkursen, die wir befuhren, hatte ich gute Chancen. Aber meistens trafen wir uns doch zu Bergrennen, und dort gab es oft schreckliche Fahrbahnbeläge. Mit Rillen und Absätzen und Schlaglöchern. Da waren die Fahrwerke der bekannten englischen Tuner hoffnungslos überlegen.“

Schon von Kindesbeinen an hatte sich Fritz für Mechanik im Allgemeinen und Motorräder im Speziellen interessiert, daraus entwickelte sich bald nicht nur ein handwerkliches, sondern auch analytisches Talent. „Ich musste nicht Ingenieur sein, um die Schwächen meiner Vincent zu kennen. Lenkkopf und Schwingenlagerung sollen möglichst direkt und verwindungsfrei verbunden werden. Punkt.“ So kamen das 100er-Rohr ins Spiel und die nur auf Zug und Druck beanspruchten Streben zu den Achsaufnahmen. „Zweiter großer Unruheherd war damals die Schwinge. Die meisten bestanden aus dünnen Röhrchen, 25 Millimeter oder ein Zoll Durchmesser“, erinnert sich Egli.

Ovale Rohre mit deutlich größerem Querschnitt

„Die verwanden sich schon, wenn die Federbeine etwas unterschiedlich funktionierten.“ Also ging er die Sache grundsätzlich an und setzte ovale Rohre mit deutlich größerem Querschnitt ein. „Ich will nicht ausschließen, dass es eine ähnliche Konstruktion schon mal gegeben hat“, bleibt Egli bescheiden. „Aber mir war seinerzeit keine bekannt. Dabei ist es nur logisch.“ Ebenso logisch ist, die Schwinge in guten Kegelrollenlagern drehen zu lassen. Bis auf den Lenkkopf, bei dem er nach einiger Zeit ebenfalls von Kugel- auf Kegelrollenlager umstieg, hat Egli prinzipiell an seinem Rahmen nie was ändern müssen.

Obwohl er sich keinen Stand leisten konnte, präsentierte er sein Motorrad 1967 auf der Messe ZÜSPA in Zürich. „Ich hab es da einfach reingeschoben. Das war Piraterie“, schmunzelt er zufrieden, „aber ich glaube, sie war berechtigt: Alle wollten dieses Motorrad sehen.“ Nur MOTORRAD nicht, denn im ZÜSPA-Bericht des damaligen Chefredakteurs Siegfried Rauch taucht die Egli-Vincent mit keinem Wort auf. „Dafür war der Klacks ein Jahr später da.“ Jetzt muss Egli lachen: „Ich kannte den doch nur vom Namen her und hab gedacht, der kommt vom Straßenverkehrsamt oder so, weil er alles wissen wollte. Lenkkopfwinkel, Nachlauf, Wandstärke der Rohre...“ Zu seiner besten Werbung jedoch gerieten nicht die Messe-, sondern die Sportauftritte. Nachdem er selbst Schweizer Meister geworden war, sorgten seine Fahrer Fritz Peier und Florian Bürki für spektakuläre Erfolge namentlich in England und lösten einen echten Run auf Egli-Fahrwerke aus.

Sport & Szene

Ab 1970 sorgten Egli-Hondas für Furore

Dann kamen die Japaner, und daran erinnert sich Fritz Egli gern. „Ich hatte von Anfang an höchsten Respekt vor den japanischen Ingenieuren. Bis in die 60er-Jahre lebten wir mit diesen Singles und Twins aus England. Die waren schön, gewiss, aber haltbar waren sie nicht.“ Anders die Honda CB 450, von deren Tuning­potenzial Egli noch heute schwärmt. „Und die CB 750 erst, die war einfach gigantisch. Der Motor, so sauber durch­konstruiert. So haltbar. Den hast du nur mit dem Hammer kaputt gekriegt.“ Ganz und gar nüchtern jedoch fügt er an, wie wenig deren verwindungsfreundliche Fahrwerke für den Sporteinsatz taugten und dass er ­etwas viel Besseres auf Lager hatte: Ab 1970 sorgten Egli-Hondas für Furore. Begeisterung und Ana­lyse – zwischen diesen Eckpunkten pendelt Eglis Motorradleidenschaft hin und her. Was ihn nicht begeistert, muss er verbessern, um es zu verbessern, muss er analysieren.

Erst die letzten 20 Jahre brachten ans Licht, dass die Begeisterungsfähigkeit des schnellen Feinmechanikers schon weit unter 100 PS einsetzt. Als MZ-Importeur bauten Egli und sein Team sauschnelle Supermotos auf und hauchten dem als phlegmatisch verrufenen Antrieb der Sachsen-­Kräder, dem 660er-Fünfventil-Single von Yamaha, über 80 PS ein. Als Royal Enfield-Importeur dagegen verlegte er sich zunächst darauf, den Serienstandard der indischen Einzylinder auf ein akzeptables Niveau zu heben. Erst danach kam die Zeit für sportliche Anflüge, für 535 und sogar über 600 cm³, für 30 und mehr PS, für andere Federelemente und auch fürs Zentralrohr – und alles zusammen schob die Entwicklung des Serienmodells Continental GT maßgeblich an.

Mittlerweile 77 Jahre alt

Als Sammler gar ge­nügen Egli die nicht mal zehn PS einer 150er-Gilera oder einer 250er-Guzzi Airone. Umhegte Mitbringsel aus ­seinem geliebten Urlaubsland, passioniert aufgebaute ­Genussmittel, und doch kann der Analytiker es nicht ­lassen, sie mit Kröber-Drehzahlmesser zu bestücken. Derzeit kurvt er am liebsten mit einem Vincent-Gespann durch den Kanton Aargau. Auch ein Dreirad mit Hatz-Diesel hatte schon mal die Favoritenrolle inne, und wer ihn nach seinen Lieblingsmotorrädern fragt, erhält einen amüsanten Vortrag über sein geliebtes Fahrrad mit Hilfsmotor. „Das war ein kleines Ding, aber es war für einen 15-Jährigen die ganz große Freiheit.“ 

Fritz Egli ist nun 77 Jahre alt, und ganz langsam hört er auf, immer nur nach vorn zu schauen. Wie sonst wäre zu erklären, dass er sich eine Vincent Black Shadow aufbaut. Nicht mit Zentralrohr, sondern mit Originalrahmen. Andererseits ist Fritz Egli erst 77 und denkt nicht daran, nur nach hinten zu blicken: Vor fünf Jahren hat er mit einem ­Suzuki Hayabusa-Umbau auf dem Salzsee bei Bonneville den Geschwindigkeitsrekord für Gespanne ge­brochen. 332 km/h. Jetzt will er eine Traktionskontrolle einbauen, damit vielleicht noch mehr geht.

„Ich liebe Langstreckenrennen“

Verrückte Sachen eben. Sie zählen bei Egli zur ­Firmengeschichte – die MRD 1 von 1981, das von Luigi Colani verkleidete Weltrekord-Motorrad aus dem Jahr 1987. Eigentlich ging das schon damit los, dass die kleine Voralpen-Manufaktur sich im Sport mit den Werksteams messen wollte, 1973, beim Bol d‘Or. „Ich liebe Langstreckenrennen“, schwärmt Egli noch heute, „denn da muss sich wirklich jedes Teil eines Motorrads extrem bewähren.“ Seit 1969 dominierte Honda diese Wettbewerbe, auch Egli tunte zunächst einen CB 750-Motor. Der kam nicht weit.

Im Jahr drauf setzte er den 1000er von Kawasaki ein, und Godier/Genoud siegten. Das taten sie danach noch häufig, und als Folge baute Egli – überwiegend für Honda- und Kawa-Motoren – mehr Rahmen denn je. „Stimmt eigentlich nicht“, korrigiert er, „die haben wir damals schon bauen lassen. Zuerst bei einem Schweizer, dann bei einem süddeutschen Hersteller von Stahlmöbeln. Das hat sehr gut geklappt.“ Anfangs waren die Rahmen hartverlötet, später dann geschweißt. Für den Kunden, so Egli, sei das egal. Einige von ihnen kauften damals nur das Rohrwerk. Einige kauften fertige, aber nach ihren Vorgaben individuell aufgebaute Motorräder. Viele kauften einen Kit mit Rahmen und Rädern und Verkleidung, Tank sowie Sitzhöcker und Federelementen.

Mitte der 80er erste Motoren mit Fallstrom-Ansaugwegen

Schon für die Egli-Honda mit CB 750-Motor hatte Fritz Egli ab 1973 zunächst in der Schweiz, dann bei Mahle und letztlich bei Campagnolo gefertigte Elektron-Gussräder im Angebot. Weniger ungefederte Massen, klar, geringere Kreiselkräfte. Bald offenbarten angesichts steigender Motorleistungen die Gabeln echte Schwächen. Eine dickere Radachse passte nicht in die gängigen Radnaben. „Also haben wir eine Gabel mit Doppelrohr-Stabilisator über dem Schutzblech entwickelt“, berichtet Egli gelassen. „Da konnte sich erst mal nichts mehr verwinden.“ Alles so logisch, so klar. Warum sind denn die anderen nicht darauf gekommen? „ Das müssen Sie die anderen fragen.“ Manche von den anderen haben aber auch bei ihm gefragt. Sogar Ducati war sich nicht zu schade, für Versuchszwecke ganz offiziell Rahmen zu ordern. Und die Gussräder gleich dazu.

Im Gegenzug – und als Bezahlung – erhielt Fritz Egli ein paar schnelle Motoren, und so entstanden die ersten Egli-Ducati. Die Japaner gingen diskreter vor, aber auch sie haben den Bettwiler Stabilbau aufmerksam studiert. Ab Mitte der 80er hatten sie den Bogen raus. Da wurde es eng für Europas Fahrwerksschmieden. Und gleichzeitig kamen die ersten Motoren mit Fallstrom-Ansaugwegen. Bei denen liegen die Vergaser dort, wo Fritz Egli sein Zentralrohr verlegt. Er hat darüber nur sehr kurz gegrübelt. „Ich kann mich nicht um alles kümmern, oder?“

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