Reportage Suzuki GSX-R 750 Cup

Reportage Suzuki GSX-R 750 Cup Versuchslabor

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Einst Profi in der IDM, dann im Big Brother-Container und schließlich ganz verschwunden, hatte Marco Eismann wieder Lust auf Rennfahren. PS setzte ihn im Cup auf die Suzuki GSX-R 750 – ein Experiment.

Versuchslabor Kalkhake

Das Leben eines Profi-Rennfahrers kann ein Traum sein. Wenn das Motorrad funktioniert, das Team stimmt und der Fahrer entsprechende Ergebnisse liefert. Marco Eismann hat das erlebt, als er in der IDM Superbike startete. Dieses Leben kann aber auch zum Albtraum werden, bis es tief drin so weh tut, dass kein Motorrad der Welt mehr Freude macht. Auch das musste der Blondschopf aus der Gegend um Stuttgart erfahren.

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Danach ist er sechs Jahre auf keinem Rennmotorrad mehr gesessen. „Die IDM war ein Traum, der mit Anfang 20 schneller vorbei war, als mir lieb sein konnte“, erzählt der jetzt 29-Jährige im Fahrerlager von Hockenheim. Gerade ist er wieder seine ersten Runden überhaupt im Sattel eines Supersportlers gefahren, im Qualifying des GSX-R 750 Cups. Der Suzuki-Markencup fährt beim IDM-Saisonfinale im Rahmenprogramm und bietet damit die perfekte Versuchsanordnung für das PS-Experiment mit „Eisi“ – Rückkehr nach sechs Jahren absoluter Abstinenz. „Nach zwei Kurven hatte ich wieder dieses super Gefühl und diese unbändige Freude, auf einem Rennmotorrad zu sitzen“, strahlt er. Schon in seiner zweiten Runde im ersten Qualifying legt er eine gute Zeit hin und rückt nach zwei weiteren Runden mit 1.37,5 Minuten auf Platz sechs in die hochklassige Top Ten vor, in der die Vordersten noch um den Meistertitel fighten.

Sofort erwacht der alte Racer-Ehrgeiz und Eismann gibt zu, dass er dieses Gefühl von früher kennt. Sein Spaß am Experiment und das lockere „Schau mer mal“ weicht dem Willen, im zweiten Qualifying noch ein paar Sekündchen zu finden. Doch der Schuss geht nach hinten los. Statt einer besseren Zeit tritt Eismann auf der Stelle und rutscht auf Startplatz zwölf ab – die Jungs im Cup sind keine Nasenbohrer und stehen nach einer langen Saison voll im Saft. Da wird niemandem etwas geschenkt – schon gar keinem Ex-IDM-Fahrer.

Ende 2008 wollte ihn kein Team mehr

„Wie früher“, winkt Marco nachher in der Box ab. „Ich war mir sicher, schneller fahren zu können, hab mir aber viel Druck gemacht und war dabei völlig verkrampft.“

Wie damals, 2008. Eisi fuhr auf einer MV Agusta F4 an der Seite von Ex-Supersport-Weltmeister Jörg Teuchert in der Superbike-IDM, hatte im Jahr davor einige sehr gute Ergebnisse eingefahren und damit die Erwartungen im Team und bei den Sponsoren entsprechend angefacht. Während der Vorsaison-Tests kippte dann langsam die Stimmung, Eismann fühlte sich vom Team vernachlässigt. Die Atmosphäre und der Druck setzten dem sensiblen Burschen so zu, dass er psychisch bald am Boden lag. „Fährst du gut, bist du der Größte. Geht das mal nicht, bist du sofort der Depp – so läuft das in dem Sport, in dem es auch immer um sehr viel Geld geht“, resümiert der Schwabe, der erst mit 16 ernsthaft mit Motorrädern anfing und dann schnell im ADAC-Junior-Cup sein Talent unter Beweis stellte.

Ende 2008 wollte ihn kein Team mehr, und ohne Sponsorengeld war die IDM nicht zu machen. Ein Angebot, bei der TV-Sendung „Big Brother“ in den Container zu ziehen, nahm Eismann dankend an in der Hoffnung, mit etwas TV-Glamour im Rücken vielleicht doch wieder Motorradrennen fahren zu können. Die Rechnung ging nicht auf, die Karriere des Profi-Rennfahrers Eismann war mit 23 Jahren abrupt zu Ende.

Im Gixxer-Cup bekommt keiner etwas geschenkt

Renntag im Cup. Marco wirkt nervös. Er will sich im Feld der Cuppies nicht blamieren, „aber so richtig Druck, unbedingt ein gutes Ergebnis einfahren zu müssen, damit du morgen deine Brötchen kaufen kannst, ist schon etwas anderes“, freut sich Eismann, einfach wieder dabei zu sein, Rennluft zu schnuppern. „Wenn man das einmal eingesogen hat, dieses Treiben im Fahrerlager, die Gespräche unter Rennfahrern, dann lässt einen das nicht mehr los. “

Und es ist Eisi-Wetter, denn es regnet vor dem Start, dann trocknet die Strecke teilweise ab. Eismann legt einen tollen Start hin, überholt schon fleißig in der ersten Runde und liegt gleich auf Platz vier. „Ich hab schon wieder das rote Tuch gesehen und wollte sogar gewinnen“, schüttelt er später in der Box den Kopf. Zur Rennmitte hat er auf der GSX-R mit Startnummer zwei den drittplatzierten Kjel Karthin, den späteren Cup-Meister, direkt vor sich. Nach der IDM-Anbindung auf die Mercedes-Tribüne zu will Eismann angreifen, spätestens beim Umlegen auf rechts hin zum Motodrom soll es sein. Doch plötzlich schmiert das Hinterrad weg. Als es wieder Grip aufbaut, hievt es Eisi aus dem Sattel. Aus dem folgenden Handstand wird ein mutiger Rettungsversuch, und der Comeback-Pilot knallt mit den Kronjuwelen mächtig auf den Tank.

Ohne Luft, dafür mit Schmerzen, kann Marco nur noch dahinrollen und bricht das Rennen schließlich ganz ab. Nach der ersten Enttäuschung und dem Ärger über die brenzlige Situation kann er aber bald wieder lachen. „Niemand ist sauer, das ist eben Racing rein aus Spaß. Ich wollte auch nichts kaputt machen und mich nicht verletzen“, resümiert er den ersten Umlauf. Sein Speed war bis zu dem Zeitpunkt sehr gut, bis zum Ausscheiden fuhr er die schnellste Runde im Feld und Marco konnte zeigen, dass man einen gewissen Grundspeed nicht einfach so verlernt. Außerdem gibt es hier immer eine zweite Chance, später in Rennen zwei. 

Viel Ehrgeiz steckt immer noch in ihm

Diesmal gießt es richtig. Wieder macht er seinem früheren Ruf als guter Starter alle Ehre. Aber im GSX-R 750 Cup wird mit harten Bandagen gekämpft. Wer eine Top-Platzierung will, muss entsprechend dagegenhalten.

Eisi schiebt sich von zwölf bis auf Platz fünf vor und muss mehr als einmal die Ellenbogen ausfahren. Aber selbst Berührungen mit den Gegnern schrecken ihn nicht, so viel Ehrgeiz steckt immer noch in ihm. Im Gegensatz zu einem IDM-Fahrer unter Duck bleibt er jedoch cool und weiß die Situation einzuschätzen. Als es immer schlimmer zu regnen beginnt, steckt Eisi zurück. Die gebrauchten Regenreifen schaffen es nicht mehr, das Wasser so wegzudrücken, dass man risikofrei dagegenhalten könnte. Die Heißsporne ziehen vorbei, der Ex-Profi schaltet auf Genießen um und wundert sich schon über den Kampfgeist und die Bereitschaft der Cuppies, für ein gutes Saisonergebnis noch mal einiges zu riskieren.

Als die Nummer zwei sich nach der Zielflagge in der Sachskurve mit den Konkurrenten zum kollektiven Burnout aufstellt, spürt man, dass Eisi der elfte Platz völlig egal ist. Stattdessen sieht man einen Kerl, dem das Motorradfahren einmal alles bedeutete, ihn dann aber regelrecht krankgemacht hat. Nun steht er da unten inmitten der Suzuki GSX-R-Cup-Recken und strahlt übers ganze Gesicht: „Es hat so einen großen Spaß gemacht. Tolle Jungs hier, ein tolles Rennmotorrad – ich würde es jederzeit wieder machen.“ Mal sehen Eisi, Spaß kann man auch in der Saison 2015 wieder haben.

Kurz-Porträt Marco Eismann

Kalkhake
... immerhin ist das Wetter nicht optimal: Es regnet vor dem Start.

Marco Eismann wurde 1985 in Stuttgart geboren. Mit sechs Jahren entdeckte er seine Liebe zu Motorrädern bei einem Klassenkamerad, der einen Suzuki DS 80-Crosser besaß. Nach vielen Überredungsversuchen durfte der kleine Eisi mal mit zum Fahren. Danach wollte er unbedingt Profi-Rennfahrer werden. Aber als Eismanns Eltern umzogen, war der Traum schnell ausgeträumt – vorerst. 

Mit elf Jahren hatte Marco genug zusammengespart, um sich selbst eine DS 80 zu kaufen, mit der er die Stoppelfelder rund um seinen Heimatort unsicher machte. Mit 16 folgte der 125er-Führerschein und eine RS 125 von Aprilia. Um die Sache richtig anzugehen, rief Eismann einfach beim ADAC an und fragte, wie er auf eine Rennstrecke kommt. Es folgte die Einladung zur Sichtung zum ADAC-Junior-Cup 2001, und Eisi wurde Zweiter. Dann trat er zur Quali beim Vorläufer des heutigen MotoGP-Rookies Cups an, ergatterte von 540 Bewerbern einen der 25 Plätze. Am Ende der Saison war er Elfter und stieg in die 125er-IDM auf. Dort lief es nicht so gut, Eisi fehlte das Geld für das richtige Material. 2005 stieg er um in den Suzuki GSX-R 1000 Cup und wurde Gesamt-Dritter. Das Superbike-IDM-Debüt im Jahr darauf auf Suzuki ging nicht so glatt, aber das Team Inghart holte Eismann auf die MV Agusta. Nach zwei Jahren war der Traum vorbei: Karriere-Ende mit 23.

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