Jetzt ist es soweit: Jetzt frage ich mich, was ich hier eigentlich mache!" Axel Prahl ist noch nicht richtig munter, aber wirklich maulig ist er nun auch nicht. Dabei hätte er allen Grund dazu, denn er steht an einem eiskalten Oktober-Mittwochmorgen um 7.20 Uhr im tiefsten Mecklenburg-Vorpommern einsam auf einem betongrauen Gewerbe-Hinterhof. Schlimmer noch: Im Hotel gabs keinen Kaffee, und seine geliebten Kippen hat er auch vergessen. Axel wartet auf seinen Fahrlehrer und wirkt in Warnweste und mit Roller-Jethelm wie eine skurrile Mischung aus Straßenbauarbeiter und Lord Helmchen aus Mel Brooks Filmklamotte "Spaceballs". Zwei abschließende Fahrstunden und eine praktische Fahrprüfung hat er noch vor sich. Dann müsste er ihn haben: den Motorradführerschein.
Mit bereits 49 Jahren, was mal wieder typisch für den Norddeutschen ist. Typisch für den Axel Prahl, der erst mit deutlich über 30 Jahren den Durchbruch als Film- und Fernseh-Star schaffte. Und auch typisch für den Axel Prahl, zu dessen wesentlichen Charaktereigenschaften Gelassenheit und Durchhaltevermögen gehören. Doch erzählen wir die Führerschein-Spätstarter-Geschichte der Reihe nach.
Dreharbeiten für den Kinofilm "Berlin 36": Axel Prahl spielt den Leichathletik-Trainer Hans Waldmann und darf (natürlich auf abgesperrter Strecke) eine 1936er-Harley fahren. Fußkupplung, Handschaltung - das ist nicht nur für denjenigen eine Herausforderung, dessen ganze Motorrad-Erfahrung aus jugendlicher NSU-Quickly-Quälerei besteht. Doch Axel bewältigt die Aufgabe gewohnt professionell und kommt schwer angefixt mit dem Oldtimer-Ausleiher, einem Hannoveraner Harley-Händler, ins Gespräch. Üblicher Smalltalk: "Wollte immer schon Führerschein machen, nie geschafft, keine Zeit..." Der Händler spricht die magischen Worte: "Academy of Motorcycling." Das ist es! Der mit Harley-Rückendeckung agierende Veranstalter bietet im Robinson Club Fleesensee (Müritz, Mecklenburg-Vorpommern) und auf Mallorca Wiedereinsteiger-Kurse ("Back to Biking") und eben auch Führerscheinkurse ("Learn to Ride") an, die in Form eines Rundum-Sorglos-Pakets die Teilnehmer praktisch zu ihrem Glück zwingen. Etwas Zeit und etwas mehr Geld muss man mitbringen, den Rest erledigen Organisations-Genies wie Academy-Leiter Günther Kanz, Harley-Verstrahlte wie Armin Beuster und das Team der Fahrschule Wegner.
Axel Prahl nimmt sich zwei Wochen Auszeit und ist damit nicht allein: Doris (58), eine ehemalige Lehrerin aus Brandenburg, und Peter (45), EDV-Kaufmann aus Hannover, gehören zu seiner Rookie-Bezugsgruppe. Gemeinsam büffelt man in zehn Doppelstunden Theorie, gemeinsam dreht man mit MZ RT 125 die ersten Runden auf dem Hof der Fahrschule. Zum Promi-Gucken bleibt für Doris und Peter gar keine Zeit, denn das Ausbildungsprogramm ist eng gesteckt, und außerdem ist Axel Prahl privat so herrlich bodenständig und normal.
Der Schauspieler Axel Prahl ist extrem wandlungsfähig. Vom sympathischen Ossi-Verlierer bis zum schlimmsten Kotzbrocken hat er alles drauf. Zumindest als Fahrschüler ist er seiner bekanntesten TV Figur, dem Tatort-Kommissar Frank Thiel, aber recht nah: Sehr ruhig, genau beobachtend, etwas perfektionistisch veranlagt und in dramatischen Situationen den nötigen Ernst ab und an vermissen lassend - Kommissar Thiel und Motorrad-Novize Prahl handeln oft sehr ähnlich.
Seinem Fahrlehrer Ronald Wiese (46) macht es Axel leicht: "Er musste noch etwas lernen, Geschwindigkeitsbeschränkungen ab dem Verkehrszeichen und nicht erst 150 Meter dahinter einzuhalten. Stoppschilder und Wohngebiete klappen sehr gut, da merkt man, dass er aus Berlin kommt. Insgesamt ein einfacher Fahrschüler, bei Problemen kann man gut mit ihm sprechen." Zwölf Stunden vorgeschriebene Sonderfahrten, 14 normale Fahrstunden, jede Menge Regen und ein paar umgeschmissene Hütchen später ist Axel reif für die Praxis. Die theoretische Prüfung haben er und seine seine beiden Mitschüler bereits mit Bravour gemeistert, nach 15 von erlaubten 50 Minuten war alles erledigt.
Doch nun muss Prahl dem Dekra-Prüfer Dieter Neuhaus (55) zeigen, was er in der Praxis drauf hat, die Regie-Anweisung lautet "Action!". Axel lässt die 1200er-Sporty auf kurvigen Landstraßen rund um Waren/Müritz ordentlich fliegen. "Bei Autoführerschein-Besitzern achtet der Prüfer mehr auf die allgemeine Fahrzeugbeherrschung, weniger auf Stadt-Schleicherei", erläutert Fahrlehrer Wegner anschließend die überraschend dynamische Prüfungsfahrt. Bei den sechs Grundfahrübungen bleiben alle Hütchen stehen, und spätestens jetzt weiß Axel Prahl auch wieder, was er hier eigentlich gemacht hat: endlich den Motorrad-Führerschein! Infos: www.harley-davidson.de (Services/Motorrad Training); www.axelprahl.de.
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Zur Person
Axel Prahl kam am 26. März 1960 in. Eutin zur Welt und wuchs in Neu-stadt in Holstein bis auf 1,67 m. Eine recht abwechslungsreiche Schulkar-riere (Hauptschule, Realschule, Hauptschule, Berufsfachschule, Fachgymna-sium) endete mit Abitur. Axel wollte erst Grundschullehrer werden und studierte in Kiel fünf Semester Musik und Mathematik. 1982 bis 1985 folgte dann doch lieber ein Schauspielstudium, danach gings an diverse Bühnen (u. a. Kinder- und Jugendtheater GRIPS in Berlin). Den ersten TV-Auftritt gabs 1994, den ersten Kinofilm 1999.