Shiftcam hat die variable Ventilsteuerung beim Motorrad auf ein neues Level gehoben. Bevor BMW das System mit der verschiebbaren Nockenwelle in Serie brachte, arbeiteten vergleichbare Systeme rein über das Verändern der Steuerzeiten eines einzelnen Nockenprofils. Nächster Schritt scheint bei BMW Motorrad zu sein, die Technik auf den aktuell kleinsten Motor der Marke zu transferieren. Ein entsprechendes Patent lässt Zusammenhänge mit dem G 310 -Motor erkennen.
BMW G 310-Motor mit Shiftcam
Im Prinzip arbeitet das Shiftcam für den Einzylinder wie für den Boxer und den Reihenvierzylinder: Die Einlassnockenwelle hat 4 statt 2 Nocken für die 2 Einlassventile, und ein kleiner Aktuator greift in eine Verschiebenut ein, wodurch entweder die kleinere Drehmomentnocke oder die größere Spitzenleistungsnocke auf die 2 Einlassventile wirkt. Die Erfindung, die BMW sich hiermit patentieren lässt, ist die neue Lage des Shiftcam-Systems im kleinen Zylinderkopf des Einzylinders. Der Aktuator liegt mittig statt seitlich, was Bauraum spart. Die neue Position erfordert eine schräg in den Brennraum ragende Zündkerze, da die Zündspule ebenfalls schräg zum Brennraum steht.
2 Einlassnockenprofile und Tassenstößel
Ein weiterer Unterschied zu den Zylinderköpfen der R 1250- oder S 1000 RR-Motoren ist, dass die Ventile hier per Tassenstößel von der jeweiligen Nocke geöffnet werden und nicht durch die drehzahlfesteren und teureren Schlepphebel der größeren Motoren. Beim 1250er-Boxer werden die 2 verschiedenen Einlassnockenprofile last- und drehzahlabhängig umgeschaltet, aufwärts drehend spätestens bei 5.000/min. Beim 1000er-Reihenvierzylinder wird bei 9.000/min umgeschaltet. Ausgehend davon, dass das jeweils ungefähr zwei Drittel der Nennleistungsdrehzahl entspricht, ist beim Einzylindermotor ein Umschaltpunkt um 6.000/min zu erwarten.
Neuer, größerer Einzylinder von BMW?
Der aktuelle G-Motor in den Modellen R und GS hat 313 Kubik und leistet 34 PS bei 9.250 Touren. Das maximale Drehmoment von 28 Nm erzeugt der Einzylinder bei 7.500 /min. Seit 2015 wurde er in über 70.000 G-Modellen von BMW verbaut, die von TVS in Indien gefertigt werden. Im Umfeld der 300er-Motoren war der BMW-Single nie der Stärkste. Das könnte das Shiftcam-System ändern, denn so kann mehr Drehmoment und mehr Höchstleistung erzeugt werden. Legen wir die 27 Prozent Mehrleistung der S 1000 RR gegenüber der S 1000R ohne Shiftcam auf den G-Motor, steigt die Leistung auf 43 PS. Also deutlich näher an den größeren Motoren und trotzdem noch A2-konform. Noch stärker wäre der Effekt, wenn BMW den Hubraum leicht auf 330 bis 350 Kubik erhöhte. Damit würden sich die Modellbezeichnungen der G 310-Modelle entsprechend ändern.
Sonderbare Bauform
Besonders ist der G-Motor von BMW heute noch durch den nach hinten weisenden Zylinder und den um 180 Grad gedrehten Positionen von Einlass und Auslass. Einlass in Fahrtrichtung, Auslass in Richtung Hinterrad. Und diese Bauweise nehmen die Patentzeichnungen auf, da die Einlassnockenwelle zum Seitenanfang zeigt und nicht wie gewohnt nach unten. Weiterhin ist die Draufsicht leicht nach hinten, zum Betrachter geneigt, was der Lage des aktuellen G-Zylinderkopfs entspricht. Drittes Indiz: Der Antrieb der Nockenwelle erfolgt in Fahrtrichtung rechts. Großer Unterschied: Der aktuelle G-Motor treibt die beiden Nockenwellen direkt per Kette an, beim mutmaßlich neuen Motor treibt ein zusätzliches Antriebszahnrad die Wellen an. Wie das Antriebszahnrad angetrieben wird, ist nicht bekannt.