......ein 300 km/h schnelles Serienmotorrad auf die Räder zu stellen. Aber klappte er auch?
......ein 300 km/h schnelles Serienmotorrad auf die Räder zu stellen. Aber klappte er auch?
Euphorie und Skepsis hielten sich die Waage, als die Schnellfahrer der Redaktion darüber diskutierten, ob es möglich sei, mit einem für den Straßenverkehr zugelassenen Motorrad mit Saugmotor die 300-km/h-Schallmauer zu durchbrechen. Berechnungen hatten ergeben, daß eine Kawasaki ZZ-R 1100 - in der 145-PS-Version mit gemessenen 275 km/h das schnellste Großserien-Motorrad - etwa 185 PS benötigen würde, um diese Hürde zu überspringen. Mit einer kleineren Stirnfläche bei vergleichbarer Aerodynamik müßte es auch mit weniger Leistung zu schaffen sein. Doch um endlich Gewißheit zu erlangen, hatte MOTORRAD sich entschlossen, das Vorhaben in die Tat umzusetzen (MOTORRAD Heft 10/1995). Als Partner für dieses Objekt fanden sich Horst Edler und sein Team Metisse für die Fahrwerksseite und Tuner Großewächter für die Motorenseite. Ein luft-/ölgekühlter Suzuki GSX-R 1100-Motor bildete die Basis. Aus dem auf 1255 cm³ aufgebohrten Triebwerk preßte die Firma Großewächter mit viel Detailarbeit und Keihin-Flachschieber-Vergasern der Firma Topham immerhin beachtliche 173 an der Kupplung gemessene PS. Ein Harris-Rohrgeflecht, das den Motor eng umschlingt, schuf die Voraussetzung für eine kompakte Erscheinung. Eine in Federbasis und Dämpfung vielfach verstellbare QAT-Gabel, Billet-Sechskolbenzangen und breite Fischerräder komplettieren das Ganze zu einem fahrfertig 185 Kilogramm leichten Motorrad.Daß der wuchtige Vierzylinder mit dem Rahmen tatsächlich eine kompakte Einheit bildet, beweist die Tatsache, daß die schlanke Rennverkleidung einer Ducati 916 paßt. Die ersten Fahrversuche verliefen denn auch vielversprechend. Das Display des Meßgeräts zeigte zwar keine 300, aber immerhin stramme 287 km/h, wenn auch mit Rückenwind. Doch die Stunde der Wahrheit stand noch bevor. Nun galt es, die Voraussetzung eines straßentauglichen Motorrads zu erfüllen. Und mit dem von Künstler Arne Kühn aufwendig lackierten Oberteil einer Grand Prix-Verkleidung der 500er Harris-Yamaha und Anbauteilen wie Scheinwerfer, Blinkern und Rückspiegeln blieben mit Rückenwind nur noch 277 km/h übrig. Leichte Ernüchterung macht sich bei den Optimisten breit, die Skeptiker sahen ihre Prognosen bestätigt. Die Hypothese, daß es heutzutage verdammt schwierig ist, die schnellsten Serienmotorräder vom Schlage einer Kawasaki ZZ-R 1100 zu überbieten, bestätigt sich. Um das zu schaffen, muß ein Paket geschnürt werden, bei dem alles stimmt. Und bei dem von MOTORRAD initiierten Projekt war zumindest im aerodynamischen Bereich ein offensichtliches Manko vorhanden. Auf das Überspringen der 300-km/h-Marke mit einem zulassungsfähigen Motorrad mit Saugmotor müssen die Speedfans auf jeden Fall noch ein Weilchen warten, selbst wenn Honda für die neue CBR 1100 XX eine Spitzengeschwindigkeit von 290 km/h verspricht. Doch auch die mit viel Vorschußlorbeeren bedachte CBR1100 muß erst in einem Test beweisen, ob sie tatsächlich in der Lage ist, der Kawasaki ZZ-R 1100 das Blaue Band des schnellsten Großserien-Motorrads abzujagen.