Blogs Netztagebücher mit zwei Rädern

In Blogs, Tagebüchern im Internet, kann jeder sich in lockerem Plauderton auslassen über Gott und die Welt. Oder übers Motorrad. Und jeder kann’s lesen.

Netztagebücher mit zwei Rädern moto1203.blogspot.com

Es passt in dieser Welt ja vieles nicht wirklich zusammen. Manches aber umso besser: dass sich Mitteilsamkeit und Neugier des Menschen so brillant ergänzen. Zum Beispiel. Nun kann man das weltweite Netz als Geißel betrachten oder Segnung, wie auch immer, es erleichtert Mitteilsamen und Neugierigen die Kommunikation. Vor allem über Blogs. Dahinter stecken die beiden englischen Wörten »Web« und »Log«. Mit dem Begriff hat man dann auch schon die Bedeutung erklärt: Blogs sind Netz- oder Onlinetagebücher.

Deren Zahl ist in den vergangenen rund zehn Jahren von ein paar hundert auf zig Millionen angewachsen. Mitte der 90er waren es lediglich einige bleiche, dickbrillige Computernerds, die sich Abstrusitäten von der Seele tippten.

Mittlerweile hat sich das gründlich geändert, und es wird nun wirklich über alles gebloggt. Also auch: über Motorräder. Wobei die Zahl der Motorrad-Blogs in der endlosen Themenvielfalt aus Tagesschau, Napfkuchenrezepten, krummen Wirbelsäulen und Monchichi-Mode echt überschaubar geblieben ist. Zumindest, wenn man sich auf die privaten Blogs zum Zweirädrigen konzentriert, und nur solche werden hier vorgestellt. Da setzt sich einer hin und schreibt drauflos, über das, was er bewegt, und das, was ihn bewegt. Kein kommer­zielles Interesse, kein Guerilla-Marketing. Aber viel persönliches Engagement und ein Interesse an Austausch und dem, was Motorradfahrer ohnehin auszeichnet. Oder ausgezeichnet hat? Auf jeden Fall noch auszeichnen sollte: Gemeinschaft.

Wer die seinerseits befördern möchte, muss nicht mehr tun, als sich bei einer der vielen Plattformen (etwa blog.de, bloggerei.de, blogger.com) anzumelden, um los­zulegen. Leichter, als bei ebay alte Socken zu verkaufen. Weitere Infos zu Stil und Nettikette bietet das Weblog-Handbuch unter www.krusenstern.ch/?page_id=93.

www.mopeten.tv

Die Seite ist ein Projekt von einigen Medien-machern, unter anderem Moderator Stephan Fritsch, das ist der Zopftyp mit dem Mikro im Bild oben
mopeten.tv macht Netzfernsehen. Gebloggt werden monatlich 15 bis 20 Minuten lange, eigens produzierte Clips mit Gitarrenmusik, Helmkamera, Touren in Deutschland

Wer ist Karl Rebuschat, genannt Karl am Kanal? Kennen Sie nicht? Dann klicken Sie sich in Folge 14 und lassen sich vom guten Karl erzählen, wie, wann und warum er mal 15 Meter weit gesprungen ist. Industriekultur am Rhein (Welches ist der größte Binnenhafen Europas?) cruisen die Jungs mit ihren Mopeten (MZ Baghira, ETZ 300, Yamaha XS 1100) in Folge 22 ab. Bunt gemischt werden für jede »Sendung« Reportagen, Ausfahrten, Techniktipps und Unterhaltsames. Ein bisschen erinnert’s manchmal an die Sendung mit der Maus, aber das ist ja wohl keine Kritik. Für unterwegs lassen sich die Beiträge auf einen mp3-Player laden.

www.fredis-garage.de

Fredi ist Alfred Vorbeck, und Fredi ist Diplom-Verwaltungswirt. Außerdem ist er Opa, gelernter Schrauber und seit 40 Jahren Motorradfahrer
Die Garage bringt Urlaubs- und Tourenbeschreibungen von Korsika und einige Technikbeiträge über Navigationsgeräte, Rollenketten, seltsame BMW-Geräusche

Er gehört zu den alten Säcken. Das sagt Alfred Vorbeck von sich selbst. Und dann präzisiert er, was er damit meint: »Die ihr ganzes Leben gefahren sind und nicht ohne Ersatzteile auf Tour gehen.« Das hat nichts damit zu tun, dass Alfreds Yamaha XJ 900 Diversion ständig den Geist aufgäbe. Es hat wohl eher was von Lebenseinstellung. Vorbeck hängt an seinem »gut rollenden Sofa« Diversion und berichtet immer mal wieder, mit welchen Verbes­serungen er ihr zu Leibe rückt. Ganz allgemeine – tröstliche und zuweilen erheiternde – Erkenntnis: Auch wenn einer das Schrauben richtig gelernt hat, geht nicht immer alles auf Anhieb glatt.

www.coerdt.de

Christian Coerdt sieht die Welt durch eine BMW-Brille, zumindest sehr häufig. Doch er ist auch nicht blind, wenn er die Brille abnimmt, schließlich geschah die frühe Prägung auf Puch Maxi N
Nadeln, Düsen, Reifen, Batterien, Reglertest am Zollenspieker und ein Boxer namens Berta, das sind die Themen

Familienvater, Motorräder – und es passt doch zusammen. Wie, das beschreibt Christian Coerdt auf coerdt.de. Tatsächlich geht es in manchen Beiträgen auch um andere Familienmitglieder. Aber meistens halt um die Maschinen – unter anderem zwei Gespanne, eine Yamaha XJ 600 selig und über die BMW R 100 CS, die er kaufen musste, weil er seinen Freunden ohne Motorrad ungenießbar vorkam. »Bei der Besichtigung musste ich mir sogar die Schuhe ausziehen, als ich in die Garage gehen wollte.« Dazu weitere Anekdoten über die zweiradliche Entwicklungsgeschichte des einstmals hoffnungsfrohen Puch-Treibers.

www.moppedblog.de

Er schreibt seit März 2006 Beiträge im moppedblog, denn »einer muss es ja machen«. Dieser eine heißt Dennis Haeselich und fährt Thundercat, zurzeit
Leitspruch: »Neues, Merkwürdiges, Privates, Praktisches und Unterhaltsames rund ums Motorrad«
Breit gefächert, ziemlich regelmäßig, Bilder, Umfragen

Valentino Rossi badet neben Steve McQueen. Und nicht weit davon weg verliert Colin Edwards die Fassung, nachdem zu sehen war, wie es um die Verbreitung von Motorradzeitschriften in Deutschland bestellt ist. Warum Rossi sich in der Badewanne von einem Mops anbellen lassen muss, das bleibt unklar. Klar ist indes, dass die Einträge in der Kategorie »Medien« als stellvertretend ­für den Rest von moppedblog.de gelten: Sie reichen weit über den Tellerrand des rein Persönlich-Privaten hinaus. Wem das nicht reicht: In Haeselichs verlinktem Baublog darf man sich am Leid des Bauherrn weiden und erfährt, was es mit Maryville auf sich hat.

moto1203.blogspot.com

Der Mann, der hinter der verspiegelten Sonnenbrille steckt, steckt ebenfalls hinter moto1203. Sein Name: Jochen Vorfelder. Maschine: Ducati Multistrada
»Wenn man gelegentlich um den Block fährt«, findet sich das Blog betitelt, »fällt einem doch das ein oder andere auf.« Dazu sei gesagt: Vorfelders Block ist die ganze Welt

Der Mann fährt nicht immer. Manchmal geht er zu Fuß. Zum Beispiel durch den Norden Vietnams. Und auch darüber schreibt er in seinem Motorradblog. »Junge Hmong-Mädchen mit schwarzen Hüten und strammen Wadenwickeln flanieren untergehakt die Hauptstraße entlang.« Allein die Sätze bringen oft schöne Bilder mit sich. Manchmal allerdings auch: Haken und Ösen, Verwirrung und Ärger. Wie würden Sie denn reagieren, wenn Sie erfahren, dass das US-State-Department jedem Andorraner ein neues Motorrad bezahlt? Stimmt nicht? Dann lesen Sie den Eintrag vom 20. Februar 2008 unter moto1203.blogspot.com.

www.das-motorrad-blog.de

Der oben posierende Herr mit der klassisch-stilsicheren Sehhilfe heißt Marc Schieferdecker.
Motorräder: Royal Enfield Bullet Sixty-5, MZ ETZ 250, Yamaha XJ 650
Bestens für alle, die vom Leistungswahn Pickel bekommen und lieber ein Oldschool-Faible pflegen

Marc Schieferdecker gesteht: »Ich bin ein Frühbremser.« Das muss er wohl auch sein, wenn man sich ansieht, mit welchen Eisen er so um den Block reitet. Der momentane Auto-Abstinenzler lässt in seinem Blog der Leidenschaft für zwei Räder freien Lauf. Hier steht, wie es ist, mit klassischen Maschinen das Leben zu teilen. Und man muss zu dem Schluss kommen: bereichernd. Nach der Lektüre von ein paar Einträgen juckt es so sehr in den Fingern, dass man sich bei mobile.de erwischt; suche: SR 500, XBR, XS 650, Simson Schwalbe. So was in der Art, was Sympathisches, zum Schrauben, zum Fahren, zum langsam Tun, zum früh Bremsen. Wer tatsächlich der Versuchung erliegt, findet bei motorrad-blog.de praktischerweise auch einen Haufen unprätenziöser »Bastelhilfen«.

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