Jede Menge Kohle braucht und erhält, wer eine Ducati Superleggera kauft. Sie kostet 79 000 Euro und hält eine besondere Diät: High Carbon statt Low Carb. PS befragte einen der wenigen Glücklichen, die das Motorrad fahren durften.
Jede Menge Kohle braucht und erhält, wer eine Ducati Superleggera kauft. Sie kostet 79 000 Euro und hält eine besondere Diät: High Carbon statt Low Carb. PS befragte einen der wenigen Glücklichen, die das Motorrad fahren durften.
"Während der ersten Runden bin ich mir vorgekommen wie ein Anfänger", sagte PS-Tester Andreas Bildl, unser Mann in Mugello, über seinen kurzen, aber heftigen "Two-turn-stand" mit der Ducati 1299 Superleggera. "Immer zu früh eingelenkt, zu heftig die Schräglage gewechselt, mit zu grobem Zug am Lenker die Linie verhunzt." Kein Wunder – nur 167 Kilogramm wiegt die Schönheit im fahrfertigen Zustand und sowohl das Monocoque, ein mit dem Motor verschraubter Lenkkopfträger, als auch der Heckrahmen, die Schwinge und sogar die Räder sind aus Karbonlaminat gefertigt. Vor allem die geringen Kreiselmomente der Kohlefaserräder verleihen der Superleggera ein superlegeres Einlenkverhalten, auf das sich der Fahrer erst einstellen muss.
Nun stehen Karbonteile ja im Ruf, Belastungen mit einer unnachgiebigen Sprödigkeit zu begegnen, und das wirft die Frage nach der oft genannten Rückmeldung auf, die das Fahrwerk dem Piloten gibt. "Nach der Eingewöhnungszeit wird sie glasklar", schwärmt Bildl. "Du kannst genau fühlen, wie sich der Vorderreifen mit dem Asphalt verzahnt, wie die Federelemente ganz sensibel ansprechen, aber satt dämpfen. Und du traust dich immer mehr. Noch etwas später und länger in Schräglage bremsen, noch einen Tick mehr Kurvenspeed, noch früher und härter aufziehen. Du musst dich selbst zur Vernunft mahnen." Kapiert, die Ducati-Mitarbeiter, unter ihnen auch der Boss Claudio Domenicali, würden die Aussage "Limit gefunden" wohl kaum als Erfolgsmeldung verstehen. Zum Glück bleibt es nicht allein den wachen Sinnen des Testers überlassen, die Superleggera auf der Strecke zu halten. Elektronische Fahrhilfen von der neuesten und besten Sorte helfen mit. Mit gleich zwei Sechskanal-Sensorboxen von Bosch werden die Bewegungen der Maschine im Raum genauestens erfasst; das ermöglicht sogar konrollierte Hinterraddrifts. "Bis dahin bin ich nicht gekommen", gibt der privilegierte Testfahrer zu, nur um im nächsten Augenblick in begeisterter und gestenreicher Rede zu schildern, wie er die Superleggera aus der Arrabiata 1 kommend bergan presste und vom Scheitelpunkt der Arrabiata 2 den äußeren linken Streckenrand anpeilte, den er hinter einer Kuppe doch gar nicht sehen konnte. "Die äußeren Curbs habe ich mal etwas weiter innen, mal einen Tick weiter außen getroffen, aber das Wheelie in Schräglage über die Kuppe war immer gleich schön. Auf die Wheeliekontrolle ist Verlass, und sie war für diese Strecke perfekt eingestellt."
Obwohl die edle Ducati zur Fahrpräsentation auf der GP-Strecke von Mugello mit einem krachend lauten Rennauspuff antrat und die Ducati-Techniker stolz darauf hinwiesen, dass die elektronischen Fahrhilfen auf einem höheren Stand seien als die der 1199 Panigale R in der Superbike-WM, bleibt das Fahren mit der Superleggera nicht auf die Rennstrecke beschränkt. Mit Standardauspuff, Spiegeln und Blinkern ist sie uneingeschränkt zulassungsfähig und im Gegensatz zu den 1299 Panigale/S auch nach Euro 4 homologiert. Dass dies sogar mit dem leistungsgesteigerten 215-PS-Motor geklappt hat, lässt für die Großserien-Panigale einiges erhoffen. Vielleicht ein kleiner Trost für all diejenigen, die sich keine der 500 gebauten Superleggera sichern konnten.
Gab es abgesehen vom Preis und der Tatsache, dass bereits alle Exemplare verkauft sind, noch etwas zu meckern? Andreas Bildl: "Über solch ein Motorrad meckert man nicht, aber zwei Dinge muss ich doch feststellen: Wer sich beim Herausbeschleunigen auf die Gerade am Lenker nach vorne zieht, anstatt ihn locker zu führen und sich aus den Rasten nach vorn zu stemmen, der provoziert ausgeprägtes Lenkerpendeln. Die Superleggera reagiert eben auf den kleinsten Impuls."
Noch in der Rückschau tief beeindruckt schildert der Tester dann, wie fordernd die Superleggera wird, wenn der Fahrer versucht, ihr Potenzial auszureizen. "Im Unterschied zu normalen Superbikes ist man sehr schnell schneller unterwegs, als es die eigenen Kraftreserven zulassen. Und leider kriegt man die nötige Fitness nicht mitgeliefert."