Erster Fahrbericht: Voxan Roadster

Erster Fahrbericht: Voxan Roadster Ca va?

Knapp drei Jahre nach Gründung der französischen Firma Voxan steht das erste von drei Modellen, die Roadster, zum Fahren bereit. Funktioniert's?

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Auf einem kleinen Rennkurs im zentralfranzösischen Issoire dreht ein Motorradfahrer einsam Runde um Runde. Als der Pilot endlich an die Boxen kommt, fragt ihn Marc Fontan, Pressechef des neuen Motorradherstellers Voxan, erwartunsvoll: »Ça va?« Oui, ça va bien. Die Maschine, der erstmals für einen ausländischen Journalisten für Fahrversuche bereitsteht, funktioniert bestens. Der Tester von MOTORRAD schwingt sich gleich auf die zweite bereitgestellte Maschine gleichen Typs und ist schon wieder Richtung Parcours entschwunden. Voxan, die Firma hatte der Industrielle und Motorradliebhaber Jacques Gardette im Dezember 1995 gegründet, um seinen Traum - ein französisches Motorrad zu bauen - zu verwirklichen. Bereits im Sommer 1997 existierte der erste Prototyp (MOTORRAD 14/1997), und MOTORRAD wartete gespannt auf einen Fahrtermin. Doch technische Probleme verzögerten die Praxisprobe. Die von der Rennschmiede Sodemo konstruierten Motoren waren eher für den Wettbewerb als für den Alltag ausgelegt. Aufgrund zahlreicher Defekte während der Erprobung mußten viele Komponenten neu konstruiert werden, die filigranen Schlepphebel beispielsweise ersetzen die Entwickler um Cheftechniker Alain Chevalier durch Tassenstößeln ersetzt.

Die beiden Roadster-Modelle, die MOTORRAD fuhr, gelten nun als serienreif. Das eine verfügte über die endgültige Motorabstimmung mit Weber Marelli-Motormanagement, das andere war mit den White Power-Serien-Federelementen bestückt. Bereits die Sitzprobe mit dem leicht nach vorn gebeugten Oberkörper, dem ergonomisch günstigen, breiten Lenker und dem schmalen Knieschluß verspricht eine problemlose Handhabung - was sich dann auf der Rennstrecke und der Landstraße bestätigt. Im Vergleich mit den aktuellen 1000er Zweizylindern besticht der Roadster durch hervorragende Handlichkeit. Sowohl das Einlenken als auch der schnelle Schräglagenwechsel im Kurvenlabyrinth geraten mit der Voxan zum Kinderspiel. Die White Power-Federelemente sprechen selbst auf schlechtesten Regionalstraßen sauber an und reagieren auch auf übelste Bodenwellen komfortabel.Der sehr sportliche Fahrer wünscht sich allerdings eine straffere Fahrwerksabstimmung. Denn in welligen Kurven und bei höheren Geschwindigkeiten neigt die Roadster zum Pendeln, setzt mit den Schalldämpfern lange vor der Haftgrenze der Michelin Macadam auf und taucht beim Anbremsen stark ein. Doch der Hersteller hat der Roadster eine andere Spielwiese zugedacht, für sportlichen Einsatz ist ein weiteres Modell der Franzosen, der Café Racer, konzipiert. Apropos Bremsen: Die Brembos verzögern bereits bei geringer Handkraft hervorragend, allein der Druckpunkt könnte klarer definiert sein. Für viel Komfort sorgt auch der Antrieb. Der Motor treibt Roß und Reiter bereits ab 2000 Umdrehungen ruckfrei und gleichmäßig bis zum roten Bereich von 9000/min voran. Allerdings fehlt der von MOTORRAD gefahrenen Frankreich-Ausführung mit 100 PS im oberen Drehzahlbereich der letzte Biß. Der bleibt den ungedrosselten Versionen mit angepeilten 120 PS vorenthalten. Verblüffend für einen großen Zweizylinder ist das harmonische Lastwechselverhalten: Abruptes Gasaufreißen beziehungsweise Schließen der Drosselklappen quittiert der V2 ohne das typische Ruckeln im Antriebsstrang. Auch mit Vibrationen hält sich der Twin mit 72 Grad Zylinderwinkel zurück. Allenfalls bei höheren Drehzahlen vibriert er ähnlich einem 90-Grad-V2- Motor. In Verbindung mit dem leicht zu schaltenden Getriebe attestiert der Antrieb den Konstrukteuren des Erstlingswerks hervorragende Noten. Dergestalt gerüstet, stehen die Franzosen kurz vor dem Produktionsbeginn Anfang November. Nächstes Jahr will Voxan ausschließlich den französischen Markt bedienen, um auf eventuelle Kinderkrankheiten schnell reagieren zu können. Zunächst werden mit 45 Mitarbeitern sechs Einheiten pro Tag produziert, bis Februar soll bei den siebzig Händlern je eine Roadster im Showroom zu bewundern sein.Und damit es nicht beim Bewundern bleibt, sondern Interessenten sich tatsächlich auf die Risiko dieser gänzlich neuen Motorräder einlassen, bieten die Franzosen drei Garantie, und in den ersten drei Jahren ist der Service im Kaufpreis von 75000 Francs für eine Roadster beziehungsweise 76000 und 79000 Francs für einen Scrambler oder Café Racer inbegriffen. Nach Deutschland, England und Italien kommen die französischen Bikes erst im Jahr 2000. Doch dann wird es wahrscheinlich auch noch ein Motorrad mit 1200 cm³ geben, das für eine Mischung aus Cruisen und Touring sorgen soll. Bis dahin bleibt den eifrigen Franzosen zu wünschen, daß sie rückblickend zur Einführung ihrer Modelle sagen können: Ça allait bien - es ging gut.

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