Grand Prix Frankreich in Le Mans

Grand Prix Frankreich in Le Mans Aye, Aye Captain

Bislang kämpfte das Proton-Team um Kapitän Kenny Roberts (Porträt) mit dem Zweitakter in der MotoGP-WM. Nun debütierte die neue KR-V5-Viertakt-Maschine.

Aye, Aye Captain Sportsphotography

Jeremy McWilliams hielt auch dann noch grimmig das Gas offen, als seine für Regen bereifte Dreizylinder-Proton auf abtrocknender Piste übel zu schlingern anfing. Am Schluss war der furchtlose Ire Sechster des Le Mans-Grand-Prix, hatte mit den besten Resultaten in der Geschichte des Proton-Teams gleichgezogen – und der Zweitaktmaschine damit einen würdigen Abgang beschert.
Denn beim nächsten Grand Prix Anfang Juni in Mugello steht die neue Viertaktmaschine mit Fünfzylinder-V-Motor am Start. Schon in Le Mans erlebte der Prototyp sein Debüt auf der Rennstrecke, wurde fürs Rennen aber wieder eingepackt – McWilliams war auf trockener Strecke um fünf Sekunden langsamer als mit dem Zweitakt-Pendant. Kein Wunder: Bis auf eine kurze Funktionsprüfung auf einer Flughafen-Landebahn waren die Motorräder ohne einen einzigen Testkilometer.
Trotzdem sorgte der Prototyp für
Aufsehen. Im nassen Samstagstraining, in dem McWilliams auf dem Zweitakter vormittags und nachmittags die Bestzeit
vorlegte, trieb er das nagelneue Motorrad ganz nebenbei auf den zehnten Platz. »Wenn die Kiste im Nassen so funktioniert, sind wir nicht allzu weit von einem anständigen Motorrad entfernt«, rieb sich Teambesitzer Kenny Roberts die Hän-
de. »Alle Grundvoraussetzungen, die wir brauchen, sind da: Ein neutrales Fahrverhalten und ein geradliniger Drehmomentverlauf.«
Allerdings: Noch liegt die 152 Kilogramm schwere Maschine um sieben Kilo über dem zulässigen Limit, noch hinkt der derzeit knapp 200 PS starke Motor den Besten seiner Klasse, die mit gut 230 PS antreten, in Sachen Spitzenleistung hinterher. »Uns fehlen 20 km/h Topspeed und Drehzahlen, weil wir aus Sicherheitsgründen bei 12500/min den nächsten Gang einlegen. Doch wir fahren mit der Ur-Version des Motors, bei der wir noch nicht an der Feinabstimmung der Nockenwellen, Ventile, Einlasskanäle oder dem Auspuffsystem gearbeitet haben.«
Dass alle Komponenten künftig auf ideale Weise harmonieren, sollen illustre Koryphäen des Motorsports sicherstellen. Einer davon ist John Barnard. Der einstige Entwicklungschef des Ferrari-Formel-1-Teams wurde als technischer Direktor verpflichtet. »Bei allem, was Leistung, Gewichtsersparnis und Zuverlässigkeit ausmacht, kommt vieles aus der Formel 1«, erklärt Roberts, der seine Teambasis vor dem Bau seiner ersten eigenen Dreizylindermaschine deshalb auch nach Banbury im Herzen des britischen Formel-1-Gürtels verlegte.
Die Vorgaben für das neue Motorrad basieren freilich auf den Erfahrungswerten des MotoGP-Sports, und da geht Roberts nach den zahlreichen Rückschlägen mit seinem Dreizylinderprojekt diesmal keine Risiken ein. Wo er mit dem Versuch
gescheitert war, den Vierzylinder-Zweitaktern durch ein leichteres, wendigeres, aber schwächeres Dreizylindermodell ein Schnippchen zu schlagen, setzt er nun auf ein bekanntes Erfolgsrezept und baute wie Honda einen V5, allerdings mit engerem Zylinderwinkel von 60 statt 72 Grad. »Erstens hat sich dieses Konzept bereits im vergangenen Jahr als Siegformel erwiesen. Zweitens handelt es sich um Hubraumeinheiten mit Erfahrungswerten – ein V5 mit knapp 1000 cm3 ist der nächste Verwandte eines Superbike-Vierzylinders mit 750 cm3«, kommentiert der ehemalige Weltmeister.
Von futuristischer Elektronik will Roberts ebenfalls zunächst nichts wissen. »Unser Ziel ist, ein hübsches Motorrad ohne elektronische Hilfen hinzukriegen.« Nicht einmal eine elektronische Kupplung gegen das Hinterradstempeln beim Einbiegen ist derzeit geplant, das Team behilft sich mit einem simplen mechanischen System, wie es auch in der Superbike-WM verwendet wird.
Ohnehin wurde die neue KR-V5 nicht gebaut, um die Industriekolosse aus Japan und Italien schon in dieser Saison ernsthaft herausfordern zu können. Eher ist sie ein rollendes Versuchslabor für eine nächste Variante. »Die heutige V5-Maschine war die schnellste Möglichkeit, ein Motorrad auf der Strecke zu haben. Im Herbst zünden wir die zweite Evolutionsstufe«, kündigt Roberts an.
In welche Richtung die technische Reise geht, ist noch nicht absehbar – wie mit dem Dreizylinder-Zweitakter bricht Roberts in ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang auf. Das passt zum Eigensinn von King Kenny, der erst vom Cowboy zum dreifachen Weltmeister aufstieg, dann eine glanzvolle Karriere als Yamaha-Teamchef hinlegte und 1996 schließl-
ich seine Technologiefirma aufmachte.
Roberts hätte sich auch zurücklehnen, Golf spielen und weiterhin Millionen scheffeln können, steckte sein Geld stattdessen aber in ein eigenes Projekt.
Anfangs wurde er belächelt, nach den ersten schwierigen Jahren sogar abgeschrieben. Doch King Kenny überlebte und ertrotzte als Außenseiter immer wieder Achtungserfolge. Und vor allem blieb er der Weltmeister der guten Sprüche – wie bei den allerersten Le Mans-Runden nach dem Funktionstest auf der schnurgeraden Landebahn. »Zumindest haben wir festgestellt: Das Motorrad lässt sich in Schräglage bringen«, grinste er.

Grand Prix Journal

Alle SiegeSpanien feiertDaniel Pedrosa spielte sein Talent bei den 125ern aus, Toni Elias zog nach seinem 250er-Sieg in Jerez zum zweiten Mal hintereinander alle Register, und dann bescherten die Wetterkapriolen in Le Mans den spanischen Fans im MotoGP-Lauf die dritte Fiesta: Valentino Rossi hatte zwar bis zum Abbruch des Rennens wegen eines Regenschauers um über drei Sekunden geführt, doch im zweiten Teil des Rennens schlug der anerkannt mutige Regenfahrer Sete Gibernau dem Weltmeister im Endspurt der letzten Runde auf noch feuchter Piste ein gekonntes Schnippchen und gewann. »Gut für die Show, gut für die Fans«, zeigte sich Rossi als fairer Verlierer.e Gemmel NeunterJenkner entthrontIn Jerez als WM-Leader gefeiert, musste Steve Jenkner den Thron in Le Mans wieder abgeben und rutschte mit Platz acht an die dritte WM-Position zurück. »Es gibt zwei langsame Passagen, in denen ich Meter verliere«, analysierte er nach dem Rennen. »Außerdem fehlten meinem Motor 300 Umdrehungen. Wenn wir in Mugello gegen die schnellsten Honda bestehen wollen, liegt viel Arbeit vor uns«, gab er seinem Exalt-Cycle-Team Hausaufgaben mit. Für GP-Rookie Christian Gemmel war der neunte Platz im 250er-Rennen dagegen »unglaublich – ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich die Boxentafel sah!« Pech hatten die beiden anderen deutschen 250er-Helden: Katja Poensgen verpasste wegen des verregneten Samstagstrainings die Qualifikation, Dirk Heidolf stürzte am Sonntagmorgen wegen eines Kolbenklemmers und knackste sich einen Mittelhandknochen an.

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