Knapp einen Liter Hubraum hat Ducatis V2 - mehr geht nicht in der Superbike-Weltmeisterschaft. Trotzdem wollen die Italiener den Titel 1998 wieder zurückholen.
Knapp einen Liter Hubraum hat Ducatis V2 - mehr geht nicht in der Superbike-Weltmeisterschaft. Trotzdem wollen die Italiener den Titel 1998 wieder zurückholen.
Ducatis Alleinherrschaft in der Superbike-WM ist Geschichte. Vorbei sind die Zeiten, als der V2-Motor aus Bologna immer wieder ein paar Kubikzentimeter Hubraum zulegen konnte, um die vom Reglement auf 750 cm³ beschränkten Vierzylinder aus Japan unter Kontrolle zu halten. So wuchs der Italo-Dauerbrenner in der WM seit 1988 von 851 auf mittlerweile 996 cm³ an. Womit das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Mehr als ein Liter Hubraum ist auch für Zweizylinder bei den Superbikes nicht drin.
Rien ne va plus - nichts geht mehr? Bei der italienischen Marke gibt man sich trotz der diesjährigen Niederlage gegen Honda und John Kocinski zumindest nach außen relativ gelassen und optimistisch, was die Konkurrenzfähigkeit betrifft. »Wir hätten genausogut schon 1996 verlieren oder aber 1997 gewinnen können«, sagt Geschäftsführer Federico Minoli. »Carl Fogarty ist in dieser Saison fünfmal gestürzt, das war einfach Pech. Außerdem: Wäre John Kocinski 1996 so gefahren wie 1997, dann wäre damals mit Sicherheit er für uns Weltmeister geworden.«
Zudem sind die Bologneser Tüftler mit ihrem Latein keineswegs am Ende. Wohlwissend, daß der jetzige Motor nur noch schwer zu verbessern ist, arbeiten sie in zwei Richtungen, um auch mittelfristig in der Superbike-WM vorn mitmischen zu können. Auf der einen Seite wird das aktuelle Triebwerk optimiert, andererseits werkeln die Mannen um Generaldirektor Massimo Bordi bereits an einem komplett neuen Zweizylinder.
Vor dem Jahre 2002 ist mit der neuen Kraftquelle allerdings nicht in der WM und auf der Straße zu rechnen. Bis dahin muß Bordis aktueller Vierventil-Motor, dessen Basis schon aus den frühen achtziger Jahren stammt, noch die Kastanien aus dem Feuer holen.
Bedingt durch das gnadenlose Aufbohren, ist die Lebenserwartung eines Ducati-Renn-Twins heute auf 600 bis 1000 Kilometer begrenzt - dann reißt das enorm belastete Motorgehäuse an den Hauptlagern ein. Die Probleme von 1996, als die V2 in der WM gleich reihenweise eingingen, sind heute dank besserer Qualität der Motorteile vom Tisch. Entscheidend steigern läßt sich die Laufleistung der rund 160 PS starken Triebwerke trotz aller Verstärkungen am Gehäuse allerdings kaum.
Dafür wollen die Ducati-Ingenieure ein weiteres Kernproblem in den Griff bekommen: den strömungstechnisch ausgereizten Zylinderkopf. Modifikationen am Einlaß- und Auslaßtrakt sowie an der Auspuffanlage sollen der Werksmaschine in der kommenden Saison drei bis fünf zusätzliche PS bescheren, 1999 wird Ducati dann mit einem völlig neuen Zylinderkopf in der Superbike-WM antreten.
Mit dem neuen Teil - wichtigste Merkmale: engerer Ventilwinkel, kompakterer Brennraum - will das Werk gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen wird natürlich mehr Power erwartet. Zum andern bauen die neuen Köpfe kompakter. Das ist gerade bei dem in Fahrtrichtung liegenden Zylinder von Bedeutung, denn der dadurch gewonnene Abstand zwischen Motor und Vorderreifen kann dann zu einer Verringerung des Radstands und damit zu einer Verbesserung des Handlings der Maschine genutzt werden. Bislang steht dieser Maßnahme der besagte Zylinder im Weg.
Die Suche nach zusätzlichen Pferdestärken ist beim Aufbau der 1998er Werksmaschine allerdings nicht das A und O. »Rund 80 Prozent unserer Arbeit investieren wir in das Fahrwerk und andere Lösungen, um die Kraft des Motors optimal auf den Boden zu bringen«, berichtet Claudio Domenicali, stellvertretender Chef der Entwicklungsabteilung. So testet Ducati nicht nur neue Federelemente, auch am elektronischen Motormanagement wird zusammen mit dem italienischen Spezialisten Marelli eifrig entwickelt - zum Beispiel im Bereich Grip Control.
Seit neuestem werden die Veränderungen am Computer simuliert, bevor der Motor dann erstmals auf dem Prüfstand losballert. Auch bei der Fahrwerksentwicklung nimmt man inzwischen den PC zu Hilfe. An den traditionellen Grundprinzipien der Marke hält Ducati aber trotz aller High-Tech fest. »Auch der neue Motor«, so Massimo Bordi, »wird ein Zweizylinder mit 90 Grad und desmodromischer Ventilsteuerung sein.« Das Zylinder-V wird aber stärker als bisher aufgerichtet, um mehr Spielraum für die Positionierung der Vorderradaufhängung samt Gabel zu gewinnen.
Und Federico Minoli läßt keinen Zweifel daran, daß eine Werks-Ducati in der Superbike-WM nach wie vor rot lackiert sein wird: »Unsere Sponsoren können vieles entscheiden, nur nicht die Farbe der Motorräder.« 15 Millionen Mark gibt Ducati 1998 weltweit für den Rennsport aus, ein knappes Drittel davon kommt von Sponsoren. Die Herren aus Bologna reden auch mit, wenn es darum geht, wie die drei unter Vertrag stehenden Piloten Carl Fogarty, Troy Corser und Pierfrancesco Chili auf die beiden Werksteams von Ferrari und Gattalone verteilt werden.
60 Prozent des Sport-Etats steckt Ducati in die Superbike-WM, mit dem Ziel, den Titel zurückzuholen. Daneben ist die amerikanische Superbike-Meisterschaft wegen des US-Markts enorm wichtig für das Unternehmen. So werden 1998 eigens zwei Ingenieure aus Bologna für die komplette US-Saison zur Betreuung der Fahrer Mike Hale, Tom Kipp und Anthony Gobert abgestellt.
Die nationalen Meisterschaften von Italien und England bilden die weiteren Schwerpunkte von Ducatis Superbike-Programm. Darüber hinaus sind die roten Renner 1998 auch auf neuem, altem Terrain zu sehen. Die Italiener wollen wieder in die Langstrecken-WM einsteigen und hat sich fürs Comeback den Klassiker schlechthin in dieser Disziplin ausgesucht: den Bol d´Or im September in Paul Ricard.