Gier nach Leistung
Mist, der Lenker lässt sich kaum bewegen. Der elektronisch gesteuerte Dämpfer der Fireblade strafft mit zunehmender Geschwindigkeit die Lenkung. Was beim Angasen das Kickback bekämpft, behindert zünftige Wheelies das Bike ist beim Einrad-Tanz schwierig zu balancieren. Also: Backen zusammenkneifen und die Blade mit Gewichtsverlagerung auf Kurs halten, den Tacho stets im Blick. Wozu? Erstens, weils Spaß macht, und zweitens als Teil eines Spezialtests, in dem PS unter anderem ermittelt, wie viel Kraft ein 200-km/h-Wheelie abruft. Zweiter, dritter, vierter Gang; Tacho 180, 190, 200 yeah, geschafft, bei 212 km/h titscht das Vorderrad rauchend und quietschend auf den Boden. Die Auswertung des Data-Recordings zeigt Gasgriffstellungen und Drehzahlen. Diese Daten gleicht PS mit diversen Prüfstandsläufen ab und kann so die benötigte Leistung und das beanspruchte Drehmoment feststellen. Wie viel Punch benötigt die Blade nun für ein High-Speed-Wheelie? Weiter mit der Kernfrage dieser Geschichte: Welche Power setzen sportliche Fahrer auf der Landstraße um? Wohl kaum die rund 180 PS eines federleichten Tausender-Supersportlers, klar. Doch wie viel Leistung, wie viel Drehmoment sind es tatsächlich? PS rüstete vier unterschiedliche Bikes mit Data-Recording aus und scheuchte sie über eine gesperrte Bergstrecke in typischer Landstraßen-Charakteristik.
Es steigen in den Ring: die neue, uneingeschränkte Königin der Großserien-Superbikes, Hondas Fireblade. Stark, leicht, schnell. Mehr Performance als mit ihr ist unwahrscheinlich, sie bildet die Referenz. Die ebenfalls nagelneue Suzuki GSX-R 600 repräsentiert die sportliche Sechshunderter-Klasse. Als Vertreterin der nackten Zunft und einziger Zweizylinder im Testfeld mischt die frisch überarbeitete KTM 990 Super Duke R mit. Last, but not least ein Bike der unteren Mittelklasse: die Yamaha FZ6. Was kann die günstige Nackte in der 98-PS-Version gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz ausrichten? Zunächst zeigt die Honda Fireblade, was in ihr steckt. Fest entschlossen, die anderen zu bügeln, stürmt sie auf die erste Kurve zu, eine 45-km/h-Links. Voll ankern, abwinkeln. Erste Überraschung: Sie biegt trotz ihrer relativ schlanken 200 Kilo etwas träger ein als die Konkurrenz. Das liegt besonders am 190er-Schlappen die Mitbewerberinnen rollen hinten auf Handling-freundlicheren 180ern.
Leistungsdruck

Also etwas mehr Muskelschmalz einsetzen und rum ums Eck. Beim Rauspowern die nächste Auffälligkeit zwischen 3000/min und 4500/min legt der Fireblade-Antrieb eine spürbare Pause ein, erst danach gehts mit ungebremsten Qualm weiter. Im ersten Gang liegen dann etwas über 60 km/h an. Ab da stürmt die Honda so brutal den Berg hoch, dass sich das steilste Stück der Strecke (16 % Steigung, zwischen Punkt 1 und 2) wie ostfriesisches Flachland anfühlt. Einzig die zunehmende Wheelie-Neigung weist darauf hin, dass die Honda bergauf prescht. Für maximalen Vortrieb verlagert der Pilot das Gewicht nach vorn, schaltet früh in den zweiten Gang und surft auf der gigantischen Drehmomentwelle. Auf der zirka 170 Meter langen Geraden wirkt die meiste Zugkraft der gesamten Teststrecke. Als Höchstwert ziehen gewaltige 3260 Newton die Blade nach oben. Die Drosselklappen stehen für zirka eine Sekunde voll auf Anschlag und rufen bei 8700/min 130 ihrer maximal 162 Hinterrad-PS (bei 12000/min) ab. Gleichzeitig liegen 110 Nm an der Kupplung an, was im zweiten Gang zirka 850 Nm am Hinterrad bedeutet.
Nach der ersten, engen Passage wird das Terrain offener, die Bögen weiter. In der Rechtskurve ermittelt das GPS knapp 91 km/h, durch den langen Linksbogen kurz vor Ende der Teststrecke ballert die Honda mit knapp 148 km/h. Dabei reißen rund 140 PS und 720 Nm am Hinterrad (3. Gang, entspricht 110 Nm an der Kurbelwelle). Die 900 Meter lange Strecke legt das Superbike in 36,8 Sekunden zurück. Wird sich die Konkurrenz an dieser Marke die Zähne ausbeißen? Als erste Konkurrentin nimmt die Suzuki GSX-R 600 die Herausforderung an. Da der deutsche Importeur PS kein Testmotorrad zur Verfügung stellen konnte, lieh uns die Firma Speer im schwäbischen Reutlingen freundlicherweise ihre Vorführmaschine. Besonderer Dank gebührt den Jungs von 2D: Auf der Suche nach den richtigen Signalen im Elektronik-Wirrwarr der vier Bikes und bei der späteren Auswertung der Messwerte standen uns die Datarecording-Profis stets mit Rat und Tat zur Seite. Zurück zum Test.
Das frisch renovierte Triebwerk der GSX-R 600 leistet 114 PS bei 13300/min und erzeugt 65 Nm bei 11200/min an der Kurbelwelle. Davon kommen am Hinterrad 106 PS und, hochgerechnet auf den zweiten Gang, 649 Nm an. Im Vergleich zur Honda eine deutliche Lücke, doch die Fireblade konnte ihren satten Punch ja nur teilweise abrufen. Hat die 600er also eine Chance? Am Steilstück jubelt die Gixxer mit ohrenbetäubenden 11900/min und liefert mit 102 PS fast ihre gesamte Leistung ans Hinterrad, beim früher anliegenden maximalen Drehmoment tut sie das sowieso. Dieser Verbund beschleunigt die GSX-R auf dem kurzen Stück auf 124,3 km/h (Honda: 128 km/h). Auch in den folgenden Kurvenkombinationen bis zum Ende der ersten Sektion ist die Suzi flott unterwegs. Ihr fehlen in Sektion I (Länge: 475 Meter) lediglich 0,3 Sekunden auf die Blade. Großen Anteil daran tragen ihre hervorragenden Fahreigenschaften. Die kleine Suzuki sticht auf den Metzeler-Gummis millimetergenau und handlich in die Ecken, lässt sich jederzeit perfekt dirigieren erste Sahne.
Hochgefühle

Auf dem zweiten Teil der Teststrecke verliert die ebenfalls 200 Kilogramm schwere GSX-R etwas mehr Zeit auf die Honda. Zwar fährt sie mit 93 km/h minimal zügiger durch die Rechtskurve bei Punkt 3, und beim anschließenden Beschleunigen mit voll geöffneter Brause ruft sie erneut fast das gesamte Potenzial ihres Antriebs ab. Als Höchstgeschwindigkeit attestiert das GPS der Suzuki 138 km/h, das sind knapp 10 km/h weniger, als die Honda dort hatte. Am Ende addiert sich der Rückstand auf 0,8 Sekunden. So viel zu den Supersportlern; die KTM 990 Super Duke R bollert auf die Piste. Mit fettem V2-Punch aus dem Keller sollte sie die Fireblade aus den Kehren heraus locker aufschnupfen, so die weit verbreitete Meinung. Ein Irrglaube, der daher rührt, dass bei gleichem Hubraum Zweizylinder ihr Drehmoment bei geringeren Drehzahlen erzeugen als Vierzylinder. Am Beispiel Super Duke R gegen Fireblade sieht das so aus: Zwischen 2500/min und 5000/min produziert die KTM bis zu 17 Nm oder rund 26 % mehr Drehmoment an der Kurbelwelle als die Honda. Klar, der Einbruch bei der Blade in diesem Bereich erhöht den Unterschied drastisch.
Aber auch ohne diese Schwächephase verliefe die Kurve der Honda bis 5000/min unterhalb jener der Österreicherin. Zweizylinder powern bei ähnlicher Übersetzung und bei gleichen, niedrigen Drehzahlen also tatsächlich kraftvoller aus den Ecken heraus als Vierzylinder. Schaltet der Vierzylinder-Treiber herunter, sieht die Sache anders aus. Die Honda erzeugt eine wesentlich fülligere Drehmomentkurve als die Super Duke R. Dadurch ist ihr nutzbares Drehzahlband breiter als jenes der KTM. Bei Vollgas drücken zwischen 6800/min und 12000/min mindestens 100 Nm auf die Kurbelwelle, der Spitzenwert beträgt 111 Nm. Die Mattighofenerin produziert lediglich zwischen 7600/min und 8600/min 100 Nm, maximal 104 Nm. Damit keine Missverständnisse aufkommen: PS liebt Zweizylinder! Speziell die 990er-Versionen von KTM haben es den Testern angetan: Die Triebwerke laufen samtweich, superelastisch und gehen gierig und kraftvoll zu Werke. Reine Glaubensfrage, ob man charakterstarke Zweizylinder den vierzylindrigen Power-Treibsätzen vorzieht. Zumal die Super Duke in Sektor I gleichschnell wie die Honda über die Linie spurtet nach 20,6 Sekunden. Lediglich in Sektor II lässt sie relativ viel Zeit liegen; am Ende fehlen ihr 1,3 Sekunden auf die Fireblade. Dass sie sogar 0,5 Sekunden hinter der GSX-R 600 ins Ziel einläuft, liegt nicht an mangelnder Leistung: Sie ruft mit 109 PS am Hinterrad (Maximum: 124 PS) deutlich mehr Power ab als die Gixxer, donnert als Beweis dieser Behauptung trotz 3 Kilo Mehrgewicht und ohne windschlüpfrige Vollverkleidung etwa 2 km/h fixer durch die schnellste Passage als die Suzi.
Die KTM hadert mit der harten Grundabstimmung ihrer Federelemente. Front und Heck poltern derb über kleinste Bodenwellen hinweg, Vertrauen ins Fahrwerk mag sich nicht einstellen. Da wundert es kaum, dass die Kurvengeschwindigkeiten auf der KTM meistens die niedrigsten sind. Stets auf kompromisslosen Sport bedacht, sind die Österreicher bei der Entwicklung der 2008er-Super Duke R etwas übers Ziel hinausgeschossen. Für die Landstraße ist das Fahrwerk zu straff und unsensibel. Weiter mit dem Außenseiter, der Yamaha FZ6. Sie vertritt die beliebten, günstigen 600er-Nakeds. Wie nahe reicht ein Mittelklässler an die Performance von Top-Bikes heran? Bei diesem Test tritt sie in der offenen, 98 PS starken Version an. Laut Prüfstand leistet sie an der Kurbelwelle bei 12000/min 92 PS, wovon am Hinterrad 83 ankommen. Diese nutzt die Yamaha, wen wunderts, ebenso wie ihr maximales Drehmoment (577 Nm am Hinterrad im zweiten Gang) an der Steigung komplett. Ähnlich wie die Suzuki jodelt sie sich die Seele aus dem Motorblock, schreit und kreischt herzzerreißend. Am schnellsten Punkt des Steilstücks schafft die Yam 120,2 km/h, knapp 8 km/h weniger als die Blade auf diesem kurzen Stück eine ganze Menge. Trotzdem verliert sie am Ende von Sektion I lediglich 0,5 sec. auf Honda und KTM, nur 0,2 sec. auf die GSX-R 600. Die FZ6 nimmt langsame Kurven meist schneller nimmt als die Konkurrenz.
Ein Auf und Ab

Hier kann der 212 Kilo schweren Yamaha nur die GSX-R das Wasser reichen. In Sektion II verliert die FZ6 allerdings 2,1 Sekunden auf die Bestzeit; sie zischt mit "nur" 133,5 km/h durch den schnellen Linksbogen. Insgesamt verliert die kleine Yamaha 2,6 Sekunden oder, anders ausgedrückt, sie fährt noch gut 59 Meter hinter der Fireblade, wenn die durchs Ziel rollt. Bisher spurteten alle Bikes die Teststrecke lediglich bergauf (durchschnittliche Steigung: 7,5 %). Das erfordert logischerweise mehr Kraft als bergab. Fallen die Zeitunterschiede in der Gegenrichtung geringer aus? Ja: In 36,4 Sekunden schießt die Honda zeitgleich mit der KTM talwärts. Wie das am Fahrwerk hat sich doch nichts geändert? Aber bergab ändern sich Radlastverteilung, Schwerpunkt und Geometrie, was sich offenbar positiv aufs Fahrverhalten der KTM auswirkt. Mit 36,5 Sekunden verliert die GSX-R lediglich eine Zehntelsekunde; 38,4 Sekunden vergehen mit der FZ6. Die Zeit geht insbesondere auf das Konto ihrer sehr soft abgestimmten Gabel: Sie hält für Bergab-Bremsattacken zu wenige Reserven bereit.
Im ersten Moment erscheinen die Zeitunterschiede zwischen den Probandinnen bei der testrelevanteren Bergauffahrt eher gering. Rechnet man die Differenzen auf eine 5 Kilometer lange Strecke hoch, fallen die Unterschiede deutlicher aus. Dann verliert die Zweitschnellste, die GSX-R 600, schon knapp 4,5 Sekunden oder über 105 Meter. Noch gravierender die Werte der FZ6: fast 14,5 Sekunden oder zirka 330 Meter fehlen ihr auf die Blade. Das spielt fürs Landstraßenfahren zwar eine eher untergeordnete Rolle, zeigt aber deutlich, dass kraftstrotzende Bikes selbst auf kurvigen Landstraßen einen Teil ihres größeren Potenzials ausspielen können. Theoretisch. Denn dann bewegt man sich schon weit in der Illegalität. Und der Pilot muss den Punch umsetzen können. Aber das ist eine andere Geschichte.
Fazit + Bewertung

Auf der Teststrecke rief PS maximal 140 Ponys am Hinterrad ab (Fireblade); macht an der Kurbelwelle 148 PS. Das ist mehr als gedacht, allerdings stehen dann schon Führerschein-vernichtende 150 km/h an. Wenn der Pilot die Suzuki GSX-R 600 ausquetscht, bleibt er erstaunlich gut an der Blade dran. Lediglich bei Geschwindigkeiten jenseits von Gut und Böse muss er die Honda ziehen lassen, und das hektische Kreischen einer 600er ist definitiv nicht jedermanns Sache. Die KTM Super Duke R enttäuschte etwas. Zwar ist ihr Motor eine Perle, das ultraharte Fahrwerk macht der Österreicherin aber einen Strich durch die Rechnung. Und die Yamaha FZ6? Das günstige Bike fährt hinterher, schlägt sich jedoch bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit sehr achtbar.
PS-Bewertung |
Technische Daten
Technische Daten |
PS-Messungen
Bei gleicher Gasgriff-Stellung überragt die Honda Firebladeihre Mitbewerberinnen deutlich. Witzig: Die Yamaha FZ6 presst bei Vollgas 83 Hinterrad-PS heraus, für so viel Leistung sind die Drosselklappen der Honda Fireblade lediglich um 32 Prozent geöffnet. Und um die 124 Hinterrad-PS des zweitstärksten Bikes (KTM 990 Super Duke R) zu produzieren, benötigt die Honda gerade mal etwas mehr als Halbgas. Trotz gleichen Hubraums erzeugt die Suzuki
GSX-R 600 wesentlich mehr Leistung und Drehmoment als die Yamaha FZ6. Lediglich bei geringem Einsatz der Gashand überflügelt das Drehmoment der FZ6 kurz jenes der Gixxer. Bei 50 Prozent Gasgriffstellung geben die Vierzylinder schon bis zu 75 % (Honda) ihrer Leistung ab. Im Gegensatz zur Kurve der KTM verlaufen jene der Japanerinnen degressiv, je weiter die Drosselklappen geöffnet sind. Bei 80 % Öffnung rufen sie schon rund 95 % ihrer Maximalleistung ab. Wenn also jemand behauptet, er fahre eine Passage voll, könnte es sich nicht wie so oft um gefühlte, sondern um tatsächliche Volllast handeln. PS rechnete das maximale Drehmoment an der Kurbelwelle bei jedem Bike auf
den 2. Gang um. Über 850 Newtonmeter zerren bei Vollgas am Hinterrad der Honda Fireblade da geht was.
Speed-Wheelies

Welche Leistung braucht ein Speed-Wheelie? Je nachdem: Je näher der Pilot das Bike am Kipppunkt hält, desto weniger Power beansprucht der Tanz. Das funktioniert mit verschiedenen Bikes unterschiedlich gut. Mit zunehmender Geschwindigkeit ist aufgrund der Fahrwiderstände mehr Leistung nötig. Die Fireblade rief bei einem 212-km/h-Wheelie in der Spitze 142 Hinterrad-PS und ihr maximales Drehmoment von 111 Nm (Kurbelwelle) ab. Die GSX-R nutzte für ein 198-km/h-Wheelie 104 PS am Hinterrad, die Super Duke 63 PS bei 160 km/h. Distanzen: Super Duke 494 Meter, Fireblade 542 Meter, GSX-R 600 599 Meter. Fragen?
Messen und Brennen - So lief der Test

PS rüstete alle Bikes mit Data-Recording aus. Drehzahlen und Drosselklappen-Stellungen erlauben Rückschlüsse darauf, wie viel Leistung und Drehmoment der Pilot bei welchem Bike abgerufen hat. Ein GPS-Sender zeichnete die Geschwindigkeit auf und ortete die Bikes. Die Suzuki GSX-R 600 und die KTM 990 Super Duke R schicken ihr Benzin/Luft-Gemisch serienmäßig durch ein Doppeldrosselklappen-System. Das bedeutet, dass der Fahrer mit dem Gasgriff nur die erste Drosselklappe bedient. Der Bordcomputer befehligt unter Berücksichtigung diverser Parameter einen Stellmotor für die zweite Drosselklappe. Interessant zu beobachten, was der Fahrer mit dem Gasgriff verlangt, und was er bekommt. Aber das ist ein Extra-Thema.
Um zu erfahren, wie viel Leistung und Drehmoment die einzelnen Maschinen bei unterschiedlichen Drosselklappen-Stellungen erzeugen, fuhr PS Dutzende Prüfstandsläufe. In kleinen Schritten öffneten die Tester den Gasgriff bis Volllast immer weiter. Leistungs- und Drehmomentkurven im Diagramm auf Seite 25 dokumentieren die Ergebnisse. Alle Bikes fuhren auf gleichen Gummis Metzeler Sportec M3. Beim Landstraßen-Heizen ein hervorragender Alleskönner, der keine Wünsche offen lässt. Die Zeiten brannte immer der gleiche Tester in den Asphalt.
Was wirklich drückt

Am Anfang steht das Drehmoment: Bei der Zündung des Gemisches im Brennraum wirkt etwa 50 Millisekunden lang Verbrennungsdruck (Kraft pro Fläche). Die Kolbenfläche
reduziert diesen Druck zu einer Kraft, die via Pleuel und Kurbelradius (= halber Kolbenhub) die Kurbelwelle in Rotation versetzt. Kolbenkraft (N) x Kurbelradius (m) = Drehmoment an der Kurbelwelle (Nm).
Der Verbrennungsdruck wirkt nicht gleichmäßig, auch ändert sich der wirksame Hebelarm wegen der Drehung der Kurbelwelle, und beim Viertaktmotor drückt alle zwei Umdrehungen jeder Zylinder einmal. Die Drehmoment-Angabe eines Motors beschreibt nicht die kurzzeitigen Maxima, sondern den Wert, den alle Zylinder durchschnittlich pro Umdrehung bei einer gewissen Drehzahl aufbringen. Wie kommt es jetzt zur Leistung? Leistung (kW) = Drehmoment (Nm) x Drehzahl (U/min) x 0,00010466. Sie ist drehzahlabhängig, hängt also von der Menge an Drehmomentschüben pro Sekunde ab. Der Faktor, die komische Kommazahl, entsteht wegen der Umrechnungen von Drehzahl pro Minute ins Bogenmaß pro Sekunde sowie der Leistung von Watt in Kilowatt. Eigentlich beschreibt das Drehmoment also das durchschnittliche Arbeitsvermögen aller Zylinder pro Umdrehung, während die Leistung angibt, wie oft pro Sekunde dieses Arbeitsvermögen benutzt werden kann. Beides, Achtung, immer drehzahlabhängig! Es stimmt also nicht, dass Motoren mit großem Drehmoment ein Motorrad besser beschleunigen als solche mit großer Spitzenleistung.
Die Leistung summiert bei gegebener Drehzahl die kleinen Drehmomentschübe zu einem großen, beschreibt also, was zieht egal, ob bei einem großvolumigen Twin oder einem kleineren Reihenvierer. Was von den kleinen Drehmomentschüben am Rad ankommt, bestimmt die Gesamtübersetzung: Primärübersetzung von Kurbelwelle zu Getriebeeingang mal eingelegte Gangstufe mal Sekundärübersetzung zwischen Ritzel und Kettenrad, zusammen der Umwandlungsfaktor zwischen Kurbelwellen- und Raddrehzahl sowie zwischen Kurbelwellen- und Rad-Drehmoment. Die Drehmomentschübe am Hinterrad geteilt durch den Halbmesser des Rades (Hebelarm) bringen dann endlich eine Schubkraft am Boden auf. Und deren Gegenkraft schiebt an der Hinterachse das Motorrad vorwärts am stärksten im kleinsten Gang.