Wenn Europas Offroad-Tester zur großen Sause laden, muss man mit jeder Überraschung rechnen willkommen zum Master Enduro 2003, dem ultimativen Shootout der Enduroszene.
Wenn Europas Offroad-Tester zur großen Sause laden, muss man mit jeder Überraschung rechnen willkommen zum Master Enduro 2003, dem ultimativen Shootout der Enduroszene.
Sekt oder Selters? Solange noch Sprit im Tank ist und sich die Stollen im Boden festkrallen, stellt sich diese Frage für Enduristen nicht. Dann genügt zum Feiern Mineralwasser, die gute Laune kommt schließlich beim Fahren. Na ja, wenn schon die Getränke so spartanisch ausfallen, dann sollte es bei der Test-Party des Jahres wenigstens sonst an nichts fehlen. So lud die spanische Zeitschrift Motociclismo nicht nur acht Testpiloten aus ganz Europa sowie aus Mexiko ein, sondern sorgte vor allem für eine fast unüberschaubare Anzahl attraktiver Tanzpartnerinnen. Insgesamt 18 Sportenduros – von der zierlichen 125er-Zweitakter-Elfe bis hin zur 650er-Viertakt-Wallküre – lockten zum dirty dancing im Unterholz. Beim Master Enduro 2003 traten praktisch alle Modelle - in drei überschaubare Gruppe eingeteilt - gegeneinander an, um schließlich im Finale die Enduro des Jahres zu küren. Welche ist die schnellste im Gelände? Das allein war hier die entscheidende Frage.
So ganz nebenbei wollte natürlich auch noch jede Redaktion mit ihrem Fahrer ganz vorn dabei sein und im Finale der drei besten – Bikes und Fahrer – antreten. MOTORRAD schickte deshalb als Gastfahrer Bert von Zitzewitz ins Rennen. Als zehnfacher deutscher Enduro-Meister und Vize-Enduro-Weltmeister gelang ihm schon beim letztjährigen Master Enduro unter katastrophalen Witterungsbedienungen der Einzug ins Finale.
Heuer verlegten die Spanier diesen wohl einmaligen Test-Event weiter in den Süden. Optimales Wetter und konstante Streckenbedingungen sorgten für vergleichbare Rundenzeiten und beste Partylaune. Auch die übrigen Rahmenbedingungen boten ein äußerst professionelles Bild: Die meisten Hersteller und Importeure reisten mit eigenem Renn-Truck an, um ihre Maschinen auf dieses Kräftemessen vorzubereiten. Teilweise absolvierten die Werks-Mannschaften sogar Testfahrten, um die Fahrwerke auf die herrschenden Streckenverhältnisse abzustimmen. Der Veranstalter sorgte indes nicht nur für eine Waage vor Ort, selbst ein Leistungsprüfstand stand zur Verfügung. Dafür wurde übrigens kurzerhand ein Betonfundament in den staubigen Boden gegossen. So vorbereitet konnte die Party steigen.
Vier Tage dauerte das staubige Fest, vier Mal von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang galt es, den Sekunden nachjagen und die optimalen Linie durchs Dickicht finden. Der finale Sektkorken knallte schließlich nach dem Abschlussrennen, das für die vielleicht größte Überraschung dieses Events sorgte. Das Ergebnis verblüffte selbst ausgebuffte Test-Profis und bot genügend Gesprächsstoff, so dass die Party auch noch nach Sonnenuntergang an der Hotelbar weiter ging.
Das Master Enduro ist kein kein normaler Vergleich. Hier geht es nur um das eine: Speed. Dahinter steht die alles entscheidende Frage: Welches Motorrad ist auf einem abgesteckten Rundkurs das schnellste? Um das zu ermitteln, lud die spanische Zeitschrift Motociclismo befreundete Redaktionen zu dem hubraumübergreifenden Wettbewerb ein. Sicher, die Ergebnisse lassen sich nicht ohne weiteres auf jeden Fahrer und jeden Einsatzbereich übertragen, doch sie zeigen durchaus das Potenzial der Motorräder in einer typischen Wettbewerbssituation auf.Um möglichst die ganze Bandbreite des aktuellen Offroad-Angebots zu vergleichen, ging die Einladung zum Master Enduro an alle Hersteller. Leider konnten oder wollten sich nicht alle beteiligen. Husqvarna, Moto TM und VOR fehlten. Zur Wahrung der Chancengleichheit erhielten sämtliche Maschinen die gleiche Bereifung. Bridgestone unterstützte den Event mit unzähligen Enduro-Sportreifen vom Typ ED 660 B hinten und M 59 vorn.Die Regeln des Master Enduro sind hart. Fast wie im richtigen Leben gibt es für alle Beteiligten nur eine einzige Chance. Damit soll eine möglichst realistische Wettbewerbssituation simuliert werden. Nach einem kurzen Training zum Kennenlernen der Strecke startet jeder Fahrer mit jedem Bike nur ein einziges Mal - jeder Durchgang zählt. Bestzeiten erfordern deshalb maximale Konzentration. Bei einem Sturz gibt es wie im Wettbewerb keine zweite Gelegenheit. Nach erfolgtem Durchgang wechseln die Piloten die Motorräder nach einem zuvor festgelegten System durch. An den beiden ersten Fahrtagen nehmen die Fahrer mit allen Motorrädern eine typische Wiesenprüfung unter die Stollen. Am dritten und vierten Tag steht ein anspruchsvoller Cross-Country-Test auf dem Programm. Für die Zeitnahme ist übrigens ein Profi-Team zuständig, das normalerweise die Läufe zur spanischen Enduro-Meisterschaft betreut.
Ein Hoch auf die Zweitakter. Oder doch nicht? Die Gruppe eins befindet sich im Umbruch, die Viertakter erobern immer mehr die Youngster-Klasse.
Kreischende Zweitakter bis 125 cm3 matchen sih mit einem einsam vor sich hinschnurrenden 250er-Viertakter. Wir vermissen leider die Bonsai-Viertakter von Husqvarna und KTM. Während Firmenkrisen die Italiener beuteln, wollen die Österreicher offensichtlich das Feld kampflos der Konkurrenz überlassen und treten ohne ihre 250 EXC Racing an. Wie dem auch sei, die vier Bikes hindert das nicht daran, sich packende Duelle zu liefern. Bei den vorherrschenden optimalen Bodenverhältnissen favorisieren die Piloten ohne Kenntnis ihrer tatsächlichen Fahrzeiten klar die aggressiv anpackenden Zweitakter. Diese wirken subjektiv einfach schneller. Doch die Stoppuhr ist unbestechlich. So kassiert die unauffällige WR 250 F am Ende den Sieg. Belächelt werden die Hubraumzwerge dieser Gruppe übrigens nur von Unwissenden, Profis kennen das Potenzial der kleinen Biester. Das spiegelt auch das Ergebnis wider: Vier der acht Fahrer erzielen mit einem dieser Bikes ihre beste Gesamtfahrzeit (Summe aus gefahrener Zeit in der Wiesenprüfung und dem Cross-Country-Test), weitere zwei sind damit immerhin am zweitschnellsten unterwegs. Darüber hinaus zeichnet sich ein interessanter Trend ab: Je niedriger die Qualifikation der Fahrer, umso eher befinden sich die Favoriten unter diesen vier Maschinen. Somit haben diese Motorräder zu Recht ihren Ruf als Einsteiger-Bikes.
Der kleine Zweitakter zieht erstaunlich kräftig an und dreht anschließend willig, aber nicht wild hoch. Für Enduroeinsätze passt die Abstimmung des Fahrwerks perfekt. Eine rundum gelungene, superhandliche Sportenduro, die sich trotz Hubraumhandikap angenehm einfach fahren lässt. Leider hält die Qualität der Verarbeitung nicht ganz mit denen von Fahrwerk und Motor mit.
Der CRE-Motor bietet leider nur ein schmales nutzbares Drehzahlband. Auch das kurz übersetzte, eng gestufte Cross-Getriebe ist im Enduroeinsatz nicht ideal. Darüber hinaus kosten die straff abgestimmten Federelemente sie sind mit jenen des Cross-Modells identisch verhältnismäßig viel Kraft. Bei der Ergonomie orientiert sich die kleine Honda an den Bedürfnissen kleinerer Fahrer.
Kein Zweifel: Die KTM bietet den stärksten Motor des 125er-Felds keine ist kräftiger. Doch durch ihren bissig hochdrehenden Motor ist die Österreicherin verhältnismäßig schwer zu fahren. Keine Wünsche offen lässt hingegen die Abstimmung der Federelemente. Auch bei der schmalen, kompromisslosen Ergonomie und der hochwertigen Ausstattung schlagen Sportlerherzen höher.
Trotz ihres dezenten Auftritts ist die kleine Blaue erstaunlich schnell. Das ist sowohl dem Motor mit seinem enorm breiten nutzbaren Drehzahlband wie auch dem spielerischen Handling zu verdanken. Von der weichen Sitzbank abgesehen, gelang die neue Ergonomie sehr gut, für den harten Wettbewerb ist die Abstimmung des Fahrwerk jedoch etwas zu soft.
Gas Gas EC 125
Honda CRE 125 R
KTM EXC 125
Yamaha WR 250 F
Bestzeit Wiesenprüfung
3.8,38 min.
3.7,27 min.
3.9,09 min.
3.5,43 min.
3
2
4
1
Bestzeit Cross-Country
2.43,68 min
2.42,00 min.
2.44,98 min.
2.40,40 min.
3
2
4
1
352,06
349,27
354,07
345,83
Platz
3.
2.
4.
1.
Egal, ob auf dem eng gesteckten Wiesenkurs oder beim schnellen, stellenweise recht anspruchsvollen Cross-Country-Test quer durch die spanischen Wälder, die WR 250 F unterstrich eindrucksvoll ihre Überlegenheit. Der Vorteil ihres enorm breiten nutzbaren Drehzahlbandes in Verbindung mit der weich einsetzenden Leistung sorgte einerseits für perfekten Gripp und andererseits für eine schaltarme und stressfreie Fahrt. Im verbleibenden Zweitakt-Trio setzte sich vor allem die CRE 125 in Szene. Dass Power und Aggressivität selbst bei den Zweitaktzwergen nicht alles ist, musste hingegen die KTM erfahren: Obwohl sie am stärksten wirkte, trägt sie in beiden Sonderprüfungen die rote Schlusslaterne.
Die goldene Mitte im Superbreitwandformat die zweite Gruppe besticht vor allem durch ihre immense Modellvielfalt. Aber ist hier auch der neue Champion zu finden?
Keine der drei Hubraumklassen ist härter umkämpft, keine bietet mehr Auswahl und Vielfalt, keine offeriert mehr technische Innovationen. So rollt hier zum Beispiel die lange erwartete, brandneue Cannondale E 440 R an die Lichtschranke. Mit ihren nach vorn gerichteten Einlassventilen, der programmierbaren Einspritzung und dem unter der Sitzbank liegenden Tank setzt sie neue Akzente in diesem tendenziell doch eher konservativen Sport. Auf Einspritzung setzt auch die brandneue Gas Gas EC 450 FSE, eine Eigenentwicklung der traditionsreichen spanischen Offroad-Schmiede, wie die Cannondale mit E-Starter ausgerüstet. Hier starten aber auch die beiden von Highend-Crossern abgeleiteten Honda-Enduros mit dem wuchtig wirkenden Aluchassis als Markenzeichen. Der engagierte italienische Importeur HME baut diese Bikes in Eigenregie auf und vertreibt die CRF-E 450 R und die CR-E 250 R europaweit. Beide unterscheiden sich technisch kaum von den Crossern, Fahrwerk und Motor blieben unverändert. Eine nachträglich angebaute Lichtmaschine sorgt für die erforderliche elektrische Energie. Ebenfalls mit zwei arrivierten Modellen geht KTM an den Start: Die Zweitakt-250er präsentiert sich gründlich renoviert, die 450er ist speziell für die neue Hubraumkategorie sogar noch stärker überarbeitet worden. Mit der Kawasaki KLX 300 und der KDX 220 deckt die Bandbreite dieser Klasse aber auch das Brot-und-Butter-Segment ab. Die beiden Oldies umweht ein Hauch von Nostalgie, sie stellen sich mit bewundernswertem Sportsgeist der Herausforderung dieses knallharten Wettbewerbs dabei sein ist für sie alles. Es ist ganz offensichtlich, jeder Hersteller hat in diesem populären Marktsegment seine eigene Strategie. So überrascht nicht, dass die Test-Insider nirgendwo mehr Aspiranten für den Titel »Master Enduro 2003« vermuteten als unter den Zweitaktern bis 250 cm3 und den mit ihnen konkurrierenden Viertaktern bis 450 cm3. Doch es sollte völlig anders kommen. Lediglich eines ist nach Abschluss der Testfahrten klar: Den Wettstreit der Antriebssysteme Zweitakt contra Viertakt - entscheiden im Mittelfeld eindeutig die einfacher zu fahrenden Viertakter für sich. Sie erfordern keine lange Eingewöhnungszeit, man kann auf Anhieb eine schnelle Runde hinbrennen: Die drei schnellsten Bikes der Klasse stammen aus diesem Lager. Dennoch zeigen sich einige Tester von der Deutlichkeit dieses Erfolgs überrascht. Die vorherrschenden, optimal griffigen Bodenverhältnisse boten schließlich auch den deutlich leichteren, aggressiv hochdrehenden Zweitaktern beste Voraussetzungen, ihr Potenzial ausspielen zu können. Doch Topzeiten blieben aus. Noch viel erstaunlicher ist der Vergleich der drei Klassen. Die genauere Analyse der von den Fahrern erzielten Bestzeiten fördert schließlich die Wahrheit zutage: Kein einziger der acht Piloten schafft seine beste Gesamtzeit (Summe aus der Zeit des Wiesentests und der Cross-Country-Prüfung) mit einem Bike der favorisierten Mittelklasse. Lediglich einem gelingt es, mit der WR 450 F seine zweitschnellste Zeit hinzubügeln. Was ist los mit der viel gerühmten Klasse? Ganz offensichtlich sind es die Extreme, die zumindest auf dem flüssig abgesteckten Parcours des Master Enduro 2003 schnell machen. Entweder die wieselflinken, ultraleichten Hubraumzwerge oder richtig kräftige Ballermänner mit brutaler Leistung. Alles, was dazwischen liegt, ist zumindest in diesem Fall nicht der richtige Weg zur Bestzeit, Mittelklasse bleibt einmal Mittelmaß. Wer hätte das gedacht.
432 cm³, Viertakt, 47 PS, 127 kg, 10600 Euro
Die E 440 R wirkt in Aktion seltsam behäbig, woran sicher die sehr gewöhnungsbedürftige Ergonomie ihren Anteil hat. Trotz moderner Einspritzung hinterlässt auch der Motor einen schwerfälligen Eindruck. Selbst die edlen Öhlins-Komponenten konnten nicht überzeugen. Ihre Praxistauglichkeit müssen die teilweise eigenwilligen Detaillösungen erst noch belegen.
249 cm³, Zweitakt, 42 PS, 113 kg, 6390 Euro
Mit ihrem genialen Handling und ihrem sanften wie auch kraftvollen Motor ist die EC 250 selbst für Zweitakt-Newcomer geeignet. Je schwieriger das Gelände, umso größer ist der Fahrspaß mit ihr. Die Trial-Erfahrungen des Herstellers sind offensichtlich. Das Fahrwerk hinterlässt bei hohem Speed und auf derben Kanten oder Löchern jedoch einen etwas zu weichen Eindruck.
449 cm³, Viertakt, 47 PS, 128 kg, 7990 Euro
Trotz Einspritzung fehlt dem neuen Motor der ultimative Power-Kick. Die sanft einsetzende, gut kontrollierbare Leistung wird vor allem Hobby-Fahrer begeistern, denn die Kraft lässt sich sehr effektiv umsetzen. Auch das für Enduroeinsätze sehr gut abgestimmte Fahrwerk gefällt. Racern ist die 450er etwas zu brav. Detailmängel wie die katastrophale Sitzbank ärgern.
249 cm³, Zweitakt, 37 PS, 111 kg, 7740 Euro
Für einen modifizierten Crosser ist die vom italienischen Honda-Importeur aufgebaute CRE erstaunlich ausgewogen, auch wenn sie unter dem straffen, kräftezehrenden Fahrwerk sowie dem zu eng abgestuften Cross-Getriebe leidet. Außerdem wirkt der Motor irgendwie kraftlos. Obs am leisen Auspuff liegt? Die superschlanke Ergonomie passt am besten für kleinere Fahrer.
449 cm³, Viertakt, 48 PS, 116 kg, 8800 Euro
Trotz des unverändert vom Crosser übernommen Fahrwerks wirkt die CRF-E recht komfortabel. Der Enduro-Schalldämpfer nimmt dem Motor jedoch viel Kraft. Außerdem passt das sehr eng abgestufte Cross-Getriebe nicht für den Endurobetrieb. Schade auch, dass ein E-Starter fehlt. Das kostet nicht nur Sympathiepunkte, sondern im Fall der Fälle auch wertvolle Sekunden.
198 cm³, Zweitakt, 27 PS, 120 kg, in Deutschland nicht erhältlich
Mit seinem überraschend kraftvollen Antritt bei niedrigen Drehzahlen taugt der Motor prima zum Enduro-Wandern, wo er sich sehr leicht fahren lässt. Leider entwickelt der Zweitakter nie so etwas wie Temperament. Das gesamte Bike wehrt sich förmlich gegen jede Sportlichkeit. Insgesamt passt die gutmütige kleine Grüne nicht so recht in diesen Wettbewerb.
292 cm³, Viertakt, 27 PS, 124 Kilo, in Deutschland nicht erhältlich
Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Mit ihrem robusten Motor und der altertümlichen Ergonomie ist die KLX 300 eines der letzten echten Dual-Bikes vergangener Enduro-Tage. Sportliche Ambitionen? Fehlanzeige. Der kraftlose Motor, die antiquierte Ausstattung und das viel zu weichen Fahrwerk lassen sie heute wie ein Oldtimer erscheinen.
249 cm³, Zweitakt, 43 PS, 112 kg, 6420 Euro
Das Multitalent. Mit ihrem leichtfüßigen Handling sowie dem kräftigen und für Zweitaktverhältnisse angenehm gleichmäßig einsetzenden Motor ist die 250 EXC für einen weiten Einsatzbereich gerüstet. Ob Cross-Training oder anspruchsvolles Enduro-Wandern, mit der EXC geht alles. Auch das gut ausbalancierte, mit enormen Reserven versehene Fahrwerk überzeugt.
448 cm³, Viertakt, 48 PS, 120 kg, 7790 Euro
Satte Leistung, nicht brutal und immer sauber dosierbar - so soll es sein. Dazu ein Fahrwerk, das die weite Spanne vom Enduro-Wandern bis hin zum verschärften Cross-Einsatz abdeckt, sowie eine hochwertige Ausstattung was braucht man mehr. Für Einsteiger hat die 450er leider etwas von ihrer Unschuld eingebüßt, sie rückt sehr nahe an ihre große Schwester heran.
449 cm³, Viertakt, 48 PS, 126 kg, 7790 Euro
Mit ihrem unauffälligen, aber dennoch kräftigen Motor ist die WR 450 F tatsächlich schneller, als ihr erster Fahreindruck vermuten lässt. Leider fiel die Abstimmung der Federelemente für ein wettbewerbsmäßiges Tempo deutlich zu weich aus. Anfreunden kann man sich dagegen mit der neuen Ergonomie sowie nicht zuletzt dem neuen E-Starter.
Cannondale E 440 R
Gas Gas EC 250
Gas Gas FSE 450
Honda CRE 250
Honda CRF-E 450
Kawasaki KDX 220 R
Kawasaki KLX 300 E
KTM EXC 250
KTM EXC 450 Racing
Yamaha WR 450 F
Bestzeit Wiesenprüfung
3.16,28 min.
3.12,23 min.
3.12,77 min.
3.13,41 min.
3.10,19 min.
3.13,43 min.
3.13,98 min.
3.10,48 min.
3.8,03 min.
3.5,20 min.
10
5
6
7
3
8
9
4
2
1
Bestzeit Cross-Country
2.44,37 min.
2.43,71 min.
2.39,85 min.
2.44,13 min.
2.43,80 min.
2.45,64 min.
2.45,23 min.
2.43,16 min.
2.41,72 min.
2. 39,71 min.
8
5
2
7
6
10
9
4
3
1
360,65
355,94
352,62
357,54
353,99
359,07
359,21
353,67
349,75
344,91
Platz
10
6
3
7
5
8
9
4
2
1
Der erbitterte Kampf zwischen Zwei- und Viertaktern ist entschieden zumindest beim Master Enduro 2003. Hier balgen sich drei Viertakter auf den vorderen drei Plätzen um Ruhm und Ehre. Den Siegerkranz trägt schließlich verdient die WR 450 F nach Hause. Ihr Sieg in den beiden Sonderprüfungen resultiert im besten Gesamtergebnis, womit die Blaue die KTM ECX 450 Racing mit einem klaren Abstand von fünf Sekunden auf Platz zwei verweist. Die Österreicherin musste sich im Cross-Country-Test von der Gas Gas 450 schlagen lassen. Der spanische Newcomer mit innovativer Einspritzung belegte letztlich den respektablen dritten Gesamtrang. Dies ist umso erstaunlicher, als sich die gefahrenen Zeiten nicht ganz mit dem subjektiven Fahreindruck der Piloten deckten. Der 450er-Gas Gas trauten die meisten Piloten nicht so viel Sportlichkeit zu. Auf dem vierten Gesamtrang hält die KTM EXC 250 die Fahne für die Zweitaktzunft hoch. Die absolute Überraschung - im negativen Sinne - war schließlich der viel beachtete Neueinsteiger aus den USA: Die Cannondale E 440 R fiel im Gesamtergebnis noch hinter die beiden Kawasaki-Oldies zurück. Das hätte in Anbetracht der innovativen Motorentechnik sowie dem edlen Öhlins-Fahrwerk mit Alurahmen niemand vermutet.
Da wackelt die Heide ultrastarke Viertakter dominieren die Gruppe drei, die Zweitakt-Armada befindet sich hier auf dem Rückzug. Doch noch ist die Schlacht nicht entschieden ...
Bar aller Vernunft fahren vor allem Hobby-Piloten und Einsteiger auf die Motorräder der Power-Klasse ab. Ein Grund dafür ist sicher, dass hier praktisch für den gleichen Preis deutlich mehr Leistung offeriert wird. Wers wissen will, kann etwa bei der Husaberg FE 650 e bis zu 59 PS abrufen. Ein weiterer Anreiz ist sicher der Adrenalinkick beim Gasaufziehen. Der wird bei jedem dieser Bikes automatisch mitgeliefert. Aber macht Leistung gleichzeitig schnell? Bei der Auswertung der beim Master Enduro 2003 gefahrenen Zeiten scheint es auf den ersten Blick so: Jeder zweite Fahrer erzielt mit einem der Donnerbolzen seine persönliche Gesamtbestzeit, fünfmal erreichen die Fahrer auf einer Maschine der Power-Klasse ihre zweitschnellste Gesamtzeit. Doch bei dieser Interpretation ist zu berücksichtigen, dass ausnahmslos alle, selbst die vermeintlich langsamen, versierte Piloten mit langjähriger Offroad-Erfahrung sind. Zudem kommt die Streckencharakteristik den dicken Brummern entgegen. Wie das Ergebnis beispielsweise mit Einsteigern oder auf trialartigem Terrain aussähe, sagt dieser Wettbewerb leider nichts aus. Das enorme Potenzial dieser Maschinen zu nutzen ist sicher den Profis vorbehalten, aber einen satten Wheelie oder flotten Sprint schütteln alle locker aus dem Gasgriff, so dass auch weniger versierte Fahrer damit durchaus auf ihre Kosten kommen.
295 cm³, Zweitakt, 45 PS, 115 kg, 6590 Euro
Hier stimmt sowohl aus der Sicht des ambitionierten Sportfahrers wie auch des versierten Hobby-Piloten einfach alles: super Handling, weich einsetzender, kraftvoller Motor und ein perfekt abgestimmtes Fahrwerk. Das bestätigt auch der überraschende Erfolg des Zweitakters EC 300. Leider trübt eine teilweise nur mäßige Verarbeitung das sonst rundum stimmige Bild.
501 cm³, Viertakt, 50 PS, 121 kg, 7740 Euro
Mit ihrem gut zu dosierenden, nicht zu wilden Motor ist die FE 501 e jederzeit leicht zu beherrschen. Ihr Fahrwerk bietet zwar einerseits enorme Reserven für ambitionierte Sportler, doch wirkte die Gabel des Test-Bikes leider etwas unsensibel. Typisch Husaberg: Infolge der etwas beengten Platzverhältnisse fühlen sich hier Fahrer unter 1,80 Meter am wohlsten.
644 cm³, Viertakt, 59 PS, 123 kg, 7990 Euro
Sanft und wild die neue Motorabstimmung des Donnerbolzens gelang perfekt, und auch die übrige Detailpflege kann sich sehen lassen. So wurde aus dem einst so störrischen Urvieh ein für diese Hubraumklasse überraschend agiles, ja fast schon handzahmes Bike. Genau das Richtige für Power-Fetischisten. Die Ergonomie ist zwar etwas beengt, geht aber grundsätzlich in Ordnung.
510 cm³, Viertakt, 52 PS, 123 kg, 7890 Euro
Die enorme Power gepaart mit der Drehfreudigkeit der 525er begeistert immer wieder aufs Neue. Dennoch lässt sich die Leistung stets sauber dosieren. In Kombination mit ihrem sensiblen, sportorientierten Fahrwerk und vielen gut gelösten Details hinterlässt die KTM ein sehr ausgewogenes Gesamtbild. Ihr Bestseller-Satus kommt nicht von ungefähr.
Gas Gas EC 300
Husaberg FE 501 e
Husaberg FE 650 e
KTM EXC 525 Racing
Bestzeit Wiesenprüfung
2.59,25 min.
3.5,60 min.
3.1,40 min.
3.1,31 min
1
4
3
2
Bestzeit Cross-Country
2.36,71 min.
2.40,08 min.
2.37,30 min.
2.37,40 min.
1
4
2
3
335,96
345,68
338,70
338,71
Platz
1
4
2
3
Wer hätte das gedacht: Da tritt die Gas Gas EC 300 als einsamer Zweitakter gegen die versammelten Viertakt-Ballermänner an und gewinnt. Was ist los mit den Viertaktern? Zu schwer? Zu träge? Egal, denn die temperamentvolle, dabei jedoch sanfte Spanierin ist handlich und kräftig zugleich und wuselt superflink mal eben zum Sieg. Eine weitere Überraschung: der Erfolg der ultrastarken FE 650 e. Nach dem Motto »kann denn Leistung Sünde sein«, lässt sie selbst den KTM-Bestseller EXC 525 Racing hinter sich. Okay, der Vorsprung ist denkbar knapp - eine Hundertstelsekunde. Aber so ist das nun mal im Rennsport: Was zählt, ist der Platz, sonst nichts. Die FE 501 e musste sich indes trotz ihrer viel versprechenden Anlagen auf den undankbaren vierten Rang verweisen lassen.
Das Duell der Besten - die jeweils schnellsten Bikes der drei Gruppen treffen beim hubraumübergreifenden Finale des Master Enduro 2003 auf die drei schnellsten Fahrer. Für die Gruppe eins rollt die Yamaha WR 250 F an die Startlinie, Gruppe zwei vertritt mit der WR 450 F eine weitere Yamaha, und für die Klasse der schweren Jungs dengelt die Zweitakt-Gas Gas EC 300 zur Lichtschranke. Wenn so unterschiedliche Bikes wie dieses Trio mit drei hoch motivierten Piloten gegeneinander antreten, liegt zwangsläufig knisternde Spannung in der Luft, zumal sich die Fahrer natürlich nichts schenken wollen. Hier wie da gilt es Ruhm und Ehre zu verteidigen, schließlich hört bekanntlich der Spaß auf, sobald irgendwo eine Stoppuhr auftaucht. Für die schwedische Redaktion Bike qualifiziert sich Offroad-Haudegen Vesa Kytonen. Der junge, wilde Gabor Grillmayer fährt für die ungarische Zeitschrift Motor Revü das finale Race. Und schließlich ergatterte Mattias Nilsson für die spanischen Gastgeber einen der begehrten Startplätze. Der Austragungsmodus des Abschlussrennens: Jeder Pilot absolviert mit jedem Bike zwei Runden auf dem selektiven Cross-Country-Test, die jeweils beste Rundenzeit wird gewertet. Und die Sieger? Nun, bei den Fahrern hat Vesa als Ex-Enduro-Weltmeister seine Kontrahenten mit einem Lächeln sicher im Griff. Das bezweifelte auch vorher niemand ernsthaft. Dass aber mit der Gas Gas EC 300 der einzige Zweitakter das Finale für sich entscheidet, überrascht selbst Insider. Zwar ist der Abstand zur zweitplatzierten WR 450 F mit nur fünf Hundertstelsekunden denkbar knapp. Aber: Es kann nur einen Sieger geben!
Vesa Kytónen, 36Ex-Enduro-Weltmeister, europäischer Enduro-Champion 1998, dreifacher Sixdays-Gewinner und Testfahrer für BIKE/Schweden
Mattias Nilsson, 30Europäischer Motocross-Meister 1995, professioneller Moto Cross-Trainer und Test-Fahrer für Motociclismo/Spanien
José Luís Matarredona; 30Offroad-Sportler auf B-Lizenz-Niveau, Testredakteur von Motociclismo PAN/Mexiko
Gabor Grillmayer, 25Sechsfacher ungarischer Cross-Meister, österreichisch-ungarischer Enduro-Meister und Fahrer für die Redaktion Motor Revü/Ungarn
Bert von Zitzewitz, 44Vizeweltmeister, zehnfacher deutscher Meister, zehn mal Gold und einmal silber bei den Sixdays, MOTORRAD-Testfahrer
Thierry Sarasyn, 35Fährt auf B-Lizenz-Niveau, Redakteur und Offroad-Tester der Zeitschrift Motorwek 2/Belgien
Sascha Zdrahal, 36B-Lizenzfahrer, vierter Gegsamtrang im Enduro-Pokal 2001, Testredakteur der MOTORRAD-Schwesterzeitschirft PS
Christoph Haller, 33Schweizer Supercross-Vize-Meister 1995, vierfacher Schweizer Amateur-Meister und Co-Tester der Redaktion Töff/Schweiz