Premiere: Honda CB 1000 R

Premiere: Honda CB 1000 R Bote des Zorns

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Hondas verkörperten bisher oft biedere Hausmannskost, Böse-Buben-Image meist Fehlanzeige. Anders die neue CB 1000 R: Ihr Auftritt verspricht Bosheit, Zorn, Unbeugsamkeit. Was steckt hinter ihrer Fassade: Pseudo-Fiesling oder Bürgerschreck?

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Emotionen. Alles dreht sich um sie; sie bestimmen unseren Alltag, das ganze Leben. Auch Kaufgewohnheiten. Das wissen die Motorrad-Hersteller und entwickeln Modelle, die mitten ins Herz treffen sollen. Einigen Bikes gelingt das, anderen weniger – und zu letzteren gehören wohl auch ein paar Hondas. Die gelten zwar als technisch ausgereift, zu­verlässig und durchdacht, wirken aber mitunter etwas fantasielos.

Speziell die nicht-japanische Konkurrenz erobert mit ihren Kunstwerken immer mehr Biker-Seelen. Aprilia, Harley-Davidson und Triumph verzeichnen von Januar bis März dieses Jahres hohe Zuwachsraten, während sämtliche japanischen Hersteller Federn lassen mussten. Höchste Zeit, gegenzulenken. Einen ersten Schritt geht Honda mit der brandneuen CB 1000 R. Sie schließt hubraummäßig die Lücke zwischen der Hornet 600 und der CB 1300 S, die einst die Hornet 900 – in Deutschland etwas glücklos – auszufüllen versuchte. Gleichzeitig gründet sie eine für Honda neue Spezies: kraftvolle Bösewichte.

Premiere Honda CB 1000 R

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Blaulicht im Cockpit. Der Drehzahlmesser ist trotz LCD-Balken gut ablesbar.

Die CB 1000 R wirkt bullig, muskulös, ausdrucksstark, ein Design mit Ecken und Kanten, nonkonformistisch, einzigartig – ein starker Auftritt. Das Design der vor­deren Lampeneinheit mit der kuriosen, runden Zusatzleuchte dürfte allerdings Diskussionen anzetteln. Trotz ihrer Ex­pressivität wirkt die CB aufgeräumt, stimmig, edel. Einigen erscheint sie möglicherweise immer noch zu harmlos, das breite Publikum klatscht jedoch Beifall. Die PS-Leserschaft hob die CB 1000 R bei der großen Leserwahl in der Kategorie "Naked Bike" bereits vor ihrer Auslieferung (ab Mitte Juni) aufs Podest. Außerdem unterschrieben laut Honda-Vertriebsmann Horst Schuster bereits viele Interessenten blind Kaufverträge. Ob die PS-Leser und die Blanko-Unterschreiber ahnten, welch ein Geschoss da auf den Markt rollt?

Das Triebwerk der CB 1000 R macht einem Outlaw alle Ehre. Die Tausender reißt kurz oberhalb der Leerlauf-Drehzahl böse an und schiebt ohne Schwächephase durchs Drehzahlband. Gigantisch, wie die Nackte abgeht. Erst der Begrenzer stoppt den heißen Ritt bei zirka 10000/min. Erstklassig: Die CB 1000 R überfordert ihren Piloten nicht, kann auch zahm sein. Je nach Laune gibt sie mal den Gentleman, mal den Gangster.

Der Antrieb der Honda ist ein guter Bekannter. Er stammt aus der Fireblade von 2007 (SC 57) und wurde gründlich modifiziert. Die CB 1000 R schickt mit 125 PS und 99 Nm satte 27 PS und 6 Nm mehr an die Kupplung als die gemäßigte CBF 1000, die ebenfalls ein geändertes Fireblade-Herz in sich trägt. Neue Nockenwellen, anders geformte Einlasskanäle sowie eine größere Airbox machen den Unterschied. Weniger ins Gewicht fallen dürfte die marginal erhöhte Verdichtung der Neuen und Einspritzdüsen, die das Benzin in einem anderen Winkel injizieren. Geblieben sind dem abgewandelten SC 57-Treibsatz spürbare Vibrationen und die recht sprunghafte Gasannahme. Die Gänge flutschen leicht und exakt, die Schaltwege sind kurz.

Premiere Honda CB 1000 R

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Immer wieder schön: freie Sicht aufs Hinterrad einer Einarmschwinge. Die Nabe geriet recht klobig; der kantige Auspuff fügt sich prima ins Gesamt-Design.

Wie beim Motor greift die CB 1000 R auch beim Chassis aufs Honda-Regal zurück. Den Zentralrohr-Rahmen spendiert die Hornet 600, die Gabel entstammt der 2008er-Fireblade und wurde für die CB anders abgestimmt. Einzig die Einarmschwinge entwickelten die Fahrwerkstechniker neu. Das schicke Teil verleiht dem Naked Bike Exklusivität. Da fällt das Hinterrad mit der klobigen Nabe ganz besonders auf – das ginge sicher filigraner, wie das Design des Vorderrads anschaulich beweist. Immerhin misst die hintere Felge schlanke 5,50 Zoll und nimmt einen Reifen in Landstraßen-idealem 180er-Format auf. Damit braust die vollgetankt 217 Kilogramm schwere Nudistin (Herstellerangabe) sehr neutral und angemessenen handlich durchs Runde. Die Bridgestone BT 015 in Sonderspezifikation "L" harmonieren prächtig mit der Nackten, führen sie souverän über die Landstraße. Die kompakte, aber bequeme Sitzposition mit hohem, breitem Lenker komplettiert das Wohlfühl-Paket.

Das komfortabel abgestimmte Fahrwerk gleitet sanft über Landstraßen zweiter Ordnung hinweg. Bei groben Asphaltfurchen geht das Federbein allerdings auf Block. Honda lenkt den Monoshock direkt an; eine Umlenkung, die das Federbein über Progres­sion bei seiner Arbeit unterstützen könnte, fehlt. Ob eine weiter vor­gespannte Feder Abhilfe schafft, muss ein aus­giebiger Test klären; auf der Präsentation blieb für Setup-Experimente leider keine Zeit. Beim ausgelassenen Toben kommt Unruhe ins Fahrwerk: Die Front taucht beim Ankern stark weg, und das Heck schwingt nach. Also die Zugstufen-Dämpfung des Federbeins schließen und siehe da: Diese Maßnahme beruhigt die Fuhre. Satte Straßenlage ist jedoch etwas anderes.

Die Präsentations-Maschinen mussten allesamt ohne ABS auskommen. Honda führt das aufpreispflichtige Extra (600 Euro) in Kombination mit CBS erst später ein. Die Variante ohne Blockierverhinderer trägt die 4-Kolben-Bremszangen aus der aktuellen Fireblade, die in 310er-Bremsscheiben beißen. Die Stopper sind perfekt dosierbar, verzögern mit steigender Handkraft linear und nicht zu aggressiv.

10090 Euro (zuzüglich Nebenkosten) soll die CB 1000 R kosten. Wer sie vorher schon bestaunen möchte, bekommt dazu Gelegenheit: Seit April ist sie auf Deutschland-Tour unterwegs. Wann sie beim Händler Ihres Vertrauen eintrifft, steht im Internet unter www.mission-cb1000r.

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Der SC57-Motor verrichtet abgewandelt auch Dienst in der Honda CBF 1000.

Antrieb: Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 92 kW (125 PS) bei 10000/min*, 99 Nm bei 7750/min*, 998 cm³, Bohrung/Hub: 75,0/56,5 mm, Verdichtungsverhältnis: 11,2:1, Zünd-/Einspritzan­lage, 36-mm-Drosselklappen, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat

Fahrwerk: Leichtmetall-Zentralrohrrahmen, Lenkkopfwinkel: 65,0 Grad, Nachlauf: 99 mm, Radstand: 1445 mm, Ø Gabelinnenrohr: 43 mm, Federweg vorn/hinten: 120/128 mm Räder und Bremsen: Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17"/5.50 x 17", Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17, 310-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 256-mm-Einzelscheibenbremse mit Zweikolben-Schwimmsattel hinten

Gewicht: vollgetankt 217 kg*, Tankinhalt/davon
Reserve: 17/4 Liter

Grundpreis: 10090 Euro (zzgl. Nebenkosten)

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