Ein geringerer Kraftstoffverbrauch kommt der Umwelt zugute - und schont freilich auch den Geldbeutel des Motorradfahrers.
Ein geringerer Kraftstoffverbrauch kommt der Umwelt zugute - und schont freilich auch den Geldbeutel des Motorradfahrers.
Es gibt Themen, die einfach immer wieder für Gesprächsstoff sorgen. Klarer Spitzenreiter diesbezüglich ist das Wetter. Ebenfalls gern diskutiert wird über das Thema Kraftstoffverbrauch, und das mittlerweile auch schon ein Viertel Jahrhundert lang. Auslöser war die Ölkrise im Jahr 1973, die den bisherigen sorglosen Umgang mit dem schwarzen Gold bewußt machte. Der Ruf nach verbrauchsoptimierten Konzepten wurde laut, der heute - freilich auch aus Umweltschutzgründen - in der Forderung nach dem Drei-Liter-Auto gipfelt. Im Jahr der Bundestagswahl stehen Themen wie Umweltschutz und Individualverkehr besonders hoch im Kurs, mit den unterschiedlichsten Vorschlägen, Forderungen oder Versprechen seitens der verschiedenen Parteien.
Taten in puncto einer geringerer Kraftstoffverbrauch folgten den vielen Worten bislang jedoch vergleichsweise wenige. Immerhin hat sich VW das Drei-Liter-Auto bis zum Jahr 2000 auf die Fahnen geschrieben, und die Elite der Autobauer vereinbarte kürzlich in Genf, den durchschnittlichen Verbrauch von Benzinmotoren bis zum Jahr 2008 auf 5,9 Liter pro hundert Kilometer zu senken.
Die meisten Motorrädern liegen im sogenannten Drittelmix (also Stadtverkehr, konstant 90 km/h und konstant 120 km/h) zwar bereits heute unter diesem Niveau. Was natürlich nicht ausschließt, daß der Spritkonsum mancher Zweiräder unzeitgemäß hoch ist. Und auch wenn der von MOTORRAD ermittelte Verbrauch eines vielverkauften Mittelklassemotorrads wie der Kawasaki GPZ 500 S mit 3,96 Litern im Drittelmix relativ niedrig ist, heißt das nicht, daß es nichts mehr zu verbessern gibt. MOTORRAD war überzeugt, mit vertretbarem Aufwand noch Einsparpotential zu finden und machte die Probe aufs Exempel.
Ein entscheidender Ansatzpunkt - unabhängig von einem bestimmten Modell - ist der extrem ungünstige Teillastbetrieb des Motorrads. Im direkten Vergleich von Pkw und Bike benötigt zum Beispiel ein Mittelklassse-Zweirad auf der Landstraße für ein Tempo von 100 km/h rund neun PS, ein Mittelklasse-Pkw fast 20 PS, also mehr als das Doppelte. Daher ist beim Motorrad bei gleichem Tempo die Drosselklappe viel weiter geschlossen als beim Pkw. Und das verursacht einen deutlich schlechteren Wirkungsgrad, will heißen, der Motor kann weniger Gemisch ansaugen und verdichten. Je mehr Leistung ein Motorrad hat, um so schlechter wird der Wirkungsgrad im unteren Teillastbetrieb auf Landstraßen, da die Drosselklappe dann nur noch einen schmalen Spalt geöffnet ist. Der Verbrennungsablauf verschlechtert sich drastisch.
Entwicklungen der Automobilindustrie, mit Zylinderabschaltung und variabler Verdichtung diesen Problemen zu entgegnen, gingen bis heute wegen des hohen Aufwands nicht in Serie. Doch es gibt ein uraltes Mittel, das weiterhilft: ein Getriebe mit Overdrive. Durch einen langen letzten Gang wird die Drehzahl in einen Bereich verlagert, in dem weniger Leistung vorhanden ist. Die Drosselklappe muß weiter geöffnet werden, der Wirkungsgrad steigt.
Diesen simplen Trick machte sich MOTORRAD bei der GPZ 500 zu nutze. Die Sekundärübersetzung wurde so gewählt, daß der fünfte Gang dem ehemaligen sechsten Gang entspricht. Dafür mußte das Kettenrad mit 41 Zähnen einem Pendant mit 36 Zähnen weichen. Das Ritzel blieb unverändert. Wo sich vorher sechs Gangstufen den gesamten Drehzahlbereich von 11000/min auf 223 km/h unterteilten, müssen nun deren fünf 225 km/h überbrücken, die sechste Stufe übernimmt die Overdrive-Funktion. Deshalb fertigte Getriebespezialist Wolfgang Kayser einen Radsatz an, der bei Richtgeschwindigkeit 130 auf Autobahnen selbst im Betrieb mit zwei Personen noch Reserven zum Beschleunigen und an leichten Steigungen hat. Diese Getriebeauslegung senkt bei Landstraßentempo die Drehzahl im letzten Gang um 1200 Umdrehungen, die GPZ 500 erreicht die Höchstgeschwindigkeit nun im fünften.
Des weiteren erlauben die kompakten Brennräume der Kawasaki selbst bei Weiterverwendung von Normalbenzin eine Anhebung des Verdichtungsverhältnisses, die sich gerade im unteren Teillastbereich positiv auf den Verbrauch auswirkt. Neu angefertigte Kolben hoben die Kompression um einen Punkt auf 1:12 an. Eine Anpassung des Zündzeitpunkts war dadurch erforderlich - wodurch sich nochmals Möglichkeiten ergaben, den Verbrauch weiter zu reduzieren. Die originale Zündung mit einer einfachen drehzahlabhängigen Kennlinienverstellung mußte einer Kennfeldzündung weichen, die als weiteren Parameter den Saugrohrunterdruck benutzt. Diese adaptierte Spezialist Rupert Baindl, in der SOS-Szene bekannt als Schöpfer des schnellen BRM-Singles, an die GPZ. Mit Fachleuten aus der Automobilindustrie erarbeitete MOTORRAD anschließend ein Kennfeld, dessen Zündzeitpunkt in vielen Bereichen erheblich vorverlegt wurde.
Weiteres Augenmerk galt dem Ansaugtrakt. Um im mittleren Drehzahlbereich noch Drehmoment zu finden, experimentierte MOTORRAD mit verschiedenen Änderungen wie unterschiedlichen Ansaugtrichtern, Luftfilteranordnungen und Bedüsungen. Da sich die Ergebnisse dieser Eingriffe nicht exakt vorhersehen lassen, waren zahllose Stunden am Prüfstand nötig, und auch Rückschläge mit defekten Zylinderkopfdichtungen und einem überhitzten Kolben blieben nicht aus, bevor die optimale Abstimmung ausgetüftelt war. Einige kleinere Maßnahmen am Fahrwerk rundeten das Paket schließlich ab.Gürtelreifen und eine schmalere X-Ring-Kette sollten den Rollwiderstand verringern.
Der Prüfstand attestierte dem GPZ-Sparmobil nach sämtlichen Umbauten ordentliche Werte. Obwohl nicht als Ziel angepeilt, liegt die Leistung und somit auch das Drehmoment im gesamten Drehzahlbereich leicht über dem Original, was sich auch in den Fahrleistungen niederschlägt. Die höhere Leistung kompensiert die längere Übersetzung und verschafft der Öko-GPZ sogar leichte Vorteile in der Beschleunigung. Von null auf 100 km/h knapp in Front, nimmt sie dem Serienmotorrad bis 160 km/h 1,3 Sekunden ab. In der Höchstgeschwindigkeit liegen die Kontrahentinnen mit 191 km/h exakt gleichauf.
Im Fahrverhalten spürt der Pilot keine gravierenden Unterschiede. Allenfalls fällt beim Wechsel von der Serien- zur modifizierten Variante deren niedrigeres Drehzahlniveau angenehm auf. Steigt der Fahrer dann wieder auf die serienmäßige Kawasaki um, will er selbst im letzten Gang ständig hochschalten.
So weit, so gut. Bleibt als entscheidender Punkt noch das Ergebnis der Verbrauchsmessungen. Eine serienmäßige GPZ 500 S mußte mit der modifizierten Variante mit festgelegten Fahrerwechseln im Stadtverkehr, auf Landstraßen und auf der Autobahn in direkte Konkurrenz treten. In der Stadt kann die verbrauchsoptimierte Kawasaki das Serienpendant mit 3,21 Litern um 0,8 Liter unterbieten, ebenso auf der Landstraße, wo sie nur 4,28 Liter Kraftstoff benötigt. Auf der Autobahn beträgt der Unterschied je nach Geschwindigkeit bis zu 1,2 Litern. Dabei zeigen im Stadtverkehr vor allem die Maßnahmen am Triebwerk positive Auswirkungen, während außerorts die Modifikationen des Antriebsstrangs dann stärker zum Tragen kommen.
Im Drittelmix erreicht die Sparvariante einen Verbrauch von 3,29 Litern und entspricht somit den Forderungen eines Drei-Liter-Fahrzeugs. Nützlicher Nebeneffekt am Rande: Die modifizierte Kawasaki erfüllt die zukünftigen Abgasgrenzwerte der Euro-1- Norm und hat wegen der längeren Übersetzung sogar ein um ein Dezibel geringeres Fahrgeräusch. Insgesamt zeigt die modifizierte GPZ 500 S das Potential eines umwelt- und konsumfreundlichen Fahrzeugs auf, wobei mit den Möglichkeiten der Industrie die erzielten Werte sicherlich nochmals deutlich zu unterbieten sind. Doch auch so gilt bereits: Eine Kraftstoffersparnis von rund zwanzig Prozent bedeutet auch zwanzig Prozent weniger Kohlendioxidemissionen, ebenso nehmen die Schadstoffe Kohlenwasserstoff und Kohlenmonoxid bei einem höheren Wirkungsgrad tendenziell ab.
Bleibt zu hoffen, daß die Motorradindustrie die Chance nutzt, nachdem sie sich bislang in Sachen Umweltfreundlichkeit äußerst zurückhaltend gibt. Die Argumente wie beim Katalysator, das der Aufwand und damit der Preis zu hoch sei, zählen jedenfalls nicht. Denn die von MOTORRAD durchgeführten Änderungen sind in der Serie nahezu kostenneutral zu realisieren.
Stand der Verbrauchsoptimierung in der Automobilindustrie
Als der wesentlich größere Industriebereich spielt die Pkw-Branche bei fast allen technischen Neuerungen auf dem Kraftfahrzeugsektor logischerweise die Vorreiterrolle. So auch beim Thema Kraftstoffökonomie. Alle namhaften Hersteller arbeiten teilweise sogar mit bereits festgelegten Terminen für eine zukünftige Serienproduktion am Drei-Liter-Auto. Ob die Motorradindustrie, die diesbezüglich eher zurückhaltend agiert, davon profitieren kann, soll ein Blick auf den derzeitigen Stand der Entwicklung klären.Am ökonomischsten geht unbestritten der Dieselmotor mit dem Kraftstoff um. Als Selbstzünder benötigt er zur Entflammung des Gemischs kein fest definiertes Kraftstoff-Luft-Verhältnis. Das Gemisch entzündet sich über einen weiten Bereich selbst. Der Verzicht auf eine den Gasstrom hemmende Drosselklappe ermöglicht in jedem Betriebszustand eine gute Zylinderfüllung und somit einen hohen Wirkungsgrad, gleichzusetzen mit einem günstigen Verbrauch. Für ein Motorrad eignet sich der Dieselmotor wegen seines ungünstigen Leistungsgewichts jedoch nicht.Ein Ottomotor mit Direkteinspritzung arbeitet im Prinzip wie ein Dieselmotor. Das Benzin muß jedoch so in den Brennraum eingespritzt werden, daß sich zum Zündzeitpunkt ein zündfähiges Gemisch im Kerzenbereich konzentriert. Der Einsatz dieser Technik ist auch bei Motorrädern denkbar. Bei Mitsubishi und Toyota laufen schon die ersten Autos vom Band. Bei den meisten anderen Herstellern steckt der Benzin-Direkteinspritzer jedoch noch in der Entwicklungsphase, da der Motor im Teillastbereich durch den hohen Luftüberschuß sehr mager und dadurch für einen konventionellen geregelten Katalysator mit zu hohem Stickoxidanteil im Abgas arbeitet.Während sich diese Maßnahmen direkt auf den Verbrennungsablauf beziehen, gibt es auch Möglichkeiten über die Anhebung des Drehmoments den Benzinverbrauch indirekt zu beeinflussen. So optimiert eine variable Ventilsteuerung die Zylinderfüllung und somit das Drehmoment über einen weiten Drehzahlbereich. Solch eine Steuerung ist jedoch sehr aufwendig. Honda setzte bereits 1984 in der CBR 400 für den japanischen Markt ein Vierventilsystem ein, bei dem bis 8500 Umdrehungen pro Minute nur je ein Ein- und Auslaßventil arbeitete. Der technische Aufwand, der die Strömungsgeschwindigkeit zur besseren Zylinderfüllung erhöht, übertraf jedoch den Nutzen und setzte sich erst in den letzten Jahren in Honda-Pkw durch. Einfachere Steuerungen, die wie bei Audi durch ein drehzahlabhängig verschiebbares Zahnrad zwischen den Nockenwellen die Ventilüberschneidungszeiten verändern, sind aber auch bei Zweiradtriebwerken problemlos möglich.Variable Saugrohrlängen sind bei Autos schon ein alter Hut. Dabei nutzen die Techniker die kinetische Energie und die Schwingungen der Gassäule im Ansaugtrakt zur Verbesserung des Drehmoments. Lange Ansaugwege erzeugen im unteren Drehzahlbereich eine füllige Drehmomentkurve, kurze eine hohe Spitzenleistung. Für eine optimale Auslegung eines solchen Systems am Motorrad reicht der Platz jedoch nicht aus. Einige der technischen Möglichkeiten aus dem Pkw lassen sich jedoch ohne Problem bei Zweirädern realsieren.