Da gibt es was zu feiern: Galfer wird 70 alt. Doch der ein oder andere wird sich jetzt vielleicht fragen: "Galfer, wer?". Die Frage ist berechtigt. Trotz dessen, dass die Produkte des spanischen Herstellers weltweit auf der Straße und im Rennsport genutzt werden, sind sie in deutschen Motorrad-Gefilden eher unbekannt. Erschwert wird das Bekanntwerden durch, dass die Produkte in Deutschland schwierig bis gar nicht zu bekommen sind, man kann sie zumeist nur direkt über Galfer beziehen. Einen deutschen Vertrieb für die Rennprodukte findet man nicht. Im deutschsprachigen Fahrradbereich sieht das ganz anders aus. Vor allem bei den Mountainbikern gehört Galfer zu einem wichtigen Hersteller für Performance Bremsscheiben und -beläge.
Rennsporterfolge en masse
Im Jahr 1952 wurde Galfer von dem Italiener Maffio Milesi in Barcelona gegründet. Der Ort Barcelona war nicht zufällig gewählt: Die FIAT-Gruppe eröffnete in dem Jahr in der katalanischen Großstadt ein Seat-Werk und benötigte einen lokalen Zulieferer für Bremsscheiben. Durch Kontakte bekam Milesi, der zu der Zeit in Italien Bremsprodukte entwickelte, den Zuschlag, und Galfer war geboren. Nach einigen Jahren entwickelten er und sein Team auch Produkte für die Motorradindustrie, ab den siebziger Jahren fokussierte man sich dann mehr und mehr auf den ganzen Zweirad-Markt. Milesi wusste, dass die besten Möglichkeiten zur Entwicklung neuer Produkte im Rennsport liegen, und so begann das Unternehmen, sich aktiv in nationalen und internationalen Meisterschaften einzuklinken – mit Erfolg. Neben revolutionären Technologien und Produkten wie den ersten Belägen für Motorrad-Scheibenbremsen (Ducati), krönte man sich 1989 mit dem ersten Gewinn einer Weltmeisterschaft, dem 125er-Tietel mit Alex Criville. Ab dann ging die Erfolgskurve im Motorsport steil bergauf. Fahrer wie Marc Marquez, Jorge Lorenzo, Lorenzo Baldassari, Joan Mir, Toni Bou oder Jorge Martin vertrauten oder vertrauen auf Produkte der Spanier. Auch Teams und Hersteller wie Beta, Honda und viele weitere nutzen die Beläge und Scheiben. Insgesamt wurden in der bisherigen Geschichte von Galfer 95 Titel von Teams und Fahrern gewonnen, die mit Racing-Produkten von Galfer ausgestattet waren. Und auch im Straßensektor ist Galfer breit aufgestellt. Beispielsweise sind 70 Prozent aller KTM und Husqvarna Modelle im Serienzustand mit Belägen und Scheiben von Galfer ausgestattet.
Werft den Anker
Doch all diese Erfolge sind nur die halbe Miete, auf der Straße (oder Rennstrecke) zählt es. Zum Jubiläum präsentierte Galfer ihre neuen Bremsbeläge G1310 und neue Floatec-Bremsscheiben. Als Teststrecke dient der Rundkurs Parcmotor Castellioli, etwa 60 Kilometer von Barcelona gelegen. Mit seiner Länge von 4,1 Kilometern und einem wahnwitzigen Höhenunterschied von 70 Metern (!) der perfekte Ort, um den Belägen und Scheiben auf den Zahn zu fühlen. Als Testmaschinen stand eine ganze Bandbreite an Motorrädern aller Art in den Boxen, von einer KTM RC 390 bis hin zu rennfertigen R1-en. Insgesamt spulte jedes Motorrad den Tag etwa 200 Kilometer auf den Scheiben und Belägen ab, was in Summe nicht allzu viel ist, aber für auf Rennstreckenperformance ausgelegte Bremsbeläge und Scheiben schon eine gewisse Distanz ist. Diese Distanz schluckten die Beläge ohne jegliches Murren, der Verschleiß hielt sich sehr in Grenzen. Etwas fehl am Platz fühlten sich die Stopper auf der KTM RC 390 und einer KTM 790 Duke an, denn für die zwei Motorräder war die Bremsleistung schon etwas zu krass, ein schwänzelndes Heck vor den Kurven zumeist vorprogrammiert. Glänzen konnten die Anker dann auf den Superbikes: Selbst nach mehreren Runden mit heftigsten Angasen auf den Tausendern gab es keine Spur von Fading oder Performance-Verlust. Einzig auf der Kawasaki ZX-10R wanderte der Druckpunkt mehr und mehr in Richtung Lenkerstummel, doch dies ist eher auf die serienmäßige Bremspumpe zurückzuführen. Bei den rennfertigen Yamaha R1 und einer R6, alle ausgestattet mit Magura-Bremspumpen, blieb der Druckpunkt auf einem konstant hohem Niveau. Übertriebene Vollbremsungen stellten kein Problem dar. Schön das Gefühl, dass die Beläge und Scheiben beim Bremsvorgang dem Piloten übergeben. Man spürt ganz fein, mit welchen Druck die Beläge von den Kolben auf die Scheiben gedrückt werden und bekommt so einen guten Überblick, wie sehr man die Bremse noch belasten kann. Wichtig anzumerken ist, dass die Scheiben und Beläge eine KBA-Nummer haben, vom deutschen TÜV zertifiziert und somit für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. Doch trotzdem ein Appell: Die Bremsprodukte sind in für den Rennstreckeneinsatz ausgelegt und müssen eine gewisse Temperatur haben, damit sie auch ordentlich verzögern – und diese Hitze erreicht man in öffentlichen Gefilden zumeist nicht.
Fazit
Galfer feiert Geburtstag und beschenkt sich mit den G1310 Bremsbelägen und der neuen Rennbremsscheibe Floatec selbst. Leider sind die Produkte des spanischen Bremsen-Spezialisten in Deutschland schwierig zu bekommen. Doch trotzdem sollten vor allem Sportfahrer mal einen Blick auf die Produkte werfen.