Nein, wir wollen nicht noch mal die ganze Geschichte der kapriziösen Suzuki TL 1000 S aus dem Jahre 1997 aufrollen, das Thema ist passé,
aus, vorbei, erledigt. Zwar stammen die aktuellen V2-Motoren direkt von der anfangs kränklichen TL-1000-Baureihe ab, sind aber durch ein geändertes Einspritzsystem und weitere Modifikationen ausgereift und standfest. So blieb der V2 auch während der 10000 Testkilometer, auf denen MOTORRAD diverse Umbauten an der SV 1000 ausprobierte, im Fahrtenbuch ein unbeschriebenes Blatt.
Aufgesattelt und abgefahren, das wars dann schon. Selbst nach einer Nacht im fiesesten Nieselregen brummt der Twin dank elektronischen Chokes nach einem kurzen Knopfdruck los. Einzige Auffälligkeit: Es poltert bei Standgas deutlich aus den Tiefen des Kurbelgehäuses, und die Anti-Hopping-Kupplung neigt beim Spurt teilweise zum Rupfen. Kleinigkeiten, die den Genuss kaum trüben.
Hätten sich die Suzuki-Techniker um das Fahrwerk ähnlich bemüht wie um den prächtigen Motor, hätte sich die Redaktion diese Seiten getrost sparen kön-
nen. Doch beim Top-Test (MOTORRAD 7/2003) runzelten die Testfahrer die Stirn. Mäßige Lenkpräzision und Kurvenstabilität, leichte Instabilität bei Topspeed, beinharte Federung hinten, zu weich vorn. Keine Frage, die SV 1000 S ist ein Fall für die MOTORRAD-Werkstatt.
Und da bei Vielfahrerin Monika Schulz bereits ein Bandscheibenvorfall zu befürchten war, macht sich die Mannschaft zunächst an die Ergonomie. Die buck-
lige Sitzhaltung entschärfen höher angebrachte Stummellenker, die im Fall des LSL-Umbaus obendrein noch in Richtung Fahrer rücken. Gehts hurtig über die Bahn, mindert der pfiffige MRA-Windschild mit siebenfach justierbarem Spoiler den Winddruck auf Kopf und Schultern. Eine gute Empfehlung für den Marathon-Ritt im Eiltempo.
Alles ganz nett, aber freilich noch keine Antwort auf die beklagten Fahrwerksschwächen. Lösung kommt zunächst in Form eines leichtgängigen, einstellbaren LSL-Lenkungsdämpfers. Speziell bei niedrigen Temperaturen und geringem Tempo vermasselt der straffe serienmäßige Dämpfer eine saubere Linie. Schwungvolles Einlenken und stramm hingepfefferte Wechselkurven gelingen mit dem LSL-Teil wesentlich präziser, ohne die Linie nachzubessern.
Eine Empfehlung, die der SV 1000 S auf welligen Strecken jedoch nicht zur Perfektion gereicht, weil die bockige Hinterhand in Schräglage aus der Spur schunkelt. Dabei ist das Serienfederbein gar nicht so daneben, nur die Federrate mit rund 80 kg/cm wurde zu hart gewählt. Und so verwundert es nicht, dass sich
die Kombination aus einer weicheren
Feder von Wilbers (85 Euro, Telefon 05921/727170) und dem Serienstoßdämpfer als tadellose und vor allem kostengünstige Lösung erweist (Zugstufe eineinhalb, Druckstufe eine Umdrehung auf).
Wenn zudem durch Verringern des Luftpolsters auf 150 Millimeter die Progression der Gabel etwas zulegt, gibt es am Federungskomfort, der Stabilität auf Holperpisten und insbesondere an der Balance von Vorder- und Hinterhand nicht mehr viel zu meckern.
Einziger Schwachpunkt: Die Suzuki taucht mit der weicheren Abstimmung am Federbein hinten mehr ein, was zu einem leichten, aber spürbaren Untersteuern in Kurven führt. Abhilfe: Die Gabelstandrohre werden auf 13 Millimeter Überstand in den Brücken durchgeschoben, und schon sind Handling und Lenkpräzision wieder im Lot. Der Grund: Mit durchgesteckter Gabel verändern sich Nachlauf und Lenkkopfwinkel in Richtung Handlichkeit.
Weil bei den Bremsmessungen mit der SV der Ruf nach mehr Biss laut geworden war, stand auch dieses Thema im Lastenheft. Der einfachste Weg zum Erfolg führt über die Verwendung anderer Beläge, beispielsweise von Brembo und Lucas. Letztere wandeln mit ihrer regelrecht aggressiven Bissigkeit die leicht stumpfe Serienbremse in einen absolut sportlichen Stopper.
Wer jetzt noch aus den drei im
Kfz-Schein eingetragenen Reifen seinen Favoriten auswählt, wird seine Freude
mit der SV 1000 haben. Die handlichen Michelin Pilot Sport zeigen sich durch
die Optimierungen am Fahrwerk von ihrer besten Seite. Die sportlichsten Gummis sind die Metzeler Sportec M-1, die noch mehr Grip und Stabilität bieten. Wer dagegen größeren Wert auf Abriebfestig-
keit legt, ohne auf Handlichkeit und
Kurvenstabilität verzichten zu wollen, liegt
mit den Bridgestone BT 011/020 richtig. Denn der läuft und läuft und läuft...
Umbautipps
Der Lenkerumbau bedarf handwerklichen Geschicks, um die Arretierbohrungen der Schalter am Serienlenker an den neuen Lenkrohren zu setzen. Beim Tausch der Scheibe genügt das passende Werkzeug und etwas Geduld, um die Gewinde/Gummitüllen zu positionieren.Trotz der versteckten Position ist der Austausch des Lenkungsdämpfers recht einfach. Tipp: Bei entlastetem Vorderrad Frei- und Leichtgängigkeit prüfen. Nach der Probefahrt Schrauben nachziehen.
LSL
Preis: 349 Euro Lenkergewichte: 29,95 EuroTelefon: 02151/55590 Praxis: einfacher Anbau, Halterung für Bremsbehälter und längerer Bremsschlauch im Lieferumfang enthalten. Saubere, aufwendige Bearbeitung der eloxierten Oberflächen. Position: 28 mm Versatz zur Gabelbeinmitte, 30 mm über der Brücke.Funktion: angenehm weit hinten platziert, gute Kröpfung. Einstellmöglichkeit der Lenkerstummel nach hinten durch die Gabelbrückenschrauben (Linsenkopf) beschränkt. Bei vollem Einschlag wenig Raum zwischen Lenker und Tank. Insgesamt bequemer als Serie. Ohne Lenkergewichte deutliche Vibrationen.
Lucas
Preis: 178,89 EuroTelefon: 02631/9120Praxis: Anbau umständlich, weil Halterung für Bremsflüssigkeitsbehälter fehlt und die M8-Schrauben zu lang sind für die Gewindebohrungen und gekürzt werden müssen. Relativ grobe Bearbeitung der nicht eloxierten Oberflächen. Position: 50 mm Versatz zur Gabelbeinmitte und 40 mm über der Brücke (gemessen in Lenkrohrmitte) Funktion: für kleine Fahrer etwas weit vorn, angenehme Kröpfung, wenig Freiraum zur Verkleidung, Gaszüge bei vollem Einschlag etwas zu stramm geführt. Insgesamt bequemer als Serienlenker. Ohne Lenkergewichte deutliche Vibrationen.
LSL
Preis: 175 EuroEinfache Montage an den original Halterungen, Distanzhülsen und Schrauben werden mitgeliefert. Position eins bis drei genügt, um gefährliches Lenkerschlagen zu dämpfen. Damit fährt sich die Suzuki in engen Kurven wesentlich präziser und weniger kippelig. Auf Stufe 5 ähnlicher hydraulischer Widerstand wie beim Seriendämpfer.
MRA
Preis: 119,90 Euro Telefon: 07663/93890Anbau: Die MRA-Scheibe mit einstellbarem Spoiler ist vorgebohrt und wird mit den Originalschrauben befestigt. Funktion: Arretierung des Spoilers in sieben möglichen Positionen. In maximal aufgestellter Position reduziert sich der Winddruck auf Kopf und Brustbereich ab 120 km/h spürbar. Es können jedoch je nach Fahrergröße verstärkt Turbulenzen und Windgeräusche auftreten.
Brembo
Preis: 37,75 Euro pro Paar Telefon: 0531/2102125Die Sintermetallbeläge (07.KA 13.SA) haben auch kalt eine gute Bremswirkung und lassen sich fein dosieren. Betriebswarm nimmt die Bremskraft nochmals zu und liegt deutlich über den Serienbelägen. Mit stabilem Druckpunkt erdulden die Brembos auch hitzige Bremsmanöver. Ein guter Kompromiss für sportliche Landstraßenfahrt ohne übertriebene Bissigkeit.
Lucas
Preis: 31,90 Euro pro PaarTelefon: 02631/9120 Kalt ähnlich wie Serie, betriebs-warm steigt die Bremswirkung der Lucas-Beläge (MCB 602 SV) bei guter Dosierbarkeit rapide an. Es ist wesentlich weniger Hand-kraft notwendig als mit den Serienbelägen. Der Druckpunkt bleibt unter extremer Belastung nicht ganz so stabil wie mit den Brembos. Sehr bissiger Belag mit guter Dosierbarkeit für routinierte Fahrer.
White Power
Preis: 440 Euro; hydraulische Federbasisverstellung 190 EuroTelefon: 05924/78360 Praxis: einfacher Einbau und tadellose Passgenauigkeit, gute Verarbeitung, Einbaulänge 333 mm (Serie 330 mm).Funktion: leichte Unruhen in schnellen, welligen Kurven. Auch geradeaus etwas unruhiger als mit Serienfederbein. Komfort trotz der harten 80er-Feder etwas besser als im Serientrimm. Einstellungen: Negativfederweg zirka 10 mm, Zugstufendämpfung Position 2 bis 4, mehr ist zu viel und zieht das Motorrad hinten in die Federung, der Komfort wird dann schlechter. Fazit: Die drei Millimeter größere Einbaulänge ist der SV 1000 S nicht zuträglich, die Instabilität bei Topspeed wird dadurch nicht verbessert. In Sachen Federung/Dämpfung ist gegenüber der Serienabstimmung beim Landstraßenbetrieb kein gravierender Vorteil aus-zumachen. Tipp: Besser funktioniert der WP-Dämpfer mit einer weicheren 70er-Feder.
Wilbers
Preis: 415 Euro; hydraulische Federbasisverstellung 205 EuroTelefon: 05921/74099Praxis: gute Passgenauigkeit, sehr gut zugängliche Hydraulikverstellung, hochwertige Verarbeitung. Einbaulänge 330 mm. Funktion: deutlich mehr Komfort als beim Serienfederbein auf holprigen Strecken, relativ stabil in Kurven und auf der Geraden. Bei heftigen Bodenwellen taucht das Heck jedoch stark ein, federt dementsprechend schwungvoll aus und macht eine hohe Zugstufendämpfung nötig. Federt im Solobetrieb fast bis auf den Anschlag ein, mit Sozius auch bei maximaler Vorspannung der Feder zu wenig Reserven in der Druckstufendämpfung. Einstellungen: Negativfederweg zirka 5 mm, Zugstufe 10 bis 12 Klicks auf.Fazit: Besserem Komfort, speziell bei leichten Fahrern, steht die zu weiche Auslegung der Druckstufendämpfung gegenüber, die bei sportlicher Fahrweise oder mit Sozius nicht ausreicht.
Öhlins
Preis: 959 EuroTelefon: 08669/8480Praxis: gute Passgenauigkeit, hervorragende Verarbeitung, Einbaulänge 330 mm. Lediglich der Knauf zur hydraulischen Federbasisverstellung sitzt etwas ungünstig und eng am Rahmenheck. Funktion: brillantes Ansprechverhalten. Sehr stabil in welligen Kurven und bei hohem Tempo. Transparente Rückmeldung ohne Einbußen an Komfort. Extrem breiter nutzbarer Einstellbereich der Dämpfung, mit dem sich für alle Strecken und Beladungen eine perfekte Abstimmung austüfteln lässt. Einstellungen: Negativfederweg zirka 8 mm, Zugstufe 12 bis 16 Klicks auf, Druckstufe 10 bis 14 Klicks auf (geringere Anzahl der Klicks für sportliche Fahrweise). Fazit: teures, hochwertiges Federbein mit exzellenter Funktion und Verarbeitung. Für sportliches Landstraßentempo bis hin zum Rennstreckeneinsatz zu empfehlen.
Tipps zum Radwechsel
Zum Ausbau der Räder sind Montageständer für Gabel und Schwinge notwendig. Zudem ist die Vorderachse mit einem 24-Millimeter-Innensechskant ausgestattet. Als Ersatz für einen Inbusschlüssel dient eine breite Mutter mit 24er-Schlüsselweite, die zu einer Hälfte im Innensechskant, zur anderen Hälfte im Ringschlüssel eingreift. Der Schlüssel, besser eine Nuss, für die 36er-Hinterachsmutter lässt sich einfacher auftreiben. Beim Einbau auf korrekten Sitz des Bremsankers in der Führung achten. Am besten Hinterrad mit einem Brett so unterlegen, dass es in Achshöhe steht und sich Rad samt Distanzhülsen einfädeln lassen. Beim Anziehen der Mutter Kettenspanner und Achse durch ein eingeklemmtes Rundholz zwischen Kettenrad und Kette auf Spannung bringen.
Bridgestone
Vorn: Battlax Radial F BT 011 »E«Hinten: Battlax Radial R BT 020 »U«Plusl Gute Geradeauslaufstabilitätl Kein Shimmy (Lenkerflattern)l Gute Kurvenstabilitätl Neutral bei Bodenwellen in Kurvenl Lenkpräzise und harmonisch zu fahrenMinusl Stellt sich beim Bremsen in Schräglage spürbar aufl Schlechtere Eigendämpfung vorn bei Schlaglöchern/Holperstrecken, benötigt zwei Klicks mehr am LSL-Lenkungsdämpfer als Sportec und Pilot SportFazit: ein neutraler, handlicher Reifen mit tadelloser Fahr- und Kurvenstabilität Internet: www.bridgestone-eu.com
Metzeler
Vorn: Sportec M-1 Steel Radial FrontHinten: Sportec M-1 Steel RadialPlusl Sehr neutrales Lenk- und Kurvenverhaltenl Geringes Aufstellmoment beim Bremsen in Kurvenl Hohe Kurvenstabilität auch bei welliger Strecke l Relativ handlichl Gute Eigendämpfung Minusl Leichtes Shimmy zwischen 70 und 90 km/hl Im Serientrimm nicht ganz optimale HochgeschwindigkeitsstabilitätFazit: sportlicher Reifen mit sehr guter Haftung und tadellosem Kurvenverhalten, aber relativ hohem VerschleißInternet: www.metzelermoto.de
Michelin
Vorn: Pilot Sport »E«Hinten: Pilot Sport »L« Plusl Handlich l Gute Kurvenstabilitätl Neutrales Kurvenverhaltenl Befriedigender Geradeauslauf im Serientrimml Akzeptables Aufstellmoment Minusl Leichtes Shimmy und Längsrillenempfindlichkeit, was sich im abgefahrenen Zustand verstärktl Stellt sich bei Bodenwellen leicht auf (mit weicher Feder besser)Fazit: handlicher Sportreifen mit neutralem Fahrverhalten und guter Stabilität, der jedoch bei abnehmendem Profil einen Teil seiner Qualitäten einbüßt Internet: www.michelin.de
Praxistipp: Federbein/Feder wechseln
A Vor den Umbauarbeiten am Federbein wird der Bremshebel durch ein Gummispannband angezogen, um zu verhindern, dass die Maschine vom Seitenständer rollt. B Die Mutter der Zugstreben mit 17er-Ringschlüssel lösen, dabei mit 14er-Schlüssel gegenhalten. Den Bolzen sowie alle anderen Schrauben noch nicht entfernen! C Mutter am Federbein mit 14er-Nuss lösen, mit 12er-Schlüssel gegenhalten. D Mit Verlängerung und 14er-Nuss durch die Bohrung am Rahmen den Bolzen am oberen Federbeinauge lösen und mit 14er-Schlüssel kontern. E Jetzt wird das Motorrad mit einem Scheren- oder Hydraulikwagenheber an einem rahmenfesten Teil angehoben und mit Montageböcken oder Ähnlichem unterbaut, um ein Abrutschen zu verhindern. Erst dann alle Bolzen an Federbein und Umlenkung entfernen. F Das Federbein lässt sich nach unten aus der Schwinge herausnehmen. Darauf achten, dass der Innenring am unteren Nadellager nicht herausfällt. G Federbein am oberen Auge in Schraubstock mit weichen Backen einspannen, niemals am Dämpferzylinder einspannen! Vorgespannte Federlänge messen und notieren. Gewinde mit einer Messingbürste reinigen, Nutmuttern mittels Hakenschlüssel lösen und bis zum Gewindeende herunterdrehen. H Anschlaggummi an der Dämpferstange zurückschieben, Federteller abnehmen, Feder entfernen und neue Feder in der korrekten Position montieren. I Nutmuttern vorsichtig und mit ein wenig Kupferpaste auf das Alugewinde drehen und die Feder auf das gewünschte Maß (Wilbers-Feder 193 Millimeter) vorspannen, Kontermutter festziehen. J Die Kolbenstange mittels Dorn so ausrichten, dass die Augen parallel und die Schrauben von Zug- und Druckstufe auf der gleichen Seite stehen. Federbein in umgekehrter Reihenfolge montieren, Bolzen und Muttern einsetzen, Motorrad abbocken und erst jetzt die Bolzen sowie Muttern festziehen. Bremse vorn lösen, Motorrad einfedern, auf Freigängigkeit und Schleifgeräusche achten. K Zur besseren Balance kann die Gabel in den Brücken um 13 Millimeter durchgesteckt werden.