Klar, dann muss auf eine neue Kombi gespart werden. Trotzdem, so einen liebgewonnenen, nicht ganz günstigen Anzug schmeißt man nicht einfach weg. Das dachte sich auch Sabrina, die vor eineinhalb Jahren einen schweren Motorradunfall erlitt und sich bis vor kurzem immer noch nicht von ihrer zerschnittenen Schwabenlederkombi trennen konnte: „Ich will die nicht wegschmeißen!“

„Sabi, weisch was, wir machen einfach 'ne Tasche draus“, kam der Vorschlag von ihrer besten Freundin Julia Hämmer, die ihr die Lederkombi genäht hatte. „Und dann isch 'se natürlich voll eskaliert.“ Julia ist zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Dennis Eigentümerin von Schwabenleder. In der Firma, mit Sitz im schwäbischen Remstal, begann sie 2013 auch ihre Ausbildung zur Maßschneiderin. Seit dem Tod ihres Vaters Claus Hämmer († Januar 2014) führen die beiden Geschwister „Papas Firma“ zusammen mit den Teilhabern Robin Stängle und Jasmin Storzek.
Nur der Reißverschluss ist neu
Das Projekt Lederkombi-Recycling verschlingt ein ganzes Wochenende. Sie skizzieren die künftige Tasche, notieren die Maße und zerlegen die Kombi in Einzelteile. Vorher wird allerdings geschrubbt:

„Du Sabi, deine Blutspuren beseitigsch aber vorher, gäh?!“ Vielleicht hilft das auch, den Unfall weiter zu verarbeiten. Die 26-Jährige brach sich damals sämtliche Knochen, erlitt innere Blutungen und lag 3 Wochen im Koma. Jetzt, eineinhalb Jahre später, stehen immer noch Operationen an. Aber sie läuft, spricht und lacht wieder. Nur Motorradfahren, das will sie nicht mehr. Der Szene und dem Rennsport steht sie aber weiterhin nahe, begleitet ihre beste Freundin regelmäßig zu Rennen und Renntrainings, fiebert mit und jubelt.
Patchwork für Fortgeschrittene – so Julias Arbeitstitel für die „Lederkombi-Tasche“: „Wir haben die Teile einfach wild aneinandergenäht. Einen Schnitt hatten wir nicht, nur die Vorstellung, wie es ungefähr aussehen soll.“ Die Tasche ist komplett aus der alten Kombi gefertigt, die Außentaschen zierten auch schon den Lederzweiteiler, nur der Reißverschluss ist kein Recycling-Produkt.
Preis auf Anfrage
Der Prototyp überzeugt. Kaum postet Julia das Ergebnis auf ihrem Facebook-Profil, trudeln die ersten Anfragen ein. Für Helmtaschen reicht das Material, auch Stiefeltaschen sind genauso umsetzbar wie die hier gezeigte Sporttasche mit flugzeugtauglichen Handgepäcksmaßen. Je nach vorhandenem Material, sind die Größen variabel.
Ob es die Taschen irgendwann regulär im Angebot gibt? „Oh, da muss i erschd no rumrechne. Des sin scho a paar Arbeitsstunde.“ An dieser Stelle also folgende Auskunft: Preis auf Anfrage. Aber wer für seine Maßkombi mindestens 1.600 Euro bezahlt hat, will sie eventuell lieber upcycelt als Tasche weiterverwenden, als sie in den Müll zu schmeißen. „'S wär halt arg schad oms Matrial.“
P.S.: Heißt es die oder der Lederkombi?
Der Duden sagt, „Lederkombi“ kommt von „Lederkombination“, also ist das Substantiv feminin. „Der Kombi“-Verfechter kann sich aber verteidigen, indem er sagt, dass er den „Kombi“ von „Lederkombinationsanzug“ ableitet. Vong Grammatik her könnte mittlerweile aber auch einfach „dem Lederkombi“ korrekt sein.
Über die Firma Schwabenleder
Die erste auf Maß gefertigte Schwabenleder-Kombi liefert Claus Hämmer im Oktober 1978 persönlich aus. Er leitet, prägt und lebt die Firma über Jahrzehnte. Im Januar 2014 stirbt er nach kurzer, schwerer Krankheit mit nur 59 Jahren. Seine beiden Kinder Julia und Dennis sowie zwei der Angestellten, Robin und Jasmin, führen die Firma seither weiter. 16 Mitarbeiter produzieren rund 1.100 bis 1.200 Kombis pro Jahr und kümmern sich um Reparatur, Änderungen und Service. Alle Schwabenleder-Kombis werden in Winterbach gefertigt, 90 bis 95 Prozent auf Maß. Das dauert im Schnitt 20 bis 25 Stunden. Die Preise starten bei 1.600 Euro. Verkauf im Werksgeschäft von Dienstag bis Freitag von 9.30 bis 18 Uhr, Samstag 9 bis 13 Uhr.