Fahrbericht Honda Valkyrie Rune

Fahrbericht Honda Valkyrie Rune Prestige-Objekt

Rar, teuer und derzeit in Deutschland einzigartig - die Rune. Keine Vision, sondern in limitierter Auflage zu haben.

Prestige-Objekt fact

Honda Valkyrie Rune. Ein Motorrad, das aussieht, als habe Batmans eifriger Helfer Robin ein neues Dienstfahrzeug bestellt. Ein Pendant zum Batmobil, damit die beiden standesgemäß zur Rettung der Welt ausrücken können. Sciencefiction? Batman und Robin schon. Dieses Motorrad nicht.
So etwas kommt nämlich dabei heraus, wenn sich Designer einfach mal richtig austoben dürfen. Die Valkyrie Rune entspricht beinahe zu 100 Prozent dem Einzelstück, das die Honda-Kreativen vor einiger Zeit auf die Räder gestellt haben. Normalerweise verliert so ein Projekt
von der Idee bis zur Serienreife seinen
ursprünglichen Zauber. Techniker for-
mulieren Sicherheitsbedenken, Kaufleute
zücken den Rotstift, und Marktforscher fürchten um das Markenimage. Meist
endet dies in einem mehr oder weniger gelungenen Kompromiss. Die Rune blieb verschont. Vielleicht liegt es an ihrer
Radikalität, dass sie dem amerikanischen Markt vorbehalten bleibt. Der deutsche Honda-Importeur plant derzeit keinen Verkauf. Noch dazu ist die Stückzahl streng limitiert – vorerst zumindest sollen nur 1500 Stück die Honda-Fließbänder in Ohio verlassen.
Dennoch fand eines der ersten Exemplare den Weg nach Deutschland. Enrico Stepan, Chef von Gold Wing Parts & More, nutzte seine guten Kontakte in
die USA und ergatterte einen der raren Sechszylinder. Daheim im alten Europa, nahe dem schwäbischen Balingen, wirkt die Rune in natura noch deutlich imposanter als auf den bislang veröffentlichten Fotos. Ein Augenschmaus. So üppig und ausladend, Radstand 1750 Millimeter, bis ins letzte Detail stimmig, kurzum: liebevoll arrangierter Maschinenbau und hochwertige Verarbeitung in Highend-Qualität – was den US-Listenpreis von 24499 Dollar (zirka 22800 Euro) in einem anderen Licht erscheinen lässt.
Wunderschöne fließende Formen, über und über mit Chrom veredelt. Ein Motorrad, wie aus dem Vollen gefräst, vollgetankt knapp unter 400 Kilogramm schwer – kaum weniger als ihre entfernt verwandte Schwester Gold Wing 1800. Mit der hat sie im Prinzip nur eines
gemein: den tollen Sechszylinder-Boxer, nominell 118 PS stark, maximales Drehmoment 167 Nm. Doch schon beim Anlassen offenbaren sich deutliche Unterschiede. Die Rune klingt viel aggressiver, ähnlich einer Honda F6, nur noch präsenter. Ein echtes Gänsehauterlebnis.
Dann auf die gerade mal 69 Zenti-
meter hohe Sitzbank fallen lassen – das ist wörtlich zu nehmen – und wohlwol-
lend registrieren, dass die Rune zu den wenigen Cruisern mit einer wahrhaft
menschenwürdigen Ergonomie zählt. Sie integriert ihren Fahrer nahezu perfekt. Der Oberkörper ist leicht nach vorne
gebeugt, die Füße finden guten Halt auf
den wegen der Zylinderbänke des Boxers nicht vorverlegten Rasten. Wie gemacht für lässiges, stundenlanges Dahingleiten. Ein Genuss, der Solisten vorbehalten bleibt. Der Rune fehlt ein Soziusplatz.
Der Sechszylinder brabbelt gemütlich vor sich hin, klack, der erste Gang rastet vernehmbar und präzise ein, die Reise beginnt. Unglaublich, wie spontan das Triebwerk auf kleinste Änderungen der Drosselklappenstellung reagiert. Blitzschnell dreht es hoch und drückt die Rune mit Macht nach vorne. Bei Schritttempo scheint sie etwas zu taumeln,
findet aber bei zunehmender Geschwin-
digkeit in ein superbes Gleichgewicht. Man wird eins mit diesem Motorrad. Wirklich erstaunlich, wie gut die Honda aus-
balanciert ist, Eigenlenken hält sich in
erträglichem Rahmen. Dazu trägt die her-
vorragende Fahrwerksabstimmung einen
guten Teil bei. Die Vorderradaufhängung und das hintere Federbein sind über-
raschend straff abgestimmt, sie sprechen jedoch auch auf grobe Schläge fein an.
Wer glaubt, die Rune sei nur für
endlose Geradeausfahrten auf Highways
gebaut, täuscht sich. Satt und willig, beinahe mit Grandezza gleitet sie auch über enge, verschlungene Landsträßchen der Schwäbischen Alb. Beim Einlenken macht sich zwar ein leichtes Pendeln um die Längsachse bemerkbar, danach folgt das Dickschiff aber exakt den Lenkbefehlen ihres Kapitäns. Immer wieder bemerkenswert: die für einen Cruiser überdurchschnittliche Schräglagenfreiheit. Dann und wann mahnen die aufsetzenden Fußrasten zur Mäßigung, jedoch lange bevor starre Bauteile wie etwa die charakteristischen, riesigen Endschalldämpfer oder die Sturzbügel aufsetzen.
Eine weitere Eigenart der Honda: Beim Bremsen in Schräglage oder bei gröberen Unebenheiten in Kurven stellt sich der Koloss leicht, aber tolerierbar auf. Zwei 330er-Bremsscheiben vorne und eine große 336er hinten agieren im Verbund des Integralbremssystems CBS; es stammt von der VTX 1800. Für standesgemäße, gut dosierbare Verzögerung muss deshalb vorne und hinten gleich-
zeitig gebremst werden, nur dann wer-
den alle neun Bremskolben aktiviert. Ein
Eigenheit, die man schnell verinnerlicht.
Ebenso wie die teilweise harschen Lastwechselreaktionen. Was nichts mit dem Kardanantrieb zu tun hat. Er arbeitet wunderbar reaktionsarm. Nein, das Problem hängt mit dem bereits erwähnten spontanen Ansprechverhalten des Sechszylinders zusammen – und stört lediglich, wenn das Triebwerk in hohen Drehzahlregionen arbeiten muss. Einfach vor der nächsten Ecke einen Gang weniger zurückschalten, schon gleitet man deutlich entspannter durch die Kurve.
Über fehlenden Dampf muss sich eh niemand sorgen. Der arme 180er-Pneu auf dem Hinterrad mag ein Lied davon singen. Er kapituliert beim Herausbeschleunigen in schöner Regelmäßigkeit vor dem Drehmomentgewitter und radiert schöne fette schwarze Streifen auf den Asphalt. Um das Leistungsvermögen des Sixpacks zu verdeutlichen: Im letzten Gang darf die Geschwindigkeit ruhig unter 20 km/h fallen. Gas voll aufziehen, und der Big Block drückt ohne Verschlucken vorwärts, untermalt von einer unglaublichen Geräuschkulisse. Wie meinte jüngst ein tief beeindruckter amerikanischer Kollege: »That’s torque!« Das ist Drehmoment.

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