Moto Guzzi Audace, Triumph Thunderbird Commander und Victory Hammer S

Moto Guzzi Audace, Triumph Thunderbird Commander und Victory Hammer S Zweizylinder-Cruiser im Vergleich

Auf starken Cruisern mit charakteristischen Zweizylindern sind wir unserem inneren Kompass gefolgt. Rund um die Wasserkuppe, den Heiligen Berg der Fliegerei, haben wir damit das Weite gesucht. Die Moto Guzzi Audace, Triumph Thunderbird Commander und Victory Hammer S im Vergleich.

Zweizylinder-Cruiser im Vergleich Bilski
32 Bilder

Weiße Schäfchenwolken stehen am Himmel, bewegungslos wie Wattebäusche. Das Firmament hat sein strahlendstes Blau und du deine dunkelste Sonnenbrille aufgesetzt. Du riechst unterm Jethelm frisch gemähtes Heu, siehst wie über dir ein Roter Milan auf der Stelle wendet. Du denkst nichts, du fühlst bloß, du bist im Banne faszinierender Fortbewegung. Auf einem lässigen Gleiter mit einem mächtigen Motor. Moto Guzzi Audace, Triumph Thunderbird Commander und Victory Hammer S passen prima zur lieblich geschwungenen Rhön, das „Land der offenen Fernen“ und die Wiege der modernen Fliegerei.

Kompletten Artikel kaufen
Moto Guzzi Audace, Triumph Thunderbird Commander und Victory Hammer S Zweizylinder-Cruiser im Vergleich
Sie erhalten den kompletten Artikel (12 Seiten) als PDF

Raum und Zeit überwinden, Zwänge abschütteln, Irdisches hinter sich lassen – die Vision vom schwerelosen Fliegen träumt die Menschheit mindestens seit Ikarus. Doch hier, auf der 950 Meter hohen Wasserkuppe im Landkreis Fulda, wurde dies Wirklichkeit. Seit 1911 stiegen hier erste selbst gebaute Gleiter in den Himmel. Die Flugschule aus dem Jahr 1924 ist die älteste der Welt, der Flugplatz der höchstgelegene Deutschlands. Er bildet einen würdigen Rahmen für unsere drei zweirädrigen Straßenkreuzer, für Motorradfahren als Fliegen auf der Erde. Sie verkörpern Sehnsucht, sich frei wie ein Vogel zu fühlen, diese Cruiser mit tieffrequent bollernden Motoren. 4,8 Liter Hubraum aus sechs Zylindern! Das Gefühl von Weite fährt hier immer mit.

Schwarzer Mattlack kennzeichnet die Moto Guzzi Audace

Stolz trägt die Moto Guzzi Audace den Adler auf der blechernen Tankblende. Audace, sprich: „Audahtsche“, heißt „kühn, mutig“. Ihr Kennzeichen? Schwarzer Mattlack überall, fifty Shades of Black. Dieser dunkle Auftritt gibt der Audace eine maskuline Aura. Chromglanz? Ist sehr spärlich gesät. Sie ist die erste von mittlerweile vier California-Varia­tionen, die Fußrasten statt Trittbretter trägt. Natürlich hat auch sie den 90-Grad-V2 mit 1380 Kubik. Europas dickster Vauzwo drückt echte 94 PS und 112 Newtonmeter. Dies sollte für standesgemäßen Vortrieb ­reichen. Sauber serviert via Kardan, während Victory und Triumph sich am ebenfalls pflegeleichten Zahnriemen reißen.

Technisch basiert die Moto Guzzi Audace auf der Cali Custom, ist für 18.500 Euro komplett nochmals 510 Euro teurer als jene. Und rund 1000 Euro teurer als die Triumph Thunderbird Commander bzw. Victory Hammer S (inklusive Zubehör-Windscreen). Das würde für viele Rundflüge reichen, siehe Infos und Tipps. Noch ruhen unsere Rhön-Räder lässig auf ihren Seitenständern. Viele Motorradparkplätze am Flugplatz Wasserkuppe künden von enger Verbindung zwischen zwei Rädern und zwei Flügeln.

Triumph Thunderbird Commander mit größtem Reihenzweizylinder

Bereits seit 2010 kreuzt die Basisversion der Triumph Thunderbird mit 1,6 Litern Hubraum durch bodennahen Luftraum. Hier, in der 2014 präsentierten Commander-Variante, fährt sie nicht nur quadratmeterweise Chrom spazieren. Sondern trägt den größten Reihenzweizylinder des Planeten: In den Typen Storm, Nightstorm, LT und der hier gefahrenen Triumph Thunderbird Commander vereint der wassergekühlte Big Block mit gefrästen Kühlrippenenden und verchromten Seitendeckeln volle 1699 Kubik. Tellergroße Schmiedekolben (107,1 Millimeter Bohrung!) wuchten 94 PS und knapp 151 Newtonmeter. Angloamerikanisch trägt der Commander Cruiser-Insignien: klassische, weit vorn montierte Trittbretter, Tacho auf dem Tank, Schaltwippe und einen aufgepolsterten Kunstledersattel.

Anders, ganz anders kommt die Victory Hammer S rüber. Nicht nur lässig, sondern muskulös. Schwarz-Rot sind ihre Warnfarben. Ein Hot Rod auf zwei Rädern, mit stimmiger Linie. Er frisst Harleys zum Frühstück. Mit mittig angeordneten Fußrasten, breitem, kaum gekröpftem Drag Bar-Lenker im Kleiderbügel-Look, der dich weit nach vorne spannt, und fetter 250er-Heckwalze. Die ausgeprägte Sitzmulde vor der abnehmbaren Soziussitz-Abdeckung integriert dich saugend. Und bettet dich 710 Millimeter tief. Von unten auf andere herabschauen.

Vereint wiegt das Trio fast eine Tonne

Size matters, Größe zählt, verheißt das coole US-Eisen. Dazu passt sein luftgekühlter V2-Motor. Turmhoch ragen seine um 50 Grad zum Victory-Zeichen gespreizten Zylinder auf. Verdammt fette Okolyten. Sie saugen ihr Gemisch bis auf volle 1731 cm3 Ausdehnung an, 106 Cubic Inches. Hubraum kommt hier noch von Hub, satte 108 Millimeter. Noch Fragen, Fremder? Power? Genug, basta! Versprochen wie real stemmt der „Freedom-V2“ 88 PS und fast 140 Newtonmeter.

Herrlich, wie alle drei Motoren nach dem Abstellen noch stundenlang vor sich hin knistern wie ein vor Kurzem erloschenes Lagerfeuer. Vereint wiegt das Trio fast eine Tonne, 987 Kilogramm Schwermetall. Verteilt auf 317 Kilogramm der Moto Guzzi Audace, 318 der Victory Hammer S und krasse 352 Kilo der Triumph Thunderbird Commander. Schwere Maschinen ohne Verkleidungen oder Satteltaschen, gemacht für pure Fahrerlebnisse. Wir verabschieden uns von den Piloten, wünschen Holm- und Rippenbruch. Am schwersten ist es, die massige Triumph vom Seitenständer in die Senkrechte zu hieven.

Getriebe der Audace das beste des Vergleichs

Zündung! In den Herzen brennt Benzin. Dieser Pulsschlag ist aus Stahl, getaktet in maßkruggroßen Brennräumen. Badoumm, badoumm, badoumm. Die ganze Moto Guzzi Audace schüttelt sich im Rhythmus des 1400er-Motors. Ihre flache, schwarz lackierte Flat Bar-Lenkstange tanzt im Viertakt. Vor, zurück, vor, zurück. Der Vorbau erbebt. Fröhlich tickern die Ventile. Dieser V2 lebt, ist ur­wüch­sig wie ein Rhön-Bulle. Fein und direkt hängt der Motor am Gas, antwortet spontan auf jedes kleine Zucken am E-Gasgriff.

Macht man dies im Leerlauf, neigt sich die ganze Fuhre erst nach rechts und dann wieder nach links in die Ausgangslage. Kippmoment als Gruß von der charakteristisch längsliegenden Kurbelwelle. Hinzu kommt kerniger Klang aus den dicken Auspufftüten. Überraschend sanft rastet nicht nur der erste Gang ein: In der digitalen Ganganzeige prangt die „1“. Insgesamt ist das Getriebe der Moto Guzzi Audace das beste des Vergleichs! Die lange Schwinge ohne Momentabstützung kann Kardan-Reaktionen nicht ganz ausgleichen. Das Heck hebt sich beim Gasgeben und sackt ein wenig zusammen beim Gaswegnehmen, ganz wie früher.

Thunderbird verwöhnt mit dumpfem Brabbel-Sound

Mit dumpfem Brabbel-Sound verwöhnt auch die Triumph Thunderbird Commander. Kein Wunder, denn ihre 270-Grad-Kurbelwelle imitiert die Zündfolge eines 90-Grad-V2s. So spielt der Triumph-Twin einen satten Schlag, drückt einen bassigen Beat. Herrlich von ganz unten blubbert sich der Reihenzweier durchs Drehzahlband, steigt bereits bei Leerlaufdrehzahl mit rund 100 Newtonmetern ein. Welche sich per butterweich ziehender Seilzug-Kupplung prima dosieren lassen. 

So sanft kann stark sein. Einziges Manko: Wie bei der Victory Hammer S lassen sich die weit abstehenden Handhebel nicht verstellen. Freundlich steckt einem der dicke verchromte Lenker die Griffe entgegen. Doch beim Wenden und Rangieren zieht’s einem das äußere Ende aus der Hand.

Victory Hammer S ein echtes Männer-Motorrad

Wohlig wummert der V2 der Victory Hammer S aus den einseitig gestapelten Schalldämpfern, sonor und tief. Nur mit viel Kraft lässt sich die stramme US-Kupplung ziehen. Trotzdem oder genau deswegen fühlst du die Me­chanik der Maschine mit jeder Faser deines Körpers. Ja, die Hammer S ist ein echtes Männer-Motorrad. Man(n) muss schon Selbstinszenierungspotenzial mögen. Klonk! Unerbittlich rücken die Zahnräder des ersten Gangs ineinander. Hier lockt echtes Dampflok-Feeling. Im Maschinenraum ist alles klar zum Ablegen, Abheben.

Harte Schaltschläge, etwa beim Runterschalten vom dritten in den zweiten Gang, gelten in den USA als Qualitätskriterium. Passt perfekt zum Macho-Image. Gesunde Härte eben. Ich fahre, also bin ich. Tief in die Maschine integriert, spannt sie dich weit nach vorn. Drag Bike-Feeling. Ein echtes Muscle Bike, die Victory Hammer S. Okay, im sechsten Gang hackt der Motor unterhalb von 2000 Touren. Aber dann geht die Post ab. Ab etwa 2500/min untermalen hartmetallische Vibrationen den starken Vortrieb. Dieses Motorrad zelebriert ein intensives Fahr­erleb­nis, zieht sich und dich gelassen durch den Orbit. Einfach der Hammer. Im Sechsten riegelt die Elektronik bereits kurz über der 4000er-Marke ab, rund 190 Sachen. Das ist mal ein schmales Drehzahlband. Gut: der Windschutz der Mini-Scheibe.

Bilski
Auf starken Cruisern mit charakteristischen Zweizylindern sind wir unserem inneren Kompass gefolgt.

Die Segelflugzeuge schrauben sich in den Himmel, wir uns die Straßen von der Wasserkuppe hinunter. Grobe Richtung? Immer der Nase nach. Gelassen und smooth schüttelt die Triumph Thunderbird Commander ihre Leistung aus dem Ärmel. Über die exakte Drehzahl hüllt sich die englische Verbrennungskraftmaschine in Schweigen, ihr fehlt ein Drehzahlmesser. Vielleicht, weil ihr Gummibandmotor einfach immer schiebt. Na ja, fast. Denn schiere Masse und lange Übersetzung fressen einen Teil der Power auf: Bei Tempo 50 im Sechsten rotiert die bleischwere Kurbelwelle ganze 1300-mal pro Minute, die der Victory Hammer S im Overdrive gar nur 1100-mal.

1700 Touren bescheren der Moto Guzzi Audace im Stadtgebummel mit Tempo 50 noch den besten Rundlauf. Trotzdem, aus Mitleid mit dem Material schaltet man lieber ein- oder zweimal runter. In diesem XXXL-Umfeld kann die Guzzi ihr Hubraummanko(!) nicht ganz verbergen. Sie braucht mehr Drehzahl. Macht nichts, denn Hacken im Drehzahl­keller ist dem Italo-V2 fremd. Der kleinste ist eben auch der elastischste Motor des Trios. Stakkato fortissimo. Sein freies Hochdrehen hilft ihm über die leichte Drehmoment­senke bei mittleren Drehzahlen hinweg: Erst bei 4800 Umdrehungen liegt wieder das gleiche Newtonmeter-Niveau an wie bereits gut 2000 Touren zuvor: 110 Nm.

Audace mit dreistufiger Traktionskontrolle

Wenn es links und rechts gleichmäßig stampft und bei ordentlicher Schräglage der kurvenäußere Zylinder nahezu senkrecht steht, dann ist das schon ein magischer Moment, der konstruktive Kern der Marke Moto Guzzi. Drei verschiedene Mappings verändern die Gasannahme der einzelnen 52 Millimeter großen, digital betä­tigten Drosselklappen vorm y-förmigen Ansaugtrakt: von schön weich bis sehr direkt. Die elastische Motoraufhängung der Moto Guzzi Audace in Gummielementen eliminiert „good Vibrations“ für Liebhaber fast schon zu effektiv.

Dazu bietet die Moto Guzzi Audace eine ebenfalls exklusive, dreistufige Traktionskontrolle. Sie regelt feinfühlig und schräglagenab­hängig. Stabil, geradezu stur rennt die Guzzi geradeaus. Auch bei über 190 Sachen, wenn man es denn braucht. Ein Tempomat ist gleich mit an Bord. Eigen: Im Teillast­bereich heulen und jaulen Getriebe und Kardan ein wenig. Billig wirkt der hintere Kunststoff-Kotflügel, wertig der vordere aus Karbon. Echte Schutz-Bleche haben nur die Triumph Thunderbird Commander und die Victory Hammer S. Stilvoll an der Audace: Ihr analoger Drehzahlmesser im zentralen, riesigen Rundinstrument umrundet die Anzeigen des reich bestückten Bordcomputers und LCD-Tachometers.

Bei Cruisern macht die rückwärtige Bremse viel aus

Ein echtes Techno-Krad also. Beim Testexemplar allerdings mit lästigem Elektronik-Fips. Immer wieder mal gingen die gelben Warnleuchten für Motor und inaktive Trak­tionskontrolle an. „Krönung“ war aber die rote Warnleuchte mit einem blinkenden „Brake“-Schriftzug im Cockpit der Moto Guzzi Audace. Nun, das Thema Bremsen ist kein Spaß, also besser rechts ranfahren. Doch schon beim Ausrollenlassen ist alles wieder gut: Es war bloß ein Wackelkontakt am Bremslichtschalter, die Bremsleistung immer vorhanden.

Konstruktiv überzeugen die Italo-Bremsen, sind modern wie die ganze Moto Guzzi Audace. Radikal radial angeschlagene Brembo-Vierkolbensättel nehmen die 320er-Doppelscheibe effektiv in die Zange, unterstützt von einem feinfühlig regelnden ABS. Nicht ganz so sensibel steuert das ABS der Triumph Thunderbird Commander die vorderen Bremsen: Bergab auf schlechten Strecken machen sie mitunter gefühlt recht lange auf. Gut regelt es hinten – gerade bei Cruisern mit ihrer hohen Hinterradlast macht die rückwärtige Bremse viel aus.

Victory Hammer S ohne ABS

An schierer Bremswirkung mangelt es der martialischen Victory Hammer S nicht. Wohl aber an ABS. Damit ist das kaum minder verwegene Muscle Bike „Judge“ bestückt. Es ist zudem noch fast 2000 Euro günstiger, der Cruiser „Gunner“ mit ABS und identischem Motor gar 4000 Euro. Ist das logisch?

Das Spiel mit der Schräglage, das Fliegen in zweieinhalb Dimensionen beherrscht die Moto Guzzi Audace am besten. Sie rollt wunderbar rund und homogen durch die Kurven. Und dies trotz immensen Radstands von 1,695 Meter, immerhin drei Zentimeter mehr als bei den anderen. Hinzu kommen noch der flachste Lenkkopfwinkel (52 Grad!) und längste Nachlauf von vollen 145 Millimetern. Was die Audace dann agil macht? Zum einen die schmalsten Reifen, sofern man das bei einer 200er-Heckwalze sagen kann. Vor allem aber die Einbaulage des Motors: Das Zylinder-V im rechten Winkel liegt nicht nur effektiv im kühlenden Fahrtwind, einen separaten Ölkühler gibt’s auch noch.

Richtig fahraktiv, dieses gestreckte Italo-Chassis

Doch zusätzlich macht die quer zur Fahrtrichtung rotierende Kurbelwelle handlicher, unterstützt Einlenkimpulse. Fahrer von BMW-Boxern, Honda Pan European und Gold Wings profitieren von diesem Effekt. Beschwingter als die beiden anderen Rhön-Räder surft die große Moto Guzzi Audace durch die Kurven. Ihre Federbeine mit einstellbarer Zugstufe und Ausgleichsbehälter funktionieren ordentlich, fangen viel ab. Auch die Gabel arbeitet gut, bietet Reserven. Richtig fahraktiv, dieses gestreckte Italo-Chassis. 

Zudem setzen die Fußrasten der Moto Guzzi Audace als letzte auf. Ergonomisch würde man sie sich fast noch weiter hinten wünschen. So bietet die 1400er die größte Freiheit zur Schräglage. Und die Triumph die geringste. Krrrkk, krraaak, krrrkk, schon bei moderaten Neigungswinkeln (Abbiegen in der Stadt!) schleifen ihre Trittbretter funkensprühend übern Asphalt. Obacht, wenn deren Ausleger kommen, sie sind nicht klappbar. Irgendwo dazwischen zieht die Victory Hammer S Furchen in den Teer. Ihr verdammt fetter 250er-Heckschlappen braucht bei gleichem Tempo mehr Schräglage. Wünschel­rutenartig findet er Längsrillen und -rinnen, schmiegt sich daran an, stellt sich auf.

Das Bike des Polaris-Konzerns polarisiert

Der US-Cruiser führt ein Eigenleben. Fest zupacken, Aufstellmoment niederringen! Dies ist destilliertes Macho-Feeling, einzig, nicht artig. Trotz Umlenkung spricht das Zentralfederbein der Victory Hammer S hölzern an. Kurze, harte Stöße kommen kaum gemildert zum Fahrer durch. Und auch die Gabel arbeitet nicht alle Störimpulse ab. So fällt es schwer, den Hammer zu schwingen. Take it or leave it, das Bike des Polaris-Konzerns polarisiert.

Immer wieder bietet die Rhön offene Fernen – große freie Sichtachsen, freigehalten durch viel Weidevieh. Gefällig segelt die Triumph Thunderbird Commander durch diese Bilderbuchlandschaft. Genießen statt Heizen ist das Motto des wohl besten Entschleunigers des Trios. Schon vergessen und verziehen: Auf der Autobahnanreise knipste der Begrenzer dem Donnervogel als Erstes das Zündfunkenlicht aus. Na und? Hier, im offenen Geläuf, gefällt der fluffige Fahrkomfort: Weiche Federn und lasche Dämpfung verwöhnen, auch wenn sie die Thunderbird fröhlich nachschwingen lassen.

Welche bietet den komfortabelsten Sitz?

Der breite vordere Ballonreifen mit ex­travagantem Querschnitt (140/75 ZR 17) verwässert ein wenig die Lenkpräzision der Britin. Immerhin, griptechnisch sind die deutschen Metzeler Marathon ME 880 der Triumph Thunderbird Commander die sicherste Bank. Weich und bequem wirkt ihr breiter, satt gepolsterter Sattel – sogar mit Lendenwirbelstütze. Doch unser mittelgroßer Fotofahrer klagte nach ein paar Stunden über Rückenschmerzen. Der weit nach hinten geschwungene Lenker bedingt eine nach hinten abgelehnte Buckelhaltung. Zudem zwingt er die Handgelenke in eine abgeknickte Position. Und der viele Chrom auf der Tankkonsole blendet heftig bei hochstehender Sonne.

Will man die Fahrerlebnisse teilen, kommt nur die Triumph Thunderbird Commander infrage. Sie bietet den komfortabelsten kuscheligen Sitz für einen Passagier samt bestpositionierter Rasten. Allerdings kommt bei voller Zuladung ihr Fahrwerk an Grenzen. Bei der Moto Guzzi Audace ist der Sitz knapp bemessen, die Soziusrasten liegen weit vorn. Noch extremer ist die Victory Hammer S– hohe Rasten sind wie früher weit vorn direkt an der Schwinge montiert! Über dem kargen, harten Sitz lässt man besser gleich die Abdeckung drauf.

And the winner is ...

Traditionell fallen Cruiser aus dem Raster objektiv fassbarer Bewertungsschemen. Harley-Davidson fährt seit Jahrzehnten gut damit. Trotzdem holt die Moto Guzzi Audace einen überlegenen Testsieg. Wow, wann seit Le Mans 1976 hat es das schon einmal gegeben? Nicht mal ältere Redaktionsmitglieder können sich daran noch erinnern. So dominiert die Audace in der 1000-Punkte-Wertung von MOTORRAD jedes einzelne Kapitel! Mit Ausnahme der Kostenbilanz. Das sind ja fast BMW-Verhältnisse. Letztlich ist die Italienerin die modernste Konstruktion, bietet viel Technik für noch mehr Geld.

Ist angesichts von maximal 570 Punkten der Einäugige unter den Blinden König? ­Damit wird man diesen Motorrädern nicht gerecht. Denn auch Triumph Thunderbird Commander und Victory Hammer S sind Motorräder für besondere, magische Momente: Nur Fliegen ist schöner.

Technische Daten und Messwerte

MOTORRAD
Leistungsmessung an der Kurbelwelle. Messungen auf dem Dynojet-Rollenprüfstand 250, korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5 %

Büffel- oder Rehrücken? Am fülligsten drückt Triumphs 1699-Kubik-Reihentwin schiere Power auf seine breite Kurbelwelle, malt Bilderbuchkurven auf die Rolle des Leistungsprüfstands. Dabei hat die Triumph Thunderbird Commander weder größten Hub noch größten Hubraum.

Ebendies sind die Insignien der Victory Hammer S. Der niedrig verdichtende Ami-V2 schöpft aus opulenten 1731 cm3 „nur“ 88 PS und echte 135 Newtonmeter. Im direkten Vergleich wirkt Europas größter V2-Motor der Moto Guzzi Audace ­beinahe schmächtig. Für einen Cruiser ist das fast ein Hochdrehzahl-Konzept. Bescheiden: 112 New­tonmeter Drehmomentausbeute aus 1380 Kubik mit typischer Guzzi-Senke in der Mitte.

Infos und Tipps

MOTORRAD
Infos und Tipps für die Reise durch die Rhön.

Auf Reise in der Rhön

Durchs Biosphärenreservat Rhön leitet die 42 Kilometer lange Ferienstraße Hochrhönring. Sie führt ringförmig an der 950 Meter hohen Wasserkuppe, dem höchsten Berg der Rhön entlang. An ihr haben Hessen, Bayern und Thüringen Anteil. Auf dem Traditionsflugplatz Wasserkuppe gibt es bis zu 20.000 Starts und Landungen im Jahr, das Rhön-Informationszentrum und das Deut­sche Segelflugmuseum. Rundflüge sind spontan möglich: je nach Flugzeugtyp für 30 bis 50 Euro pro Person je 20 Minuten (www.fliegerschule-wasserkuppe.de). Gut einkehren kann man im nahen Poppenhausen. Der charakteristische Rundbau des „Fuldaer Hauses“ aus dem Jahr 1925 bietet von seiner Terrasse aus eine tolle Aussicht sowie delikate Küche, leckere Getränke und bezahlbare Zimmer.

Ganz in der Nähe steht die imposante Steinwand. Ans ­andere Ortsende von Poppenhausen lockt der Berggasthof „Zur Ebersburg“ unterhalb der namengebenden Burg­ruine: bezahlbare gute Küche, toller Biergarten, freundliches Personal, ­ad­rette ­Zimmer. In Hilders lohnt die Visite des Traditions­hotels „Leist – ­Sonne – Engel“. Es hat ein exquisites Restaurant und eine eigene Metzgerei, die das Fleisch heimischer Rassen von regionalen Kleinbauern bezieht. Hier macht man Eins-a-Wurst, bietet Schinken-Semi­nare an. Der 927 hohe Kreuzberg ist der höchste Berg der ­bayerischen Rhön. Unterhalb des bewaldeten Gipfelplateaus beherbergt das Franziskanerkloster Kreuzberg eine Klosterbrauerei, die seit 1731 unfiltriertes Bier braut – auch zum Mitnehmen. Eine schöne kleine Motorradstrecke ist das Gichenbachtal zwischen Schmalnau und Rommers parallel zur B 279 nach Gersfeld.

Testergebnis

Bilski
Drei starke Zweiylinder-Cruiser traten an, nun ist es an der Zeit, einen Sieger zu küren.

Platz 1: Moto Guzzi Audace

Bilski
Den Sieg holt sich die Moto Guzzi Audace.

Eine Moto Guzzi gewinnt einen Vergleichstest! Va bene. Die Moto Guzzi Audace (zu Deutsch „die Mutige“) ist hier das ausgewogenste, normalste Motorrad, am wenigsten Cruiser. Fahraktiv und kurvenfreudig, gesegnet mit der hochwertigsten Ausstattung. Doch das lässt sich der Piaggio-Konzern teuer bezahlen.

Platz 2: Triumph Thunderbird Commander

Bilski
Platz 2 geht an die Triumph Thunderbird Commander.

Master and Commander. Fahrerisch findet die Triumph Thunderbird Commander seinen Meister. Doch als einziger chromglänzender Cruiser des Vergleichs bietet er viel eingebaute Lässigkeit. Dazu kommen traditionelle Tourer-Tugenden wie gehobener Federungskomfort, niedriger Verbrauch und Top-Reichweite. 

Platz 3: Victory Hammer S

Bilski
Dritter wird die Victory Hammer S.

Der Markenname Victory („Sieg“) ist hier nicht Programm. Der Hammer hängt woanders. Dafür fehlt es dem Muscle Bike an ABS, Ausstattung und etwas Feinschliff. Aber genau das Rohe, Muskulöse verleiht der Victory Hammer S ihren ganz eigenen Reiz. Beim Thema Emotion und Fahr-Feeling ist der Langhuber ganz vorne!

Zur Startseite
Victory Hammer S
Artikel 0 Tests 0 Markt 0
Alles über Victory Hammer S
Mehr zum Thema Cruiser/Chopper
Tacita T-Cruise
Elektro
E-Chopper SR
Elektro
Bagger Party Race 2022
Sport & Szene
Harley-Davidson Apex Factory Custom Paint
Chopper/Cruiser
Mehr anzeigen