Moto Guzzi California III im Test
Konkurrenz für Harley & Co.

Mit der California III präsentierte Moto Guzzi 1987 einen klassischen Tourer, der Harley und Co. Paroli bieten soll. Das Potenzial dazu hat die Maschine.

Konkurrenz für Harley & Co.
Foto: Foto: Archiv

1982, zu Zeiten, als Harley-Davidson den Inbegriff von Freiheit und Abenteuer darstellt, präsentiert Moto Guzzi die California II. Ursprünglich ist das Modell nur für den amerikanischen Markt vorgesehen, man kann es jedoch auch in Italien kaufen. Der große Erfolg ermutigt Guzzi, 1987 die California III auf den europäischen Markt zu bringen. Die in Mandello am Comer See gebaute California hat alles, was eine Tourenmaschine haben muss: Bequeme Sitzplätze, für den Sozius sogar mit kleiner Rückenlehne, eine große Scheibe, ein Koffersatz, ein 26-Liter-Tank und ein drehmomentstarker Motor gehören zu den wichtigsten Merkmalen. Mit 67 PS ist die Guzzi ausreichend motorisiert. Flotte Überholmanöver sind möglich, und selbst mit zwei Personen rennt die Cali über 160 km/h – das sollte reichen. Bei Vollgas auf der Autobahn saugt sich der Motor mehr als 8 Liter Sprit aus dem Tank, auf der Landstraße sind es 2 weniger. Empfohlen wurde damals noch verbleites Benzin, dank der heutigen hohen Oktanzahlen kann man unbesorgt bleifrei tanken.

Unsere Highlights

Bei etwa 120 km/h fängt die Maschine an, leicht zu schlingern. Auch in langgezogenen Autobahnkurven wird sie unruhig. Der serienmäßige Lenkungsdämpfer hält das Pendeln aber in Grenzen, der Fahrer muss sich keine Sorgen machen. Auf der Landstraße lässt sich die California III spielerisch durch Kurven zirkeln, man vergisst völlig, dass die Maschine fast sechs Zentner wiegt. Ihr tiefer Schwerpunkt und der breite Lenker machen es möglich. Wer sich jedoch allzu forsch in die Kurven legt, den erinnern der schleifende Hauptständer in Linkskurven und das Trittbrett in Rechtskurven daran, es langsamer angehen zu lassen. Brenzlige Situationen entschärft das Integralbremssystem, was damals außer der California nur noch der Technologieträger Honda Gold Wing vorweisen konnte. Ein Tritt auf das Bremspedal betätigt gleichzeitig die hintere und vordere linke Bremsscheibe. Die vordere rechte Bremsscheibe wird per Handbremshebel aktiviert. Das System verteilt die Bremskraft optimal zwischen Vorder- und Hinterrad und soll bei Notbremsungen ein blockierendes Vorderrad verhindern. Die Moto Guzzi California III ist noch heute ein gut ausgestattetes Tourenmotorrad, das ihrem Fahrer mit wenig Wartungs- und Pflegeaufwand viel Freude bereiten kann.

Kurzurteil:
Positiv

  • Relativ handlich
  • Gute Bremsanlage
  • Sehr komfortabel
  • Elastischer Motor


Negativ

  • Geringe Zuladung
  • Turbulenzen hinter der Scheibe
  • Kurze Wartungsintervalle

Technische Daten

Foto: Archiv
Optisch orientiert sich die California III an der Heritage Softail von Harley-Davidson.

Die Daten:
Motor Zweizylinder-Viertakt/V
Hubraum 949 cm³
Kraftübertragung Fünfganggetriebe/Kardan
Leistung 49 kW (67 PS) bei 6500/min
Max. Drehmoment 79 Nm bei 3200/min
Bremse vorn Doppelscheibe (Ø 300 mm)
Bremse hinten Scheibe (Ø 270 mm)
Reifen vorn 110/90 V 18
Reifen hinten 120/90 V 18
Federweg vorn/hinten 140/75 mm
Tankinhalt 26 Liter, Super
Farben Bordeaux/Creme, Schwarz
Wartungsintervalle 5000 km
Preis 7258 Euro inkl. Nebenkosten

Die Messwerte:
Höchstgeschwindigkeit (Werksangabe) 164 km/h
Beschleunigung 0−100 km/h 6,5 sek
Durchzug 60−140 km/h 14,7 sek
Gewicht vollgetankt 290 kg
Zuladung 170 kg
Verbrauch Landstraße 7,2 l/100 km

Fazit

Foto: Archiv
Große Schräglagen sind nicht drin. Die Trittbretter setzen schon früh auf.

In der Stadt:
Trotz ihrer fast sechs Zentner lässt sich die Guzzi erstaunlich leicht bewegen – die geringe Sitzhöhe und der niedrige Schwerpunkt machen es möglich. Dank Hauptständer steht die California III vor der Eisdiele sicher und macht optisch auch heute noch einiges her. Fürs Durchschlängeln an der Ampel ist sie zu breit.

Auf der Landstraße:
In gemächlichem Tempo über Landstraßen cruisen, dafür ist die California III wie gemacht. Im bequemen Sattel hält es der Fahrer lange aus, selbst für 1,90-Meter-Riesen ist die Sitzposition entspannt. Die serienmäßigen Koffer fassen viel Gepäck für den Urlaub, 170 kg Zuladung sind jedoch zu wenig für einen Tourer.

Auf der Autobahn:
Die große Scheibe hält Wind zwar wirkungsvoll vom Oberkörper ab, verursacht bei hoher Geschwindigkeiten jedoch Turbulenzen. Da der fünfte Gang etwas zu kurz übersetzt ist, dreht der Motor auf der Autobahn recht hoch und verbraucht viel. Der 26-Liter-Tank ermöglicht dennoch große Reichweiten.



Abschluss-Zeugnis
Motor:

Der zuverlässige V2 schiebt den Tourer immer kräftig vorwärts, auch zu zweit und mit Gepäck. Punktabzug gibt's für den zu hohen Verbrauch.
4 von 5 Sternen

Fahrwerk:

Erstaunlich handlich lässt sich die Guzzi durch Kurven bewegen. Bei höheren Geschwindigkeiten fängt sie an, leicht zu schlingern.
3 von 5 Sternen

Bremsen:

Das Integralbremssystem bietet mehr Sicherheit als herkömmliche Systeme, weil das Risiko eines blockierenden Vorderrades minimiert wird.
4 von 5 Sternen

Ausstattung:

Große Scheibe, bequeme Sitze, Koffer, Gepäckbrücke – die California III hat alles, was man zum Touren braucht. Es gibt sogar einen Lenkungsdämpfer.
4 von 5 Sternen

Komfort:

Stundenlanges Fahren, gut geschützt hinter der Scheibe – so macht Reisen Spaß. Die Sitzposition passt auch großen Fahrern.
4 von 5 Sternen

Einsteigertauglichkeit:

Durch den niedrigen Schwerpunkt ist die California III leicht zu fahren. Einsteiger sind mit dem Integralbremssystem gut bedient.
4 von 5 Sternen

Modellpflege

Foto: Archiv
Die Moto Guzzi 850 T3 in der California-Ausführung war das erste California-Modell für den europäischen Markt.

Im Juli 1987 erschien die California III mit dem praktisch unveränderten Triebwerk der California II, optisch jedoch grundlegend überarbeitet. Einige Teile, wie der tropfenförmige Tank und die stark gestufte Sitzbank mit Rückenlehne, erinnern an die damaligen Chopper. Geändert wurden auch die seitlichen Abdeckungen, der Motor ist jetzt schwarz. Der Käufer konnte zwischen Guss- und Drahtspeichenrädern wählen, wobei letztere besser zu diesem Modell passen. Die Integralbremsanlage mit drei Bremsscheiben kam auch bei der California III wieder zum Einsatz.

Im November 1987 stellt Guzzi die verkleidete Version der California III vor. Diese soll mit ihrer großen Verkleidung und dem serienmäßigen Koffersatz die Tourentauglichkeit der California unterstreichen. Gleichzeitig erschien eine Variante, die über eine elektronische Einspritzanlage verfügte. Der Motor leistete 67 PS bei 6700/min. Zwischen 1987 und 1994 gab es die California III in vielen Versionen, entweder mit Vergaser oder Einspritzung, mit Guss- oder Drahtspeichenrädern, mit Verkleidung oder ohne – der Kunde hatte die Wahl. Moto Guzzi bot jedes Jahr geänderte Chromteile an und änderte das Styling verschiedener Ausstattungselemente, etwa das der Koffer.

1991 kam die California III in der Ausstattungsvariante „Old Style“ auf den Markt, mit Drahtspeichenrädern, aber ohne Packtaschen und Windschutzscheibe. Wahlweise gab es einen Vergaser oder eine Einspritzung.

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Erscheinungsdatum 26.05.2023