MOTORRAD-Autor Stefan Glück – übrigens bekennender Guzzi-Fan und Besitzer einer Griso – war etwas ungnädig mit der Moto Guzzi MGX-21 ins Gericht gegangen, vornehmlich hatte er das Fahrverhalten aufs Korn genommen. Präzisiert ging es um das eigenwillige Lenkverhalten des Guzzi-Baggers in Kurven sowie mangelnde Stabilität bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn.
Chassis und Bereifung der Testmaschine unverändert
Auf der Mailänder Messe gab es in dieser Sache bereits ein Gespräch mit dem Chefdesigner Miguel Galluzzi, der sich besonders über die Kritik am Geradeauslauf wunderte. Am Ende stand die Frage im Raum, ob möglicherweise mit der Testmaschine technisch etwas nicht in Ordnung gewesen wäre. Kurze Zeit später lud daher die deutsche Niederlassung Testchef Gert Thöle zu einer erneuten Vergleichsfahrt mit derselben Testmaschine sowie einer zweiten Moto Guzzi MGX-21 als Referenz ein, letztere pilotiert von Pressemann Ansgar Schauerte. Die Testmaschine war in puncto Chassis und Bereifung unverändert. Zwischenzeitlich wurde nur eine neue Software aufgespielt, um die Funktion der Soundanlage sowie das Ansprechverhalten des Motors zu optimieren. Als erstes Ergebnis der Ausfahrt um den Importeurs-Standpunkt Düsseldorf kann man schon mal festhalten, dass die Testmaschine offensichtlich technisch einwandfrei war. Denn die Vergleichsmaschine verhielt sich – abgesehen von üblichen minimalen Serienstreuungen – nahezu identisch, vor allem in Bezug auf das Fahrverhalten.
Größe, Gewicht, Kleidung des Fahrers spielen eine Rolle
Bei der Testfahrt bestätigte sich auf der Autobahn eine mitunter plötzlich auftretende Tendenz zu Fahrwerksunruhen, vor allem im Bereich über 150 km/h. Bei Tacho 183 km/h setzt der Speed-Begrenzer dem Vorwärtsdrang ohnehin ein Ende. Pendeln tritt vor allem dann auf, wenn Anregungen von außen kommen. Bei topfebener Fahrbahn ohne Windturbulenzen liegt die Moto Guzzi MGX-21 relativ stabil. Offenbar gibt es zudem einen Einfluss durch unterschiedliche Fahrer, dabei spielen Größe, Gewicht, Kleidung oder Sitzposition eine Rolle. Bei 1,90-Meter-Mann Thöle pendelte die jeweilige Testmaschine etwas mehr als bei Ansgar Schauerte mit eher durchschnittlicher Größe.
Wie sind diese Fahrwerksunruhen einzuordnen?
Die entscheidende Frage ist, wie diese Fahrwerksunruhen einzuordnen sind. Kritisch in dem Sinne, dass die Moto Guzzi MGX-21 sich gefährlich aufschaukelt, erscheint die Pendelneigung nicht, zumindest unter diesen Bedingungen. So muss man es wohl eher unter dem Gesichtspunkt Komfort verbuchen, weniger als Sicherheitsrisiko. Trotzdem bleibt MOTORRAD grundsätzlich bei der Kritik an der Stabilität, zumal die Harley im direkten Vergleich ja bewiesen hatte, dass selbst solch ein massiger Bagger auch mit stoischer Ruhe geradeaus laufen kann.
Neue Chance in einer anderen Testkonstellation
Kritik gab es im Test außerdem am Fahrverhalten bei niedrigen Geschwindigkeiten. Hier wirken sich das große 21-Zoll-Vorderrad und der straff abgestimmte – und im Übrigen dringend nötige – Lenkungsdämpfer ungünstig aus. Die Guzzi fährt sich zunächst gewöhnungsbedürftig, wozu das Gewicht von 361 kg auch beiträgt. Der Umbau auf das große 21-Zoll-Vorderrad erforderte eben einen Tribut. Die Harley rollte hingegen auf gefälliger abrollenden 19-Zöllern. Das wäre ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen, kritisierten die Guzzi-Vertreter. Doch MOTORRAD bleibt dabei: Beide Maschinen sind Bagger mit ähnlicher Zielgruppe, und da will der Kaufinteressent schon gern wissen, wo denn Unterschiede zu finden sind. Fazit: Auch wenn die Kritik am Fahrverhalten der Guzzi möglicherweise etwas hart rüberkam, hat sich die gelegentlich auftretende Pendeltendenz im Nachtest bestätigt. Trotzdem wird sich MOTORRAD der Moto Guzzi MGX-21 in einer anderen Testkonstellation im Frühjahr noch einmal annehmen.