Muscle-Cruiser Victory Judge

Test: Das neue Modell von Victory Muscle-Cruiser Victory Judge

Judge, zu deutsch Richter, heißt das neue Modell der US-Firma Victory. Die Victory Judge soll mit anderen Motorrädern dieser Gattung an der Ampel angeblich kurzen Prozess machen. Hat sie das Zeug dazu?

Muscle-Cruiser Victory Judge Victory
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Wo zum Henker ist er, der mobile Leistungsprüfstand, den jeder Testfahrer eigentlich in der Hosentasche mitführen sollte? Wie das gehen soll? Einfach Motorrad aufbocken, das Teil ans Hinterrad halten und Gas geben. Dann wüsste man gleich vor Ort, wo der Hammer hängt. Leider gibt’s so was derzeit noch nicht, doch in diesem Fall wäre es Gold wert. Denn die rote Judge, die zwischen meinen Beinen grollt, ist mit einer X-Bow-Auspuffanlage (Victory Zubehör, 1500 Euro/Kit) ausgerüstet. Sie klingt nicht nur potent, sondern soll in Verbindung mit einem anderen Mapping plus offenem Luftfilter zehn Prozent mehr Performance bieten. So zumindest flüstert mir Mike Pedler, der Victory-Production-Manager, zu. Er flüstert, weil die Auspuffanlage leider nicht homologiert und eigentlich nur zu Showzwecken montiert wurde. Ausprobieren darf man sie trotzdem.

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Was auch immer in diesem Zusammenhang Performance bedeutet: Schon im -Serienzustand ist der luftgekühlte V2 mit seinen 1731 Kubik, 95 PS und 153 Nm Drehmoment kein Unschuldslamm. In der X-Bow-Version stürmt er vehement los, reagiert wie ein Berserker auf Gasbefehle und torpediert die Judge förmlich vorwärts. Ja, torpediert. Fahren kann man das nicht nennen. Aber es passt schließlich auch zu einem Muscle-Bike wie der neuen Judge.

Victory
Kleine Details erinnern an Hersteller, Hier das Rücklicht mit Victory-V-Form.

Pause und Umstieg auf die Serienversion, die sich wesentlich leiser, aber nur unwesentlich zahmer gibt. Der mächtige V2 reagiert nicht ganz so aggressiv auf Gasbefehle, doch wer’s drauf anlegt, rollt mit dem schmalen 140er-Hinterreifen der Judge an jeder Ampel einen schwarzen Gummiwust-Teppich aus. Und mal ehrlich: Für derartige Show-Auftritte ist ein Muscle-Bike eigentlich gebaut, oder? Diesbezüglich haben die Jungs von Victory alles richtig gemacht.

Die für Cruiser-Verhältnisse recht weit hinten positionierte Fußrastenanlage generiert mit der tiefen Sitzmulde und dem nur leicht gebogenen Lenker eine sportlich orientierte Sitzpositon. Passend zum Bike. Und das wiederum nahmen die Amis zum Anlass, die Judge inmitten der Hochalpen, in Steinwurfweite vom Mont Blanc entfernt, zu präsentieren. Okay, abends mussten die „Schräglagen-Taster“ der Fußrasten an jedem Bike erneuert werden, doch alle Achtung: Die 300 Kilogramm schwere Judge lässt sich über den breiten Lenker und ihren schmalen Hinterreifen überraschend leicht von einer Schräglage in die nächste hebeln. Dabei bleibt das Eisengebirge selbst in kniffligen Fahrsituationen immer stabil. Der Rahmen gibt sich verwindungssteif und die Fahrwerksabstimmung ist ein guter Kompromiss zwischen Komfort und Sport.

Victory
Die Judge bettet ihren Fahrer in eine tiefe Sitzmulde, damit er bei rasanten Starts im Sattel bleibt.

Wobei: Derbe Schläge vermag das Zentralfederbein nicht zu schlucken, die 75 Millimeter Federweg sind einfach zu gering. Überraschend wirkungsvoll ist die Ein-scheibenbremse vorn. Den Handbrems¬hebel sollte man allerdings dabei eher mit drei statt mit nur zwei Fingern betätigen. Gleiches gilt für die Kupplung, nehmen Sie am besten gleich alle Finger. Denn das gibt es woanders wesentlich leichter. Bei einem stattlichen Fahrzeug, das so dynamisch fährt und konzeptionsbedingt so wenig Feedback fürs Vorderrad vermittelt, sollte ein ABS eigentlich Pflicht sein, oder? Auch das sei in Arbeit, flüstert der Victory-Mann und verweist auf die Touring-Modelle, bei -denen ein ABS bereits serienmäßig an Bord ist.

Aber zurück zur Judge, die mit tickerndem V2 in alpiner Hochsonne funkelt. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt das Auge Dragstrip-Anleihen, die das Muscle-Image unterstützen. Beispielsweise die Felgen, die denen amerikanischer Muscle-Cars aus den 1960er-Jahren nachempfunden sind. Den schmalen Scheinwerfer, das Startnummernfeld oder auch den muldenförmigen Sattel, auf dem man nicht nur hervorragend sitzt, sondern sich bei extremer Beschleunigung auch gut abstützen kann. Alles sehr maskuline Attribute. Doch wenn man die zierliche Judge direkt neben ihren dicken Cross-Road-Schwestern oder der Hammer stehen sieht, wirkt sie fast wie ein Angeklagter. Nicht wie ein Richter.

Technische Daten

Victory
Victory Judge mit Serienauspuff.

Motor
Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-50-Grad-V-Motor, eine Ausgleichswelle, je eine obenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, vier Ventile pro Zylinder, Kipphebel/Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 45 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 450 W, Batterie 12 V/18 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Zahnriemen.
Bohrung x Hub 101,0 x 108,0 mm
Hubraum 1731 cm³
Verdichtungsverhältnis 9,4:1
Nennleistung 70,0 kW (95 PS) bei 4900/min
Max. Drehmoment 153 Nm bei 3250/min

Fahrwerk
Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 43 mm, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Scheibenbremse vorn, Ø 300 mm, Vierkolben-Festsattel, Scheibenbremse hinten, Ø 300 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel.
Alu-Gussräder 3.50 x 16; 3.50 x 16
Reifen 130/90 B 16; 140/90 B 16

Maße + Gewichte
Radstand 1647 mm, Lenkkopfwinkel 58,3 Grad, Nachlauf 170 mm, Federweg v/h 130/75 mm, Sitzhöhe 658 mm, Trockengewicht 300 kg, Tankinhalt 22,0 Liter.

Garantie zwei Jahre
Farben Orange, Rot, Schwarz

Preis
inkl. Nebenkosten 14490 Euro

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