Top-Test: Harley-Davidson Electra Glide Ultra Limited

Top-Test Harley-Davidson Electra Glide Ultra Limited Wasserkühlung bei Harleys Top-Tourer

Ein Aufschrei geht durch die Fangemeinde: Harley-Davidson hat seiner luftgekühlten Motor-Ikone eine Wasserkühlung verpasst. Frevel! Gotteslästerung! Jungs, bleibt cool! Alles halb so schlimm! Und ob die Gotteslästerung vielleicht sogar teuflisch gut funktioniert, klärt der Top-Test.

Wasserkühlung bei Harleys Top-Tourer Gargolov
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Es surrt! Kann das sein? 18 Grad Außentemperatur, fünf Kilometer im Stadtverkehr zurückgelegt, den Motor ausgestellt, und nun surrt es. Kein Tickern, das man gern so poetisch beschreibt, wenn Kühlrippen sich entspannen. Nein, es surrt. Die Lüfter des Kühlsystems laufen und schaufeln warme Luft aus den Öffnungen in den Beinschilden.

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Kein erwähnenswerter Umstand, würde es sich um ein Supersport-Motorrad handeln. Doch hier surrt eine luftgekühlte Harley-­Davidson, das Top-Modell der Touring-Range, die neue Harley-Davidson Electra Glide Ultra ­Limited. Mal schauen, wie lange sie das macht. Oha, nach 45 Sekunden schalten sich die Lüfter ab. Was dann bleibt, ist das viel beschriebene Tickern.

Ebenfalls bleibt die Gewissheit, dass Harley-Davidson im nächsten Jahrhundert angekommen ist und nach gefühlten drei Milliarden Jahren, in denen die Company ihre Big Twins ausschließlich von Luft kühlen ließ, bei den E-Glide-Modellen zusätzlich auf Wasserkühlung setzt. Warum? Komfort, sagt Harley, damit die Fahrer von der Abwärme des Motors nicht so gegrillt werden.

Die Wasserkühlung ist im Grunde genommen gar nicht so hässlich wie vermutet. Wenn sie nur nicht solche Geräusche machen würde. Man hört ihn kommen, den Witz: Treffen sich zwei E-Glide-Fahrer. Fragt der eine: "Was für ein Modell fährst du? Föhn oder Grill?" Nun, der Föhn-Fahrer könnte zumindest antworten: "Das Schönere."

Denn schön ist sie geworden, die Neue, Jahrgang 2014. Angefangen bei der neu gezeichneten Batwing-Verkleidung über die Beinschilde, die Kotflügel bis zum Topcase – alles ist geschmeidiger, gefälliger und fließender gestaltet, ohne dass man mit der Formensprache der letzten Jahrzehnte völlig gebrochen hätte. Denn eine E-Glide war immer eine von Harleys Ikonen und wird es auch bleiben. Mit einem Einstandspreis ab 27995 Euro markiert die Harley-Davidson Electra Glide Ultra Limited das Ende der preislichen Fahnenstange, die exquisiten CVO-Modelle mal ausgenommen. Doch da Schönheit wie immer nur im Auge des Betrachters liegt, muss die Neue im MOTORRAD-Top-Test mit Leistung überzeugen.

Mehr Leistung dank Wasserkühlung

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Schnittiger, gefälliger: Das Design der 2014er-Ultra Limited unterscheidet sich deutlich von den Vorgängermodellen, ohne einen Stilbruch zu verursachen.

Als Erstes überzeugt sie den Prüfstand: 88 PS bei 5100/min und 140 Nm bei 3900/min. Diese Messwerte übertreffen die Werksangabe um 3 PS und 2 Newtonmeter. Im Vergleich zur letzten E-Glide Ultra Limited mit identischem Hubraum, die MOTORRAD 2010 gemessen hat, legt das 2014er-Modell fast acht PS und 14 Nm zu. Das ist nicht nur auf dem Papier beachtlich, sondern schlägt sich auch in den Fahrleistungen nieder: Bei der Beschleunigung von null auf 140 km/h ist die 2014er mit 12,1 Sekunden gegenüber ihrer älteren Schwester über eine Sekunde schneller. Viel wichtiger jedoch: Auch im Durchzug ist sie besser. Und das spürt man im Fahrbetrieb.

Deshalb verlassen wir jetzt die Welt der Daten und Messwerte und schwingen uns in den flauschigen Sattel, der ebenfalls neu gestylt wurde. Einmal in Fahrt spürt man die 412 Kilogramm der Maschine nur noch bei Schrittgeschwindigkeit. Und beim Rangieren natürlich. Vielleicht sollten sie in Amerika doch mal über einen Rückwärtsgang nachdenken. Die Masse der Motorradfahrer wird ja nicht jünger.

Trotz ihres hohen Gewichts wirkt die Harley gut ausbalanciert, was sicherlich auch am tiefen Schwerpunkt liegen dürfte. Mit nur 760 Millimetern Sitzhöhe und einer relativ schmalen Taille erreichen sogar Kurzbeinige sicher den Boden. Wobei: 1,60 Meter sollte man als Fahrer doch nicht unterschreiten, denn man braucht schon eine gewisse Bein- und Armlänge, um den Koloss sicher zu parken oder zu rangieren.

So fährt die Harley-Davidson Electra Glide Ultra Limited

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Einmal in Bewegung lassen sich die 412 Kilogramm US-Schwermetall überraschend leicht dirigieren.

Liegen die Stadt und ihr Stop-and-go-Stress endlich hinter den Rädern, kommt die E-Glide ihrer Bestimmung nach. Im Grunde genommen ist sie die Königin der amerikanischen Interstates, wurde entwickelt, um Passagiere lässig und entspannt durch die endlosen Weiten Amerikas zu transportieren. Doch auch hier in Deutschland, auf Autobahnen, geschwungenen Landstraßen oder kleinsten Nebenwegen, lässt es sich mit ihr gut cruisen. Denn das Lenkverhalten ist gutmütig, fast möchte man leichtfüßig sagen.

Aber nur fast. Solange das Tempo nicht unter 30 km/h fällt, vergisst man das Gewicht. Darunter wirkt die Maschine schwerfällig, fordert erhöhten Kraftaufwand beim Lenken ein. In nahezu allen Situationen gibt sich der Motor betont lässig. Das beginnt an der Ampel – mit keinem anderen Antrieb der Welt fällt es leichter, vor einer roten Ampel zu warten, als mit luftgekühlten Harley-Twins. Denn die patentierte Schubstangen-Aufhängung des Motors lässt den Motor im Rahmen unterhaltsam zappeln. Großes Kino. Sogar, ohne zu fahren.

Daran hat auch der winzige Wasserkühlkreislauf nichts geändert. Die Unterhaltung geht beim Sound weiter: Das 2014er-Modell grollt herrlich im Schiebebetrieb, auch der Bass in der Airbox lässt sich durchaus hören. Zudem leistet die Klappensteuerung vor den Schalldämpfern ihren Beitrag in puncto Sound: Abhängig vom Lastzustand öffnet sie zwischen 3000 und 4000/min und ermöglicht den Gasen einen ungehemmteren Austritt.

Dieses Plus an Sound ist allerdings auch gleichzeitig ein Plus an Leistung, das man bei mittleren Drehzahlen spürt. Besonders lässig schüttelt die Ultra Limited kernige Überholvorgänge dennoch nicht aus dem Ärmel – hier zollt sie dem Gewicht Tribut. Läuft man mit 80 km/h und 2000 Touren im sechsten Gang auf ein Hindernis auf, muss man für einen feurigen Überholvorgang mitunter zwei Gänge zurückschalten. 80 km/h, vierter Gang, 3000/min – und schnell vorbei. Macht nichts. Zwar bleiben Schaltvorgänge bei diesen Motoren immer noch kein Geheimnis, doch zumindest rasten die Gänge präzise. Überhaupt: Wer sich vorstellt, welch riesige Bauteile in diesen mächtigen, 1690 Kubik starken V2 werkeln – allein die beiden fetten Kolben legen pro Arbeitsgang zweimal den Weg von 111 Millimetern zurück –, der staunt letztlich, wie ausgeglichen der Antrieb läuft. Denn weder auf der Autobahn bei Konstantfahrt noch auf der Landstraße verteilt der Motor bad Vibrations.

Schall ohne Rauch: die "Boom! Box"

Gargolov
Neues Fach: Hinter einer Klappe in der Verkleidung versteckt sich eine Öffnung mit USB-Anschluss für Elektro-Gimmicks.

Er läuft kultiviert und vergleichsweise ruhig, hat sich aber auf der anderen Seite den rauen Charme mächtiger Mechanik bewahrt. Runter von der Landstraße. Hinauf auf die Autobahn. Bereits beim gemütlichen Cruisen zwischen 50 und 100 km/h überzeugt die kleine, per Hand schließbare Luftklappe in der Verkleidung. Im geöffneten Zustand hinterströmt sie die Windscheibe und minimiert Verwirbelungen. Bis Tempo 120 km/h funktioniert das sehr gut, darüber nur bedingt, aber immer noch spürbar.

Die neue Audioanlage, die den Namen „Boom! Box“ trägt, macht ihrem Namen alle Ehre. Der Sound ist „boom-bastisch“. Kein Problem, die Ultra für eine größere Party aus der Garage zu holen, um damit den Dancefloor zu beschallen. Die Menüführung ist einfach, die Bedienbarkeit durch den neuen Joystick kinderleicht. Das gilt auch für die Bedienung des Tempomaten. Überhaupt: Das neu gestaltete Cockpit ist übersichtlich, alle Instrumente sind gut ablesbar. Allerdings sind sowohl Zeit- als auch Ganganzeige etwas klein geraten. Andererseits: Beides braucht der Harley-Fahrer sowieso kaum. Das fühlt er.

Wenn er dagegen wirklich etwas bräuchte, wären es bei über acht Zentner Maschinengewicht verlässliche Bremsen. Die neue Generation Stopper ist zumindest in puncto ABS den Vorgängermodellen ein Lichtjahr voraus. Denn das erstmals eingesetzte Zweikanal-ABS von Bosch überzeugt mit seinem sehr feinen Regelverhalten auf ganzer Linie. Allein schon wegen der Bremse lohnt sich ein Umstieg von alten E-Glides auf das 2014er-Modell. Wann gab es Ähnliches?

Auch die Integralbremsfunktion, bei der Vorder- und Hinterradbremse elektronisch gekoppelt werden, ist durchaus sinnvoll. Oberhalb von 40 km/h aktiviert das System stets beide Bremsen, egal ob man nur mit der Hand oder dem Fuß bremst. Je nach Tempo oder wie stark man die Hebel betätigt, wird die Bremskraft stets optimal verteilt. Um maximal zu verzögern, muss ­jedoch immer noch voll auf beide Hebel – Fuß und Hand – eingewirkt werden. Nur so lässt sich die Verzögerung von beachtlichen 9,2 m/s² realisieren.

Überarbeitungen am Fahrwerk

Und letztlich hat die Company auch dem Fahrwerk ein Update spendiert, denn die Gabel ist nicht nur neu abgestimmt, sondern soll mit 49 Millimeter Standrohrdurchmesser gegenüber 41 Millimetern auch standfester geworden sein. Bei Extrembremsungen ist jedenfalls kein Verwinden zu verzeichnen. Dafür geht sie recht schnell auf hydraulischen Block. Insgesamt ist das Fahrwerk sehr komfortabel abgestimmt und transportiert seine Gäste fast schon sänftenartig. Bei Bedarf können die hinteren, luftunterstützten Federbeine durch Luftaufpumpen etwas härter abgestimmt werden.

Bleibt zum Schluss zu sagen: Die Techniker haben die Kundenwünsche tatsächlich erhört und sie fast gänzlich umgesetzt. Das beginnt mit der verminderten Hitzeabstrahlung des Motors, gipfelt in einer besseren Bremse und endet bei der Einhand-­Verriegelung der neu gestalteten Koffer. Vielleicht ist diese E-Glide Ultra Limited sogar die coolste, die es je gab. Auch oder vielleicht sogar, weil sie surrt.

Daten und Messwerte

Gargolov
Der luft-/wassergekühlte Zweizylinder-Viertakt-45-Grad-V-Motor der E-Glide Ultra Limited.

Motor
Luft-/Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-45-Grad-V-Motor, zwei untenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, zwei Ventile pro Zylinder, Hydrostößel, Stoßstangen, Kipphebel, Trockensumpfschmierung, Einspritzung Ø 46 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 650 W, Batterie 12 V/28 Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Zahnriemen, Sekundärübersetzung 2,125.
Bohrung x Hub: 98,4 x 111,1 mm
Hubraum: 1690 cm³
Verdichtungsverhältnis: 10:1
Nennleistung: 64,0 kW (87 PS) bei 5010/min
Max. Drehmoment: 138 Nm bei 3750/min

Fahrwerk
Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 49 mm, Dreiecksschwinge aus Stahl, zwei Federbeine, verstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 300 mm, Vierkolben-Festsattel, Scheibenbremse hinten, Ø 300 mm, Vierkolben-Festsattel, Vollintegral-Bremssystem mit ABS.
Alu-Gussräder: 3.00 x 17; 5.00 x 16
Reifen: 130/80 B 17; 180/65 B 16
Bereifung im Test: Dunlop vorn D408, hinten D407 T

Maße und Gewichte
Radstand 1625 mm, Lenkkopfwinkel 64,0 Grad, Nachlauf 170 mm, Federweg v/h 117/76 mm, zulässiges
Gesamtgewicht 617 kg, Tankinhalt/Reserve 22,7/3,8 Liter.

Service-Daten
Service-Intervalle: 8000 km
Öl- und Filterwechsel: alle 8000 km/3,8 l
Motoröl: H-D 360 SAE 20/W50
Telegabelöl: H-D Fork Oil Typ E
Zündkerzen: 6R12
Leerlaufdrehzahl: 900 ± 100/min
Reifenluftdruck solo (mit Sozius) vorn/hinten: 2,5/2,8 (2,5/2,8) bar
Garantie: zwei Jahre
Mobilitätsgarantie: ein Jahr
Farben: Blau, Sand/Braun, Orange/Silber, Orange/Schwarz, Grau/Schwarz, Grau/Silber, Rot
Preis: 27995 Euro
Nebenkosten: zirka 490 Euro

MOTORRAD-Messungen

MRD
Die Motorleistung der Harley-Davidson E-Glide Ultra Limited.

Fahrleistungen

Höchstgeschwindigkeit* 175 km/h
Beschleunigung 0–100 km/h: 6,2 sek
0–140 km/h: 12,1 sek
Durchzug 60–100 km/h: 8,3 sek
100–140 km/h: 11,2 sek
Tachometerabweichung Effektiv (Anzeige 50/100): 49/99 km/h
Drehzahlmesserabweichung Anzeige roter Bereich: 6000/min
Effektiv: 5900/min
*Herstellerangabe

Verbrauch
Landstraße: 6,1 l/100 km
Theor. Reichweite Landstraße: 372 km
Kraftstoffart: Super

Maße und Gewichte
L/B/H: 2470/970/1470 mm
Sitzhöhe: 760 mm
Lenkerhöhe: 1080 mm
Wendekreis: 5800 mm
Gewicht vollgetankt: 412 kg
Zuladung: 205 kg
Radlastverteilung v/h: 44/56 %

MRD
Die Bremsleistung der Harley-Davidson E-Glide Ultra Limited.

Im Vergleich zum gleichen, drei Jahre älteren Modell der Ultra Limited gibt sich die Neue potenter. Der teilwassergekühlte Big Twin generiert im mittleren Drehzahlbereich fast 15 Nm mehr Drehmoment und 8 PS mehr im Vergleich zum gemessenen Modell. Die Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h erreicht die Ultra bereits im fünften Gang, der sechs­te ist ein reiner Overdrive.

Das neue Integral-ABS von Bosch verzögert den 412-kg-Brocken aus 100 km/h bis zum Stillstand in knapp 42 Metern. Dabei überzeugen die feinfühligen Regelvorgänge. Das ABS regelt die Bremskraftverteilung elektronisch unabhängig davon, ob Hand- oder Fußbremshebel betätigt werden. Dies macht bei diesem Fahrzeugkonzept durchaus Sinn, da die effektivste Ver-
zögerung nur durchs Abbremsen beider Räder erreicht werden kann.

Technik: Wasserkühlung im legendären luftgekühlten V2

Harley-Davidson, MRD
Nur ein Liter Kühlflüssigkeit zirkuliert in einem überschaubaren Kreislauf.

Angeblich beklagten Electra Glide-Fahrer rund um den Globus die enorme Hitzeabstrahlung im innerstädtischen Stop-and-go-Verkehr oder während Paradefahrten. Die Beine der Fahrer würden förmlich gegrillt, so hieß es. Denn der erforderliche kühlende Luftstrom, der die Wärme vom Motor wegleiten soll, kommt bei niedrigen Geschwindigkeiten hinter der massigen Verkleidung nur sehr verhalten an.

Grundsätzlich, so der Hersteller, sind alle luftgekühlten Motoren thermisch völlig gesund. Rein konstruktiv sei dieser Schritt nicht notwendig gewesen. Harley hat ihn zur Freude der Fans optisch sehr schön gelöst. Das zierliche System ist von außen kaum erkennbar, die Schläuche sind gut versteckt und die Kühler fast unsichtbar in den Beinschilden verbaut. Nur ein Liter Kühlflüssigkeit rotiert im Kreislauf und umspült die beiden thermisch hoch belasteten Auslassventile. Die elektrisch angetriebene Wasserpumpe sitzt hinter einer Plastikabdeckung geschützt am Rahmenunterzug.

Diese abgespeckte Version einer ­gezielten Wasserkühlung ist zudem kostengünstig zu realisieren, denn für die Integration einer Kühlschlange um das Auslassventil muss die Gussform des Zylinderkopfs nicht völlig neu konstruiert werden. Es reicht aus, die vorhandene abzuändern. Erwünschter Nebeneffekt der gezielten Kühlung: Die Selbstentzündung des Gemischs wird verhindert, der Motor wird klopffester. Zudem kann das Gemisch weiter abgemagert werden, was den Schadstoffausstoß verringert.

Auf der anderen Seite kann die Verdichtung angehoben werden, um mehr Leistung zu generieren. Das ist letztlich auch passiert: Der "Twin Cooled High Output Twin Cam 103" verdichtet sein Gemisch mit 10:1, sein luftgekühlter Bruder mit nur 9,7:1. Dass der teilwassergekühlte Twin so ganz nebenbei nicht nur kühler, sondern auch effektiver als sein Bruder ist, ist ein schöner Nebeneffekt.

Interview mit dem Marketing Director Frank Klumpp

Harley-Davidson
Frank Klumpp, Marketing Director Harley-Davidson Germany GmbH, über die Einführung der Wasserkühlung.

Ist die Teilwasserkühlung eine Zwischenlösung auf dem Weg zu völlig wassergekühlten Motoren?
Klumpp: Harley-Davidson baut seit 1909 V2-Motoren. Die Flüssigkeitskühlung der Auslassventile bei unserem „Twin Cooled High Output Twin Cam 103“ in den Electra Glide-Modellen „Ultra Classic“ und „Ultra Limited“ ist schlicht und einfach eine weitere Evolutionsstufe unseres Big Twin-Motors. Komplett flüssigkeitsgekühlte Motoren haben wir ja bereits: unsere Revolution-Triebwerke. Alle anderen Harley-V-Twins – also auch der „High Output Twin Cam 103“ in den anderen 2014er-Touring-Modellen – sind luftgekühlt. Da unsere Ingenieure innovativ sind, werden wir auch in Zukunft sowohl die gesetzlichen Vorgaben erfüllen als auch Produkte anbieten, die den Wünschen unserer Kunden entsprechen. Welche Art von Motoren künftig in Harley-David­son-Motorrädern eingesetzt wird, dürfen wir nicht verraten. Eines ist aber gewiss: Sie werden immer so charakterstark sein, wie man es zu Recht von unserer Marke erwartet.

Wurde die Wasserkühlung notwendig?
Klumpp: Die Flüssigkeitskühlung der Auslassventile wurde nicht notwendig. Für den Kunden ist sie in erster Linie ein Komfort-Feature. Unsere Batwing-Verkleidung mit Beinschilden ist ein hervorragender Schutz vor Wind und Wetter, aber sie trägt in bestimmten Situationen – etwa bei Stau im Hochsommer – dazu bei, dass der Fahrer ins Schwitzen gerät. Durch die Flüssigkeitskühlung der Auslassventile erreichen wir eine geradezu ideale Situation: Der Wind- und Wetterschutz bleibt – er ist 2014 sogar noch deutlich besser geworden –, und
wir erzielen ein spürbar geringeres Maß an Motorabwärme hinter der Verkleidung. Darüber hinaus sorgt die Flüssigkeitskühlung natürlich für weniger große Schwankungen der Betriebstemperatur des Motors und mithin für einen reduzierten Schadstoffausstoß.

Haben die luftgekühlten Twin-Cam-Motoren bei niedrigen Geschwindigkeiten generell thermische Probleme?
Klumpp: Nein, unsere luftgekühlten Motoren wurden nicht nur im Labor, sondern auch auf der Straße unter härtesten Bedingungen getestet. Dazu zählen auch Extrem­situationen wie Belastungstests in besonders heißen Wüstenregionen. Wie oben beschrieben handelt es sich bei der Flüssigkeitskühlung um ein Komfort-Feature.

Denkt Harley-Davidson über den Einsatz einer Doppelzündung bei allen Modellen nach?
Klumpp: Es gehört zu unserer Firmenphilosophie, dass wir grundsätzlich nicht zu zukünftigen Projekten oder Entwicklungen Stellung beziehen.

Müssen aufgrund der immer schärferen Emissionsgesetze bald alle Harley-Modelle mit Wasserkühlung antreten?
Klumpp: Wir wissen nicht, welche Emissionsanforderungen eines Tages vielleicht noch auf uns zukommen werden, sind aber
überzeugt, derzeit für alle gegenwärtigen und bereits bekannten künftigen Anforderungen bestens aufgestellt zu sein.

Schafft ein derzeit aktueller, völlig luftgekühlter 45-Grad-Harley-Motor die Euro-5-Norm?
Klumpp: Unsere Motoren sind derzeit so ausgelegt, dass sie mühelos die geltende Emissionsnorm Euro 3 erfüllen. Die Euro 4 greift erst 2016, die Euro 5 weitere vier Jahre später. Stufe 5 ist zurzeit jedoch nur provisorisch in der Richtlinie 168/2013/EG festgehalten, und die Details dieser nächsten Stufe werden nach Analyse einer umfassenden Umweltstudie definiert.
Wir wissen um die Herausforderungen neuer Bestimmungen und werden diese erfüllen. Natürlich werden Harley-Motoren stets den geltenden Normen entsprechen und – um es mit Willie G. Davidson zu sagen – solange dies möglich ist, wird Harley-Davidson luftgekühlte Motoren anbieten.

Ist es technisch möglich, die Wasserkühlung beim „High Output Twin Cam 103“ nachträglich zu entfernen?
Klumpp: Das ist theoretisch möglich, praktisch aber nicht zu empfehlen. Man müsste zu diesem Zweck nicht nur sämtliche relevanten Motorbauteile austauschen, sondern auch die Motorsteuerung entsprechend umprogrammieren. Wir raten von einem derartigen Vorhaben ab!

MOTORRAD-Punktewertung und Fazit

Gargolov
Gut aufgehoben: Hinter der Batwing-Verkleidung sitzt es sich kuschelig und angenehm entspannt.

Maximale
Punktzahl
Harley-Davidson
Electra Glide Ultra Limited
Motor
Durchzug 40 3
Beschleunigung 40 5
Topspeed 30 8
Motorcharakteristik 30 22
Ansprechverhalten 20 13
Lastwechsel 20 14
Laufruhe 20 12
Kupplung 10 6
Schaltung 20 11
Getriebeabstufung 10 7
Starten 10 8
Summe 250 109
 
Fahrwerk
Handlichkeit 40 12
Stabilität in Kurven 40 20
Lenkverhalten 40 21
Rückmeldung 10 4
Schräglage 20 12
Geradeauslaufstabilität 20 12
Fahrwerksabstimmung vorn  20 12
Fahrwerksabstimmung hinten  20 12
Einstellmöglichkeiten Fahrwerk  10 1
Federungskomfort 10 7
Fahrverhalten mit Sozius 20 15
Summe 250 128
Alltag  
Ergonomie Fahrer 40 34
rgonomie Sozius 20 19
Windschutz 20 18
Sicht 20 9
Licht 20 15
Ausstattung 30 15
Handhabung/Wartung 30 12
Gepäckunterbringung 10 10
Zuladung 10 7
Reichweite 30 23
Verarbeitung 20 16
Summe 250 178
Sicherheit
Bremswirkung 40 28
Bremsdosierung 30 16
Bremsen mit Sozius/Fading 20 16
Aufstellmoment beim Bremsen 10 8
ABS-Funktion 20 14
Lenkerschlagen 20 20
Bodenfreiheit 10 7
Summe 150 109
Kosten
Garantie 30 17
Verbrauch (Landstraße) 30 14
Inspektionskosten 20 14
Unterhaltskosten 20 12
Summe 100 57
Gesamtwertung 1000 581
Preis-Leistungs-Note 1,0 4,0

Motor
Wer jetzt wunderdinge vom altbekannten Stößelstangen-Zweiventiler erwartet hat, der wird enttäuscht. Der nun teilwassergekühlte V2 läuft recht vibrations- und verhältnismäßig geräuscharm, hängt sauber und gut dosierbar am Gas und gefällt durch geringfügig bessere Fahrleistungen als sein Vorgänger. Nach wie vor ist die Schaltung präzise, hat aber große Wege. Die neue, nunmehr hydraulisch betätigte Kupplung ist kein Riesenfortschritt in puncto verminderte Handkraft – sie fordert immer noch eine kräftige Hand.

Fahrwerk
Im Vergleich zum Vorgänger hat die Neue fünf Kilogramm zugelegt. Das merkt man nicht wirklich. Doch vor allem bei niedrigem Tempo und in engen Kehren müht man sich mit den 412 Kilo redlich. Dafür ist die Schräglagenfreiheit für ein Bike dieses Kalibers recht ordentlich und auch das Fahrwerks-Setup für den Einsatzzweck gelungen, denn die Federung geriet äußerst komfortabel und verkraftet auch einen Sozius mit suboptimalem Body-Mass-Index. Über 160 km/h, nahe der Höchstgeschwindigkeit, beginnt die Maschine leicht, aber nicht gefährlich zu pendeln.

Alltag
Verdammt kuschelig empfängt die neu gestaltete Sitzbank ihre Passagiere. Sie ist so gut gepolstert, dass sie etwaige Schläge mitdämpft, die die Federelemente nicht absorbieren. Die neuen LED-Scheinwerfer werfen zwar helleres, weißeres Licht als ihre Vorgänger, das Fernlicht ist allerdings zu punktuell. Leider hat die Limited weder eine (elektrisch) verstellbare Scheibe, noch sind Handhebel oder Sitzhöhe verstellbar. Aus diesem Grund bekommt die Harley wenig Punkte für Ausstattung. Leider bepunktet MOTORRAD das Vorhandensein einer Audioanlage ebenso wenig wie deren Sound.

Sicherheit
Ein Riesenschritt vorwärts ist das neue Bosch-ABS, das viel, viel feinfühliger regelt als das bisher zum Einsatz gekommene System. Die Verzögerung ist gut, die Dosierung ebenfalls, und die Bremsen bleiben selbst nach mehrfach hintereinander durchgeführten Extrembremsungen noch standfest.

Kosten
Trotz Wasserkühlung haben sich die Inspektionskosten, auf eine Distanz von 60 000 km gerechnet, nicht erhöht. Dafür verbraucht die Neue gegenüber der Vorgängerin eine Klitzekleinigkeit mehr Benzin.

Preis-Leistungs-Verhältnis
Das Preis-Leistungs-Verhältnis berücksichtigt leider nicht die Wertstabilität der Maschine, sonst läge sie vermutlich ganz weit vorn.

Fazit

Es blieb nahezu kein Stein auf dem anderen – das 2014er-Modell ist nicht nur optisch, sondern auch technisch fit für die Zukunft. Für Harley-Verhältnisse und -Fans gleicht diese Modellpflege vor allem wegen des Kühlkreislaufs fast einer Sensation. Den Rest der Welt wird sie kaum interessieren. Insgesamt ist die Ultra Limited in fast allen Belangen besser geworden als ihre Vorgängerin. Letztlich fehlt nur noch eins zum Glück: eine erfolgreiche Diät.

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