Can-Am Pulse und Origin Test: Comeback mit spannenden E-Motorrädern

Can-Am Pulse und Origin im Test
Comeback mit spannenden E-Motorrädern

Veröffentlicht am 19.06.2025

Can-Am kennen mitteleuropäische Motorradfahrer vor allem durch das exklusive Konzept der Modelle Ryder und Spyder – mit jeweils zwei Rädern vorn. Zudem ist die Marke im Quad- und ATV-Bereich äußerst aktiv. Nun aber kehren die Nordamerikaner mit elektrischen Zweirädern in die Welt des Einspurfahrzeugs zurück.

Can-Am Pulse und Origin mit Rekuperation per Gasgriff

Technisch interessant sind an den neuen Bikes Can-Am Pulse und Origin vor allem innovative Highlights. Dazu zählen die als tragendes Element zentral platzierte, flüssigkeitsgekühlte 8,9-kWh-Batterie. Oder aktive Rekuperation, für die man den Gasgriff sogar nach vorn drehen kann – dies bewirkt zusätzliche, starke Bremswirkung beim Akku aufladen. Das i-Tüpfelchen ist eine Kette, die leise, geschützt und stets geschmiert im geschlossenen Ölbad im Gehäuse der Einarmschwinge verläuft – und entsprechend wartungsarm für den Kunden ist: Die erste Ketteninspektion ist erst nach 25.000 Kilometern fällig.

Erste Fahreindrücke mit Can-Am Pulse und Origin sammeln wir im munteren Stadtverkehr von Austin/Texas mit dem Modell "Pulse" auf 17-Zoll-Straßenreifen. Das hat was: kein Motorengeräusch, kein Kuppeln, kein Schalten. Das macht den Kopf frei. Einfach nur direkte Power fühlen, die sofort mit beeindruckender Performance lossurrt. Erstaunlich souverän und lässig, ja begeisternd ist das, einfach so im Verkehrsfluss mitzugleiten.

Can-Am Pulse mit 20kW/27 PS Dauerleistung

Zarte 177 Kilogramm wiegt die Can-Am Pulse, 10 mehr die Offroad-Version Can-Am Origin. Das macht beide Motorräder angenehm handlich. Sie beschleunigen elektrotypisch beeindruckend stark und unmittelbar-direkt. 48 PS klingen überschaubar. Doch dank satter 72 Newtonmeter kommt einem die Beschleunigung subjektiv absolut spritzig vor. Das volle Drehmoment muss sich ja nicht mit steigender Drehzahl erst entwickeln, sondern liegt ab Start an. Das geht ab wie eine (kleine) Rakete. Was wir natürlich erst auf dem Highway außerhalb der Stadt ausprobieren dürfen.

Perfekt für Führerscheinklasse A2

Die Peak-Leistung von 35 kW/48 PS passt perfekt zum Führerschein A2. Die Dauerleistung beträgt 20 kW/27 PS. Für Einsteiger mit A1/B 196-Fahrlizenz gibt es eine mit 11 kW Dauer- und 23 kW Spitzenleistung homologierte Version – gut 31 PS frei ab 16! Ein E-Motor von Rotax stellt die Power parat. Passt, denn der österreichische Hersteller gehört wie Can-Am zum kanadischen Mutterkonzern Bombardier Recreational Products BRP. Der fertigt unter anderem Motorschlitten und Jetski.

10,25 Zoll großer Touchscreen, gute Flüssigkeitskühlung

Jetzt wird’s hot: Glühend heiße 44 Grad Celsius zeigt der 10,25 Zoll große Touchscreen. Erstaunlich: Die Batterie hält selbst diesen Extremtemperaturen stand! Während bei solcher Hitze manche Handys oder Elektroautos schwächeln, funktioniert die Flüssigkeitskühlung der Batterie prima. Sie stellt allzeit die Batterieleistung sicher, verkürzt die Ladezeit und verlängert auch die Lebensdauer der Batterie. Anders als bei Verbrennern steigt keine Abwärme vom Motor hoch, wenn man mal an der Ampel steht. Keep cool!

Die Traktionskontrolle agiert sachte bei übermütigem Drehmoment, auch das ABS regelt zuverlässig, reagiert aber nicht spaßbremsend früh. Auf der Straße macht das Fahrwerk seine Sache schon mal gut.

Can-Am Origin: selbst im Tiefsand zuverlässig

Nun geht’s ins Gelände. Ich wechsle auf die Can-Am Origin mit 21-/18-Zoll-Stollenreifen. Hier wirkt die Elektro-Charakteristik noch besser als schon auf Asphalt: kein untertouriges Einknicken wie mitunter bei Verbrennern, kein tückisches Absterben des Motors. Jede noch so enge Kurve darf auch schön langsam durchrollt werden, selbst aus Tiefsand zieht dich die Elektro-Traktion zuverlässig wieder raus.

Hilfestellung bei der Gas-, Pardon: Strom-Dosierung leisten sechs Fahrmodi (die Pulse hat vier): Von "Eco" über "Normal", "Sport", "Rain", "Offroad" bis "Offroad Plus" steht hier von Anfänger bis Profi die komplette Auswahl zur Verfügung. Könner dürfen auch alle elektronischen Helferlein ausschalten, um so richtig Spaß zu haben. Offroad sind die enorme Bodenfreiheit der hochbeinigen Enduro (Sitzhöhe: 865 Millimeter) und langhubige Federelemente von KYB mit je 255 Millimeter Federweg  hochwillkommen. Die Pulse vertraut dagegen auf ein kürzeres Sachs-Federbein.

Bis zu 160 Kilometer Reichweite

Der Fahrspaß ist hoch. Bleibt das Thema Reichweite – das zentrale Thema zweirädriger Elektromobilität. Bis zu 160 Kilometer seien bei der Pulse im Stadtverkehr drin; kombiniert noch deren 130. Bei der Can-Am Origin drückt der höhere Luftwiderstand diese Werte auf 145 und 115 Kilometer. Nachladen von 20 auf 80 Prozent dauert per Typ-2-Stecker 50 Minuten. Can-Am sieht diese Elektromotorräder als gutes Einsteigermodell für "Commuter", also Pendler, und Führerscheinneulinge. Dafür wirken die Preise jedoch recht hoch: 16.899 Euro für die Can-Am Pulse und 17.499 Euro für die Origin (Stand: Oktober 2024).

Dafür bekommt man sehr fahraktive Maschinen von einem Global Player. Cooles Comeback, Can-Am!