Es ist wie zu Zeiten des Römischen
Imperiums, das Volk verlangt nach Brot und Spielen. Ein Wunsch, den der weltgrößte Motorradhersteller immer gerne erfüllt hat. So tritt die CBF 500 an, um
als billigste ABS-Maschine die Mittelklasse
zu revolutionieren. Fahrspaß ja, aber bitte bezahlbar und sicher.
Praktisch komplett neu ist die Fünfhunderter Bremsen, Federelemente, Räder, Rahmen und Instrumente an ihr sind frisch reformiert. Ihr Herzstück jedoch kommt aus dem Regal, der wassergekühlte Paralleltwin aus der CB 500 von 1993. Silbrig glänzend und wie gehabt mit vier Ventilen pro Zylinder, zwei oben liegenden Nockenwellen und drehzahlfesten Tassenstößeln. Immerhin, die Zündanlage ist neu, eben-
so angesagte Schadstoffminderung per
U-Kat und Sekundärluftsystem.
Das Muster dieses Motoren-Recyclings ist ein altbewährtes. Bereits bei der CB 450 S von 1986 lautete der Titel des
ersten Fahrberichts in MOTORRAD »Neue Schale, alter Kern«. Schon vor 18 Jahren war der Paralleltwin betagt. Aufgebohrt trat er das Erbe der CB 400 N an, des 1978 vorgestellten Topsellers.
Luftgekühlt, zuverlässig und kultiviert war der Zweizylinder, mit 400 wie mit 450 cm3. Er hatte eine oben liegende Nockenwelle, Kipphebel und je drei Ventile pro
Zylinder. Und kam 1986 dann hinter Gitter. In ein neues »Sport-Fahrwerk« nämlich, wo der Twin mittragende Funktion übernahm. Wie ein leuchtend rotes Schaufenster
umrahmt das trapezförmige Gitterrohr-Chassis den mattschwarzen Zylinderblock. Rechts ist die untere Rahmenstrebe geschraubt, um den Motorblock für Reparaturarbeiten leicht ausbauen zu können.
Ist zwar selten nötig, wäre aber auch bei der CBF 500 kein Problem. Ihr auf der Hornet 600 basierender Zentralrohrrahmen hat ebenfalls keine Unterzüge. Fast verschämt versteckt sich das rechteckige Stahlprofil unterm 19-Liter-Tank. Vorne hängt der Motor an Auslegern, zwei an den Hauptrahmen angeschweißte Rundrohre bilden das Rahmenheck.
Und wie mundet er nun, der alte Wein in neuen Schläuchen? Überraschend gut, selbst bei der 450er. Vor 18 Jahren gab es noch Hauptständer und Benzinhahn, durfte man den Choke feinfühlig am Lenker bedienen. Auf den ersten Knopfdruck pröttelt die alte Dame los, ist halt ne Honda. Hingegen heißt es bei der neuen 500er plump links am Vergaser herumzufingern. Wenigs-
tens läuft sie früh ohne Choke rund.
Beide Motoren entwickeln ihre Leistung gleichmäßig übers Drehzahlband. 44 PS soll die 450er mobilisiert haben, die Würde des Alters schützt in diesem Fall vorm Nachmessen. Nicht so bei der CBF, von zum Start gemeldeten 57 Pferden trabten beim Vergleichstest in MOTORRAD 15/2004 »nur« 50 an. Dennoch agiert die 500er schon im Drehzahlkeller klar kräftiger. Hat nicht nur 52 cm3 mehr Hubraum, sondern bei zwei Millimeter kleinerer Bohrung satte neun Millimeter mehr Hub.
Weich, völlig ohne störende Lastwechsel hängen beide Motoren am Gas, vibrieren erst in der zweiten Drehzahlhälfte
spürbar. Ja, trotz Ausgleichswelle auch der CBF-Twin. Länger braucht der luftgekühlte 450er-Motor, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Aber keinen Tropfen Sprit mehr auf Landstraßen. Moderate vier Liter auf hundert Kilometer. Fortschritt zeigt
sich erst beim Ausdrehen da tut sich der dumpfer tönende Vierventiler viel leichter.
Ergonomisch hat sich viel getan, die 500er integriert den Fahrer besser ins
Geschehen, er sitzt aufrechter und relaxter. Früher saß man mehr auf dem Motorrad, weit entrückt vom Vorderrad, wurde nicht so ganz eins mit dem Bike. Sie zwickt und zwackt schon nach wenigen Minuten, die Sitzposition auf der 450er. So ganz passt es nie: Die Schenkelauflage ist klein, die Sitzbank zu weich.
Die 450er fordert und fördert einen
flüssigen Fahrstil, denn bei Kurskorrekturen wird sie unruhig. Absolut okay ist der Geradeauslauf bis zu Topspeed, erstaunlich flott lässt sich die 450er auf ebenem Asphalt bewegen. Fürs Kurvengeschlängel hat sie fast bessere Anlagen: Sie ist mit 188 Kilogramm satte 23 Kilogramm leichter, ihre spindeldürren Reifen, vorn 100 und hinten 110 Millimeter schmal, sind handlingfördernd und brauchen fürs gleiche Kurventempo weniger Schräglage. Zudem sind Radstand und Nachlauf etwas kürzer.
Doch der breite Lenker der CBF und ihr etwas steilerer Lenkkopf kaschieren die Handlingnachteile der 120 und 160 Millimeter dicken Gummis recht gut. Und haftungstechnisch stammen ihre Radialreifen,
Michelin Pilot Road, aus einem anderen Zeitalter. Stabiler, viel stabiler ist die CBF.
Die 450er rollt auf ausgehärteten, konstruktiv veralteten Diagonalreifen Metzeler ME 33 und ME 99 A. Wäre interessant,
wie sich die 80er-Jahre-Konstruktion mit modernen Bridgestone BT 45 führe den Testsiegern im Youngtimer-Reifentest aus MOTORRAD 14/2004. Und mit zeitgemäßen Federelementen. Denn im Ist-Zustand schaukelt sich die 450er schon bei moderaten Bodenwellen auf. Die Stoßdämpfer mit progressiv gewickelten Federn dämpfen Einfedern zu wenig, Ausfedern zu stark. Dagegen wippt die Gabel mit Spaghetti-dünnen Standrohren fröhlich nach jedem Impuls. Radführung auf schlechtem Geläuf wird so zur Glückssache.
Trotz mäßiger Wirkung bringt die vordere Doppelscheibe mit ihren Doppel-
kolben-Schwimmsätteln die weiche Gabel rasch auf Block. Dabei lässt sich der Handhebel bis zum Griffgummi ziehen.
Na ja, ein bisschen mehr Biss hatten die Bremsen im Neuzustand schon.
Von einem ABS war vor 20 Jahren noch nicht einmal zu träumen. Nun ist es dank der CBF 500 schon in der Volks-Klasse
Realität. Je eine Bremsscheibe vorn und hinten, das reicht aus. Vorne packen in der ABS-Version drei Bremskolben zu, ohne nur zwei. 600 Euro Aufpreis kostet das ABS und ist jeden Cent davon wert. Quasi als Käse auf dem Brot. Damit macht Spielen auf Dauer nämlich mehr Spaß.
M Motor: luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine oben liegende, ketten-
getriebene Nockenwelle, drei Ventile pro
Zylinder, Kipphebel, Nasssumpfschmierung, Gleichdruckvergaser, Ø 31 mm, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette. Bohrung x Hub 75,0 x 50,6 mm, Hubraum 447 cm3, Verdichtungsverhältnis 9,3:1, Nennleistung 32 kW (44 PS) bei 9000/min, max. Drehmoment 38 Nm bei 7000/min. M Fahrwerk: Gitterrohrrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 35 mm, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 231 mm, Trommelbremse hinten, Ø 140 mm. Reifen 100/90 S 18; 110/90 S 18.
M Maße und Gewichte: Radstand 1405 mm, Gewicht vollgetankt* 188 kg, Tankinhalt
18 Liter. Preis (1986) 5888 Mark
M Motor: wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, eine Ausgleichswelle, Nasssumpfschmierung, Gleichdruckvergaser, Ø 33 mm, U-Kat mit Sekundärluftsystem, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette. Bohrung x Hub 73,0 x 59,6 mm, Hubraum 499 cm3, Verdichtungsverhältnis 10,5:1, Nennleistung 42 kW (57 PS) bei 9500/min, max. Drehmoment 45 Nm bei 8000/min. M Fahrwerk: Zentralrohrrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 41 mm, Scheibenbremse v/h,
Ø 296/240 mm, Reifen 120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17. M Maße und Gewichte: Radstand 1480 mm, Gewicht vollgetankt* 211 kg, Tankinhalt 19 Liter. Preis1 5990 Euro.
Es braucht kein Fünf-Gänge-Menü, Brot und Butter statt Kaviar, das ist ein bekömmliches Rezept beider Mittelklasse-Hondas, jede in ihrer Zeit. Und für unterhaltsame Spiele war 1986 schon die CB 450 S gut. Kompliment. Doch die aktuelle CBF 500 kann
fast alles besser als vor 18 Jahren: Motor, Fahrwerk, Ergonomie. Erst recht die ABS-Bremsen. All das kostet heute in etwa den Preis in Euro wie seinerzeit in Mark. Jetzt fehlen noch Fortschritte beim Spritverbrauch, denn der ist leider nicht gesunken.