Wenn du gewinnen wolltest, dann fuhrst du Yamaha.“ Diese Erkenntnis aus den Jahren ab 1969/1970 spiegelte die Stimmung im Rennzirkus wider und war verantwortlich für die Dominanz der Yamahas in den Fahrerlagern. Ihre Überlegenheit und Vorherrschaft demonstrierten die japanischen Production Racer gleich in zwei Hubraumklassen: bei den 250ern mit der Yamaha TD2 und in der 350er-Kategorie mit der Yamaha TR2. Schon ab 1959/1960 bot Yamaha in ausgewählten Ländern Kits an, mit denen eine Standard-YDS1 zu einer Rennmaschine umgerüstet werden konnte, einige wenige wurden gar bereits als komplette Rennbikes YDS1R verkauft.
1962 schließlich kam der erste „echte“ Production Racer auf den Markt, die auf dem Straßenmodell YDS-2 basierende TD1, die bereits einige Komponenten des Vorjahres-Werksrenners RD 48 trug. Es folgten TD1A, TD1B und TD1C, bis schließlich 1969, nach Jahren der Fokussierung auf die 250er-Klasse, der Doppelschlag kam: Mit der Yamaha TD2 (250 cm³) und der Yamaha TR2 (350 cm³) erschienen zwei wegweisende Modelle in der Yamaha-Production Racer-Historie, bei deren Entwicklung eines der Hauptziele war, möglichst viele Teile austauschbar zu gestalten, um Produktionskosten zu sparen und um den einfacheren Einsatz der Renner in beiden Hubraumklassen zu ermöglichen.
Selbst bei den 500ern konkurrenzfähig
Die Siegfähigkeit stellte Privatfahrer Kent Andersson gleich im ersten Jahr mit seinem Erfolg beim 250er-Grand Prix in Hockenheim eindrucksvoll unter Beweis. Der große Fortschritt beruhte unter anderem auf der Verwendung der von dem 1963er-Werksrenner RD 56 abgeleiteten Bauteile wie Chassis, Federelemente und Bremsen. So stellte der Stahlrahmen eine clevere Kopie des Norton-Federbettrahmens dar, die Gabel orientierte sich am Ceriani-Vorbild. Das Vorderrad wurde mit einer ebenso aufwendigen und wirkungsvollen wie diffizil einzustellenden Doppel-Duplex-Trommelbremse (ähnlich einer Fontana) ausgestattet. All dies teilten sich also Yamaha TD2 und Yamaha TR2, die Gemeinsamkeiten endeten erst beim Motor.
Während der 250er mit Überarbeitungen an Überströmkanälen und Auspuffsystem auf dem Zweizylinder des Serienmodells YDS-6 basierte, konnte das 350er-Triebwerk mit nochmals geänderten Kanälen („Siebenport-Spülsystem“) und vor allem mit dem horizontal geteilten Motorgehäuse aufwarten. Dieses Feature sollte bei den 250ern erst 1972 mit der TD3 Einzug halten. Der 348-cm³-Zweitakter stellte mit seinen Eckdaten von 61 Millimetern für Bohrung und 59,6 für Hub also keineswegs nur eine aufgebohrte Variante des 250ers dar. Leistungsmäßig spielte der um zehn PS stärkere 350er natürlich mit 54 PS in einer anderen Liga. Die Yamaha TR2 war angeblich so schnell, dass man mit offensivem Fahrstil durchaus in der 500er-Klasse mitfahren konnte und sogar konkurrenzfähig war.

Äußerlich fallen im Vergleich mit der Yamaha TD2 vor allem die deutlich längeren Auspuffbirnen der Yamaha TR2 ins Auge. Im Inneren hat sich deutlich mehr getan. So laufen die Kolben in Zylindern mit hartverchromten Laufbahnen, und die Kolben verfügen über nur einen Kolbenring. Die Werksangabe von nur 6,5:1 für die Verdichtung erscheint sehr niedrig, erklärt sich jedoch durch die Art der Berechnung. Zugrunde gelegt wird hier der Kolbenweg ab Oberkante Auslassschlitz, während man ansonsten fast durchweg das geometrische Verdichtungsverhältnis, also unter Zugrundelegung des gesamten Kolbenhubs zwischen unterem und oberem Totpunkt angibt.
Der hochdrehende Hochleistungsmotor verwendet zwar eine in allen Abmessungen mit der Serie identische Kurbelwelle, diese ist jedoch mit anderen Käfigen in den Pleuellagern ausgerüstet und in vier Kugellagern gelagert. Der 54 PS starke Motor hat mit dem trocken nur 112, fahrfertig 132 Kilogramm wiegenden Renner leichtes Spiel. Dank der eng anliegenden Verkleidung sind so stolze 225 km/h Topspeed möglich.
Giacomo Agostini mit seiner MV Agusta quasi unschlagbar
Unser Fotoexemplar, eine Leihgabe von Yamaha Motor France anlässlich der 50-Jahr-Feier von Yamaha Deutschland, muss heute keine Rennen mehr gewinnen oder knapp fünfstellige Drehzahlen abliefern, sondern nur noch im Studio gut aussehen. Sie, beziehungsweise ihre Modell-Kolleginnen haben Top-Fahrern wie Phil Read, Mick Grant, John Williams, Kent Andersson und Rodney Gould schließlich zwei Jahre lang zu Top-Ergebnissen verholfen.
Siege bei WM-Läufen waren schwierig zu der Zeit, ganz oben stand fast immer Giacomo Agostini, der mit seiner MV Agusta quasi unschlagbar war. Doch die Plätze dahinter waren nahezu durchweg mit Yamaha-Werksrennern belegt. Insofern stört es unsere Yamaha TR2 heute auch nicht mehr, dass sie 1971 von der leicht modifizierten, um zwei PS erstarkten TR2B abgelöst wurde, mit welcher der Finne Jarno Saarinen 1971 und 1972 immerhin einige GP-Läufe in der 350er-Klasse gewinnen konnte und in der WM-Wertung jeweils Zweiter wurde – hinter Giacomo Agostini.