Klassiker-Vorstellung Honda CL 350

Klassiker-Vorstellung Honda CL 350 Lässigere Offroad-Version der CB

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Hondas Zweizylinder-Scrambler waren in den USA ein ­Riesenerfolg, und am meisten räumte die 1968 vorgestellte Honda CL 350 ab. Dabei war sie fürs Gelände kaum tauglicher als ­ihre Schwester CB. Nur irgendwie lässiger. Oder?

Lässigere Offroad-Version der CB bilski-fotografie.de
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Man fragt sich ja gelegentlich, ob die ­Globalisierung tendenziell alles gleich macht. Überall Hollywood-Filme, überall Asien-Klamotten, überall Google und deutsche SUVs. Geschichten wie diese wären dann unmöglich. Dass nämlich in einem Markt 250er boomen, weil merkwürdige Versicherungsregelungen Motor­räder dieses Hubraums gerade noch erschwinglich machen, während man andernorts selbstverständlich zur souveränen, ebenso preiswerten und technisch gleichen 350er greift. Oder dass auf der einen Seite des Atlantiks alle so tun, als ob sie jeden Tag Wüstenrennen gewinnen wollen, während sie auf der anderen mit nachgerüsteten M-Lenkern dem Grand Prix-Feeling nachjagen.

In den 60ern jedenfalls war es so: Während Honda in Deutschland nicht mal auf die Idee kam, Scrambler anzubieten und ihre Straßen-250er sich verkauften wie geschnitten Brot, wählten die Amis ebenso oft die stolligere Variante der populären Honda-Twins und wenn möglich jene mit dem ­größeren Hubraum.

90.000 verkaufte CL 77 in den USA

Die ebenso beliebten wie spektakulären Wüstenrennen hatten bereits manche Engländer verführt, den einen oder anderen Twin mittels kleinen Tanks, größeren Vorderrads, breiten Lenkers und – ganz wichtig – hochgelegten Auspuffs abenteuerlustig anzuhübschen. Als besonders gelungen und auch kommerziell erfolgreich darf die BSA Spitfire gelten, und auf deren Spuren hatte Soichiro Honda 1962 seine CL 72 gesetzt, die Ableitung der epochalen 250er CB 72. Als diese eine große Schwester mit ­exakt 305 cm³ Hubraum bekam, die CB 77 nämlich, gab es ab 1965 auch davon wieder eine CL-Variante. Beide verkauften sich recht gut, insgesamt fast 90.000 Nordamerikaner griffen zu.

Dann wurde alles neu. Motorseitig jedenfalls. Zwar trugen auch die 1968 eingeführten Nachfolgerinnen eine um 180 Grad gekröpfte, gebaute Kurbelwelle und eine zwischen den Zylindern laufende Antriebskette zur obenliegenden Nockenwelle. Aber die Alu-Zylinder sind nicht länger nach vorn geneigt, die Nockenwelle rotiert direkt in den Lagerböcken des Zylinderkopfes, das Gemisch bereiten nun moderne Gleichdruckvergaser auf, und das mittels Zahnrad-Primärtrieb angesteuerte Getriebe weist fünf statt vier Schaltstufen auf. Etwas mehr Bohrung (56 statt 54 mm) und dementsprechend weniger Hub (50,6 statt 54 mm) erhielt die 250er, bei der großen Schwester sorgen 64 mm Bohrung am Ende für 325 cm³ – die alte CB/CL 77 hatte es nur auf 305 gebracht.

Mit neuem Ultra-Kurzhuber

Wie gehabt brachte Honda vom neuen Twin je eine Straßen- und eine Offroad-Version, beide entweder elektrisch oder per Kick in Gang zu setzen. Moment, werden jetzt CL-Kenner einwenden, elektrisch? Tatsächlich war bei CL 72 und 77 aufgrund der ihnen verordneten vorderen Rahmenstrebe kein Platz mehr für den vor dem Kurbelgehäuse liegenden Anlasser gewesen. Der fiel fort, ein schnödes Blech verdeckte die Gehäuse-Öffnung, dafür bekamen die Offroader einen etwas längeren Kickstarter. Derartige Unfreundlichkeiten waren fortan nicht mehr nötig, denn Honda setzte nun einheitlich bei CB wie CL auf einen geschlossenen Rahmen mit Blechpress-Rückgrat plus Rohr-Unterzügen und baute diesen gleich um den E-Starter herum.

Die Unterschiede beider Versionen liegen in Details: Bei der Honda CB 350 rotiert vorn ein 18 Zoll großes Rad, bei der Honda CL 350 misst es 19. Lenker und Tank variieren augenscheinlich, erst recht die herrliche Auspuff­anlage. Wie bei der BSA Spitfire überkreuzen sich die Krümmer vor dem Zylinder und streben dann parallel nach hinten. Im Gegensatz zur BSA und auch zu frühen CL 72/77 mussten allerdings kleine Schalldämpfer integriert werden. Wer weiß, ob sie schließlich dafür sorgen, dass ein CL350-Motor mit 33 PS drei PS weniger leistet als der ansonsten identische CB-Antrieb. Immerhin produziert er höchste Leistung und maximales Drehmoment bei etwas ­geringeren Drehzahlen, und außerdem reicht es ­immer noch für 100 Meilen pro Stunde. Das zählt. Und war ­womöglich bei der Kaufentscheidung wichtiger als ­irgendwelche Geländetalente.

Mehr Streetbike als Scrambler

Etwas größer mögen diese gewesen sein als bei der CB, denn die Bodenfreiheit war dank 19-Zoll-Vorderrad und hochgelegter Auspuffanlage ja tatsächlich gewachsen. Aber gut dimensionierte Doppelsitzbank und am Rahmen befestigte Soziusfuß­rasten sowie komplettes Instrumentarium und Hauptständer künden von eher geringen Amb­itionen. Und so befanden die Kollegen des US-­Magazins „Cycle“ denn auch 1968 anlässlich ihres ersten Ausflugs: „The scrambler isn’t really a scrambler at all.“ Sie sprachen sich für eine Einordnung als Straßen-Scrambler aus und meinten damit wohl, der Honda CL 350 könnten zwar wellige Feldwege wenig anhaben, für Stock und Stein jedoch sei sie eher ­ungeeignet. Und obendrein zu schwer.

Vielleicht sah Honda die Sache ähnlich, denn schon 1969 trat mit der rund 15 Kilogramm leichteren SL 350 – sie war das Spitzenmodell einer ganzen Offroad-Familie – eine echte Spezialistin ins Rampenlicht, die mit Doppelschleifenrahmen, ­längeren Federwegen und schließlich sogar 21-Zoll-Vorderrad einiges wegstecken konnte. Echt dual purpose also. Die Honda CL 350 hingegen gewann ihren doppelten Nutzen aus handzahmem, unbedingt ­alltagstauglichem Wesen und coolem Look, nicht anders als die schweren Großenduros von heute, und sie brachte die US-Kunden ein halbes Jahrzehnt schier aus dem Häuschen: Zwischen 1968 und 1973 wurden rund 215 000 Stück verkauft, hinzu kamen noch gut 90 000 SL, beides zusammen viel mehr als von der ebenfalls angebotenen CL 250, Die normale CB 350 übrigens kam auf 319 000. Satt, oder?

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