Kultbike BMW K 75

Kultbike BMW K 75 Ein Motorrad der Vernunft?

Die BMW K 75 wollte das nie werden: Motorrad der Vernunft. Hat manchmal wie wild um sich geschlagen, als sie vor 30 Jahren auf die Straße geschickt wurde. Vergebens, wie wir heute wissen.

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Mit einem Paukenschlag stieg BMW anno 1923 zum Motorradproduzenten auf: So etwas wie die sauber durchkonstruierte R 32 mit längs eingebautem Zweizylinder-Boxer, angeflanschtem Getriebe und Wellenantrieb hatte die Welt noch nicht ge­sehen. Als die Münchner Anfang der 80er trotz des enormen Erfolgs ihrer Enduro R 80 G/S nach einer Zukunft ohne Boxer forschten, suchten sie eine ähnlich aufregende Lösung – und erfanden den fliegenden Ziegelstein.

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Die 1983 vorgestellte K 100 trug ­einen längs eingebauten, um 90 Grad geneigten und wassergekühlten Reihenvierer. Noch heute wissen wir nicht wirklich, ob die Welt so was sehen wollte. Unumstritten jedoch ist, dass einige weißblaue Traditionalisten 90 PS Motorleistung für unmoralisch hielten. Zum Glück war die K-Reihe von Anfang an und aufgrund der hohen Investitionen auch logischerweise als Baukasten angelegt, weswegen 1985 dann doch erschien, w­as diese Leute passend fanden: die BMW K 75.

Fluidbloc verhindert seit 1986 wilde Schlägereien

Die BMW K 75 hat drei statt vier Zylinder, deshalb produziert ­ihre mit 120 Grad Hubzapfenversatz versehene Kurbelwelle mehr Massenmomente erster Ordnung. Um diese zu bändigen, trägt die auch in der K 100 vorhandene Abtriebswelle, auf der vorne die Einscheiben-Trockenkupplung sitzt, zwei Ausgleichsgewichte. Klappt, nur bei 6000 Touren kribbelt es ein wenig. Um auf 100 PS Literleistung zu kommen, musste noch die Brennraumform radikalisiert werden, ansonsten folgt das Triebwerk den bereits bewährten K-Prinzipien: Zwei obenliegende Nockenwellen betätigen je zwei Ventile, eine Bosch LE-Jetronic mixt und bemisst das Gemisch, ein für damalige BMW-Verhältnisse gutes Fünfganggetriebe leitet die Kraft an den in der Einarmschwinge agierenden Kardanantrieb weiter. Einige Verunsicherung entstand, weil sich die Neue trotz nahezu gleicher Fahrwerksdaten erfrischend anders fährt als die 100er. Handlicher, direkter, so ganz und gar nicht steif und stur übers Vorderrad schiebend.

Kleine Ursache, große Wirkung: Dank des um zehn Kilogramm leichteren Motors ruht weniger Last auf dem Vorderrad. Doch die Freude über dieses Arrangement erhielt einen harten Dämpfer, als MOTORRAD mit der BMW K 75 im ersten Vergleichstest über eine buckelige Piste pflügte und leichte Piloten nach dem Überfahren selbst kleinerer Straßenkuppen von überraschend einsetzendem, gefährlichem Lenkerschlagen berichteten. BMW war entsetzt, reagierte aber absolut profes­sionell und entwickelte in kürzester Zeit eine wirkungsvolle Lösung. Der Fluidbloc, ein ins Steuerkopfrohr eingeschobener Reibungsdämpfer aus Spezialkautschuk, verhindert seit 1986 wilde Schlägereien, ohne – wie viele hydraulische Systeme – die Hochgeschwindigkeitsstabilität oder das Handling negativ zu beeinflussen.

Uff, gerade noch mal gut gegangen. Erst jetzt konnte die BMW K 75 ihrer eigentlichen Bestimmung nachgehen: Mit unspektakulärer Motorcharakteristik, sehr geringem Verbrauch, höchster praktischer Veranlagung, nimmermüder Reiselust und einer mittlerweile legendären Haltbarkeit wurde sie zum Liebling all jener, die einfach immer nur fahren wollen. Und keine Show brauchen, denn dazu fehlt selbst den verkleideten Varianten S (Verkauf ab 1986) und RT (ab 1990) jedes Talent.

Rückspiegel PDF: Prototyp BMW Dreizylinder K 75 750 ccm (MOTORRAD 14/1983)

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Der Triple geht ähnlich verlässlich und linear ab wie der Four, tönt ab 6000/min aber deutlich schöner.

Daten (für Modell C Bj. 1985): wassergekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 740 cm³, 55 kW (75 PS) bei 8500/min, 68 Nm bei 6750/min, Fünfganggetriebe, Brückenrahmen aus Stahlrohr, Gewicht vollgetankt 236 kg, Reifen vorn 100/90 x 18, hinten 120/90 x 18, Tankinhalt 21 Liter, Höchstgeschwindigkeit liegend 200 km/h, 0–100 km/h in 4,8 sek.

Szene: Von insgesamt rund 68.000 zwischen 1985 und 1996 gebauten BMW K 75 entfallen die meisten Verkäufe auf die 1990 vorgestellte RT-Variante. Das lag zum einen an ihren herausragenden Touring-Eigenschaften, zum anderen an Behördenaufträgen aus aller Welt. Gesucht sind heute vor allem die ebenfalls ab 1990 verkauften ABS-Exem­plare, egal ob unverkleidet, mit Lenkerverkleidung (C), Halb- (S) oder Vollschale (RT). Im BMW-Kosmos gelten K 75 als Gebrauchtschnäppchen, selbst mit Laufleistungen unter 50.000 Kilometern geht zwischen 1800 und gut 2500 Euro schon mal was. Die Technik ist jedem BMW-Mechaniker noch geläufig, Ersatzteilsorgen sind unbekannt, der Zubehörmarkt ist gut bestückt.

Literatur: Obwohl nicht so gut versorgt wie die Boxer-Fraktion, müssen sich K-Fans nicht grämen, denn mit dem Standardwerk „Faszination BMW K-Reihe“ von Axel Königsbeck und Hans J. Schneider (erschienen bei Delius Klasing, Preis: 29,90 Euro) sind sie bestens bedient.

Internet: Sehr nett und informativ kommt die Website www.flyingbrick.de rüber. Im dazugehörenden Forum werden auch diverse Treffen angekün­digt.

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