Als ein Journalist Helmut Dähne fragte: „Wie fahre ich in 7.49 Minuten um die Nordschleife?“, war die Antwort kurz und bestechend einfach: „Schnell fahren!“ Genau das war für den Münchner mehr als eine Leidenschaft, man könnte schon fast sagen, es war – oder ist – eine Sucht. Ob im Gelände oder später als BMW- und Reifen-Testfahrer für den Hersteller Metzeler: Wo Helmut Dähne war, war vorn. Egal ob auf BMW, Honda, Suzuki oder Yamaha, im Langstreckenrennsport, auf der waghalsigen TT oder bei den Serienmaschinen – der Mann mit der roten Lederkombi und den weißen Querstreifen war immer für einen Podestplatz gut. Und für den legendären Rundenrekord auf der Nordschleife des Nürburgrings im Juni 1993. Sein Motorrad damals: eine Honda VFR 750 R, Kürzel RC 30. 1988 als Basis für die neu geschaffene 750er-Superbike-Weltmeisterschaft konstruiert, galt und gilt der kompakte V4-Renner als eines der besten, wenn nicht das beste Seriensportmotorrad von Honda.
Für Helmut Dähne gibt’s sowieso keine Bessere. Weil, so sagt er, diese Honda kein künstliches CAD-Konstrukt, sondern ein dem Rennfahrer auf den Leib geschneidertes Arbeitsgerät sei. Handlich und trotzdem stabil, gutmütig und sicher, wenn’s drauf ankommt. Angetrieben von einem herrlich knurrenden V4-Motor, der nie böse zupackt, aber immer mit fein dosierter Kraft zur Stelle ist. Weshalb der Honda-Motor, für den Nordschleifen-Rekord auf 125 PS getrimmt, den Spagat zwischen sanfter Gewalt und optimaler Fahrbarkeit perfekt meisterte.
"Biestige Power hilft da nicht weiter"
„Für die Nordschleife genauso wie für die Tourist Trophy gelten ganz eigene Gesetze“, erklärt Helmut Dähne seine Liebe zur Honda RC 30, „auf beiden Strecken musst du die runde, weiche Ideallinie auf den Millimeter genau treffen. Biestige Power hilft da nicht weiter, sie bringt dich höchstens um.“ Genau diese runde, weiche Linie ist auch das Markenzeichen des schlaksigen Bayern, der entgegen dem damaligen Trend nur selten mit dem Knieschleifer auf den Asphalt tupfte. Doch mit dem Fahrstil „alte Schule“ hat es Helmut Dähne weit gebracht. Wobei man dazu sagen muss, dass der heute 69-Jährige Motorradfahren gelernt hat, als man die Kurven noch mit stramm an den Tank gepressten Knien umrundete. So hat er seinen Sommerurlaub 1964 mit Spezl Alfred auf der Nordschleife verbracht, die er auf einer BMW R 69 S auswendig – und respektieren – lernte.
Denn Alfred feuerte seine BMW am Streckenabschnitt Wippermann granatenmäßig, aber mit überschaubaren Blessuren in die Himbeerbüsche. Mit etwas Übung und dem BMW-Testfahrer Manfred Zeller als Lehrmeister schaffte der junge Herr Dähne 1966 als Nachwuchskraft bei den Bayern die komplette GP-Strecke, also Nordschleife plus Start- und Zielschleife, in zehn Minuten und 30 Sekunden. Reduziert auf die reine Nordschleifenrunde wären das flotte 9.45 Minuten – mit einer 50 PS schwachen BMW R 69 S wohlgemerkt.
Schon damals auf Metzeler-Reifen unterwegs, wechselte Dähne von BMW zum Reifenhersteller aus München. Was für ein Glück. Denn mit Helmut Dähne hatten die sich einen Testfahrer und Entwickler eingekauft, der in Sachen Qualität und Sicherheit keine Kompromisse machte. Wobei auch Helmut Dähnes Honda RC 30 eine ganz wichtige Rolle gespielt hat und deshalb noch heute mit weiß-blauem Metzeler-Design auf der Verkleidung spazieren fährt.
Fakten

Daten: 90-Grad-V-Vierzylinder-Viertaktmotor, 748 cm³, 74 kW (100 PS) bei 11.000/min, 67 Nm bei 10.500/min, Sechsganggetriebe, Brückenrahmen aus Aluprofilen, Gewicht vollgetankt 208 kg, Reifen vorn 120/70 VR 17, hinten 180/60 VR 18, Tankinhalt 18 Liter, Höchstgeschw. 240 km/h, Preis 1988: 25.000 Mark.
Literatur: HONDA MEILENSTEINE von Jürgen Gaßebner.
Spezialisten: Roland Eckert, www.eckert-praezisionsteile.de; Thomas „Joe“ Liebmann, www.joe-garage.de; Wolfgang Harbusch, www.wellbrock.com.
Marktsituation: Mit viel Glück findet man eine RC 30 ab rund 14 000 Euro im Originalzustand, für eine optimierte VFR 750 R (größerer Kühler, 17-Zoll-Hinterrad etc) in Bestzustand ist man auch schnell das Doppelte los. Einige RC 30 werden auch im reinen Renntrimm ohne Straßenzulassung angeboten.
Club/IG/Internet: Pit Spang, www.rc30-club.de
Alles über die Honda RC 30 und ihren Club steht in MOTORRAD CLASSIC Heft 1/2009.