Kawasaki 500 H1 Mach III – "oder wie man das Vorderrad am Boden behält". Diese Frage stellt sich 1969 den Testfahrern von MOTORRAD mit dem biestigen 60-PS-Zweitakter.
Kawasaki 500 H1 Mach III – "oder wie man das Vorderrad am Boden behält". Diese Frage stellt sich 1969 den Testfahrern von MOTORRAD mit dem biestigen 60-PS-Zweitakter.
Keine Frage, die Sensation, mit der die Japaner in den 60er-Jahren die Motorradwelt aus den Angeln hoben, hieß eigentlich Honda CB 750 und nicht Kawasaki Mach III. Eigentlich. Doch den Freunden rassiger Fortbewegung sollte beim ersten Test der 500er-Kawasaki die Spucke wegbleiben. In 4,2 Sekunden katapultierte der Dreizylinder die Mach III von 0 auf 100 km/h – vorausgesetzt dem Fahrer schnalzte dabei nicht das Vorderrad auf die Motorradbrille.
Was für damalige Verhältnisse selbst bei MOTORRAD-Testfahrer Ernst „Klacks“ Leverkus geradezu als halsbrecherisch galt, weshalb er diese Maschine nur dem absoluten Könner empfahl. Zumal die Kawasaki 500 H1 Mach III fast 200 km/h schnell war. Für die Motorradszene Ende der 60er-Jahre waren solche Zahlen unvorstellbar. Bis dato galt eine Honda CB 450 mit 45 PS als „schwere, schnelle Maschine“, von der die jungen Burschen auf ihren japanischen 250er-Zweitaktern mit knapp 30 PS gefälligst die Finger lassen sollten.
Doch auf einmal stand sie da. In Blaumetallic, mit ihren drei Auspufftöpfen und dem mächtig breiten Dreizylindermotor. Ein Spezl hatte das rare Stück bei einem Kawasaki-Händler günstig ergattert, und am Samstagmorgen, dem üblichen Schrauber- und Basteltag, durfte jeder einzelne unserer Clique die Höllenmaschine ausprobieren. „Aber nur eine Runde um den Pudding, zu mehr reicht der Sprit nicht.“ Der Pudding war unsere Dorf-Testrunde mit Abstecher ins nächste Kaff. Dort wo die lange Steigung schon beim Mopedfrisieren als Prüfstand diente – Tacho 75 km/h galten lange als Rekord –, säbelte die Kawasaki Mach III mit gut 150 km/h über die Kuppe. Meine Fresse, was für eine Granate. Es war nicht allein die fulminante Beschleunigung, es war vor allem das schrille Plärren des Dreizylinders, der die gespürte Power mit dem Faktor zwei multiplizierte. Die Bremsen, vorne die übliche 200er-Duplex-Trommelbremse, waren der 500er nicht annähernd gewachsen. Man wurde auch bei kräftigem Zupacken nur langsam langsamer.
Beim Fahrwerk hingegen schieden sich die Geister. Für Klacks hatte der „breit angelegte Doppelrohr-Rahmen eine sehr gute Stabilität“, für andere war die Kawasaki Mach III ein Wackelpudding erster Güte, dem man mit Koni-Federbeinen und Metzeler-Reifen zu Leibe rücken musste. Wenigstens bremste ein hydraulischer Lenkungsdämpfer die zappelige Front mit der Ceriani-Gabel bei einem schräg aufsetzenden Vorderrad sicher ein. „60 PS sind die Norm in der 500er-Rennmaschinen-Klasse“, schrieb Klacks in MOTORRAD 10/1969 über die Mach III – und so war es kein Wunder, dass sie im Rennsport für Furore sorgte.
Daten: luftgekühlter Dreizylinder-Zweitaktmotor, Bohrung x Hub 60 x 58,8 mm, Hubraum 499 cm³, Leistung 60 PS bei 7500/min, drei 28er-Mikuni-Vergaser, Schlitzsteuerung, Getrenntschmierung. Fünfganggetriebe. Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, Ceriani-Telegabel vorn, Zweiarmschwinge hinten, Bereifung vorn 3.25-19, hinten 4.00-18, Gewicht vollgetankt zirka 190 Kilogramm, Höchstgeschwindigkeit 200 km/h. Preis 1969: 4300 Mark.
Literatur: Spezielle Bücher zur Kawasaki Mach III sind nicht auf dem Markt, da die verkauften Stückzahlen keine lohnenswerte Nachfrage erwarten lassen.
Spezialisten: Die Kawasaki-Mechaniker, die sich mit dem zum Teil kapriziösen Zweitakter auskennen, werden immer
weniger. Oft können nur alteingesessene Händler bei echten Problemen weiterhelfen. Infos und technische Hilfestellung gibt es unter www.zweitakte.de – dort dürfte man die kompetenten Ansprechpartner rund um die Kawasaki H1 antreffen.
Marktsituation: Wie bei vielen echten Raritäten der 60er- und 70er-Jahre sind diese Maschinen in den Händen echter Liebhaber, die sie – wenn überhaupt – nur für viel Geld abgeben. Für eine Mach III der ersten Serie im Originalzustand muss man mit deutlich über 6000 Euro rechnen.