Genau einen Schuss hatten die Viertakt-Spätstarter von Suzuki, um 1977 in der attraktiven 27-PS-Klasse zu punkten – und trafen mit dem ebenso aufwendigen wie soliden 400er-Twin der Suzuki GS 400 mitten ins Schwarze.
Genau einen Schuss hatten die Viertakt-Spätstarter von Suzuki, um 1977 in der attraktiven 27-PS-Klasse zu punkten – und trafen mit dem ebenso aufwendigen wie soliden 400er-Twin der Suzuki GS 400 mitten ins Schwarze.
Als in Deutschland die leidige Besteuerung nach Hubraum endlich abgeschafft wurde, erwischte es manchen Hersteller auf dem falschen Fuß. Bis maximal 27 PS reichte die untere Mittelklasse fortan, die Tarife rissen nicht mal bei Lehrlingen oder Studenten Finanzlöcher auf, alle wollten kaufen. Sofort. Die einen boten weiterhin ungerührt nervöse 250er feil, andere wärmten ihre alten Zweitakter noch mal auf, manche zwängten Multizylinder mittels technischer Würgegriffe ins neue Profil.
Suzuki konnte mit seiner 1976 auf der Kölner IFMA vorgestellten und offen 34 PS starken Suzuki GS 400 schlauer vorgehen, denn der 180-Grad-Twin zeigte ja schon aufgrund des satt eingeschenkten Hubraums gute Voraussetzungen für eine souveräne Leistungscharakteristik. Den Rest besorgten nicht etwa die sonst üblichen Vergaseranschläge oder Krümmer-Drosselblenden, sondern geänderte Nockenwellen. So, wie sich das ingenieursmäßig gehört.
Der Motor weist zum Vierzylinder der parallel vorgestellten Suzuki GS 750 eine enge Verwandtschaft auf, sogar etliche Gleichteile lassen sich finden. Bald gesellte sich noch ein 550er-Four dazu, und dieses Terzett legte aus dem Stand einen absolut souveränen Viertakt aufs Parkett. Bei der Suzuki GS 400 rotiert die Kurbelwelle in drei Rollen- sowie einem Kugellager und treibt über einen Stirnradsatz die vorn im Gehäuse positionierte Ausgleichswelle an. So was hatten damals längst nicht alle, auch sechs Gänge waren eher selten, ganz zu schweigen von direkt mittels Tassenstößeln betätigten Ventilen und zwei obenliegenden Nockenwellen. Deren Rundgehäuse mit ihren niedlichen Deckeln gelten als Charakteristikum des filigran gezeichneten Triebwerks, mit einer Mischung aus gewohnten (Chrom-Schutzblech vorn) und neuen (Sitzbankbürzel hinten) Elementen verpackten es die Suzuki-Stilisten äußerst vorteilhaft.
Eigentlich treffen nur die übergroßen Blinker nicht das richtige Maß, aber solche Riesenteile trugen damals alle. Das Fahrwerk erntete viel Lob, nicht zuletzt dank der Nadellagerung seiner Schwinge galt es als bestes seiner Klasse, weder 34 noch 27 PS bringen es je in Verlegenheit. Die offene Version entfaltet ein recht fröhliches Temperament und dreht munter in den bei 9000/min beginnenden roten Bereich, die Drosselvariante schnurrt äußerst berechenbar durchs Drehzahlband und macht bei 8500/min einfach zu. So oder so wird der für die 750er dimensionierte Kurbeltrieb ebenso wenig gefordert wie das Getriebe oder sonstige lebenswichtige Teile, und deshalb taugt die kleine Suzuki GS 400 – man konnte es damals kaum fassen – bei guter Pflege für 100.000 km. Dieser Umstand blieb auch in ihrem Herstellungsland nicht verborgen, also schossen sich die Japaner bei der Suche nach einem kultigen 70er-Jahre-Bike auf die Suzuki GS 400 ein: Wer ein Rendezvous mit der eigenen Jugend sucht, tut das am liebsten auf einer frühen GS mit blitzenden Drahtspeichenrädern, ganze Schiffsladungen gingen von Europa zurück ins Inselreich. Aber man hätte sich so was denken können, denn als Suzuki 1980 das Erfolgsmodell durch die moderner gezeichnete GSX 400 sowie die GS 450 ersetzte, murrte das Volk so lange, bis der alte Zweiventiler noch mal drei Jahre ran durfte. Kult auch hier. Nur früher.
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Daten: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 398 cm³, 20 kW (27 PS) bei 7400/min (wahlweise 25 kW/34 PS bei 8500/min), 27 Nm bei 6600/min, Sechsganggetriebe, Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Gewicht vollgetankt 185 kg, Reifen vorn 3.00 x 18, hinten 3.50 x 18, Tankinhalt 14 Liter, Höchstgeschwindigkeit 144 km/h (ungedrosselt 166 km/h), 0–100 km/h in 7,2 sek.
Szene: Längst hat sich auch in Deutschland rund um die frühen GS-Modelle von Suzuki eine lebhafte Szene etabliert. Leider muss diese sich aufgrund des japanischen Interesses an der 400er überwiegend auf die Vierzylinder stützen. Gute Exemplare des 400er-Twins sind quasi ausverkauft, wenn doch mal eines auftaucht, geht selten was unter 2000 Euro. Trost kann eventuell die nicht ganz so elegante, aber immerhin ebenso eigenständige GS 450 E mit dem prinzipiell gleichen, aber offen deutlich stärkeren Motor liefern.
Info: Der Buchmarkt gibt zum Thema wenig her, auch die Reparaturanleitung aus dem Bucheli Verlag ist nur noch antiquarisch aufzutreiben. Besser steht es um Infos aus dem Internet. Zuerst sei die sehr gut gemachte Website www.suzuki-classic.de genannt, aber auch auf www.gs-classic.de finden sich viele Anregungen.
MOTORRAD Classic: Unsere Schwesterzeitschrift hatte in Ausgabe 8/2014 eine große Suzuki GS 400-Geschichte.
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