Das Racebike Kainzinger-KTM RC8 R Track im Rennstreckentest
Racebike: Kainzinger-KTM RC8 R Track

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Österreichisches Bike, deutscher Tuner, Schweizer Kunde: Wie schlagkräftig ist das multinationale Trio? Schwäbischer Tester findet es auf badischer Rennstrecke heraus

Racebike: Kainzinger-KTM RC8 R Track
Foto: fact

Krainzinger KTM RC8 R

Jahn
Das Racebike Kainzinger-KTM RC8 R Track beim Rennstreckentest.

herbert O. Kainzinger ist ein Mann der Extreme. Simples Klein-Klein zählt nicht zu seinem Credo, vielmehr handelt er beim Tuning meist nach dem Motto: klotzen statt kleckern! Zu seiner Kundschaft gehören Leute, die für ein exklusives Bike gerne einmal etwas tiefer in die Tasche greifen. Umso gespannter erwarteten wir die KTM RC8 R, die Kainzinger zum diesjährigen PS-Bridgestone-Tuner-GP an den Start rollte.

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„Mich hat einfach die Technik interessiert“, antwortet Herbert O. auf die Frage, warum er sich gerade die KTM RC8 R als Tuning-Objekt ausgesucht hat. „Der -Motor ist sensationell gemacht. Außerdem hat mich schon immer die Eigenständigkeit von KTM fasziniert.“ Da kam es dem Tuner aus Hockenheim wohl -gerade zupass, dass ein Schweizer Geschäftsmann genau solch einen Brenner für die heimische Meisterschaft suchte. Also flugs die Rennversion „Track“ der RC8 R geordert, die schon serienmäßig allerhand Racing-Gene in sich trägt: vielfach einstellbare Fußrasten, Sturzpads, klappbare Handhebel, scharfe Bremsbeläge, Schaltautomat, Racing-Vollverkleidung, speziell abgestimmtes Fahrwerk, anders programmierte Motorsteuerung, Rennauspuff und vieles mehr. Serienmäßig montiert das Werk an die Track eine Underslung-Anlage von Akrapovic, die der Tuner allerdings durch das für 2012 neu entwickelte Doppelrohr-System derselben Marke ersetzte.

Der Donnerhall der Racinganlage haut einen glatt um! Das kräftige, aber nicht zu laute V2-Hämmern dringt durch die Ohren direkt ins Belohnungszentrum des Gehirns und lässt einen nicht mehr los. Genau so muss ein supersportlicher Zweizylinder klingen!

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Aus der Doppelrohr-Anlage dröhnt fantastischer V2-Donnerhall.

Satte 188 PS und 138 Nm generiert der aufgemotzte V2. Dabei schickt er sein Feuer sehr gleichmäßig ans Getriebe, die leicht wellenförmige Leistungsentfaltung (siehe Diagramm) ist beim Fahren kaum zu spüren. Auch gefühlvolles Gasanlegen am Kurvenausgang beherrscht der Treibsatz. Allerdings begleiten derbe Vibrationen den Trip durchs Drehzahlband - nichts für Softie-Hintern!

Die Basis des Motortunings bildet der Superbike-Kit von KTM, der kaum ein Bauteil auslässt: Zylinder und Zylinderköpfe gehören genauso zum Lieferumfang wie Kolben, Nockenwellen, Ventilfedern und Pleuel. Preis allein für den Kit: knapp 10 000 Euro. Wegen der erhöhten Verdichtung von zirka 13:1 braucht der Antrieb nun Sprit mit mindestens 100 Oktan. Optimierungsbedarf sieht Kainzinger ob der hohen Qualität der Innereien kaum. Für bessere Strömungseigenschaften überarbeitete er lediglich die Zylinderköpfe und deren Ventilsitze. Dazu steuert nun ein Power-Commander die Einspritzung.

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Die leicht wellenförmige Leistungsentfaltung spürt man beim Fahren kaum. Bei 5000/min liegen bereits 115 Nm Drehmoment an, maximal sind es 138 Nm. Das Triebwerk bevorzugt eindeutig den mittleren Drehzahlbereich, hochjubeln bis zum Anschlag bringt nichts.

Auch am Fahrwerk arbeitete der Techniker. In Gabel und Federbein baute er härtere Federn ein und stimmte zudem die Dämpfung straffer ab. „Mein Kunde ist 1,90 Meter groß mit entsprechendem Gewicht“, rechtfertigt der Tuner das eiserne Setup. Für den PS-Tester - Kampfgewicht ohne Montur rund 80 Kilo - geriet die Abstimmung deshalb viel zu straff. Das könnte ein Grund dafür sein, warum sich die Fuhre in der Parabolika-Kurve so stark aufschwingt. Dieser Strecken-abschnitt auf dem GP-Kurs von Hockenheim trennt traditionell die Fahrwerk-Spreu vom Weizen.

Das Pendeln ist so heftig, dass der Pilot vom Gas muss, um die KTM unter Kontrolle zu halten. Einigermaßen gesittet verhält sich die RC8 R nur, wenn der Pilot ähnlich wie ein Jockey in den Rasten steht und möglichst viel Gewicht auf die Fahrzeugfront verlagert. „Das Bike ist für Most abgestimmt“, weiß Kainzinger. Auch das könnte eine Erklärung für das Verhalten in der Parabolika sein. Denn das KTM-Superbike reagiert bekanntermaßen sehr sensibel auf die zahlreichen Setup-Möglichkeiten, die das Fahrwerk bietet. Um perfekt zu arbeiten, muss es sorgfältig an jede Strecke angepasst werden.

Das ist bei den Stoppern anders. Sie funktionieren überall hervorragend. Druckpunkt, Transparenz, Dosierung, Wirkung, Standfestigkeit: alles vom Allerfeinsten. Damit das eingangs erwähnte Trio die Racing-Konkurrenz dauerhaft in Angst und Schrecken versetzen kann, muss nur noch das Fahrwerk fit für die jeweilige Piste sein.

Daten

Jahn
Beim sonst umfangreich informierenden Dashboard fehlt ein Drehzahlmesser. Darunter: einstellbare Traktionskontrolle.

Gewicht: 186,5 kg
vorn/hinten: 51,5/48,5 %
Leistung: 188 PS
Preis: über 60 000 Euro

The Tuning Company, Herbert Kainzinger
Altwingertweg 10
68766 Hockenheim
Telefon: 0 62 05/28 77 53 (54)
www.tuningcompany.de

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Erscheinungsdatum 10.05.2023