Confederate baut keine Motorräder wie jeder andere. Nachder Hellcat und der Wraith erscheint jetzt die Combat Fighter, ein Motorrad mit nahezu 100 Prozent Metallanteil. David Folch fotografierte und fuhr sie für MOTORRAD.
Confederate baut keine Motorräder wie jeder andere. Nachder Hellcat und der Wraith erscheint jetzt die Combat Fighter, ein Motorrad mit nahezu 100 Prozent Metallanteil. David Folch fotografierte und fuhr sie für MOTORRAD.
Zuerst ist sie ein visueller Schock. Ein Objekt, das den industriellen Alpträumen eines motorradverrückten Punks entsprungen zu sein scheint. Die Aluminiumteile, aus dem Vollen gefräst und fein ziseliert, verschraubt oder verschweißt, lassen eher die Vorstellung von einer Fabrik als von einem Motorrad aufkommen, sie formen ein Gerät, das die Unerbittlichkeit eines Aliens ausstrahlt. Von Jagdfliegern aus dem Zweiten Weltkrieg und alten Dodge oder Pontiac GTO inspiriert, geht die Confederate P120 Combat Fighter einen anderen Weg als die aus Karbon und Rundungen bestehende Wraith. Designer Edward Jacobs lässt massives Aluminium sowie eckige und kantige Formen erscheinen.
Es war im Süden der USA, in New Orleans, wo die Marke mit dem provokanten Namen geboren wurde. Matt Chambers, ihr Gründer, hat ihn gewählt, um anzuzeigen, dass der Süden die Rebellion gegen die Nordstaaten – in diesem Fall Harley-Davidson und das als veraltet empfundene Design der Motorräder aus Milwaukee – noch nicht beendet hat. Während er mich vom Flughafen Birmingham zur Fabrik fährt, erzählt Matt vom Bürgerkrieg, der die Stadt zerstört hat, und assoziiert damit jene Art von Erinnerungen, die für Motorradfahrer so typisch sind. Seinen eigenen „japanischen“ Sturz zum Beispiel, der ihn monatelang ans Krankenbett fesselte und seine Abneigung gegen zu agile Maschinen und zu bissige Bremsen ausgelöst hat.
Dann mache ich endlich Bekanntschaft mit dem Monster selbst. Das Aluminium-Rückgrat, das auch als Ölreservoir dient, nimmt das Prinzip des Bimota-SB6-Rahmens wieder auf, Rahmen und Lenkkopf in einer geraden Linie zu verbinden. Hier allerdings mit nur einem Träger. Die Vorderradführung übernimmt eine Parallelogrammgabel aus Alurohren und -teilen; eine Vorstufe der Combat Fighter, Renaissance genannt, hatte noch die Gabel der Wraith. Deren flächige Seitenteile aus Karbon wirkten in diesem Umfeld jedoch deplaziert. Elf Interessenten hatten eine Renaissance bestellt, sie schwenkten ohne weiteres zur Fighter um.
Die Zündung wird am linken vorderen Rahmenträger eingeschaltet, vor dem Start gilt es, zur Dekompression die beiden Ventilausheber zu drücken. Sofort erfüllt das Donnern des mächtigen V-Twins die Halle. Durch das Schauglas oben am Rahmen beobachte ich fasziniert, wie das Motoröl in Wallung gerät.
Der Sattel, nicht viel größer als eine Postkarte, malträtiert und verhöhnt mein Steißbein, der schon erwähnte phallische Aluträger ragt zwischen meinen Beinen auf. Man muss sich weit nach vorn beugen, um den breiten Lenker zu greifen und die Hebel zu ziehen. Die sind zwar originell gestaltet, aber nicht so, dass die Hände sie intuitiv finden würden. Dann die nächste Überraschung: Die Fußrasten sind so weit vorn montiert wie bei einem Cruiser. Okay, schon der tiefe Fall in den Sattel ließ einen erahnen, welches Engagement man aufbringen muss, um die Fighter zu fahren. Man sitzt praktisch auf dem 240er-Hinterreifen und fürchtet den Moment, in dem es darauf ankommen wird, dieses ungeschlachte Mechanik-Monster zu zähmen.
Die Vibrationen des 160 PS starken 1966ers sind ungestüm; er hämmert so nahe an meinen Knien auf und ab, dass ich seine Hitze spüre. Vorsicht, Verbrennungsgefahr. Und die Klangkulisse? Apokalyptisch. In Europa käme keine dieser Raritäten auch nur einen Kilometer weit, ohne dass der Fahrer verhaftet, das Motorrad beschlagnahmt würde.
Schlanke 210 Kilogramm wiegt die Fighter mit vollem Tank, trotzdem verlangt sie eine kräftige Hand, ist weniger handlich und sportlich als ihre Schwestern – verglichen mit ihr fährt die Wraith wie ein Fahrrad. Wegen des riesigen Wendekreises sind Lenkmanöver durchaus heikel, die ungezählten U-Turns während der Fotofahrten waren harte Arbeit.
Aber schon vom ersten Ampelstart an spielt man mit dem riesigen Drehmoment von 182 Nm. Wenn die harten Kupplungsfedern den Kraftschluss herstellen, scheint die Fighter alles, was sich sonst um einen her bewegt, förmlich an seinen Platz zu bannen. Gasaufziehen provoziert einen sofortigen Kraftausbruch und ein heftiges Lärmgewitter, hart kämpft der Fahrer um seinen Verbleib auf Sattel und Fußrasten.
Außerhalb Birminghams, auf den Landstraßen Alabamas, bestätigt sich die Sturheit der Fighter. Es braucht energische Armarbeit, sie in die Kurven zu legen. Und da die Fighter praktisch keine Kontaktflächen zu den Beinen anbietet, kann der Fahrer diese auch nicht zu Hilfe nehmen. Matt versichert mir, dass sich die späteren Produktionsmotorräder dank einer geänderten Stoßdämpferanlenkung und dadurch optimierter Fahrwerksgeometrie deutlich gefälliger benehmen werden. Ein lebhafteres Einlenkverhalten und mehr Gefühl fürs Vorderrad wären kein überflüssiger Luxus, falls man die Urgewalt des JIMS-Motors nutzen wollte.
Es gibt noch einen weiteren guten Grund, warum man mit der Fighter nicht allzu energisch attackieren und sich lieber eine üppirge Sicherheitsmarge zugestehen sollte: die Bremsen. Vorn beißt eine Brembo-Vierkolbenzange nur schüchtern in eine unterdimensionierte Karbon-Keramik-Scheibe. Hinten ist eine Bremse zwar vorhanden, glänzt aber mit weitgehender Verzögerungsfreiheit. Zwischen den Extremen einer zu giftigen Bremse, wie Matt sie ablehnt, und dem Ensemble der Fighter hätte sich vielleicht auch ein anderer Kompromiss finden lassen.
Alles in allem kann sich der Fighter-Fahrer glücklich darüber schätzen, dass die Reichweite mit einer Tankfüllung nicht allzu groß ausfällt. Es wird ohnehin keiner daran denken, mit einer solchen auf 50 Exemplare limitierten, etwa 75000 Euro teueren Kostbarkeit weiter zu reisen als bis zur nächsten Bar. Sicher, in Kürze wird eine Ausführung für rund 60000 Euro angeboten, auch eine Alu-Version der Wraith steht an, die je nach Motorleistung zwischen 55000 und 70000 Euro kosten soll. Allemal elitäre Beträge für Objekte von fragwürdiger Fahrdynamik, die man ohne weiteres auch in eine Sammlung moderner Kunst stellen könnte.
Eine neue Hellcat ist der nächste Schritt, dann sollen alle drei Confederate-Modelle in je drei Motorisierungen angeboten werden. Matt Chambers plant, in etwa 40 Ländern ein Vertriebsnetz aufzubauen, kann sich sogar vorstellen, ein Elektromotorrad und einen, so wörtlich, Dreizylinder-Fünftakter zu entwickeln. Man sieht, das Genie und der exhibitionistische Wahnsinn von Confederate geben noch keine Ruhe.
Motor:
Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-45-Grad-V-Motor, Kurbelwelle quer liegend, zwei untenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, zwei Ventile pro Zylinder, Hydrostößel, Stoßstangen, Kipphebel, Trockensumpfschmierung, Gleichdruckvergaser, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Trockenkupplung, Fünfganggetriebe, Kette.
Bohrung x Hub 104,75 x 114,3 mm
Hubraum 1966 cm³
Nennleistung 117,6 kW (160 PS) bei 5500/min
Max. Drehmoment 186 Nm bei 2000/min
Fahrwerk:
Rückgratrohrrahmen aus Alu-minium, Parallelogrammgabel, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Federbein direkt angelenkt, Scheibenbremse vorn, ø 300 mm, Vierkolben-Festsattel, Scheibenbremse hinten, ø 250 mm, Einkolben-Schwimmsattel.
Felgen 3,00 x 19 ; 8,00 x 18
Reifen 120/90 ZR 19; 240/90 ZR 18
Maße und Gewichte:
Radstand 1625 mm, Lenkkopfwinkel 60 Grad, Nachlauf 101,6 mm, Federweg v/h 101/133 mm, Sitzhöhe 685 mm, Gewicht vollgetankt 210 kg, Tankinhalt 15,1 Liter.
Garantie ein Jahr
Farbe Alu
Preis inkl. Nk. 75000 Euro