Z 650 RS, Trident 660 und XSR 700 im Test
Klassische Naked Bikes unter 9.000 Euro

Mit ihren umgänglichen Wesen machen Kawasaki Z 650 RS, Triumph Trident 660 und Yamaha XSR 700 unter allen Bedingungen Spaß – sogar bei schlechtem Wetter.

Kawasaki Z 650 RS, Triumph Trident 660, Yamaha XSR 700 Vergleichstest
Foto: Rossen Gargolov
In diesem Artikel:
  • Kawasaki Z 650 RS: Ergonomie
  • Kawasaki Z 650: Motor
  • Kawasaki Z 650: Fahrwerk
  • Kawasaki Z 650: Bremse
  • Triumph Trident 660: Ergonomie
  • Triumph Trident 660: Cockpit und Kupplung
  • Triumph Trident 660: Motor
  • Triumph Trident 660: Fahrwerk
  • Triumph Trident 660: Bremsen
  • Yamaha XSR 700: Bremsen
  • Yamaha XSR 700: Cockpit und Ergonomie
  • Yamaha XSR 700: Handling und Motor
  • Yamaha XSR 700: Zuladung, Sozius, Licht
  • Fazit

Dass ein Leben diesseits der 200-PS keineswegs asketisch oder gar dröge sein muss, zeigt die Kawasaki Z 650 RS auf das Schönste. Sie basiert auf dem 2017 erschienenen Topseller Z 650. Das Rezept ist dasselbe wie bei der großen Schwester Z 900 RS: Man übernimmt die Technik des Z-Modells, also Antrieb, Rahmen, Fahrwerk, und verpasst ihr eine an die klassischen Vorbilder des Hauses aus den 1970er-Jahren angelehnte Optik. Natürlich mit Rundscheinwerfer, analogen Anzeigen für Speed und Drehzahl sowie dem kawa-typischen Entenbürzel. Zudem trägt die RS recht stämmige, an die Z 900 RS angelehnte Zehn-Speichen-Gussräder, während die Standard-Z mit fünf Speichen auskommt.

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Exakt nach dem gleichen Prinzip hat Yamaha die in dieser Form schon Mitte 2015 vorgestellte XSR 700 gestaltet. Die technische Basis liefert die ebenfalls sehr erfolgreiche MT-07. Doch während die Kawa durchaus in sich schlüssig ist, wenngleich der modern gezeichnete Motor das Bild ein wenig stört, wirkt die XSR, gelinde gesagt, etwas unfertig. Auf jeden Fall braucht es etwas Zeit, bis man die vermeintlich fehlenden Seitendeckel nicht mehr moniert. Doch die Optik scheint anzukommen.

Mit dem Design hat die Dritte im Bunde, die Triumph Trident 660, überhaupt kein Problem. Hier musste keine bestehende Konstruktion mit Gewalt "klassifiziert" werden. Sie wurde von Grund auf neu entwickelt und nur nicht betont stylish gezeichnet. Dass sie ein Kind der Moderne ist, erkennt man leicht an dem kurzen Stummelheck und dem Kennzeichen, das am Hinterrad zu kleben scheint.

Und noch eines haben die drei Motorräder gemeinsam: einen Grundpreis von unter 9.000 Euro. Die Yamaha XSR 700 ist für 8.874 Euro zu haben. Die Kawasaki Z 650 RS kostet ab 8.345 Euro, die gezeigte Farbe Grün kostet 150 Euro Aufpreis. Bei der Triumph Trident 600 geht es ab 8.145 Euro los. Und auch die Briten haben das Feld des Werkszubehörs längst als eines erkannt, auf dem sich trefflich Zusatzerlöse ernten lassen. So stehen am Testbike, ausgerüstet mit eher milde heizenden Griffen (245 Euro), einer Quickshifter-/Blipper-Kombi (335 Euro) und der gezeigten Farbkombi Silber/Rot für 100 Euro am Ende für 8.825 Euro auf dem Zettel.

Kawasaki Z 650 RS: Ergonomie

Doch genug der Theorie, also setzen wir uns auf die am ältesten aussehende, aber Jüngste im Feld, die Kawasaki Z 650 RS. Und obwohl die Zahlenwerte und Abmessungen das nicht bestätigen, wirkt die RS ebenso wie die Basis-Zett stets eine Klasse kleiner als das Umfeld. Vielleicht liegt es am schmalen (710 mm) und nicht konifizierten Rohrlenker oder am ebenfalls schmalen 160er-Hinterrad.

Kawasaki Z 650 RS, Triumph Trident 660, Yamaha XSR 700 Vergleichstest
Rossen Gargolov
Kawasaki Z 650 RS

Die Sitzhöhe ist mit 820 mm gar 10 mm höher als die Triumph, jedoch 20 mm niedriger als die Yamaha. Und sie ist recht schmal geschnitten, sodass auch Kurzbeinige bequem auf den Boden kommen. Dennoch ist sie komfortabel genug, um auch längere Ausritte schmerzfrei zu überstehen, und mit einem rutschfesten Bezug versehen. Jedenfalls sitzt man auf der Kawa sehr bequem, und der bauchige, kantenfreie Tank erlaubt es, die Beine frei zu positionieren.

Kawasaki Z 650: Motor

Die kreisrunden Spiegel bieten gute Sicht nach hinten, flugs also die beiden Handhebel eingestellt, aufs Knöpfchen gedrückt und: Nee, ne? Der Kawa-Twin verzichtet auf den heute fast schon obligatorischen 270-Grad-Hubzapfenversatz der Kurbelwelle. Ihrer beträgt 180 Grad und ist somit ein Gegenläufer. In den 1970er- und 80er-Jahren war dies das gängige Konzept bei den seinerzeit weitverbreiteten 400er- und 500er-Twins. Ein wenig hört sich dieses Konzept ob seiner Zündfolge bei niedrigen Drehzahlen an, als liefe ein Zylinder nicht mit, und obendrein spart die Kawa trotz Ausgleichswelle nicht mit hochfrequenten Vibrationen, die vor allem bei langen Autobahnfahrten schnell nervig werden. Auf der Landstraße hingegen stören sie kaum. Unter 3.000/min neigt der Twin im großen Gang unter Last zum Hacken, doch das Drehen liegt ihm ohnehin näher als das Ziehen, wenngleich die Leistungskurve oberhalb von 8.000/min spürbar abfällt. Doch mit der leichtgängigen und präzisen Schaltbox samt Zweifingerkupplung mit Anti-Hopping-Funktion macht es Laune, den Twin in seinem Wohlfühlbereich zu halten.

Kawasaki Z 650: Fahrwerk

Wie bei den beiden anderen auch, lässt sich am Fahrwerk nur die hintere Federvorspannung verändern. Um aber an den Einstellring zu gelangen, müssen neben dem rechten Seitendeckel diverse Halter und Kleinteile weichen. Eine Aktion, die man wahrscheinlich nur einmal macht. Die Grundabstimmung der Kawa ist moderat straff, das Ansprechverhalten auf kleine Unebenheiten vor allem hinten nicht berauschend, aber auf Klassenniveau. Dafür geht die Dämpfung auch bei derberen Stößen nicht gleich in die Knie.

Kawasaki Z 650: Bremse

Besonderes Lob verdient die Bremse: In Sachen Druckpunkt, Handkraft und Dosierbarkeit macht ihr in diesem Trio keiner etwas vor. Auch regelt das ABS feinfühlig und mit kurzen Intervallen. Die Hinterhand wird bei deftigen Bremsungen zwar etwas unruhig, das Rad bleibt aber stets am Boden. Das erfreut umso mehr, als dass die Trident, deren Bremssättel und -beläge zwar nicht identisch, aber formgleich sind, ein ganz anderes Verhalten an den Tag legt. Dazu gleich mehr. Mit ihrem leichtfüßigen Fahrverhalten ist die RS die Kurvenkönigin des Trios. Und mit den anderen beiden eint sie der Umstand, dass die Gepäckbefestigung mangels Haken und Ösen viel Fantasie und Improvisationstalent erfordert. Das hauseigene Zubehör hilft auch nur bedingt weiter. Immerhin gibt es da einen verchromten Heckbügel. Doch derlei Ungemach dürfte den Erfolg der RS kaum trüben.

Triumph Trident 660: Ergonomie

Im direkten Vergleich zur Kawa wirkt die Trident deutlich bulliger. Ist sie aber nicht. Beim Aufsitzen fällt direkt der sehr schmale Knieschluss auf. Noch enger geht es wohl nur in katholischen Klosterschulen zu. Ebenfalls eng ist der Kniewinkel. Hinzu kommt ein recht rutschiger Bezug der obendrein nach vorn abfallenden Sitzbank, was dazu führt, dass man ständig in Richtung Tank rutscht. Und mit den Oberschenkeln am Tank abstützen geht für den langbeinigen Autor (1,90 Meter) nur bedingt, da diese ständig mit den Tankkanten ins Gehege kommen. Für mit kürzeren Beinen ausgestattete Personen sollte dies kein Problem sein, ausgiebiges Probesitzen sei hiermit allen Interessenten ans Herz gelegt. Obenrum passt es dann prima, der Rohrlenker liegt gut zur Hand und bringt den Fahrer in eine moderat sportliche Sitzposition.

Kawasaki Z 650 RS, Triumph Trident 660, Yamaha XSR 700 Vergleichstest
Rossen Gargolov
Triumph Trident 660

Im direkten Vergleich zur Kawa wirkt die Trident deutlich bulliger. Ist sie aber nicht. Beim Aufsitzen fällt direkt der sehr schmale Knieschluss auf. Noch enger geht es wohl nur in katholischen Klosterschulen zu. Ebenfalls eng ist der Kniewinkel. Hinzu kommt ein recht rutschiger Bezug der obendrein nach vorn abfallenden Sitzbank, was dazu führt, dass man ständig in Richtung Tank rutscht. Und mit den Oberschenkeln am Tank abstützen geht für den langbeinigen Autor (1,90 Meter) nur bedingt, da diese ständig mit den Tankkanten ins Gehege kommen. Für mit kürzeren Beinen ausgestattete Personen sollte dies kein Problem sein, ausgiebiges Probesitzen sei hiermit allen Interessenten ans Herz gelegt. Obenrum passt es dann prima, der Rohrlenker liegt gut zur Hand und bringt den Fahrer in eine moderat sportliche Sitzposition.

Triumph Trident 660: Cockpit und Kupplung

Das Cockpit ist eine Mischung aus LC- und TFT-Display und bietet jede Menge Informationen einschließlich Connectivity. Lediglich eine Außentemperaturanzeige wird vermisst. Via Lenkerschalter lässt es sich intuitiv bedienen. Zum Starten der Trident muss stets der nicht einstellbare Kupplungshebel gezogen werden, nach einer mitunter nervigen Gedenksekunde springt der Triple, wie die beiden Twins auch, bei Temperaturen um null Grad sofort an und fällt in eine nur leicht erhöhte Leerlaufdrehzahl. Die leichtgängige Kupplung braucht’s dank Quickshifter beim Testmotorrad theoretisch nur zum Anfahren. Und wie üblich funktioniert die Schalthilfe umso besser, je mehr Last und Drehzahl beim Schalten anliegen. Im Stadtverkehr, wo beides nur rudimentär vorhanden ist, greift man nach kurzer Zeit doch wieder zur Kupplung, weil die Schaltvorgänge dann einfach geschmeidiger vonstattengehen. Die Schaltbox selbst arbeitet wie von Triumph gewohnt trocken und knackig.

Triumph Trident 660: Motor

Weniger trocken, sondern vielmehr lustvoll geht der Triple seiner Arbeit nach. Sein Drehzahlband reicht von 2.500 bis 10.000/min, stets untermalt vom typischen Knurren sowie leichten, aber stets präsenten Vibrationen. In Sachen Drehfreude und Leistungsbereitschaft macht dem Triple in diesem Trio keiner was vor, und so sieht man ihm den höchsten Verbrauch von 4,5 Litern (Kawa 4,2, Yamaha 4,0 Liter) nach.

Triumph Trident 660: Fahrwerk

Bei der Trident wäre die Einstellung der Federvorspannung kein Problem, doch beim Testbike fehlte der dafür notwendige Hakenschlüssel. Egal, denn die Werkseinstellung passt. Die Triumph liegt am sattesten auf der Straße, die stämmige Upside-down-Gabel verbindet straffe Dämpfung mit feinem Ansprechen, hinten geht es etwas ruppiger zu. Das Einlenken und Umlegen gelingt mit der Triumph spürbar weniger leichtfüßig als auf der Kawa, doch nach kurzer Zeit hat man sich daran gewöhnt und genießt den souveränen Auftritt. Doch auch bei der Triumph Trident ist nicht alles eitel Sonnenschein. Zum einen widersetzt sie sich erfolgreich der Unterbringung von Gepäck, das cleane Heck bietet keinerlei Anschlagpunkte für Gurte oder Haken.

Triumph Trident 660: Bremsen

Im Normalfall lässt sich mit zwei Fingern fein dosierbar kräftig bremsen. Wer aber bei einer Gefahrenbremsung voll reinlangt, dem springt vor allem bei kalter Bremse das Hinterrad oft unvermittelt in Richtung Genick. Mit warmer Bremse reduziert sich dies zwar, lässt sich aber bei Reibwertsprüngen oder bei Vollbremsungen auf holprigen Straßen gut reproduzieren. Sogar mit zwei Personen besetzt kann sie Handstand machen. Eine Überschlagsgefahr bestand bei den Bremsübungen zwar nicht, eine Abhebeerkennung wäre aber wünschenswert. Dennoch ist die Trident unterm Strich eine runde Sache.

Yamaha XSR 700: Bremsen

Auch bei der Dritten im Bunde, der Yamaha XSR 700, besteht, um mit dem ärgsten Kritikpunkt anzufangen, definitiv keine Überschlagsgefahr. Im direkten Vergleich fällt auf, dass das ABS am wenigsten sensibel und mit recht langen Intervallen regelt, aber das kennen wir ja von der MT-07 bis Modelljahr 2020 auch. Zudem benötigt die Anlage der XSR die höchste Handkraft und wirkt insgesamt stumpf.

Kawasaki Z 650 RS, Triumph Trident 660, Yamaha XSR 700 Vergleichstest
Rossen Gargolov
Yamaha XSR 700

Yamaha XSR 700: Cockpit und Ergonomie

Der zweite Kritikpunkt betrifft das Cockpit, welches sich a) nur mäßig ablesen und b) nicht vom Lenker aus bedienen lässt. Der wiederum ist mit 76/110 Zentimetern am breitesten und höchsten (Kawa 71/106, Triumph 73/103) und am dichtesten am Fahrer. So sitzt man, einer Reiseenduro nicht unähnlich, herrschaftlich aufrecht, umarmt die Welt und genießt die Spielübersicht. Und obendrein den höchsten Fahrkomfort.

Yamaha XSR 700: Handling und Motor

In Sachen Handling und Agilität ist sie der Kawa dicht auf den Fersen. Den Twin muss man einfach loben: Er läuft geschmeidig, fühlt sich in jedem Bereich des Drehzahlbands wohl und läuft am sparsamsten. Und die Schaltbox verrichtet ihren Dienst wie gewohnt im besten Sinne unauffällig. Was will man mehr? In diesem Fall eher weniger, nämlich die im direkten Vergleich spürbaren Lastwechselreaktionen. Wovon man tatsächlich gerne mehr hätte, wäre Licht. Der XSR leuchtet noch eine Halogenlampe den Weg, und vereinfacht ausgedrückt, ist ihr Fernlicht in etwa so leuchtstark wie das LED-Abblendlicht der beiden anderen.

Yamaha XSR 700: Zuladung, Sozius, Licht

Mehr Zuladung wäre auch nicht verkehrt, denn mit kargen 166 Kilogramm fällt der Soziusbetrieb faktisch aus. Auf dem knappen, wenngleich hübsch mit Wildleder bezogenen Arrangement käme ohnehin nur wenig Beifahrfreude auf. Und das, wo bei der XSR die Einstellung der Federvorspannung mit Bordmitteln, wenngleich bei beengten Verhältnissen, möglich ist. Auch Freunde des Verreisens werden auf ihr erhört, denn zum einen bietet der mehr oder weniger offen liegende Rahmen Verzurrmöglichkeiten, zum anderen gibt es im Originalzubehör einen leibhaftigen Gepäckträger.

Fazit

  1. Triumph Trident 660: Man merkt, dass die Entwicklung mit dem berühmten weißen Blatt Papier begann. Der Motor ist eine Klasse für sich, das Fahrwerk top. Wer aber gern mit Gepäck fahrt, schaut derzeit noch in die Röhre.
  2. Kawasaki Z 650 RS: Hinreißende Retro-Optik trifft auf konzeptionell angejahrten Motor. Man merkt ihm trotz guten Durchzugs und niedrigen Verbrauchs das Alter schon an. Top Bremsen. Auch das Fahrwerk mag es gern forsch, und keine wuselt so flink durchs Winkelwerk.
  3. Yamaha XSR 700: Das Konzept der auf der MT-07 basierenden XSR geht nur bedingt auf. Ein paar Optik-Anbauteile machen eben noch keinen Klassiker, aber hauptsächlich verschenkt die XSR Punkte mit ihrer mageren Ausstattung und der müden Bremse.
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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023