Sie finden, dass die 950 Kubik und 125 PS einer Kawasaki Z 900 den Begriff Mittelklasse etwas ad absurdum führen? Dem kann man durchaus beipflichten. Nimmt man allerdings den Kaufpreis als maßgebliches Kriterium, ist die 9.000 Euro teure Kawa eindeutig Mittelklasse-Motorrad. Wie auch immer man die Einteilung vornimmt – klar ist, dass auch unterhalb der 100 PS attraktive Modelle um die Gunst der Käufer buhlen. Die allerdings im direkten Vergleich gegen stärkere Maschinen antreten zu lassen, wäre nicht nur unfair, sondern sprengte jeden Rahmen. Dabei ist die mittlere Mitte sehr ähnlich ausgestattet, preislich in vergleichbaren Regionen angesiedelt – nur eben etwas moderater motorisiert. Neben günstigeren Unterhaltskosten klarer Vorteil: Diese Maschinen lassen sich auf A2-konforme 48 PS drosseln. Nachfolgend zeigen wir sechs empfehlenswerte Mittelklasse-Modelle von Aprilia, BMW, Honda, KTM, MV Agusta, Triumph und Yamaha.
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6 Mittelklasse-Naked-Bikes (2018) im Check
Empfehlenswerte Modelle
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Honda CB 650 F
Der kleine Vierzylinder charakterisiert die Honda CB 650 F als Drehorgel. Bei niedrigen Touren etwas verhalten, dreht der 649-Kubik-Kurzhuber bis knapp 12.000/min.
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Honda CB 650 F.
Das ungemein kompakte Motorrad bietet gutes Handling, seidige Laufruhe und ein gutes Getriebe zu einem günstigen Preis. Trotz einfacher Ausstattung ohne große Elektronikpakete ist sie ein wunderbares Spaßmotorrad, das oft übersehen und unterschätzt wird. Sie erschien 2014 und wurde zuletzt 2017 umfassend überarbeitet. Als einer der letzten Vierzylinder in dieser Hubraumklasse zelebriert sie die klassische Bauweise japanischer Mittelklasse-Bikes.
Daten: Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 649 cm³, 67 kW (91 PS) bei 11.000/min, Leergewicht 210 kg, Tankinhalt 17,3 Liter, Sitzhöhe 810 mm, Höchstgeschwindigkeit 215 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 3,9 sek, Verbrauch 4,3 l/100 km, Preis inkl. Nebenkosten 8.490 Euro
BMW F 800 R
Seit 2009 bietet die BMW F 800 R eine Alternative zur bewährten bayerischen Kombi aus Boxer und Kardan. Wobei sich der Paralleltwin dank 360 Grad Zündversatz zumindest akustisch an den Flat-Twin annähert.
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BMW F 800 R.
Ebenso den höherpreisigen Modellen entnommen scheint ihre scharfe Bremse. In Verbindung mit der Erstbereifung fährt sie trotz aller Pragmatik sehr gut. Langer Radstand, Ergonomie und Platzverhältnisse taugen sogar für den Urlaub mit Sozia. Mit elektronischem Fahrwerk, Hauptständer und Heizgriffen lässt sich allerdings bald die 10.000-Euro-Marke knacken.
Daten: Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 798 cm³, 66 kW (90 PS) bei 8.000/min, Leergewicht 210 kg, Tankinhalt 15 Liter, Sitzhöhe 790 mm, Höchstgeschwindigkeit 218 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 3,6 sek, Verbrauch 4,1 l/100 km, Preis inkl. Nebenkosten 9.440 Euro
Aprilia Shiver 900
Das Hubraumplus hat der Shiver gutgetan. Der 900er-V2 bietet großen Unterhaltungswert und fülligen Druck aus niedrigen Drehzahlen. Das sportliche Fahrgefühl verdankt die Aprilia Shiver 900 aber auch (vor allem für diese Klasse) ihren hochwertigen Fahrwerkskomponenten und einer sehr guten Bremse.
Arturo Rivas
Aprilia Shiver 900.
Ein fast perfekter Roadster mit italienischem Charme. Einzig die Erstbereifung will nicht ganz mit der breiten Sechs-Zoll-Hinterradfelge harmonieren, sperrt sich bei sportlicher Fahrweise etwas. Ein Neupreis unter 9.000 Euro macht die 2017 vorgestellte Aprilia Shiver 900 letztendlich zum Preis-Leistungs-Tipp.
Daten: Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt- 90°-V-Motor, 896 cm³, 70 kW (95 PS) bei 8.750/min, Leergewicht 225 kg, Tankinhalt 15 Liter, Sitzhöhe 810 mm, Höchstgeschwindigkeit 215 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 3,9 sek, Verbrauch 4,3 l/100 km, Preis inkl. Nebenkosten 8.990 Euro
Triumph Street Triple S
Mit einem Preis von 9.500 Euro bietet die Basis-Streety den gleichen, tollen Dreizylinder wie die R-Variante. Die andere Abstimmung ergibt 113 PS bei 11.250 Umdrehungen. Bei der R-Version sind es 118 PS bei 12.000/min.
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Triumph Street Triple S.
Die Ausstattung ist etwas einfacher, das Fahrwerk ist nicht einstellbar. ABS, Traktionskontrolle und immerhin zwei Fahrmodi sind trotzdem an Bord.
Daten: Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 765 cm³, 83 kW (113 PS) bei 11.250/min, Leergewicht 192 kg, Tankinhalt 17,4 Liter, Sitzhöhe 810 mm, Höchstgeschwindigkeit 241 km/h, Beschleunigung 0-100 km/h 3,5 sek, Verbrauch 4,4 l/100 km, Preis inkl. Nebenkosten 9.350 Euro
Yamaha MT-09
Für 9.175 Euro bietet die Standard-MT-09 zwar keine goldenen Fahrwerkskomponenten, der Crossplane-Dreizylinder leistet aber ebenso wie bei der SP-Variante 115 PS.
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Yamaha MT-09.
Auch der Quickshifter ist bereits in der Basis-Version enthalten. Wer auf Öhlins-Schriftzug und die exklusive Farbgestaltung der SP verzichten kann, ist mit der normalen 09 durchaus gut beraten.
Daten: Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 847 cm³, 84,6 kW (115 PS) bei 10.000/min, Leergewicht 195 kg, Tankinhalt 14,0 Liter, Sitzhöhe 820 mm, Höchstgeschwindigkeit 210 km/h, Beschleunigung 0-100 km/h 3,4 sek, Verbrauch, 4,9 l/100 km, Preis inkl. Nebenkosten 9.165 Euro
MV Agusta Brutale 800
Teuer, edel, hochemotional. Und kein Motorrad, das sich um Nutzwert schert. 116 PS stark und fast 14.000 Euro teuer, gehört die Brutale formal klar zur obenen Mittelklasse, soll hier aber der Vollständigkeit halber erwähnt werden.
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MV Agusta Brutale 800.
Zwar hat die 2016 angesetzte Euro 4-Überarbeitung die Brutale etwas gezähmt, an ihrem archaischen und fordernden Charakter hat das jedoch nichts geändert. Ihre wertigen Details, der technisch raffinierte Dreizylinder und der schöne Gitterrohrrahmen adeln sie zur Skulptur auf zwei Rädern. Kein vernünftiges Montag- morgen-Bike, sondern ein Erlebnismotorrad für den genussvollen Sonntagsausflug.
Daten: Wassergekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 798 cm³, 85,3 kW (116 PS) bei 11500/min, Leergewicht 199 kg, Tankinhalt 16,6 Liter, Sitzhöhe 835 mm, Höchstgeschwindigkeit 237 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h 3,6 sek, Verbrauch 4,9 l/100 km, Preis inkl. Nebenkosten 14 176 Euro
Kommentar - Johannes Müller, Testredakteur
Zum Thema „Wie viel Mittelklasse-Naked braucht der Mensch?“
Wenn Sie plus/minus 9.000 Euro auf der hohen Kante haben und Kaufwillen für ein unverkleidetes Motorrad, eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten. Zunächst die im Vergleich getesteten Maschinen über 100 PS: Die liegen so eng beisammen, dass die Wahl zwischen ihnen zwar eine höchst angenehme, aber keine leichte ist.
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Johannes Müller, Testredakteur.
Dann kommen vielleicht ja auch noch die Nakeds um 95 PS infrage. Preislich liegen die ebenfalls bei obiger Summe, und betrachtet man die Ausstattung, trennen beide auch keine Welten. So stehen beispielsweise Fahrwerk und Bremsen der Aprilia Shiver 900 jenen der 100-PS-plus- Maschinen in nichts nach. Gleiches im Falle der BMW F 800 R, mit der Sie obendrein noch ohne größere Verrenkungen zu zweit in den Urlaub fahren könnten. Oder Hondas CB 650 F: für aktive Piloten ein unverschämt spaßiges Paket, bei dem nebenbei rund 1000 Euro gespart wären. Sicher, motorisch eine ganze Liga unter etwa einer Z 900, doch auch sie erreicht schneller die Grenzen der StVO, als man Fahrverbot sagen kann. Wie viel Leistung genug ist, darf und muss jeder für sich entscheiden. Noch mehr Möglichkeiten eröffnen dann die besser ausgestatteten Varianten R, SP und Co. Logisch: Streety R und MT-09 SP schlagen ihre Basisschwestern in Sachen Handling sowie bei Ersterer in puncto Bremse und Elektronik glasklar. Ob das allerdings die je rund 1200 Euro Aufpreis wert ist? Auch das lässt sich pauschal nicht beantworten, hängt immer von Ihnen ab. Der langen Rede kurzer Sinn: Unter all diesen Maschinen finden sich keine müden Gurken, sie unterscheiden sich heute in erster Linie charakterlich. Wichtiger für den Kaufentscheid als die stumpfe Leistungsangabe ist daher: Das Gesamtpaket muss zu Ihnen passen. Viel Vergnügen bei der Qual der Wahl!