Der große Naked Bike-Vergleichstest
Vernunft- und Emotions-Bikes im Vergleich

Keine andere Motorradgattung vermittelt das Fahrerlebnis so direkt wie die kraftstrotzenden Naked Bikes. Doch wie viel Vernunft muss, wie viel Emotion darf sein? MOTORRAD testete elf unverkleidete Power Nakeds in zwei Gruppen.

Vernunft- und Emotions-Bikes im Vergleich
Foto: j.kuenstle.de

Power Naked Bikes. Allein der Name klingt nach Askese, nach Motorrädern, die nicht mehr besitzen als nötig. Außer einem: Kraft. Deutlich über 100 PS müssen es schon sein, um zum Club der Starken und Schönen zu gehören. Stark, schön, nackt? Die Assoziation von Körperkult ist nicht zu weit hergeholt. Im Wortsinn ursprüngliche Motorräder, die ohne Verkleidung oder spezielle Ausrichtung quasi ungeschminkt ihren Job erledigen, sind die aktuellen Nackten längst nicht mehr. Optisch betört die Mischung aus sportlicher Gedrungenheit und aggressivem Streetfighter-Flair. In der Praxis interpretieren Power Nakeds Motorradfahren auf ihre eigene Weise. Leistungen zwischen 121 PS der KTM Super Duke und 174 PS der Suzuki B-King verschieben die Kriterien.

Unsere Highlights

Ohne die schützende Hülle orientiert sich der Spaß am Motorradfahren plötzlich kaum noch an bloßer Geschwindigkeit oder gar an Nutzwert. Es dreht sich weniger um das Wieviel als um das Wie. Um knackiges Ansprechen, um Schub aus dem Drehzahlkeller, um leichtfüßiges Handling und um pure Beschleunigung. Um das Erlebnis, selbst auf der kürzesten Gerade einen Orkan zu entfachen, entspannt sitzend hinter den breiten Lenkern sich als Herr der Lage zu fühlen. Letztlich um ungefilterten Spaß am Motorradfahren. Oder anders ausgedrückt: um Emotion.

Das kommt an. Mittlerweile gehört jedes dritte verkaufte Motorrad in Deutschland (siehe Diagramm unten) zum Segment der Naked Bikes. Kassenschlager bei den großen Unverkleideten sind die Yamaha FZ1 (Platz 12 der Zulassungsstatistik 2009) und die Honda CB 1000 R (Platz 13). Mit Respektabstand folgen die Kawasaki Z 1000 (28.), die BMW K 1300 R (42.) und die Suzuki-B-King (51.).

Mit anderen Worten: Am Tag der Wahrheit entscheiden meist rationale Argumente. Technische Zuverlässigkeit, Laufkultur, Ausstattung (ABS), Händlernetz und nicht zuletzt der Preis beherrschen selbst dieses wenig rationale Segment - und teilen die Naked Bike-Gilde letztlich in zwei Lager ein: Die vernunftbetonte Fraktion aus Japan und Deutschland (BMW, Honda, Kawasaki, Suzuki, Yamaha) gegen das technisch breiter gefächerte Konglomerat der gefühlsorientierten Einzelkämpfer aus Italien und Österreich (Benelli, Ducati, KTM, Moto Morini, MV Agusta) sowie die Wanderin zwischen den Welten, die Triumph. Immerhin hangelte sich die Britin im vergangenen Jahr in den Verkaufscharts an der B-King und der K 1300 R vorbei auf Platz 38.

Zurück zur Vernunft: In der 1000-Punkte-Wertung von MOTORRAD basiert das Bewertungsschema allein auf harten Fakten, also wie die Maschine tut, was sie kann und leistet. Der emotionale Aspekt wird ganz bewusst von der Beurteilung abgekoppelt, Sound, Feeling, Charakter oder Design spielen keine Rolle. Extreme Konzepte, die spezielle Ausrichtungen haben, dafür aber bestimmte Schwächen in Kauf nehmen, tun sich da nicht leicht.
Doch Schwarz-Weiß-Denken wäre zu einfach. Kultivierte Vierzylinder-Motoren müssen nicht zwangsläufig langweilen, Vibrationen eines V2 nicht per se von Charakter zeugen. Außerdem: Besitzen italienische Bikes wirklich mehr Charme? Oder ist man nordeuropäischen und japanischen Konzepten gegenüber einfach weniger nachsichtig? Fragen, die nach Antworten suchen: von Hirn und Herz.Mit anderen Worten: Am Tag der Wahrheit entscheiden meist rationale Argumente. Technische Zuverlässigkeit, Laufkultur, Ausstattung (ABS), Händlernetz und nicht zuletzt der Preis beherrschen selbst dieses wenig rationale Segment - und teilen die Naked Bike-Gilde letztlich in zwei Lager ein: Die vernunftbetonte Fraktion aus Japan und Deutschland (BMW, Honda, Kawasaki, Suzuki, Yamaha) gegen das technisch breiter gefächerte Konglomerat der gefühlsorientierten Einzelkämpfer aus Italien und Österreich (Benelli, Ducati, KTM, Moto Morini, MV Agusta) sowie die Wanderin zwischen den Welten, die Triumph. Immerhin hangelte sich die Britin im vergangenen Jahr in den Verkaufscharts an der B-King und der K 1300 R vorbei auf Platz 38.

Zurück zur Vernunft: In der 1000-Punkte-Wertung von MOTORRAD basiert das Bewertungsschema allein auf harten Fakten, also wie die Maschine tut, was sie kann und leistet. Der emotionale Aspekt wird ganz bewusst von der Beurteilung abgekoppelt, Sound, Feeling, Charakter oder Design spielen keine Rolle. Extreme Konzepte, die spezielle Ausrichtungen haben, dafür aber bestimmte Schwächen in Kauf nehmen, tun sich da nicht leicht.
Doch Schwarz-Weiß-Denken wäre zu einfach. Kultivierte Vierzylinder-Motoren müssen nicht zwangsläufig langweilen, Vibrationen eines V2 nicht per se von Charakter zeugen. Außerdem: Besitzen italienische Bikes wirklich mehr Charme? Oder ist man nordeuropäischen und japanischen Konzepten gegenüber einfach weniger nachsichtig? Fragen, die nach Antworten suchen: von Hirn und Herz.

Gesamtfazit

j.kuenstle.de
Am Ende wächst zusammen, was zusammen gehört. Bei allen Unterschieden stehen sich die Vertreter beider Gruppen viel näher, als es zunächst den Anschein hatte.

Hier die kühlen, nüchternen Maschinen der Ratio, dort die rein emotionalen Spaßmaschinen? Eher ein Klischee. Oder sind deutlich über 100 PS in einem unverkleideten Motorrad etwa vernünftig? Wo doch der Schelm von Fahrtwind frei angreift, an Kopf und Schultern zerrt, Dauertempo über 140 vereitelt. Nein, diese Power Nakeds sind per se mit einer gehörigen Portion Unvernunft und hoch verdichteter Erlebnisse gesegnet. Quer über alle Marken und
Konzepte hinweg. Nur weil sie ABS tragen, bleibt doch bei den Japanern der Fahrspaß nicht auf der Strecke. Im Gegenteil. Mit einer ungeheuer wendigen Honda CB 1000 R einen verwinkelten Pass unter die Räder zu nehmen, ist pures Vergnügen. Genau wie den Schub der brandneuen Kawasaki Z 1000 auszukosten.

Und wenn eine MV Agusta im Alltag brilliert, sich locker und entspannt fahren lässt, dann ist sie gar nicht so weit weg, von den übrigen, "vernünftigen" Vierzylindern. Außer beim Preis. Ähnliches gilt für die BMW K 1300 R und die Triumph Speed Triple, die beiden Finalisten, als Punkt-Sieger beider Gruppen. Wer je unter aggressivstem Auspuffsound die Gänge der K bis zum roten Bereich ausgedreht hat, weiß, wie sich ein Tritt in die Magengegend anfühlt. Und wie agil dieser Langholzlaster durchs Winkelwerk sticht. Hirn? Herz? Sicher beides. So wie der vermeintliche Streetfighter von Triumph gekonnt everybodys darling mimt, sich richtig einfach und locker fahren lässt. Ist das pure Unvernunft? Am Ende sollten wir den ganzen Menschen befragen. Der braucht beides. Hirn und Herz.

Sieger "Hirn"-Vergleich: BMW K 1300 R

Sieger "Herz"-Vergleich: Triumph Speed Triple

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023