Ducati Monster 1200, KTM 690 Duke R und Yamaha MT-09 im Vergleichstest
Die Fahrspaß-Formel

KTM 690 Duke R, Yamaha MT-09 und Ducati Monster 1200 - im Vergleichstest sind wir auf der Suche nach dem maximalen Fahrspaß.

Die Fahrspaß-Formel
Foto: www.bilski-fotografie.de

Was muss ein Motor mitbringen, um möglichst viel Fahrspaß zu spenden? Wenigstens darüber waren sich die Tester einig: Temperament. Das ist – man kann es nicht oft genug sagen – nicht gleichbedeutend mit viel Leistung. Es geht vielmehr um das Verhalten eines Motors in der oberen Hälfte des nutzbaren Drehzahlbands, um seine Spritzigkeit. Flacht die Leistungskurve nach einer starken unteren Mitte ab, spürt man beim Beschleunigen, wie sich der Motor oben hinaus gegen die Fahrwiderstände schwertut, erreicht er kaum die Drehzahl seiner maximalen Leistung, dann hat er wenig Temperament.

Kompletten Artikel kaufen
Ducati Monster 1200, KTM 690 Duke R und Yamaha MT-09 im Vergleichstest
Die Fahrspaß-Formel
Sie erhalten den kompletten Artikel (14 Seiten) als PDF
2,00 € | Jetzt kaufen

Klar, solche Motoren können auch viel Fahrspaß bereiten, sind meist sogar die angenehmeren Gefährten für lange Touren. Doch wenn die Drehfreude in der Nähe des Leistungsgipfels nur verhalten ausgeprägt ist, dann wirkt das, wie wenn ein Mensch selbst in Augenblicken des Entzückens einen Freudenjauchzer zurückhält – irgendwie ernüchternd.

So sind die drei Motoren dieses Vergleichs nicht, im Gegenteil. Selbst der Einzylinder der KTM, als 693er-Großtopf nach der landläufigen Meinung nicht gerade für Spritzigkeit prädestiniert, ist ein richtiges Feuerzeug. Wenn er mit Vehemenz auf seine Begrenzerdrehzahl von 9000/min losstürmt, dann prickelt es unter der Schädeldecke. Übrigens weitgehend ohne lästiges Kribbeln unter dem Hintern, dank einer zweiten Ausgleichswelle im Zylinderkopf.

Video zum Vergleichstest der drei Fun-Bikes

78,4 PS produziert der KTM-Single an der Kurbelwelle und auf dem MOTORRAD-Prüfstand, legal, leise und nach Euro 4 homologiert, und das ist schon keine kleine Sensation mehr, sondern mindestens eine mittlere. Stärkere – nach der Literleistung – und spritzigere Einzylinder gibt es sonst nur in Motocross- und Moto3-Rennmaschinen oder in Bahnrennern; die sind aber nur für den kurzen Spurt.

Selbstverständlich hat auch der KTM-Einzylinder mit all den Gleichlaufschwankungen bei niedrigen Drehzahlen zu kämpfen, die Motoren seiner Bauart nun einmal nicht vermeiden können. Bei niedrigen Drehzahlen unter Last, zum Beispiel im Stadtverkehr, hackt er gelegentlich unwillig auf seine Kurbelwelle ein. Was soll’s? Dann schaltet man eben zurück und lässt ihn mit höheren Touren laufen, die einem nur zu Anfang ungebührlich erscheinen. Und überhaupt – wer sucht schon ernsthaft den Fahrspaß im Stadtverkehr?

Viel wichtiger ist doch, dass einem im Umgang mit der KTM die etwas häufigeren Schaltvorgänge, die Lastwechsel so leicht von der Hand gehen. Und wenn beim zügigen Beschleunigen aus der Kurve ein ums andere Mal das Vorderrad leicht wird, dann sind das glückliche ­Momente. Der Autor konnte gelegent­liche Freudenjauchzer dabei jedenfalls nicht unterdrücken.

Ziemlich genau doppelt so viel Motor wie die KTM bietet die Ducati auf – doppelt so viele Zylinder, doppelt so viel Leistung, nicht ganz doppelt so viel Hubraum. Wie erfahrene Fahrdynamiker jedoch schon ahnen, heißt dies noch lange nicht, dass die Ducati der KTM locker davonfährt. Das wäre vielleicht auf einer unbeschränkten Autobahn der Fall, nicht aber auf kurvenreichen Straßen, die zumindest für die Tester unverzichtbarer Bestandteil der Fahrspaß-Formel sind – auch da waren sie sich einig. Wie auch immer, was der Desmo-Zweizylinder in engen und sehr kurzen Passagen von Voll- oder auch nur Dreiviertellast physisch und psychisch mit seinem Fahrer anstellt, ist schon heftig, fordert dessen Konzentrations- und Reaktionsvermögen aufs Äußerste.

Es zeichnet den Ducati-Motor aus und ist seinem Hubraum zu verdanken, dass er nicht nur mitreißend temperamentvoll sein, sondern auch kraftvoll und gelassen aus unteren und mittleren Drehzahlen anziehen kann. Dabei bleibt auch er sehr kultiviert und zeigt größere Toleranz gegenüber untertouriger Fahrweise als der ­Motor der 1198-Supersportlerin, von dem er abstammt. Zahmere Steuerzeiten und schwerere Schwungmassen tun hier ein gutes Werk. Diese Tugenden des Ducati-V2 zu nutzen, entspricht eher der täglichen Fahrpraxis mit ihren verkehrsrecht­lichen und fahrphysikalischen Beschränkungen, als ständig sein Temperament zu kitzeln. Trotzdem ist es schön, dass er es hat. Fahrspaß kann auch aus dem bloßen Wissen um die Potenziale entstehen, die in einem Motorrad stecken.

Der Dreizylindermotor der Yamaha MT-09 ist ohne Frage der sinnlichste Motor, der derzeit von einem japanischen Hersteller gebaut wird – nach jahrelanger Vorarbeit des Dreizylinderpioniers Triumph. Dass der Yamaha-Triple das Herz berührt, wie es der Werbeslogan sagt, liegt nicht allein an der dezenten Rauigkeit seines Klangs, die einen sofort in seinen Bann zieht. Beim Fahren verfestigt sich dieser Eindruck noch, wenn er zuerst Laufruhe und Durchzugstärke demons­triert und dann beim ersten Ansturm auf fünfstellige Drehzahlen abgeht wie ein Champagnerkorken.

Dieser Vergleich gilt nicht für seine akustischen Darbietungen; die gleichen eher dem triumphalen Gesang eines Heldentenors. Fahrspaß kann auch aus der akustischen Untermalung des Fahrens kommen, die auch nicht brüllend laut sein muss. Wie die MT-09 eindrucksvoll beweist. Fragt sich nur, wie dieser Faktor in die Formel einzubringen ist.

In der Leistungskurve nur als leichten Knick, in der Drehmomentkurve schon deutlicher ausgeprägt, schreibt der Yamaha-Dreizylinder seine Drehfreude und Leistungsbereitschaft auch ins Prüfstandsprotokoll. Wenn Kurve auf Kurve folgt und das Gas häufig auf- und zugedreht werden muss, empfiehlt sich wie bei der vorigen Version der MT-09 der B-­Modus der Motorsteuerung wegen der ­sanfteren Lastwechsel. Wie bereits im Vergleichstest mit der MV Brutale beschrieben, zeigten sich bei der neuen MT-09 auf dem Prüfstand auch keine Leistungsunterschiede mehr zwischen Standard-, A- und B-Modus; dieser kann also getrost dauernd aktiviert werden. Es sei denn, ein eigensinniger Hardcore-Sportfahrer fände seine Erfüllung darin, sich den ständigen Übergang von Last- zu Schiebebetrieb und wieder zurück abgehackter und schwieriger zu machen als nötig.

Was den Anteil der Motoren an der Fahrspaß-Formel betrifft, so ist diese Geschichte bereits hier am Ende der klassischen Mathematik angelangt. Denn egal, ob für die Variable der Zylinderzahl eins, zwei oder drei eingesetzt wird, die Ergebnisse unterscheiden sich nicht in der Quantität. Man muss nur bereit sein, den Charme der individuellen Qualitäten eines jeden Motors zu entdecken, dann hat man mit jedem der drei beschriebenen Motoren eine gleich große Menge an Fahrspaß. Doch wie sieht es mit den Fahrwerken aus? Welchen Anteil haben sie?

Dazu ist vorauszuschicken, dass die Yamaha nicht auf ihrer Serienbereifung unterwegs war. Nach dem Test in MOTORRAD 3/2017 und einem weiteren Einsatz bei den Kollegen von PS waren die Bridgestone S 20 in Spezifikation M nicht mehr die frischesten und der Reiz groß, ­eine andere Paarung zu probieren.

Die Wahl fiel auf den neuen Michelin Power RS 2CT+. Der neue Vorderreifen dürfte den größten Anteil daran haben, dass die MT-09 leichter einlenkte und präziser die Linie hielt als mit dem Serienreifen. Sie ließ sich auch nicht mehr in dem Maß wie zuvor von Bodenwellen in Schräglage in Schaukelbewegungen versetzen. Dennoch können auch die Michelins keine Wunder wirken, schließlich blieben der MT-09 ihre originalen Federelemente. Und deren weiche Abstimmung wurde durch den führungsstarken, vorzüglich haftenden Reifen eher noch stärker betont. Die Hinterhand schlägt öfter durch, und in tiefen, noch nicht extremen Schräglagen beginnt das Vorderrad, zaghaft, aber spürbar auf und ab zu zittern. Dies nötigt den Fahrer dazu, sich in seinem Drang nach Schräglage zu mäßigen. Er will einfach nicht riskieren, dass sich das Zittern zu handfestem Chattering mit anschließendem Vorderradrutscher auswächst. Einerseits muss man der Yamaha zugestehen, dass sich die beschriebenen Phänomene erst bei betont sportlicher Fahrweise – und einem hohen Grad an Fahrspaß – einstellen, andererseits waren die Temperaturen auch bei diesem Vergleich meist im einstelligen Bereich; selbst 15 Grad Maximaltemperatur am frühen Nachmittag würde man im Sommer als recht kühl empfinden. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Dämpfung der Yamaha-Federelemente bei ungleich höheren Sommertemperaturen verhält, wenn das Öl noch dünner ist. Falls der Faktor Kosten in die individuelle Fahrspaß-Formel eines MT-09-Fans eingeht, sei hier auf ihren günstigen Preis hingewiesen. Er lässt ­einen ordentlichen finanziellen Spielraum für eine Überarbeitung von Gabel und ­Federbein.

Mit einem Preis von 8995 Euro ist die Yamaha sogar günstiger als die KTM. 10 395 Euro beträgt der Grundpreis der flinken Einzylindermaschine inklusive ­Akrapovic-Auspuff, der bei der R zur Standardausstattung gehört. Das ist schon schmerzhaft teuer, beinhaltet aber auch Federelemente von ausgezeichneter Qualität und Abstimmung. Bleibt nur zu hoffen, dass ähnlich gut arbeitendes Federwerk in jeder 690 Duke R zum Einsatz kommt. Im Zusammenwirken mit dem ­geringen Gewicht, dem schmalen Hinterradreifen und der gelungenen Fahrwerksgeometrie bescheren die hydraulisch straff gedämpften und mechanisch leichtgängigen WP-Teile der KTM ein tadelloses Fahrverhalten. Nur wer möglichst viel Federungskomfort sucht, könnte an der ­Abstimmung etwas auszusetzen haben, aber für solche Bedürfnisse ist das ganze Motorrad nicht geschaffen.

Wie äußern sich die Fahrwerksqualitäten der KTM? Nun, zunächst in einer wunderbaren Leichtigkeit des Einlenkens und Schräglagenwechsels. Weiterhin in der Homogenität, mit der sie bis in tiefe Schräglagen hinab und wieder auftaucht. Da gibt es weder ärgerliche Widerstände noch erschreckende Kippeligkeit. Und wenn es in forscher Fahrt über ausgeprägte Bodenwellen geht, bügelt die Federung bis auf eine kurze, trockene Fahrwerksreaktion das meiste weg.

Beispielhaft ist auch das Verhalten der KTM in einer ganz bestimmten, selektiven Rechtskurve am Col de l’Espigoulier, der für diese Geschichte zwar nicht die einzige, aber doch eine unverzichtbare Teststrecke war. Die besagte Kurve ist im Eingang sehr eng geschlungen, zieht den ­Radius dann aber immer weiter auf. Wer sie kennt, fährt sie auf der KTM im zweiten Gang an, zieht früh auf und beschleunigt knackig in ständiger Schräglage bis in den Vierten durch. Zu spüren, wie sich die Hinterradfederung der KTM gegen die mit der Beschleunigung zunehmende Hinterradlast stemmt und wie ungerührt sie die beiden Schaltvorgänge wegsteckt, ist ein wahrer Genuss.

Erst recht im Vergleich mit den beiden anderen Motorrädern. Da kämpft die MT-09 vor allem mit ihrer Hinterhand, und die Ducati zeigt zumindest in Ansätzen eine leicht befremdliche Eigenart früherer Monster: Angeregt von den leichten Lenkimpulsen, die jede Motorradfahrt ständig begleiten, schaukelt sie ein wenig um die Längsachse. Meist nur ganz leicht, aber ständig. Beim Schalten in Schräglage oder ausgeprägten Bodenwellen, die ihr Vorderrad treffen, etwas mehr, bei gleichmäßigem Zug auf ebenem Asphalt deutlich weniger. Das ist insofern verwunderlich, weil die kürzlich getestete (MOTORRAD 3/2017) Monster 1200 S trotz gleichen Rahmens, gleicher Fahrwerksgeometrie und gleicher Reifen nichts mehr von diesem Verhalten erkennen ließ.

Was auch immer die Ursache des Unterschieds sein mag, es empfiehlt sich, den Luftdruck des Vorderreifens bei 2,5 bar oder gar noch einen Tick höher zu halten und der Einladung des weit vorn montierten Lenkers nicht zu weit zu folgen. Er verleitet dazu, viel Gewicht aufs Vorderrad zu verlagern. Klar, kleiner gewachsene Fahrer können dem nur bis zu einem bestimmten Punkt widerstehen, trotzdem ist es besser, sich ein wenig zurückzulehnen und die Monster mit leichter Hand zu führen. Nicht wenige der minimalen Störeinflüsse leitet nämlich der Fahrer selbst in die Lenkung ein. Ganz ohne geht es nun mal nicht. Und es gibt Motorräder, die gelassener damit umgehen als die Testmaschine.

Wie sich schon mehrfach andeutete und die folgenden, streng subjektiven Fazits der drei Tester zeigen werden, konnte die Fahrspaß-Weltformel also auch auf dieser Forschungsreise ins Motorradparadies Südfrankreich nicht gefunden werden. Dafür ergaben sich einige wenige Erscheinungen, die als Nullsumme oder gar mit einem Minus als Vorzeichen in diese Formel eingehen würden, und zwar unabhängig vom persönlichen Geschmack und Fahrstil der Tester. Da wäre zum einen der Schaltassistent der Yamaha, der nicht mehr bei jedem Versuch, ohne Kupplung zu schalten, funktionierte. Weiterhin die Kupplung selbst, die sich nach den Beschleunigungsmessungen und – es lässt sich nicht leugnen – einigen Wheelies beim scharfen Anfahren nicht mehr so sauber dosieren ließ wie im Neuzustand, sondern gelegentlich rupfte.

Das Malheur mit der Hinterradbremse der KTM wurde schon weiter vorn beschrieben, doch die zahlreichen Power Parts, die sie zieren, verdienen noch gesonderte Beachtung. Sie kosten insgesamt rund 2500 Euro – offizielle Preise waren von KTM bis zum Redaktionsschluss nicht zu bekommen, die Preise zweier Händler differieren leicht. Ein sprödes Kohlefaserflügelchen zur Verkleidung des Kühlers schlägt mit 96,60 Euro ins Kontor, das macht dann 193,20 Euro für beide Seiten des Kühlers. Wenige Teile des Pakets, am ehesten vielleicht die klappbaren Hebel zu je 164,90 Euro, dienen etwas anderem als dem schönen Schein, dem Fahrspaß kommen sie allesamt nicht zugute. Den spendet auch eine serienmäßige 690 Duke R in reichem Maß.

Die Fazits der Tester

Misstrauische Leser müssen es nicht glauben, aber es war tatsächlich nicht abgesprochen, dass jeder der drei Tester ein anderes Motorrad zu seinem Fahrspaß-Favoriten kürt. Im Gegenteil: Durch die kontroversen Diskussionen und unterschiedlichen Präferenzen entstand überhaupt erst die Idee, statt eines Redaktionsfazits drei subjektive Wertungen abzugeben.

Ralf Schneider, Autor mit neuen Erfahrungen zum Thema Einzylinder

Anfangs wollte ich die KTM nicht fürs Foto fahren. Doch als Einziger, der die französische Vokabel für Bremsflüssigkeit kannte, musste ich sie zur Reparatur bringen. Danach wollte ich nicht mehr absteigen. Die quirlige, sehr gut abgestimmte Duke R schenkt mir eine wunderbare Leichtigkeit des Fahrens.

Stefan Glück, Tester, ließ die Ducati Monster 1200 zügig laufen

Die agile KTM macht auf kurvigen Bergstraßen einen Höllenspaß. Aber eben nur dort. Auch die Yamaha ist ein Freudenspender, aber zu leicht realisierbar für ein Traumbike. Die Monster verbindet die Exotik der KTM mit der Alltagstauglichkeit der Yamaha, ihr bärenstarker, kultivierter V2 ist schlicht der Hammer. Ihr Preis allerdings auch.

Tobias Wassermann, Fuhrparkchef, frisch verliebt in die Yamaha MT-09

Der Motor ist das starke Herz der Yamaha. Wenn der Dreizylinder losröhrt und anreißt, bin ich hingerissen. Mir taugt auch die Sitzposition auf der MT, und ihre Bremsen finde ich gigantisch gut. Dass Gabel und Federbein zu weich gefedert und unterdämpft sind, bemerke ich wohl, es stört mich aber nicht. Ich bleibe immer Herr der Lage.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023