Die Honda CBR 500 R hat gerade mal 48 PS und macht mit Vollverkleidung und ihren zwei "R" im Namen trotzdem auf sportlich. Das macht PS hellhörig. Die erste Probefahrt klärt, wie viel Sport in dem Twin tatsächlich steckt.
Die Honda CBR 500 R hat gerade mal 48 PS und macht mit Vollverkleidung und ihren zwei "R" im Namen trotzdem auf sportlich. Das macht PS hellhörig. Die erste Probefahrt klärt, wie viel Sport in dem Twin tatsächlich steckt.
Schon eine gefühlte Ewigkeit warten wir Sportfahrer auf japanische Antworten auf die jüngsten europäischen Superbikes. Die gab mit der ZX-10R bisher nur Kawasaki. Sonst scheint man sich im Land der aufgehenden Sonne vorzugsweise auf zahme Mittelklasse-Maschinen zu konzentrieren. Bestes Beispiel dafür ist Honda. Statt einer scharfen neuen Fireblade rollte die Marke letztes Jahr mit den NC 700-Modellen zwei Bikes und einen Roller in der 48-PS-Klasse an den Start. Und 2013? Wieder kein Superbike! Dafür gesellen sich mit den CB 500-Versionen weitere Maschinen mit 48 PS dazu.
Doch hinter dieser Modellpolitik steckt Kalkül. Der Hersteller reagiert auf die seit Anfang des Jahres geltenden, neuen Richtlinien des Führerscheins A2. Danach dürfen Einsteiger statt wie bisher Bikes mit maximal 34 PS nun Maschinen mit 48 Gäulen durch die Gegend treiben. Und wer den Auto-Führerschein vor dem 1. April 1980 absolviert hat, darf neuerdings nach einer praktischen Prüfung ebenfalls gleich auf Bikes mit 48 PS steigen. Diese Klientel will Honda mit attraktiven, günstigen Maschinen ködern. Hängt der Fisch erst einmal am Haken, so der Plan, kann man ihm später sicher auch kräftigeres Material verkaufen.
Ob das funktioniert, bleibt abzuwarten. Fakt ist jedoch: Die NC 700-Modelle gingen letztes Jahr weg wie warme Semmeln. Um Mitbewerbern möglichst keine Lücke zu bieten, schafft sich Honda mit den hubraumschwächeren Modellen CBR 500 R, CB 500 F und CB 500 X Konkurrenz aus eigenem Haus. Zwar spielen die CB-Versionen in der gleichen Leistungs-Liga wie die NC-Maschinen, und auch sie treibt ein Parallel-Twin an. Doch das komplett neu entwickelte, kleinere Aggregat ist mit einem quadratischen Bohrung-/Hub-Verhältnis (67/66,8 Millimeter) wesentlich kurzhubiger und damit drehzahlfreudiger ausgelegt. So jodelt der kleine Quirl tapfer bis kurz vor den elektronischen Stopp, der bei zirka 9000/min einsetzt. Drehzahlen unter 2200/min quittiert er dagegen mit unwilligem Hacken.
Dazwischen marschiert er brav und unaufgeregt, ab zirka 5500/min setzt vernehmlicher Leistungsschub ein. Bei Überholmanövern oder anderem sportlichen Ehrgeiz sollten allerdings um 7000/min auf der Uhr stehen. Bis zu dieser Marke läuft der kleine Antrieb angenehm kultiviert, danach leitet er feine Vibrationen ins Chassis. Dank des Hubzapfen-Versatzes von 180 Grad blubbert das Aggregat sympathisch aus dem schmalen, langen Auspuff.
Natürlich wird das auch für die hochbeinige Tourenvariante CB 500 X gelten. Die debütiert aber erst später im Frühjahr und durfte bei dieser Präsentation noch nicht dabei sein. Daher konzentrieren wir uns hier auf die sportliche „R“ und die nackte „F“, die sich technisch bis auf Verkleidung und Lenker wie ein Ei dem anderen gleichen.
Untypischerweise sitzt der Pilot auf der sportlicheren Version etwas entspannter. Die Position auf der Nackten mit ihrer breiteren, höher und näher am Fahrer montierten Lenkstange stichelt ihren Piloten dagegen zu etwas verschärfterer Gangart an. Beide CBs winkeln recht handlich ab, das eher komfortabel ausgelegte Fahrwerk setzt allzu forschem Treiben allerdings Grenzen. Außerdem wandert die Gabel bei starkem Ankern schnell Richtung Anschlag. Anders als erwartet, fängt die Einscheiben-Bremse die Fuhre jederzeit sicher ein und geht zumindest auf den wenigen, verhaltenen Proberunden, die uns Honda auf der nordspanischen Provinz-Rennstrecke Parcmotor Castellolí mit der R gönnte, nicht gleich in die Knie.
Ob die Stopper auch im „European Junior Cup“ bestehen, der dieses Jahr auf modifizierten CBR 500 R ausgetragen wird, bleibt abzuwarten. Außerdem ist noch unklar, ob Honda das ABS für den Nachwuchs-Cup deaktiviert. Für Einsätze auf der Renne regelt das System jedenfalls recht früh. Für Ausritte auf der Landstraße arbeitet es dagegen prima. So, genug von den kleinen Fegern! Liebe Leute von Honda: Wann kommt endlich die neue Blade?
Daten
Antrieb:
Zweizylinder-Reihenmotor, 4 Ventile/Zylinder, 35 kW (48 PS) bei 8500/min*, 43 Nm bei 7000/min*, 471 cm3, Bohrung/Hub: 67,0/66,8 mm, Verdichtung: 10,7:1, Zünd-/Einspritzanlage, 34-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Kupplung, Sechsganggetriebe, Kette.
Fahrwerk:
Stahl-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 64,5 Grad, Nachlauf: 102 mm, Radstand: 1410 mm, Ø Gabelinnenrohr: 41 mm, Federweg v./h.: 108/119 mm.
Räder und Bremsen:
Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/4.50 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 160/60 ZR 17, 320-mm-Einscheiben-
bremse mit Zweikolben-Schwimmsattel vorn, 240-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten.
Gewicht (vollgetankt):
194 kg* [192 kg*], Tankinhalt 15,7 Liter Super.
Grundpreis:
5990 Euro [5490 Euro] (zzgl. NK)*
*Herstellerangaben
PS-Urteil
Mit den CB-Modellen schuf Honda nach den NC-Versionen schon die zweite Baureihe speziell für die 48-PS-Klasse. Damit ist der Hersteller in diesem Segment aufgestellt wie kein anderer. Zu viel Sport sollte
man von den CBs nicht erwarten. Doch für die erklärte Zielgruppe – Einsteiger und Wiedereinsteiger – bilden sie ein faires Angebot.