Die Kawasaki Z 900 ist einer der Shooting-Stars der Motorradsaison 2017. Im PS-Test trifft sie auf Suzuki GSX-S 750 und Brutale 800 MV Agusta.
Die Kawasaki Z 900 ist einer der Shooting-Stars der Motorradsaison 2017. Im PS-Test trifft sie auf Suzuki GSX-S 750 und Brutale 800 MV Agusta.
Der erste Eindruck von der Kawasaki Z 900 überrascht: So kultiviert hat sich schon lange keine Kawasaki mehr benommen. Der raue, wilde Charme, für den die Marke so bekannt ist, ist einer manierlichen Ausgewogenheit gewichen. Zumindest im ersten Eindruck. Bevor wir lange überlegen, wie wir das finden, fahren wir erstmal los.
Beinahe auf Tuchfühlung folgen der Kawasaki Z 900 ihre heutigen Gegenspieler: die MV Agusta Brutale 800 mit 798 cm³ großem Dreizylinder-Motor und die vierzylindrige Suzuki GSX-S 750. Natürlich kann der größere Hubraum ein Vorteil für die Kawasaki Z 900 sein, dennoch ist der Vergleich auf anderer Ebene fair: Suzuki und Kawasaki kosten beide um 9.000 Euro. Und am stürmischen Charakter der MV sind schon einige nominell überlegene Gegner zerschellt. Sie allerdings kostet gut anderthalb mal so viel wie Suzuki und Kawasaki.
Wild tobt die MV Agusta Brutale 800 über Landstraßen und beschleunigt dank kurzer Übersetzung entschlossen aus den Kurven heraus; der Dreizylinder faucht und schaubt dabei wütend. Die Suzuki schreit ab 8.000/min die pure Freude in die Landschaft; man ist also eher einen Gang niedriger unterwegs, um flott voranzukommen. Doch über beide kann die Kawasaki Z 900 nur milde lächeln: Sie spielt ihren Hubraumvorteil schamlos aus, erzeugt knapp 100 Nm Drehmoment und zeigt den Konkurrentinnen in nahezu jeder Situation das Rücklicht. Vibrationen, ein Dauerthema bei Kawasaki? Nahe null.
Das Getriebe der Kawasaki Z 900 arbeitet so geschmeidig, dass man einen Quickshifter kaum vermisst, und die Kupplung erfordert dank einer Servounterstützung kaum Handkraft - allerdings macht es die Suzuki GSX-S 750 noch eine Nuance besser. Trotz Anti-Hopping-Mechanismus lässt sich an der Kawasaki ein leicht springendes Hinterrad beobachten, selbst wenn der Fahrer beim Bremsen nicht herunterschaltet. Möglicherweise fehlt der Z 900 hier schlicht ein wenig Feineinstellung.
Mit 212 Kilogramm vollgetankt bewegt sich die Kawasaki Z 900 zwar voll im Rahmen ihrer Hubraumklasse und ist sogar zwei Kilo leichter als die Suzuki GSX-S 750. Aber irgendwie fallen die Pfunde bei der Kawasaki mehr ins Gewicht, sie wirkt beim Abwinkeln wuchtiger und braucht einen etwas kräftigeren Lenkimpuls. Dafür liegt sie dann unglaublich neutral in Schräglage. Ein wenig Raum für Kritik lässt die Serienbereifung der Z 900: Dunlop D 214 Z, die im Grenzbereich recht wenig Feedback bieten. Die MV Agusta Brutale 800 gibt die Handling-Queen des Trios: Stabil, zielgenau und wieselfink nimmt sie engste Bögen, sogar auf der Bremse. Ihre Pirelli Diablo Rosso 3 geben dabei stets präzise Rückmeldung. Auch die mit Bridgestone S 21 G besohlte GSX-S 750 ist der Kawasaki Z 900 in puncto Kurvenverhalten überlegen, gerade zu spielerisch wedelt sie über den Asphalt.
Das Fahrwerk der Kawasaki Z 900 ist ausgewogen abgestimmt, je nach Geschmack vielleicht einen Hauch zu sehr in Richtung Komfort getrimmt. Es erlaubt vorn wie hinten die Anpassung der Zugstufendämpfung, was aber kaum nötig ist. Die Werkseinstellung taugt problemlos auch für verschärftes Landstraßentempo. Die MV Agusta Brutale 800 liefert in diesem Punkt vielleicht sogar zu viel von der berühmten gesunden Härte. Ihre Druckstufendämpfung am Heck ist zwar theoretisch einstellbar, die dafür zuständige Schraube jedoch praktisch kaum zu erreichen. An der Suzuki stellt sich dieses Problem mangels Einstellmöglichkeiten gar nicht.
Was schnell fährt, muss irgendwann auch wieder bremsen. Auch wenn die Z 900 keine radial angeschlagenen, sondern konventionell montierte Bremssättel trägt, bremst sie sehr gut; das Antiblockiersystem regelt sportlich-spät und erlaubt ein deutlich abhebendes Heck. Ein ABS ist eben keine Stoppie-Kontrolle, das darf man nie aus den Augen verlieren, bei der Kawasaki Z 900 ganz besonders nicht - und bei der Brutale ebensowenig; sie zeigt dieselben Symptome. Das ABS der Suzuki GSX-S 750 regelt deutlich konservativer, lässt auf abschüssiger Straße dennoch Stoppies zu. Unterm Strich verzögern jedoch alle drei Kandidaten auf hohem Niveau und mit erstklassiger Dosierbarkeit.
Und wie finden wir es nun, dass die Kawasaki Z 900 plötzlich mehr Manieren hat als drei Generationen grüner Naked Bikes vor ihr zusammen? Wir finden es großartig! Der bullige Charakter der Kawa lässt keine Zweifel an ihrer Markenzugehörigkeit aufkommen, und ganz ehrlich: Allzuoft schon haben wir uns - nicht nur von Kawasaki - kleine Lästigkeiten als "Charakter" verkaufen lassen. Die Z 900 spart an anderen Punkten: eine Traktionskontrolle hat sie nicht, wählbare Fahrmodi ebensowenig. Und vom Schiebe- in den Lastbetrieb wechselt sie etwas stürmisch. Doch angesichts seiner sonstigen Qualitäten ist der Vierzylinder der Z 900 unterm Strich ein begeisternder Gefährte, auch und gerade für sportliche Einlagen.