KTM 1290 Super Duke R alt (2016) und neu (2017) im Vergleichstest

KTM 1290 Super Duke R alt und neu im Vergleichstest 2016 vs. 2017

Selbst ein Super-Herzog kann sich auf Titel und Lorbeer nicht ausruhen. Daher bringt KTM nach drei Jahren die zweite Evolutionsstufe der KTM 1290 Super Duke R: „The Beast 2.0“! Was kann die Neue besser als die Alte?

2016 vs. 2017 markus-jahn.com
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Wir waren alle ziemlich verdutzt damals, Ende 2013: Da hatten BMW und KTM im Abstand von wenigen Wochen ihre neuen Power-Nakeds vorgestellt, und die waren beide anders als erwartet. Verkehrte Welt: Die BMW S 1000 R präsentierte sich überraschend wild, laut, extrovertiert. Und die KTM 1290 Super Duke R, zu deren Präsentation mancher Journalist nach dem ganzen Tamtam im Vorfeld mit Fracksausen anreiste, erwies sich dann als akustisch dezent, handzahm und völlig easy im Umgang.

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Natürlich nur, solange man den Gasgriff streichelte. Wer den Hebel hart umlegte, wurde von einem gewaltigen 180-PS-Katapult mit endlosem Vorschub gen Horizont geschleudert. Eine Wahnsinnsmaschine, die jeden Fahrer emotional bis in die Haarspitzen erfasste. Die aber keineswegs perfekt war, abseits des genia­len Triebwerks durchaus noch ihre Ecken und Kanten hatte.

Mit diesen wollten die Österreicher sich in der zweiten Edition befassen. Da möchte man doch ganz genau wissen, was die Verbesserungen im Einzelnen bringen. Also organisierte MOTORRAD vor ersten Vergleichstests mit den Klassenkameraden zunächst einmal einen Vergleich zwischen alter und neuer Version. Wurde nun wirklich alles besser?

Design

Das ist neu: Frisches Styling, geteilte LED-Scheinwerfer.

Was bringt es? Design ist sicher Geschmackssache, doch wirkt die Neue hier besonders von vorn deutlich moderner. Die geteilte Scheinwerfer-Front ist ab diesem Modelljahr KTM-Markenzeichen und findet sich an den kleinen Duke-Modellen wie in der Adventure-Linie. Allein das lässt die Alte schon mal alt aussehen. Das unverkleidete Heck macht die 1290er noch muskulöser, breitschultriger. Wobei einige Tester der Meinung waren, dass die bisherige Heckverkleidung auch nicht unbedingt schlecht aussah. Wie gesagt: alles Ansichtssache.

Ergonomie

Das ist neu: Lenkerform und -position.

Was bringt es? Die Sitzbank blieb abgesehen vom neuen, feineren Bezug unverändert, doch ist der Lenker nun einen ­halben Zentimeter flacher, knapp zwei Zentimeter breiter und weniger stark gekröpft. Das fand bei den Testern Zuspruch. Bei der alten Super Duke spürte man immer einen Hauch Suzuki-Feeling, die weniger gebogenen Lenkerenden der neuen fühlen sich mehr nach KTM an. Nach wie vor gibt es vier Anbaupositionen. Bislang wurde der Lenker serienmäßig hinten angebaut, bei der Testmaschine war er in vorderer Position. Das passt besser, bringt mehr Druck aufs Vorderrad, ist aber keineswegs unbequemer.

Bedienung/Ausstattung

Das ist neu: TFT-Cockpit, Keyless-Go, LED-Licht.

Was bringt es? Klar, im Vergleich mit dem hellen, farbigen TFT-Display sieht das LCD-Display blass aus, old-style eben. Aber früher war auch nicht alles schlechter: etwa der große, konventionelle Drehzahlmesser. Das fitzelige Balkendiagramm der Neuen liefert bestenfalls Anhaltswerte. Weitere Infos sind dafür besser ablesbar. Praktisch sind auch die beleuchteten Schalter. Leider vermittelt der schwergängige Blinkerschalter der Neuen nun gar kein Gefühl beim Ausschalten. Auch neu: der Tempomat, angenehme Sache für Verbindungsetappen. Und der Transponder-Schlüssel, den die einen praktisch finden, die anderen entbehrlich. Logisch aufgebaut die KTM-Menüstruktur, die aber immer noch viele Tastendrücke erfordert. Das könnte simpler und schneller funktionieren, die aktuelle Konkurrenz beweist es. Auf jeden Fall ein Fortschritt: Das neue LED-Licht leuchtet die Fahrbahn heller aus als der bisherige Schweinwerfer.

Motor

Das ist neu: Euro 4-Abstimmung, Titan-Einlassventile, höhere Verdichtung.

Was bringt es? Vergessen wir gleich einmal die Mehrleistung. Ob 180 PS (wie zuerst versprochen), 168 PS (wie dann geliefert) oder 177 PS (wie jetzt versprochen und geliefert): Spielt alles keine Rolle. Denn die PS werden nur ganz oben draufgepackt, das kann selbst der härteste Landstraßen-Drifter nicht umsetzen. Die Leistungskurve hat sich ansonsten nur marginal verändert, Schub ist bei Alt und Neu ohnehin immer und überall im Übermaß da. Aber: Der neue Motor geht unten dank Resonatorkammern an den Einlasskanälen geschmeidiger und kultivierter, verdaut niedrigere Drehzahlen ohne Kettenpeitschen und Ruckeln. Und er ist sparsamer, schluckte auf der Verbrauchsrunde 0,8 Liter/100 km weniger, also fast 15 Prozent. Bei zügiger Fahrt schrumpft der Unterschied ein wenig, bleibt aber bestehen.

Sound

Das ist neu: Euro 4-Abstimmung, Auspuffklappe.

Was bringt es? Manchen Tester begeisterte der bisher voluminöse, aber dezente Sound, der so schön zum geschmeidigen Charakter passt. Die Neue ist lauter. Weniger an Bord, mehr von außen. Die Kundschaft verlangt mehr Sound, meint KTM.

Schaltung

Das ist neu: Optionaler Schaltassistent mit Blipper-Funktion.

Was bringt es? 90 Prozent – mindestens – der Tester sind begeistert vom optionalen Quickshifter des V2, der in beide Schaltrichtungen gut funktioniert, wenn er auch größere Schaltpausen als ein Vierzylinder braucht. Der Autor gehört zur Minderheit, die sich das Kuppeln nicht abgewöhnen kann. Auf diese Option zu verzichten wäre trotzdem kaum ratsam, schließlich will man die Maschine irgendwann wieder verkaufen. Wer unbedingt kuppeln will, kann den Quickshifter abschalten.

Allerdings fiel auf, dass die 2017er sich härter schaltet. Das liegt zum einen an einer härteren Feder im Schaltmechanismus (wie bei der GT), zum anderen daran, dass bei der Testmaschine das Schaltgestänge auf der Position angeschraubt war, die kürzere Schaltwege bei höheren Kräften ergibt. Sicher Geschmacksache, aber die leichgängige Schaltung der Alten gefiel besser. Der verlängerte Schalthebelauftritt ist zumindest für engagierte Abwinkelexperten keine gute Idee: Bei den Fotofahrten bekam der Schalthebel Bodenkontakt, was wiederum den (nicht abgeschalteten) Quickshifter aktivierte und zu einem unterhaltsamen Vorderradrutscher führte. Für engagierte Piloten oder Track-Einsätze wäre der schmale Auftritt vom Vormodell sicher ein Tipp.

Federung

Das ist neu: Härtere Federn vorn, neue Abstimmung.

Was bringt es? Allen Testern war das Ansprechverhalten der Alten auf Kanten und Löcher in der Asphaltdecke zu hart, da würde man wohl eher zu weicheren Federn tendieren. Doch: Die Neue hat vorn härtere Federn. Das macht sie aber keineswegs härter, vielmehr spricht die Federung der 2017er ­definitiv besser an. Die Dämpfung arbeitet insgesamt verbind­licher, die Maschine hoppelt nun nicht mehr gar so unsensibel über Flickenteppiche. Etwas Spielraum nach oben bleibt jedoch immer noch.

Lenkverhalten und Handling

Das ist neu: Bereifung.

Was bringt es? Wir wissen es schon seit längerer Zeit von Reifentests mit der Dauertestmaschine: Die Serienbereifung der bisherigen Super Duke mit Dunlop Sportsmart 2 war nicht die allerbeste Wahl. Die Dunlops lassen die KTM träger einlenken, reagieren in Schräglage empfindlicher auf Bodenwellen, könnten mehr Eigendämpfung besitzen und brauchen Temperatur, bis sie Grip aufbauen. Die Metzeler der Neuen sind in allen Belangen besser. Die M7 RR harmonieren hervorragend mit der KTM, die Maschine läuft zielgenauer, runder, lenkt leichter ein. Wobei man sich im Sattel immer fragt: Können das allein Reifen bewirken? In der Praxis wird es wohl ein komplexes Zusammenspiel aus Reifen, Federung und Geometrie sein, was die Neue besser ausbalanciert erscheinen lässt.

Sicherheit

Das ist neu: Aufgewertete Assistenzsysteme mit Bosch-IMU und Kurven-ABS.

Was bringt es? In diesem Bereich spielt sich der entscheidende Fortschritt ab: Die neue Super Duke bekam nun ein ähnliches Elektronikpaket wie es Super Adventure und Super Duke GT schon hatten. Heißt im Klartext: Bosch-Schräglagensensorik, die Traktionskontrolle und ABS steuert. Wobei es sich hier um ein Zweikanal-ABS ohne Verbundbremse (wie bei Super Duke GT und Super Adventure) handelt. Das Bosch-MSC (Kurven-ABS) funktioniert aber auch ohne Verbundwirkung mit nur minimalen Abstrichen, wie MOTORRAD bereits bei der 690 Duke R testen konnte.

Die Schräglagensensorik verbessert außerdem die Wirkung der Traktionskon­trolle. Die alte Super Duke regelte früh, grob und nicht immer zuverlässig. Was Kollege Georg bei den Testfahrten ungewollt demonstrierte. Bei ordentlichem Speed legte er in gemäßigter Schräglage unter Zug einen herzergreifenden Rutscher hin, den er nur mit blitzschneller ­Reaktion am Gasgriff einfangen konnte. Die Elektronik griff dabei nicht ein. Bei der Neuen passierte dergleichen nicht, sie ­regelt zuverlässiger und schneller.

Je nach Fahrmodus (Rain, Street, Sport) wird die Traktionskontrolle angepasst. Sie ist zwar abschaltbar, jetzt sogar während der Fahrt, aber nicht beliebig justierbar. Dazu braucht man den optionalen und obligatorischen Track Pack (Paketpreis 340 Euro). Damit kann man die Traktionskontrolle im Trackmodus (und nur in diesem) in neun Stufen verändern sowie die Wheeliekon­trolle abschalten. Die Testmaschine hatte diese Option an Bord, die Unterschiede zwischen den Stufen sind enorm. Aber wie gesagt, nutzbar nur im Trackmodus, der nur eingeschränkte Bedienungsmöglichkeiten auf der Straße besitzt. Warum es das alles nicht serienmäßig und wie bei der Konkurrenz frei konfigurier- und kombinierbar gibt, bleibt das Geheimnis der Österreicher. Noch ein Extra: der ABS-Dongle, der für 116 Euro das Supermoto-ABS freischaltet.

Fazit

Ist die Alte nun Alteisen? Ganz und gar nicht, mit überschaubarem Aufwand kann man sie upgraden: Reifen, Lenker, Feinarbeit an der Federung. Nicht nachrüstbar ist die aktuelle Bordelektronik, da ist die Neue klar überlegen. Fortschritte gab es auch bei Motor und Fahrwerk, mit den obligatorischen Zubehörpaketen kostet die Super Duke nun allerdings rund 1500 Euro mehr. Vom Charakter her bleibt sich „The Beast“ auch in der Version 2.0 treu – und das ist gut so.

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