KTM 1290 Super Duke R im Top-Test
Da werden sogar die Nachbarn neugierig

„Und? Wie tut das?“, fragt der neugierig herbeigeeilte Nachbar beim Anblick der KTM Super Duke R. Gute Frage, schließlich hat KTM im Vorfeld mächtig getrommelt und dem „stärksten Naked Bike der Welt“ gleich den Beinamen „The Beast“ verliehen. Ob es guttut, muss also schnellstens geklärt werden. Im Top-Test.

Da werden sogar die Nachbarn neugierig
Foto: Jahn

Spiegel und Cockpit sind zugefroren, die Sitzbank fingerdick mit Schnee bedeckt. Und der Schlüssel stößt beim Zündschloss auf unüberwindbaren Widerstand. Das hat jetzt, kaum aus dem südfranzösischen Testdomizil wieder heimgekehrt, gerade noch gefehlt. Ein Föhn muss her. Kurz darauf ist die KTM 1290 Super Duke R von den ersten pudrigen Vorboten des hiesigen Winters und der eisigen Nacht befreit. Der Zündschlüssel flutscht ins Schloss. Der rechte Daumen setzt den Anlasser in Gang – und auf Anhieb meldet sich der 1290er mit sattem Bollern zu Wort. Der Über-Herzog gibt sich gar nicht verschnupft, sondern meistert diese letzte Prüfung mit Bravour, ohne jedes Zicken. Dabei hat KTM alles getan, um der neuen Super Duke R eine ungezähmte, wilde Aura zu verleihen. Angefangen beim Beinamen „The Beast“.

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Da werden sogar die Nachbarn neugierig
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„Etwas Aggressiveres bin ich hier noch nie gefahren“, ließ sich Testfahrer Jeremy McWilliams, ehemaliger 500er-Zweitakt-Recke und alles andere als unerschrocken, nach einigen Runden auf der Race-Version der KTM 1290 Super Duke R beim Goodwood Festival of Speed im Vorfeld zitieren. Und dann diese Eckwerte: 180 PS, 144 Nm, nur 189 Kilogramm trocken. Ein Übriges tut das gewöhnungsbedürftige, aggressiv-schroffe Design.

Ein Schuss Sportlichkeit und butterweiches Einkuppeln

Steht man vor dem vermeintlichen Biest, wirkt es mächtig. Ein Eindruck, der schwindet, sobald man Platz nimmt. Ungewohnt, aber nicht störend, wölbt sich vor einem der 18-Liter-Tank der KTM 1290 Super Duke R. Im Gegenteil, man sitzt ins Motorrad integriert, der Tank angenehm schmal. Mit den 830 Millimeter Sitzhöhe – 40 weniger als beim Vorgänger – kommen auch weniger Langbeinige klar. Die Sitzposition ist überaus gelungen: entspannt, lässig. Für einen Schuss Sportlichkeit sorgen die etwas nach hinten versetzten Rasten. Die erste Überraschung.

Sanft und sonor bullert der 1301 cm³ große Twin mit relativ hohen 1400/min Standgas vor sich hin. Er basiert wie das Aggregat der Reiseenduro 1190 Adventure auf dem Motor des Sportlers RC8. Für den Hubraumzuwachs sorgen zwei Millimeter mehr Hub und um drei auf stattliche 108 Millimeter Durchmesser angewachsene Kolben. Dank kürzerer Pleuel baut der Motor aber nicht höher als der 1190er. Mehr Bohrung besitzt aktuell nur die auf Spitzenleistung getrimmte Ducati Panigale. Der KTM-V2 ist aber aus anderem Holz geschnitzt, läuft mechanisch viel leiser, absolut gleichmäßig. Der erste Gang rastet mit kräftigem Schlag ein. Dann folgt die zweite Überraschung: Das Biest legt los. Aber nicht wütend und schier unkontrollierbar. Fast butterweich schiebt der Twin ab dem Einkuppeln voran. Und zwar so geschmeidig und kräftig, dass man gleich den zweiten Gang hinterherdrückt. Fantastisch. Wer angesichts der gewaltigen proklamierten Spitzenleistung und der Erfahrungen mit dem Vorgänger einen Twin erwartet hat, der untenrum nur unwirsch rappelt und auf die Kette einhackt, muss bei der KTM 1290 Super Duke R umdenken. Denn es geht offenbar auch anders.

Beherrscht Bummeln und Brennen

Mit weniger als 3000/min gelassen durch die verschlafenen südfranzösischen Dörfchen gleiten? Kein Problem mit der KTM 1290 Super Duke R. Konstantfahrruckeln oder ruppige Gasannahme? Fehlanzeige. Lockere Sitzposition, taugliche Rückspiegel, fein dosierbare Anti-Hopping-Kupplung und das entspannte Trommeln des Motors nehmen im Stadtverkehr den Stress. Konnte der Vorgänger kaum stillhalten, wollte ständig getrieben und gepusht werden, benimmt sich der 1300er beim Bummeln lammfromm. Fallen aber die urbanen Schranken, ist der V2 da wie der Pfennig. Ab 3500/min ist richtig Musik in der Hütte. Mühelos katapultiert der 1300er Mann und Maschine vorwärts. Wie befreit und locker das Kraftwerk anpackt und hochdreht, ist ein Genuss. Sechs-, siebentausend Umdrehungen genügen vollauf. Nächsten Gang im präzisen, mit etwas langen Wegen operierenden Getriebe reindrücken und das Ganze noch mal genießen. Ein Blick auf die mächtige Drehmomentkurve, die sich da auftürmt, erklärt alles. Ab 3000/min stehen immer über 100 Nm zur Verfügung. Das sorgt für herzerfrischende Dynamik, souveränen Antritt aus engen Ecken heraus und locker aus dem Handgelenk geschüttelte Überholmanöver.

Hektisches Rühren im Getriebe ist überflüssig, dritter oder vierter Gang genügen für die allermeisten Fälle. Wer jetzt befürchtet, dass der V2 ein auf Durchzug getrimmter Stiernacken ist, dem obenraus die Puste ausgeht, der irrt. Mit Wonne reißt die KTM 1290 Super Duke R ab 8000/min die Drehzahlmesser-Nadel in Richtung des roten Bereichs, der bei 10 000/min beginnt. Da interessiert es höchstens am Rande, dass der Prüfstand 172 statt der versprochenen 180 PS ausspuckt. Ebenso, dass sich die reißerisch in den Papieren eingetragenen 290 km/h Topspeed mit praxisgerechtem Anlauf in freier Wildbahn auf 272 km/h reduzieren. Sie hat solcherlei ­Effekthascherei gar nicht nötig.

Vielmehr ist von Interesse, dass die KTM ihren KTM 1290 Super Duke R bei solch unwirtlichen Geschwindigkeiten nicht mit Pendelneigungen irritiert. Ein Energiebündel, das Bummeln und Brennen beherrscht, mit ungemein breitem nutzbaren Drehzahlband und ausgezeichneten Manieren. Dabei brüllt der Motor seine Leistungsfreude nicht ordinär hinaus, sondern klingt satt und wohlgedämpft, im Schiebebetrieb dumpf grollend. Dass ihm dies ohne die Leistung und Sound „optimierende“ Klappe im Auspuff gelingt, müsste manchem Hersteller die Schamesröte ins Gesicht treiben. Bei der Abstimmung des Motors mit seinen vier Zündkerzen, von denen jede ein eigenes Kennfeld besitzt, und vor allem des ­Ride-by-Wire dürften die Köpfe mächtig geraucht haben. Es hat sich gelohnt. In der Kurve abrupt das Gas schließen und am Scheitel wieder aufziehen, erledigt der V2 geschmeidig, ohne dass die Leistung blitzartig abbricht oder harsch wieder einsetzt.

Mit Schräglagensensoren bestückte Traktionskontrolle (TC)

Drei Fahrmodi sind mit an Bord: Sport, Street und Rain mit reduzierter Leistung. Gasannahme und Lastwechsel gelingen sowohl im Street- als auch im Sportmodus tadellos, wobei Sport dem V2 noch ein wenig direktere Reaktionen auf Drosselklappen-Kommandos entlockt. Damit der Pilot im Übereifer nicht zu heftig am Kabel zieht und sich ruck, zuck im Staub wiederfindet, wacht eine mit Schräglagensensoren bestückte Traktionskontrolle (TC) über das Hinterrad. Sie tut dies mit sanften Regelvorgängen, selbst im Sportmodus, wo sie etwas mehr Schlupf zulässt. Sind die Gripverhältnisse gut, tritt sie erst bei sehr beherzter Fahrweise in Aktion. Denn Grip am Hinterrad bietet die KTM 1290 Super Duke R reichlich. Wohl mit ein Verdienst der ellenlangen Schwinge. Fast 610 Millimeter sind Rekordniveau. Selbst für gängige Supersportler.

Wer sich jetzt aber schon aus jeder nächstbesten Ecke auf dem Hinterrad herauswheelen sieht, muss enttäuscht werden. Die Traktionskontrolle erkennt das langsamer drehende Vorderrad und greift ein. Wer seinen Spaß also auf dem Hinterrad sucht, muss sie abschalten. Eine separat einstellbare Wheeliekontrolle wie beispielsweise die Aprilia Tuono besitzt die KTM 1290 Super Duke R nicht. Wer ABS- und TC-Funktion individuell ändert, muss dies nach jedem Abstellen des Motors übrigens wieder aufs Neue tun. Die Elektronik setzt die Assistenzsysteme jedes Mal wieder auf die Werkseinstellung zurück. Lästig, aber laut KTM aus haftungs- und zulassungstechnischen Gründen nicht anders machbar. Doch ist dies wirklich Jammern auf höchstem Niveau.

Jahn
Die Bedienung des Bordcomputer ist etwas umständlich, beleuchtete Tasten à la 125er-Duke wären der Clou.

Nehmen wir lieber erfreut zur Kenntnis, dass KTM auch bei den Gegenspielern der Motoren-Power, den Bremsen, Nägel mit Köpfen gemacht hat. Radial montierte einteilige Brembo-Zangen, deren spontanes, heftiges Zupacken sensiblen Naturen vielleicht etwas zu bissig ist. Für Zwei-Finger-Bremser jedenfalls ein Traum. Geringe Handkraft, perfekt dosierbar und von einem feinfühlig regelnden ABS mit zwei unterschiedlichen Modi unterstützt.

Der Road-Modus erlaubt bereits sehr gute Verzögerungswerte und hält das Hinterrad bei Vollbremsungen bombenstabil auf dem Boden. Stehen die Zeichen auf Supermoto, regelt das ABS schärfer und lässt vorne mehr Schlupf zu, ermöglicht dafür mit 9,8 m/s² ausgezeichnete Verzögerung. Am Hinterrad dagegen ist das ABS dann deaktiviert, was Quertreibern nette Anbremsdrifts ermöglicht. Die Menüführung des Bordcomputers ist zwar logisch aufgebaut, seine Bedienung fordert während der Fahrt jedoch etwas zu sehr die Aufmerksamkeit des Fahrers. Das sollte einfacher gehen. Bei der Gestaltung der Bedieneinheit des Bordcomputers mit ihren vier Tasten hätte auch ein Blick zur kleinsten Duke, der 125er, gutgetan. Dort sind die Schalter nämlich beleuchtet. Warum nicht auch bei der KTM 1290 Super Duke R?

Fahrwerk ist ebenbürtiger Spielpartner

Jahn
Hammer-Motor, geniale Bremsen und auch das Fahrwerk erweist sich als ebenbürtiger Spielpartner.

Wie bitte? Kleinigkeiten? Pingelig? Also gut, wenden wir uns wieder zentraleren Themen zu. Dem Fahrwerk zum Beispiel. Denn was nützen dieser Hammer-Motor und die genialen Bremsen, wenn das Fahrwerk nur halb gar geraten ist? Eben. Um es vorwegzunehmen: Das Fahrwerk der KTM 1290 Super Duke R erweist sich als ebenbürtiger Spielpartner.

War der Vorgänger noch ein recht kompromissloser Knochen, gibt sich die neue KTM 1290 Super Duke R ungleich ausgewogener und harmonischer. Nicht von zappelig-nervöser Agilität, sondern präzise und direkt setzt sie Lenkbefehle um. Obwohl sie mit 213 Kilogramm die forsch vom Werk proklamierten 205 Kilogramm vollgetankt deutlich übertrifft. Zahlenspiele, die gegenüber der Tatsache, wie selbstverständlich und neutral die KTM nahezu unbeeindruckt von Verwerfungen im Asphalt ihre Bahn zieht, glatt in den Hintergrund treten.

Kurskorrekturen erledigt die KTM 1290 Super Duke R mit Nonchalance, am Kurvenausgang genügt ein Schenkeldruck, um sie auf eine etwas engere Linie zu dirigieren. Herrlich, lediglich bei höherem Tempo versteift sich das Handling. Mit dem neuen Chassis haben die Techniker auch die harte Abstimmung der Federelemente des Vorgängers über Bord geworfen. Die Super Duke R ist wesentlich harmonischer abgestimmt, steckt lange Wellen wie kurze harte Absätze ordentlich weg. Die Balance ist ausgezeichnet, die Dämpfung straff, von unkomfortabel aber weit entfernt. Nur kleinen Unebenheiten könnten sich die Federelemente mit etwas mehr Sorgfalt widmen. Dem erdigsatten Fahrgefühl und der ausgezeichneten Rückmeldung tut das aber keinen Abbruch. Bereits mit der Grundabstimmung haben die Techniker ein gutes Händchen gehabt. Während der Testfahrt auf den südfranzösischen Landsträßchen kam jedenfalls kaum das Bedürfnis auf, an den Einstellschräubchen zu drehen.

Daher fällt es auch weniger ins Gewicht, dass die Gabel auf eine einstellbare Federbasis verzichtet. Möglicherweise hätte eine Umlenkung dem Federbein noch etwas sensibleres Arbeiten ermöglicht. Doch spart die direkte Anlenkung andererseits Gewicht und Kosten. Das Lob für das ausgewogene Fahrverhalten geht freilich auch auf das Konto der tollen Bereifung. Die Dunlop Roadsmart 2 harmonieren ausgezeichnet mit der KTM 1290 Super Duke R, bieten enormen Grip, zieren sich auch bei Kälte nicht und bieten viel Rückmeldung und praktisch kein Aufstellmoment. Was das gute Gefühl und das Vertrauen im Sattel der KTM untermauert.

Jahn
Zwar lassen sich die Rasten nicht einstellen, aber immerhin Brems- und Schalthebel.

Generell hat sich KTM bei der Ausstattung nicht lumpen lassen: Radialpumpen mit einstellbaren Handhebeln für Kupplung und Bremse, Cockpit mit reichhaltigen Infos, Einarmschwinge. Dazu ein konifizierter Alu-Lenker, der sich in zwei Positionen auf der Gabelbrücke montieren lässt. Die Rasten sind zwar nicht wie bei dem Superbike RC8 R einstellbar, wohl aber Brems- und Schalthebel. Dass trotz Einarmschwinge der Auspuff zum Hinter­rad­ausbau ab muss, ist ein kleiner Schönheitsfehler und mit dem Lösen zweier Schrauben leicht erledigt.

Ein größerer ist eher schon der beachtliche Durst. 6,3 Liter genehmigt sich die KTM 1290 Super Duke R im Schnitt, ergibt zusammen mit dem 18-Liter-Tank immerhin noch einen Radius von gut 280 Kilometern. Richtig happig ist der stattliche Einstandspreis von 15.495 Euro. Dafür schonen 15 000er-Inspektionsintervalle etwas den Geldbeutel. Nur der insektenartig geformte Scheinwerfer vermag kein Glanzlicht zu setzen. Das ist deshalb erwähnenswert, weil eine Ausfahrt mit diesem Spaßmobil schnell länger dauern könnte als geplant. Schließlich zwickt der Hintern selbst nach einigen Stunden im Sattel noch nicht. Ein Helligkeitssensor schaltet übrigens bei Einbruch der Dämmerung vom LED-Tagfahr- auf Abblendlicht um. Und war die KTM 1290 Super Duke R eben noch eifriger Komplize beim Kurvenräubern, lässt sie ihren Fahrer in Ruhe, wenn er im entspannten Gleitflug den Heimweg antreten will. Das tut gut.

Technische Daten

Motor

Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-75-Grad-V-Motor, je zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Trockensumpfschmierung, ­Einspritzung Ø 56 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 450 W, Batterie 12 V/11 Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, x-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 17:38.

Bohrung x Hub: 108,0 x 71,0 mm

Hubraum: 1301 cm³

Verdichtungsverhältnis: 13,2:1

Nennleistung: 132,0 kW (180 PS) bei 8870/min

Max. Drehmoment: 144 Nm bei 6500/min

Fahrwerk

Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend, Upside-down-Gabel, Ø 48 mm, Zug- und Druckstufendämpfung, hydraulischer Lenkungsdämpfer, ­Einarmschwinge aus Aluminium, Zen­tralfederbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 240 mm, Zweikolben-Festsattel, ABS, Traktionskontrolle.

Alu-Gussräder: 3.50 x 17; 6.00 x 17

Reifen: 120/70 ZR 17; 190/55 ZR 17

Bereifung im Test: Dunlop Sportsmart 2

Maße + Gewichte

Radstand 1482 mm, Lenkkopfwinkel 65,1 Grad, Nachlauf 107 mm, Federweg v/h 125/156 mm, zulässiges Gesamtgewicht 406 kg, Tankinhalt/Reserve 18,0/3,5 Liter.

Service-Daten

Service-Intervalle: 15.000 km

Öl- und Filterwechsel: alle 15 000 km/3,6 l

Motoröl: SAE 10W50

Telegabelöl: SAE 4

Zündkerzen: NGK LKAR9BI9/LMAR7A-9

Leerlaufdrehzahl: 1400/min ± 100/min

Reifenluftdruck: v/h 2,5/2,9 (2,5/2,9) bar

Garantie: zwei Jahre

Mobilitätsgarantie: zwei Jahre

Farben: Orange, Schwarz

Preis: 15.495 Euro

Nebenkosten: zirka 200 Euro

Set up

Landstraße

Gabel

Zugstufe: 12 Klicks

Druckstufe: 12 Klicks

Luftdruck: 2,5 bar

Federbein

Zugstufe: 12 Klicks

Druckstufe High Speed: 1,25 Umdrehungen

Druckstufe Low Speed: 13 Klicks

Luftdruck: 2,9 bar

Aufgefallen

Jahn
Das zur Versteifung auf die beiden Edelstahlkrümmer aufgebrutzelte Blech wirkt ziemlich lieblos.

Der Blinkerschalter ist zwar nur ein winziges Detail, aber ein häufig benutztes. Daher fällt die unpräzise Rückmeldung umso öfter auf.

Das Bordwerkzeug bietet in Qualität und Umfang einen ordentlichen Standard.

Die Kontrollleuchte, die das Arbeiten der Trak­tionskontrolle anzeigt, könnte besser im Blickfeld positioniert sein.

Gerade weil die Verarbeitung der Super Duke R mit sauber verlegten Leitungen, eloxierten Anbauteilen und hochwertigen Komponenten insgesamt einen sehr guten Eindruck hinterlässt, wirkt das zur Versteifung auf die beiden Edelstahlkrümmer aufgebrutzelte Blech ziemlich lieblos.

An netten und praxisgerechten Details, die zeigen, dass bei KTM Enthusiasten am Werk sind, fehlt es nicht. Ein Beispiel ist die halbkreisförmige Verschleißanzeige der Kettengleitschiene. Hat sich die Kette so tief in die Schiene eingearbeitet, dass die Nieten nicht mehr sichtbar sind, ist sie verschlissen.

KTM 990 Super Duke

Mitterbauer
Abgekantetes Spiel: Die Super Duke setzte von Anfang an auf polarisierendes Design.

Bereits 2005 wagte KTM mit der ersten Super Duke mit einer hubraumstarken Maschine den Schritt auf die Straße. Ein radikal gestylter Kanten, mit nicht minder kompromisslosem Fahrverhalten, der sich von Anfang an von der Masse abhob und abgrenzte. Mit 120 PS lag die Super Duke leistungsmäßig auf Augenhöhe zur dama­ligen Konkurrenz. Von Anfang mit dabei: der orange Gitterrohrrahmen. Der V2 entpuppte sich als feuriger, aber auch sehr durstiger und raubauziger Geselle, dem das Leben am unteren Ende der Drehzahlleiter weniger in die Wiege gelegt war. Zünftiges Hochdrehen dagegen schon viel mehr. Im Grunde hat er sich diesen Charakter auch über die Modellpflege 2007 hinweg bewahrt. Nur die Trinksitten bekam er aber über die Jahre immer besser in den Griff. Seine lebhafte Gasannahme und sein temperamentvolles Wesen jedoch sind geblieben.

Gemessen an den radikalen Fahrwerks­eckdaten der letzten 990 Super Duke R mit 67,3 Grad Lenkkopfwinkel und nur 94 Millimeter Nachlauf nimmt sich die aktuelle Fahrwerksgeometrie (65,1 Grad, 107 Millimeter) geradezu konventionell aus, zumal auch der Radstand um 30 auf 1480 Millimeter anwuchs. Vielleicht liegt gerade hierin ein Geheimnis für das abgeklärte, Vertrauen einflößende Fahrverhalten der 1290er.

Geradezu gigantisch ist aber der Fortschritt im Motorenkapitel. Nicht nur wegen des enormen Leistungszuwachses, der mit dem Hubraumplus von 30 Prozent nur unzureichend erklärt ist. Lag das Drehmomentmaximum der 990er gerade so knapp über 100 Newtonmeter, sinkt jenes der 1290er praktisch nie darunter. Und das bei ungleich besserer Laufkultur. Eine Entwicklung, die ohne den elektronischen Gasgriff, das Ride-by-Wire, so sicher nicht möglich gewesen wäre. Sicherlich profitiert KTM bei der Abstimmung auch vom WM-Engagement in der Moto3, wo die orangen Werksrenner mit dem kurzhubigsten Motor antreten und dennoch Spitzenleistung mit breitem nutzbaren Drehzahlband unter einen Hut bringen. Nur die Gewichtszunahme um zehn Kilogramm überrascht. Sicher bedingen ABS, fetter Vorschalldämpfer und Einarmschwinge zusätzliche Pfunde. Doch solange die Super Duke ihre Kilos so gekonnt kaschiert und mit solch fabelhaften Fahreigenschaften glänzt, nehmen wir den kleinen Gewichtstransfer gerne hin.

MOTORRAD-Messungen

FAHRLEISTUNGEN

Höchstgeschwindigkeit
272 (290)* km/h
Beschleunigung
0–100 km/h3,3 sek
0–140 km/h4,9 sek
0–200 km/h8,8 sek
Durchzug
60–100 km/h3,4 sek
100–140 km/h3,4 sek
140–180 km/h3,8 sek
Tachometerabweichung
Effektiv (Anzeige 50/100)    47/92 km/h
Drehzahlmesserabweichung
Anzeige roter Bereich: 10 500/min
Effektiv: 10 200/min
Verbrauch
Bei 130 km/h: 6,5 l/100 km
Landstraße: 6,3 l/100 km
Theor. Reichweite Landstraße: 286 km
Kraftstoffart: Super
MAßE+Gewichte
L/B/H: 2140/900/1280 mm
Sitzhöhe: 830 mm
Lenkerhöhe: 1050 mm
Wendekreis: 6000 mm
Gewicht vollgetankt: 213 kg
Zuladung: 193 kg
Radlastverteilung v/h: 49/51 %

Praktisch ab dem Einkuppeln strebt die Drehmomentkurve steil in die Höhe und knackt bei 3000/min die 100-Nm-Marke. Dank ausreichend Schwungmasse und toller Motorabstimmung kann der Motor ohne zu rappeln auch unterhalb dieser Marke und damit sehr schaltfaul bewegt werden. Mit kürzerer Gesamtübersetzung wären noch bessere Durchzugswerte drin. Beeindruckend: der Drehmoment­anstieg bei 6000/min.

Jahn

BREMSEN

Bemerkungen: Die Super Duke R verfügt über zwei unterschiedliche ABS-Modi. Im Road-Modus greifen die Regelvorgänge auf Vorder- und Hinterrad ein und verzögern die Super Duke R ohne abhebendes Hinterrad und mit sehr guter Bremsstabilität. Im aggressiveren Supermoto-Modus wird nur der Schlupf am Vorderrad geregelt. Dadurch sind für sportliche Einsätze auf der Rennstrecke Anbremsdrifts möglich. Auch gibt es in diesem Modus keine Abhebeerkennung, sodass auch Stoppies möglich sind.

Konkurrenz

Aprilia Tuono V4 R APRC ABS:
V2, 167 PS, Gewicht 212 kg, 0–100 km/h: 3,2 sek, Vmax: 270 km/h, Verbrauch 6,9 Liter, ABS 15 490 Euro (inklusive Nebenkosten).
Triumph Speed Triple ABS:
R3, 135 PS, Gewicht 221 kg, 0–100 km/h: 3,2 sek, Vmax: 248 km/h, Verbrauch 5,2 Liter, ABS 15 440 Euro (inklusive Nebenkosten).
BMW S 1000 R:
R4, 160 PS, Gewicht 207 kg, 0–100 km/h: k. A., Vmax: 250 km/h, Verbrauch k. A. Liter, ABS 13 180 Euro (inklusive Nebenkosten).

MOTORRAD-Punktewertung

Motor

Maximale Punktzahl       
KTM 1290 Superduke R
Durchzug 40 36
Beschleunigung 40 34
Topspeed 30 27 (gemessene Höchstgeschwindigkeit 272km/h)
Motorcharakteristik    30 27
Ansprechverhalten 20 16
Lastwechsel 20 14
Laufruhe 20 11
Kupplung 10   9
Schaltung 20 13
Getriebeabstufung 10   9
Starten 10   8
Summe 250 204

Man hat sich ja fast schon damit abgefunden, dass leistungsstarke Zweizylinder nur noch mit Einbußen bei der Laufkultur im unteren Drehzahlbereich zu haben sind. Doch die Super Duke 1290 R zeigt, dass sich beides durchaus vereinen lässt. Das breite nutzbare Drehzahlband ist frei von Löchern, der Twin erlaubt sich nur ein wohl dosiertes Maß an Vibrationen und hält sich mit Lastwechseln wohltuend zurück. Ein ausgesprochener Musterknabe, der auch bei Minusgraden verlässlich anspringt. Ausgezeichnet auch die leichtgängige, sauber dosierbare Anti-Hopping-Kupplung.

Fahrwerk


Maximale Punktzahl   
KTM 1290 Super Duke R
Handlichkeit 40 30
Stabilität in Kurven
40
33
Lenkverhalten
40
31
Rückmeldung
10
  9
Schräglage
20
19
Geradeauslaufstabilität    
20
16
Fahrwerksabstimmung vorn  
20
15
Fahrwerksabstimmung hinten    
20
15
Einstellmöglichkeiten Fahrwerk
10
  5
Federungskomfort
10
  5
Fahrverhalten mit Sozius
20
11
Summe
250  
189

Und noch ein Kapitel, in dem die KTM einen deutlichen Fortschritt zum Vorgänger verzeichnet. Nicht beim Handling. Sondern vor allem in der Präzision und Selbstverständlichkeit, wie sie ihre Linien trifft und hält, und vor allem bei der Rückmeldung, die dem Fahrer das nötige Vertrauen schenkt. Ein Lob, das auch der ausgezeichneten Bereifung gebührt. Die Dunlop Sportsmart 2 schlagen sich praktisch in jeder Disziplin besser als die betagten Metzeler Sportec M5 des Vorgängers. Ein Übriges tut die gelungene, nicht zu straffe Fahrwerksabstimmung.

Alltag


Maximale Punktzahl      KTM 1290 Super Duke R
Ergonomie Fahrer
40 30
Ergonomie Sozius 20   8
Windschutz 20   0
Sicht 20 11
Licht 20 12
Ausstattung 30 27
Handhabung/Wartung    30 19
Gepäckunterbringung 10   1
Zuladung 10   6
Reichweite 30 16
Verarbeitung 20 16
Summe 250   146

Keinen Grund zur Klage bietet der Arbeitsplatz des Piloten. Auch der Hinterbänkler findet einen akzeptablen Platz vor. Die reichhaltige Ausstattung und ordentliche Zuladung bringen reichlich Punkte. Allerdings sieht es mit Befestigungsmöglichkeiten für Gepäck bei dieser Gattung Motorrad naturgemäß mau aus. Das LED-Tagfahrlicht sieht zwar schnieke aus, erstaunlich ist aber das bescheidene Abblendlicht des großen Scheinwerfers. Der Tank ist mit 18 Litern ausreichend groß, der ­ordentliche Durst des Motors beschneidet aber die Reichweite.

Sicherheit


Maximale Punktzahl     KTM 1290 Super Duke R
Bremswirkung 40 33
Bremsdosierung 30 26
Bremsen mit Sozius/Fading   20 13
Aufstellmoment beim Bremsen    10   8
ABS-Funktion 20 16
Lenkerschlagen 20 15
Bodenfreiheit 10   7
Summe 150    118

Über solche Bremsen würden sich auch Sportler freuen. Mordsbiss, fast etwas zu bissig im ersten Zupacken, aber mit zwei Fingern klasse dosierbar. Bei Vollbremsungen bleibt die KTM stabil auf Kurs, auch mit Sozius. Im Street-Modus bleibt das Heck sicher auf dem Boden. Das Aufstellmoment in Kurven ist vernachlässigbar.

Kosten


Maximale Punktzahl     KTM 1290 Super Duke R
Garantie 30 17
Verbrauch (Landstraße)     30 13
Inspektionskosten 20 19
Unterhaltskosten 20   4
Summe 100    53

Für den saftigen Einstiegspreis entschädigen lang gezogene 15.000er-Inspektionsintervalle zumindest etwas. Hohe Leistung und breiter 190er-Hinterreifen kos­ten ebenso Punkte im Unterhalt wie der Verbrauch.

Maximale Punktzahl     KTM 1290 Super Duke R
Gesamtbewertung 1000 710
Preis-Leistungs-Note      1,0 2,2

Ein Schnäppchen ist die KTM 1290 Super Duke R nicht. Doch die hohe Punktausbeute und die damit verbundene gute Note zeigt: Hier bekommt man was geboten fürs Geld.

Fazit

Das kantige Design ist sicher Geschmackssache. Aber die Qualitäten der Super Duke R sind überzeugend. Sie ist in allen Belangen besser als der Vorgänger. Der potente V2 vereint Laufkultur und Durchzugskraft mit feurigem Temperament und Spitzenleistung. Bei Zweizylindern fast so etwas wie die Quadratur des Kreises. Mit einem Fahrwerk, das sich praktisch nirgends eine nennenswerte Blöße gibt, ergibt das unterm Strich eine harmonische Einheit, mit der man einfach nur fahren, aber auch toben kann.

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Erscheinungsdatum 15.09.2023