Kurztest Yamaha XJR 1300

Kurztest Yamaha XJR 1300 Der feine Unterschied

Seit Yamaha den Hubraum der XJR von 1200 auf 1300 Kubikzentimeter aufstockte, findet das Naked Bike jede Menge neue Anhänger. Jetzt sollen Änderungen im Detail diese unverhüllte Form des Motorradbaus noch beliebter machen.

Ihr Aussehen ist ihr Kapital, keine Frage. Im Stil puristischer Fahrmaschinen zeigt die XJR ganz offenherzig, was sie hat. Vier Zylinder, natürlich in Reihe, die kein Wasserkühler verbaut und kein Rahmengeäst verunziert. Im Gegenteil, sie werden geadelt von filigranen Kühlrippen, geschmückt von verchromten Krümmern und ergänzt von gewaltigen Motordeckeln. Ein Naked Bike, wie es im Buche steht.
Doch Stillstand ist auch im Genre der Traditionalisten Rückschritt. Darum sind die Krümmer nun noch dicker und die blitzenden Motordeckel laut Yamaha noch korrosionsbeständiger. Und weil man gerade dabei waren, legten die Techniker auch bei den Vergasern Hand an. Sie wurden ein Kilogramm leichter, ihr Durchmesser wuchs von 36 auf 37 Millimeter. Im Verbund mit dem größeren Krümmerquerschnitt sollen die Maßnahmen für einen optimierten, noch üppigeren Drehmomentverlauf des Big Blocks sorgen.
109,5 Nm bei 6600/min und damit 1,5 Nm mehr als beim Vorgängermodell attestiert der Prüfstand. Keine überragende Steigerung, aber Spitzenwerte sind auch nicht das Thema bei der XJR und Drehzahlen jenseits der 6000/min beim genüsslichen Kurvensurfen die Ausnahme. Viel wichtiger: der kraftvolle Antritt aus niedrigsten Drehzahlen, und hier hat die Neue in der Tat mehr zu bieten. Speziell zwischen 3000 und 4000/min agiert die XJR spontaner, wirkt lebendiger. In den Durchzugswerten schlägt sich diese Tatsache nicht nieder, weil Yamaha im gleichen Atemzug die Sekundärübersetzung von 38:17 auf 39:18 änderte und damit das Drehzahlniveau nochmals senkte. Nicht aber den Verbrauch des Reihenvierzylinders. 7,2 Liter im Landstraßenbetrieb sind ein kapitaler Betrag.
Ab 7000/min büßt die Neue an Leistung und Spritzigkeit ein. Was aber lediglich Leistungsfetischisten stören wird, während Freunde des gepflegten Schubs die tadellosen Manieren im Drehzahlkeller genießen. Und die bequeme Unterbringung. Es dürfen ruhig längere Strecken sein, da die modifizierte Sitzbank nach wie vor selbst zwei groß gewachsenen Menschen ausreichend Platz bietet und die Yamaha sich im Fahrbetrieb von der unkomplizierten Seite zeigt. Erstaunlich leicht lenkt der agile Brummer in Kurven aller Art, durchzieht sie gelassen und bleibt der geplanten Linie des Reiters treu. Schräglagenwechsel gehen trotz ihrer Leibesfülle von 247 Kilogramm leicht von der Hand. Auch das Getriebe erfreut mit guten Manieren. Weich und präzise steppt man die Gänge rauf und runter.
Präzision ist auch das Stichwort, wenn es um die Fahrwerksmodifikationen geht. Hinten zu hart, vorne zu weich - so lautete der Vorwurf vergangener Tage. Den kann die XJR nun – zumindest zum Teil – entkräften. Die gelb leuchtenden und mit ihren messingfarbenen Ausgleichsbehältern hochwertig anmutenden Federbeine aus dem Hause Öhlins straffen den Hintern der muskulösen Japanerin deutlich. Die Federbasis ist verstellbar, Zug- und Druckstufendämpfung sind ausgewogen abgestimmt. Mit spürbar mehr Reserven und einem zehn Millimeter längeren Federweg machen der Hinterradfederung derbe Bodenwellen weit weniger zu schaffen als der Vorgängerin. Auch verschaffen die Federbeine mehr Klarheit für das, was sich zwischen Asphalt und Reifen abspielt. Nicht ganz so erfolgreich hingegen gelang die Überarbeitung der Gabel.
Nicht mehr ganz so soft abgestimmt, vermittelt sie ein etwas besseres Gefühl fürs Vorderrad, setzt aber nach wie vor zu sehr auf Komfort. Bei zügiger Gangart, besonders auf schlechten Straßen und unter Einsatz der einteiligen Vierkolbenstopper aus der YZF-R1, geraten die Dämpfungsreserven noch immer zu schnell an ihre Grenzen. Die Hinterradbremse verfügt über einen neuen, einteilig gegossenen Zweikolben-Sattel. Dank ihres sensiblen Ansprechverhaltens lässt sie sich gezielt bis zur Blockiergrenze dosieren und hilft außerdem Gewicht sparen. Insgesamt speckten die Ingenieure die XJR um sechs Kilogramm ab.
In puncto Komfort und Ausstattung hat die Yamaha dagegen zugelegt. So bietet der neu geformte Tank sauberen Knieschluss, ohne dass störende Kanten permanenten Druck auf die Innenseite der Oberschenkel ausüben. Die Hebeleien für Kupplung und Bremse sind jeweils fünffach verstellbar und günstiger gekröpft, das Lenkschloss sperrt zu beiden Seiten und im Notfall sorgt eine Warnblinkanlage für die nötige Aufmerksamkeit. Alles Kleinigkeiten, fürwahr. Die aber in der Summe den feinen Unterschied ausmachen.

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