Moto Guzzi V9 Roamer und Moto Guzzi V9 Bobber im Fahrbericht
Klassisch oder bullig

Mit der V9 setzt Moto Guzzi seinen Gute-Laune-Kurs fort und bringt gleich zwei Versionen der Neuen: klassisch-elegante Moto Guzzi V9 Roamer und als angesagte bullige Moto Guzzi V9 Bopper.

Klassisch oder bullig
Foto: Moto Guzzi

Seit 2008 macht sich Moto Guzzi mit der V7 und später der V7 II viele Freunde. Die einfach aufgebaute Maschine mit ihren nicht mal 50 PS erwärmt zwar nicht die Gashand, dafür aber die Herzen mit ihrer klassischen Optik und ihrem freundlichen Charakter. Gerade deutsche Guzzi-Fans bemängelten aber fehlenden Druck und fehlenden Platz – mit einem groß gewachsenen Mitteleuropäer im Sattel wirkt die zierliche V7 gelegentlich leicht überfordert.

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Klassisch oder bullig
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Dem Wunsch wird jetzt entsprochen, denn die neue Moto Guzzi V9 bietet mehr Hubraum, mehr PS, mehr Drehmoment und dank längerer Schwinge auch mehr Platz. Zwar nehmen sich im Leistungskampf moderner Motorräder die nun 850 statt 750 cm³ und 55 statt 48 PS weiterhin bescheiden aus, doch zum Rasen ist die V9 ebenso wenig gedacht wie die V7, die weiter im Programm bleibt. Sondern vielmehr zum lässigen Gleiten mit lustvollen Zwischensprints.

Moto Guzzi V9 in zwei Varianten

Gleich in zwei Varianten tritt die Moto Guzzi V9 an, nämlich als klassische Roamer, auf Deutsch „Vagabund“, und als forsche Bobber. Doch wer nun glaubt, bei den beiden Neuen handele es sich nur um aufgebohrte und aufgehübschte V7-Ableger, der irrt. Die Guzzi-Techniker legten sich nämlich mächtig ins Zeug, allein die Entwicklung des 850 cm³-Motors nahm gut zwei Jahre in Anspruch. Im Vergleich zur V7 ist bei den beiden Modellen Moto Guzzi V9 Roamer und Moto Guzzi V9 Bobber praktisch alles neu, vom Kurbelgehäuse und dem Brennraum über die Kolben, Köpfe und Zylinder aus Aluminium bis hin zum Ölkreislauf. Die Drehmomentkurve verläuft jetzt überaus flach, schon bei 2500/min liegen 95 Prozent des maximalen Drehmoments von 62 Newtonmetern an.

Das klingt vielversprechend und erweist sich in der Praxis als überzeugend. Mit dem unnachahmlichen typischen Guzzi-Schütteln erwacht der V2 der neuen Moto Guzzi V9 bebend zum Leben und zieht aus dem Keller gleich voll ab; der im Vergleich zur V7 längere erste Gang macht den Start noch harmonischer und kultivierter. Im Zuge der Euro 4-Homologation wurde der Motor leiser, doch zum Glück bewahrt er sich den charakteristischen bassigen Sound und das schlürfende Ansauggeräusch. Drehmomentberge erklimmt der V2 mit seiner flachen Kurve nicht, bleibt dafür aber stets präsent und druckvoll und erlaubt ein rundes, entspanntes Dahingleiten ohne viel Schalterei. Was aber nicht nur für die eher geradlinigen Panoramastraßen entlang des Comer Sees rund um das Guzzi-Werk in Mandello gilt, sondern auch für anspruchsvolles Kurvendickicht wie am Ghisallo-Pass auf der anderen Seeseite.

Moto Guzzi V9 Roamer schlägt sich wacker

Hier ist zunächst die Moto Guzzi V9 Roamer dran, und sie schlägt sich wacker. Sanfter Druck genügt, schon legt sie sich willig in die Kurven, gibt sich dabei stabil und agil zugleich. Dass sie es vollgetankt auf gut 210 Kilogramm bringt, merkt man ihr in den Spitzkehren, die sich in schneller Folge aneinanderreihen, nicht an. Übertreiben sollte man es allerdings nicht, denn sonst schleifen die Angstnippel an den Fußrasten oder am Seitenständer. Doch für einen Cruiser ist die Vorstellung mehr als gelungen.

Das Pirelli-bereifte 19-Zoll-Rad vorn sorgt für gute Rückmeldung, die neu abgestimmte Telegabel für eine stabile Linie und die breite und dick gepolsterte Sitzbank für eine bequeme Sitzposition. Die Einscheiben-Bremse vorn reicht für die Verzögerung völlig aus, zumal sie sich gut dosieren lässt. Die Federbeine der Moto Guzzi V9 Roamer allerdings wirken reichlich straff abgestimmt, so manche Bodenwelle schlägt bis zur Wirbelsäule durch.

Mehr Fahrspaß auf der Moto Guzzi V9 Bobber?

Jetzt aber zügig auf die Moto Guzzi V9 Bobber, die mit ihrer ungewöhnlichen Optik neugierig macht. Wegen des flachen Lenkers sitzt man auf ihr versammelter und nach Möglichkeit weiter hinten, sonst stoßen die Schienbeine an die Zylinderköpfe. Wie nicht anders zu erwarten, gestalten sich die ersten Kurven nicht wirklich harmonisch, doch man gewöhnt sich erstaunlich schnell an die breitschultrigen Ballonreifen und das kleine 16-Zoll-Rad vorn. Das macht die Bobber zwar kippeliger, aber auch wendiger. Energisch dirigiert, kommt mit ihr fast noch mehr Fahrspaß auf als im Sattel der Moto Guzzi V9 Roamer – vielleicht, weil sie den Fahrer stärker fordert.

Doch eine überzeugende Vorstellung auf der Straße reicht für Motorräder vom Schlag einer Moto Guzzi V9 nicht, sie sollen auch optisch eine gute Figur machen. Da hat Guzzi ganze Arbeit geleistet und viele Alu- und Metallteile in den Blickpunkt gerückt, von den Kotflügeln über den wunderbar verzierten Tankdeckel bis zu den Zylinderköpfen im neuen, weicheren Design. Weiter verfeinern lassen sich beide Modelle mit zahlreichen Teilen aus dem großen Zubehörkatalog. Serienmäßig gibt es einen USB-Anschluss fürs Handy, das auf Wunsch mittels einer speziellen Guzzi-App zusätzliche Daten anzeigt, vom Drehmoment bis zur Schräglage. An Bord ist auch eine zweistufige Traktionskontrolle.

Cooler Fahrspaß mit beiden Varianten

Ein paar kleine Macken erlaubt sich die Moto Guzzi V9 durchaus. So klacken die Gänge trotz des erneut überarbeiteten Sechsgang-Getriebes beim Einlegen vernehmlich, rasten dafür aber präzise ein. Der Leerlauf ist ein Fall für sich, bei manchen Testmotorrädern, die während der Präsentation am Comer See zur Verfügung standen, ließ er sich problemlos finden, bei anderen erst nach kurzer Suche.

Außerdem tritt beim Anfahren hin und wieder ein mechanisches Geräusch auf, das den Ruckdämpfern in der neuen Kupplung geschuldet sein dürfte. Die stammen von der V7 und sind für das höhere Drehmoment der V9 etwas zu klein. Doch ehrlich gesagt: Das sind alles Bagatellen. Die heiteren Aussichten auf coolen Fahrspaß mit den beiden neuen Moto Guzzi V9 Roamer und Moto Guzzi V9 Bobber beeinträchtigen sie nicht.

Technische Daten Moto Guzzi V9 Roamer/Bobber

Moto Guzzi
Die Unterschiede zwischen den beiden V9-Modellen: flacher Lenker und ebenso flache Sitzbank für die Bobber, dazu vorn ein 16-Zoll-Rad, breitschultrige Ballonreifen, kurzes Schutzblech hinten und dunkle Lackierung.

Motor

Luft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, je eine untenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, zwei Ventile, Hydrostößel, Stoßstangen, Kipphebel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, 2 x Ø 38 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 230 W, Batterie 12 V/18 Ah, mechanisch betätigte Einscheiben-Trockenkupplung, Kardan, Sekundärübersetzung 4,125.

Bohrung x Hub 84,0 x 77,0 mm
Hubraum 853 cm³
Verdichtungsverhältnis 10,5:1
Nennleistung 40,4 kW (55 PS) bei 6250/min
Max. Drehmoment 62 Nm  bei 3000/min

Fahrwerk

Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 40 mm, Zweiarmschwinge aus Aluminium, zwei Federbeine, verstellbare Federbasis, Scheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsattel, Scheibenbremse hinten, Ø 260 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel, Traktionskontrolle, ABS.

Alugussräder 2.50 x 19 (3.50 x 16); 4.00 x 16
Reifen

100/90-19 (130/90-16);

150/80-16 (150/80 B 16)

Maße + Gewichte

winkel 63,6 Grad, Nachlauf 125 (116) mm, Federweg vorn/hinten 130/97 mm, Sitzhöhe 785 (780) mm, Leergewicht 210 kg, zulässiges Gesamtgewicht 420 kg, Tankinhalt/Reserve 15,0/4,0 Liter. 

Garantie zwei Jahre
Farben

Weiß, Gelb, Rot

(Mattschwarz, Mattgrau)

Preis inkl. Nebenkosten  9990 (10.390) Euro

Unterschiede zur Moto Guzzi V7 II

Hersteller
Die Moto Guzzi V7 II wurde für das Modelljahr 2015 ebenfalls gründlich renoviert.

Motor

  • Kurbelgehäuse, Kolben, Zylinder und Köpfe neu
  • Hubraum von 744 auf 853 cm³ erhöht
  • Spitzenleistung von 48 auf 55 PS erhöht
  • Drehmoment von 58 auf 62 Nm erhöht

Fahrwerk

  • Lenkkopfwinkel steiler
  • Schwinge verlängert
  • Sitzhöhe von 810 auf 785/780 mm gesenkt
  • Tank von 18 auf 15 Liter verkleinert

Sonstiges

  • weniger Plastik-, dafür viele Metall- und Alu-Teile
  • Homologation Euro 4 statt Euro 3

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Erscheinungsdatum 15.09.2023