Präsentation Ducati Monster 1200 S
Stärkste Monster aller Zeiten

MOTORRAD traf sich in Bologna mit Ducati-Boss Claudio Domenicali zu einer Ausfahrt mit der neuen Ducati Monster 1200 S. Eine erste Sitzprobe auf dem wassergekühlten Naked Bike, der stärksten Monster aller Zeiten.

Stärkste Monster aller Zeiten
Foto: Ducati

Selbst Ducati-Pressesprecher David James wundert sich: „Normally Claudio is triple-booked.“ Noch am Tag vorher hatte er bezweifelt, dass das bis dato regelmäßige Meeting mit MOTORRAD auch nach der Beförderung von Claudio Domenicali zum obersten Ducati-Chef im Frühjahr 2013 wirklich zustande kommen würde. Aber offensichtlich legt er nach wie vor Wert auf persönliche Kontakte und ein direktes Feedback der MOTORRAD-Experten und hat daher extra ein paar Stunden in seinem prall gefüllten Terminkalender für eine Ausfahrt mit der neuen Ducati Monster 1200 S geblockt.

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Diese Meetings haben mittlerweile Tradition und laufen immer nach dem gleichen Schema ab: Der Ducati-Boss kommt wie immer von einem wichtigen Meeting, begrüßt schnell die MOTORRAD-Delegation, springt auf die bereits fahrfertig präparierte Maschine – und von da an hat man alle Hände voll zu tun, ihm halbwegs auf den Fersen zu bleiben. Die kurze Testrunde führt vom Ducati-Werk in die umliegenden Berge, mittags diskutiert und plaudert man in einem kleinen Restaurant über die Maschine. Dabei fährt der Boss stets das neue Modell, die MOTORRAD-Tester dürfen ihn auf einem bestehenden Modell begleiten – so lauten die Spielregeln.

Fahren nein, Probe sitzen ja

Hilfreich ist auf jeden Fall, dass der Streckenverlauf bekannt ist. Denn Claudio Domenicali ist nicht nur ein leidenschaftlicher Motorrad-Fan, er zieht auch beherzt am Kabel. Eine interessante Prüfung ist zum Beispiel dieser großzügig abgesteckte Kreisverkehr ohne erkennbare Fahrspuren nahe dem Ducati-Werk. Ein wild-wuseliges Chaos, das mit geordneten deutschen Verkehrsverhältnissen nichts zu tun hat. Hier sticht der drahtige Italiener mit ambitionierter Linienwahl hindurch, als ob es kein Morgen gebe.

Ducati
Für eine Ausfahrt mit der neuen Ducati Monster 1200 S hat sich Ducati-Chef Claudio Domenicali extra Zeit genommen. Diese Meetings mit MOTORRAD haben mittlerweile Tradition.

Hinzu kommt, dass das Display in leuchtendem Gelb eine Ice-Warnung meldet. Es ist kalt in Bologna, verdammt kalt, Nebel sorgt stellenweise für feuchten Asphalt. Der Firmenboss fährt die neue Ducati Monster 1200 in der S-Version, also mit Öhlins-Federungselementen, aufgewerteter Bremsanlage, Karbon-Zierrat und einem mit 145 PS gegenüber der Basisversion 10 PS stärkeren Motor. Und der schiebt mächtig an, lässt beim Spurt das Vorderrad luftig über dem Asphalt tanzen.

Fahren darf die MOTORRAD-Delegation noch nicht, Probe sitzen ist erlaubt. Ergonomisch ist bei der Ducati Monster 1200 im Vergleich zur 796 ein deutlicher Fortschritt zu erkennen, die Lenkerenden sind höher und weniger nach unten gekröpft. Die Maschine wirkt weniger beengt, bietet auch langen Fahrern Platz. Die Sitzhöhe ist zweifach verstellbar. Typisch Ducati bleibt, dass der rechte Fuß mit der Ferse am Krümmer anstößt.

Begeisternd ist das TFT-Display mit seinen vielen Farben und hohem Kontrast, bei allen Lichtverhältnissen hervorragend ablesbar. Diesbezüglich sieht die gesamte Konkurrenz in diesem Segment reichlich alt aus. Zumal das Ducati-Cockpit vielfältige Möglichkeiten bietet: Layout und Anzeige-Inhalte springen analog zu den Fahrmodi um. Drei Programme – Sport, Touring und Urban – bietet die neue Ducati Monster 1200, diese nehmen Einfluss auf Ansprechverhalten und Leistungsabgabe des Motors, ABS-Regelung und Traktionskontrolle. Über ein Set­up-Menü ist des Weiteren eine individuelle Programmierung möglich. Die S-Variante verfügt über feinste Bremskomponenten aus dem Supersportbereich mit riesigen 330er-Scheiben und Brembo-M50-Zangen. Ein Bosch-ABS der neuesten Generation gewährleistet eine sichere Verzögerung auch unter diesen glibbrigen Bedingungen.

Neue Ausrichtung bei der Fahrwerksabstimmung

Claudio Domenicali legt Wert darauf, dass man hinsichtlich der Fahrbarkeit große Fortschritte gemacht habe: „Wir haben viele Änderungen am Motor durchgeführt, zum Beispiel ein neues Ride-by-Wire, das den Motor fein kontrollierbar macht.“ Das sind doch mal neue Töne aus Bologna. Ob nun endlich der Groschen gefallen ist? Möglicherweise, denn auch bei der Fahrwerksabstimmung zeichnet sich eine neue Ausrichtung ab. Die Ducati Monster 1200 S erscheint angenehm komfortabel abgestimmt, die Federung spricht fein an. Sofern man das von außen beurteilen kann, arbeiten die Öhlins-Komponenten vorn und hinten in guter Balance. Das war nicht immer so. Zur neuen Ausrichtung passt ein dezent-voluminöser Sound, kein donnerndes Geballer. Ob die Monster nun ihren Schrecken verliert? Zahmer scheint sie auf jeden Fall zu sein, zahnlos sicher nicht.

Claudio Demenicali im Interview

Ducati
Ducati-Chef Claudio Domeni­cali (links) mit MOTORRAD-Chefredakteur Michael Pfeiffer im Gespräch über die neue Mons­ter 1200 und das Leitmotto „Performance redefined“.

Die Monster 1200 scheint ein von Grund auf neues Motorrad zu sein. Wann begann Ducati mit diesem Projekt?
Domenicali: Wir fingen bereits 2010 damit an, das Basiskonzept zu erarbeiten. Wir entschieden uns für den wassergekühlten Motor und entwickelten weitere Vorgaben im Sinne unseres neuen Leitmottos „Performance redefined“.

Ähnlich der Panigale ist der Motor nun ein substanziell mittragendes Bauteil. Waren dazu umfangreiche Verstärkungen nötig?
Domenicali: Nein, das Kurbelgehäuse ist sogar unverändert. Die Köpfe mussten für die Aufnahmepunkte von Hauptrahmen, Heck und Federbein allerdings stark modifiziert werden.

Unterscheidet sich der Motor der Monster 1200 ansonsten von den Versionen in Multistrada und Diavel?
Domenicali: Aktuell haben schon Multistrada und Diavel verschiedene Versionen des Elf-Grad-Testastretta 1198. In der Multistrada steckt der Motor der zweiten Generation mit Doppelzündung, Sekundärluftsystem und geänderter Einspritzung. Darauf basiert der Monster 1200-Motor mit den geänderten Köpfen. Außerdem hat er eine höhere Verdichtung und kleinere Drosselklappen, um mehr Drehmoment und eine sanftere Leistungsentfaltung zu bekommen.

Die Monster 1200 greift Design-Elemente von Diavel und Panigale auf. Ist das der neue Ducati-Stil?
Domenicali: Die 1200er ist total neu gestylt, trotzdem sofort als Monster erkennbar. Es freut mich, dass Sie eine Design-Linie erkennen können. Kontinuität und Markenidentität sind uns extrem wichtig.

Das vielfarbige, programmierbare TFT-Display sieht fantastisch aus. Ist solch ein Teil teuer?
Domenicali: Sowohl Hard- wie Software sind teuer in Entwicklung und Herstellung. Wir haben der Funktionalität viel Zeit gewidmet, auch hier nach unserem Motto „Performance redefined“.

Warum wurde die klassische luftgekühlte Monster 1100 aus dem Programm gestrichen?
Domenicali: Die Monster 1200 ersetzt das alte Modell. Sie ist ein neues Produkt mit modernem Konzept, mit mehr Leistung und mehr Komfort. In naher Zukunft bleiben daneben die luftgekühlten Modelle Monster 696 und 796 im Programm, sie sind der Einstieg in die Ducati-Welt.

Die große Streetfighter S ist ebenfalls gestrichen. Wird stattdessen eines Tages eine nackte Panigale kommen?
Domenicali: Das ist nicht geplant. Wir sind glücklich, dass wir mit der Monster 1200 und der Diavel zwei exzellente Angebote im Segment Naked Bikes haben. Es wäre leicht, ein nacktes Superbike zu bauen, aber es passt nicht zu unserer neuen Philosophie. Wir haben zum Beispiel bei der neuen Monster bewusst etwas Leistung ganz oben geopfert zugunsten von Fahrbarkeit im Alltagseinsatz. Wir glauben, dass diese Aspekte das neue Modell erheblich attraktiver machen als die extreme Spitzenleistung der großen Streetfighter. 

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Erscheinungsdatum 26.05.2023