Die Aprilia-V4-Modelle bremsen ab sofort ABS-unterstützt. PS fuhr die leicht überarbeiteten und mit Antiblockiersystem ausgerüsteten RSV4 R und Tuono des Jahrgangs 2014 unter glitschigen Umständen.
Die Aprilia-V4-Modelle bremsen ab sofort ABS-unterstützt. PS fuhr die leicht überarbeiteten und mit Antiblockiersystem ausgerüsteten RSV4 R und Tuono des Jahrgangs 2014 unter glitschigen Umständen.
Manchmal ist Regen beim Motorradfahren willkommen. Wenn nämlich die gravierendsten Neuerungen an einem Modell die ein Bosch-ABS und die Verfeinerung der Traktionskontrollen-Abstimmung sind. Wir freuten uns also, als der Belag des Circuito San Martino del Lago in der Nähe des italienischen Städtchens Cremona von Petrus dauerbewässert wurde - pünktlich zur Präsentation der neuen Aprilia Tuono V4 R APRC ABS und RSV4 R APRC ABS.
Während die göttliche Hilfe beim Veranstalter und dem einen oder anderen geladenen Tester die Mundwinkel hängen ließ, genossen wir die perfekten Bedingungen, um die elektronischen Assistenten auszuprobieren. Pirelli unterstützte das mit klebrigen Regenreifen, Fahrspaß war also ab der zweiten fliegenden Runde programmiert.
Den ersten Turn auf der Aprilia Tuono V4 R absolvierten wir im gemäßigten R-Mapping (Road) mit dem ABS auf Stufe 3 und der Traktionskontrolle auf Stufe 6. Wie auf Schienen fährt die Tuono durchs Nass, fühlt sich beim Beschleunigen jedoch immer an, als müsste sie eine Tonne Ballast hinter sich herziehen. Die TC regelt weich, nimmt fast nicht wahrnehmbar die Leistung zurück, um den Hinterreifen nicht zu überfordern. Das ABS bekommt selten etwas zu tun, wenn aber, dann besticht die sanfte Regelung. In Stufe 3 agiert das System integral, das Hinterrad bleibt aufgrund der programmierten Abhebe-Erkennung immer am Boden.
Im zweiten Turn dann freie Action: Das Mapping auf T (Track), das ABS auf Stufe 1 und die TC auf Stufe 4 eingestellt, dann geht es mit der Aprilia Tuono V4 R vehement und vom virtuellen Ballast befreit knackig voran. Die Pirellis kleben, das ABS regelt trotz deutlich erhöhtem Speed und spät gewähltem Bremspunkt nur sehr spärlich, dann aber überzeugend, und die TC regelt so gut wie gar nicht. Derart in Sicherheit gebettet, stellt sich unnachahmlicher Fahrspaß ein. Vorausgesetzt, man meidet Curbs und weiße Linien wie der Teufel das Weihwasser. Das Ansprechverhalten des um 3 PS erstarken V4, die zackigen, weichen Gangwechsel und die präzise zu dosierende Bremse machen ebenso Freude ohne Ende.
Was hat sich an der Aprilia Tuono V4 R sonst noch geändert? Es gibt neue Farben: Mattweiß und Schwarz stehen zur Auswahl. Die Landstraßen- und die Alltagstauglichkeit wuchsen. Dafür sorgt schon der von 17 auf 18,5 Liter vergrößerte Tank. Das weicher abgestimmte Fahrwerk (Gabel, Federbein und Lenkungsdämpfer von Sachs) sorgt für einen hohen Fahrkomfort, ohne die sportlichen Talente der Tuono zu stark zu beschneiden.
An der Gabel sind Druck- und Zugstufe nun getrennt voneinander in einem Gabelholm untergebracht, der Lenkungsdämpfer ist nach wie vor nicht einstellbar. Das Federbein ist dagegen wie gewohnt voll einstellbar und funktionierte bei den Testfahrten hervorragend. Kaum wahrnehmbar ist die geänderte, jetzt stärker gepolsterte Sitzbank. Auch sie erhöht den Fahrkomfort der Tuono V4 R APRC ABS, dem heißesten Eisen auf der Landstraße.
Auch das Superbike wurde für 2014 leicht modifiziert. Natürlich erhielt der Racer ebenfalls das Bosch-ABS und den größeren Tank. Nominell stieg die Leistung des V4-Motors dank des überarbeiteten Auspuffsystems und einer Anpassung des Einspritzmappings auf 184 PS. Zudem erfolgte etwas Feinjustage an der Traktionskontrolle. Diese wurde etwas weniger restriktiv ausgelegt, im Prinzip ihre Regelschwelle jeweils um eine Stufe angehoben.
Soll heißen: Im Vergleich zu 2013er Modellen regelt die TC jetzt immer eine Stufe weniger stark (Stufe 6 am Modell 2014 entspricht Stufe 5 am Modell 2013). Die Regelung selbst erfolgt wie an der Tuono sehr sanft und erhöht den Fahrspaß, vor allem bei Nässe, deutlich. Preislich liegt die Aprilia RSV4 R mit APRC-Elektronik-Paket und ABS bei 17 390 Euro (inklusive Nebenkosten), die mit leichten Rädern, Öhlins-Fahrwerk und Karbon-Teilen geadelte Factory-Version bei 22 790 Euro (inklusive NK).
Bleibt zu hoffen, dass die nun wirklich gereiften und hervorragend fahrbaren Aprilias 2014 endlich die ihnen zustehenden Kunden finden. Es wäre schade, wenn sie weiterhin Exoten blieben.
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Aprilia Tuono V4 R APRC ABS
Antrieb: Vierzylinder-65-Grad-V-Motor, vier Ventile/Zylinder, 125 kW (170 PS) bei 11 500/min*, 112 Nm bei 9500/min*, 999 cm3, Bohrung/Hub: 78,0/52,3 mm, Verdichtung: 13,0:1, Zünd-/Einspritzanlage, 48-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-Kupplung, Sechsganggetriebe, Kette, Traktionskontrolle.
Fahrwerk: Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 65 Grad, Nachlauf: 108 mm, Radstand: 1445 mm, Ø Gabelinnenrohr: 43 mm, Federweg v./h.: 120/130 mm.
Räder und Bremsen: Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/6.00 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 190/55 ZR 17, 320-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 220-mm-Einzelscheibe mit Zweikolben-Festsattel hinten, C-ABS.
Gewicht (vollgetankt): 188 kg. Tankinhalt: 18,5 Liter.
Grundpreis: 15 490 Euro (inkl. NK).
Die Tuono ist das fahraktivste Naked Bike auf dem Markt, die RSV4 ein doppelter Superbike-Champ. Dennoch will kaum einer diese Bikes haben. Ich hoffe sehr, dass sich das mit ABS und dem noch besser abgestimmten APRC-Paket 2014 ändert. Verdient hätten es die Bikes. Oder bin ich der Einzige, den die BMW S 1000 RR-Schwemme in den Paddocks langweilt?
Robert Glück