Weg mit glatten Flächen, weg mit Ecken und Kanten, weg mit der SV 650. Ihre Nachfolgerin, die Suzuki Gladius, soll junge Leute und Fahranfänger gleichermaßen ansprechen.
Weg mit glatten Flächen, weg mit Ecken und Kanten, weg mit der SV 650. Ihre Nachfolgerin, die Suzuki Gladius, soll junge Leute und Fahranfänger gleichermaßen ansprechen.
Ganze zehn Jahre ist es her, dass Suzuki die SV 650 auf den Markt brachte. Und in dieser Zeit hat sich der Zweizylinder-Mittelklässler immer wieder als durchzugsstarkes, agiles und leicht zu fahrendes Allroundtalent bewiesen. Das kantige Design ist allerdings in die Jahre gekommen. Weshalb nun eine Nachfolgerin hermusste. Die Gladius wirkt vom Tank über die Seitenverkleidungen, den Auspuff bis hin zum Rücklicht mit rundlichen, geschwungenen, fast schon verspielten Formen erfrischend jugendlich und modern. Angetrieben wird sie vom leicht modifizierten Vierventil-V-Motor, der schon die SV nachhaltig befeuerte.
Wirklich neu ist zunächst einmal der Rahmen. Ein graziles Gitterrohrgeflecht, ganz in Ducati-Manier, erfreut das Auge. Allerdings werden die seitlichen Alu-Guss-Teile, die bei der Italienerin die Schwinge aufnehmen, bei der Gladius durch einfache Plastikabdeckungen imitiert. Darunter verlaufen die Stahlrohre schlicht weiter. Eine preisgünstige Lösung. Das gilt auch für die einfach lackierte Stahlrohr-Auspuffanlage, die die wertige Edelstahl-Anlage der SV ersetzt. Jetzt aber Platz nehmen. Recht niedrig fällt die Sitzhöhe mit 785 Millimetern aus, und die schlanke Kontur im Übergang zum Tank trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei, dass kleinere Zeitgenossen mit beiden Füßen sicher den Boden erreichen. Wem das zu niedrig ist: Für Großgewachsene hat Suzuki eine drei Zentimeter höhere Sitzbank im Angebot.
Angenehm lässig liegt der gekröpfte Rohrlenker in den Händen, bequem fällt die Sitzposition aus, der moderate Kniewinkel ist nahezu perfekt. Locker reicht die lange Sitzbank für den Zwei-Personen-Betrieb, und der Beifahrer kann sich gut an den leicht erreichbaren Griffen festhalten. Einzig die etwas hart geratene Polsterung der Sitzbank könnte bei längeren Touren störend sein. Auf der überschaubaren Kanaren-Insel Fuerteventura, wo die Gladius der Presse vorgestellt wurde, fiel die straffe Polsterung jedoch kaum ins Gewicht. Dafür lieferte der neue Allrounder auf den kurvigen Küsten- und Bergstraßen der vegetationsarmen Insel einen ersten Vorgeschmack, wie handlich und präzise er zu lenken ist. Der Straßenbelag auf der Insel war aber zu perfekt, um die komfortable Fahrwerksabstimmung wirklich zu fordern. Die in der Federvorspannung, nicht aber in der Dämpfung einstellbaren Federelemente ließen allerdings ganz gut erkennen, dass ihnen sportliche Fahrweise nicht liegt: Bei forcierter Gangart beginnt das Heck der Gladius zu pumpen. Seis drum, sie dürfte ja eher Fahranfänger und weniger Geübte im Visier haben als Sportfahrer.
Bei der im Großen und Ganzen von der SV 650 übernommenen Bremsanlage wurden die Kolbendurchmesser des vorderen Hauptbremszylinders und die der Schwimmsattel-Bremszangen reduziert. Mit dem Resultat, dass für ordentliche Verzögerung nun nicht mehr zwei Finger am Hebel reichen, sondern die ganze Hand erforderlich ist. Zu kritisieren ist außerdem, dass die Gladius zunächst ohne ABS auskommen muss. Das wird frühestens im Sommer lieferbar sein. Dagegen erweist sich der unverändert 72 PS starke Motor weiterhin als Quell der Freude. Diverse Maßnahmen verbessern den Kaltstart, sorgen für eine einfacher zu dosierende Kupplung und erleichtern die ohnehin schon gute Schaltbarkeit des Sechsganggetriebes. Geänderte Schwungmassen an der Kurbelwelle, leichtere Ventile und Federn, überarbeitete Nockenwellenprofile sowie eine neue Einspritzanlage mit Doppeldrosselklappen liefern noch mehr Drehmoment und Leistung im unteren und mittleren Drehzahlbereich als zuvor. Trotzdem hat der V-Twin nichts von seiner Spritzigkeit verloren, dreht sogar locker bis in den roten Bereich. Eine Unart ist ihm jedoch geblieben. Nach wie vor geht er im Kurvenscheitelpunkt je nach Drehzahl mehr oder minder harsch ans Gas.
Wer die Gladius sofort bestellt, bezahlt momentan noch 6290 Euro. Der extrem gestiegene Yen-Kurs wird aber laut Suzuki schon im Frühjahr zu einer deutlichen Preissteigerung führen. Mit ABS dürfte dann eine Sieben vorne stehen. Schade, präsentiert sich die Gladius als ein leicht zu beherrschendes Motorrad, das der SV motorisch sogar noch überlegen scheint.
Plus
+ Motor durchzugsstark und drehfreudig
+ Federung komfortabel
+ Fahrwerk handlich und präzise
+ Sitzposition niedrig und bequem
Minus
- Bremsen benötigen hohe Handkraft
- ABS noch nicht lieferbar
- Verarbeitungsqualität schlechter als bei der Vorgängerin
Motor
Wassergekühlter Zweizylinder-90-Grad-V-Motor, je zwei oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 39 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 375 W, Batterie 12V/10 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 46:15.
Bohrung x Hub 81,0 x 62,6 mm
Hubraum 645 cm³
Verdichtungsverhältnis 11,5:1
Nennleistung 53,0 kW (72 PS) bei 8400/min
Max. Drehmoment 64 Nm bei 6400/min
Fahrwerk
Gitterrohrrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 41 mm, verstellbare Federbasis, Zweiarmschwinge aus Stahl, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 290 mm, Doppelkolben-Schwimmsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 240 mm, Einkolben-Schwimmsattel.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.00 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17
Maße+Gewichte
Radstand 1445 mm, Lenkkopfwinkel 65,0 Grad, Nachlauf 106 mm, Federweg v/h 125/130 mm, Sitzhöhe 785 mm, Leergewicht 202 kg, Tankinhalt 14,5 Liter
Garantie zwei Jahre
Farben Schwarz, Schwarz/Grün, Weiß/Blau, Weiß/Rot
Preis 6290 Euro
Nebenkosten zirka 150 Euro