Suzuki GSX-S 750 im PS-Fahrbericht
Feuriger Vierzylinder

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Die Suzuki GSX-S 750 wirkt auf Bildern martialisch, im Datenblatt mit 114 PS und 81 Nm bei vollgetankt 213 kg beinahe zurückhaltend. Liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte? Der erster PS-Test der Suzuki GSX-S 750 klärt das!

Feuriger Vierzylinder
Foto: Suzuki

Moooaab, mit tiefem Ansaugkehlen zieht sich die Suzuki GSX-S 750 Frischluft durch ihre großen Nüstern. Sound-Engineering über zusätzliche Bohrungen in der Airbox. Das klingt böse, rebellisch, bedrohlich. Und freut jeden, der diese Attribute teilt. Steht der- oder diejenige zudem auf das schrille Kreischen hochdrehender Vierzylinder, kommt er oder sie an der Suzuki GSX-S 750 nicht vorbei. Warum? Weil die neue Suzuki GSX-S 750 die GSR 750 ersetzt und sonst keine andere Marke diese Hubraumklasse mehr bespielt. Kawasaki mustert die Z 800 dieses Jahr aus, auch die FZ8/Fazer8 von Yamaha tauchen längst nicht mehr in den Verkaufslisten auf. Und Honda? Führt schon seit Ewigkeiten nichts Entsprechendes im Programm, von den Europäern ganz zu schweigen.

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Feuriger Vierzylinder
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Suzuki GSX-S 750 mit 114 PS

Nun steht die Suzuki GSX-S 750 also allein auf weiter Flur und muss sich schon sehr bald gegen die starke Konkurrenz mit zwei und drei Zylindern behaupten. Sich dessen bewusst, arbeitete Suzuki fleißig am Reihenvierer. Der stammt in seiner Grundform vom Supersportler GSX-R 750 von 2005 und befeuerte abgewandelt bereits die GSR. Wesentliche Neuerungen für dieses Jahr: um 500/min auf 10.500/min erhöhte Drehzahl bei Nennleistung, neue 10-Loch-Einspritzdüsen, Verbindungsbohrungen im Kurbelgehäuse für weniger Pumpverluste. Diese Maßnahmen sollen der Neuen acht muntere Ponys zusätzlich bescheren und damit die Leistung auf 114 PS anheben. Ein neuer Auspuff (keine Klappensteuerung) mit den Katalysatoren der großen Schwester GSX-S 1000 komplettieren motorseitig die Hardware-Änderungen. Für einen zackigen Antritt übersetzte Suzuki die 750er zudem hinten einen Zahn kürzer. Doch was bringt’s?

Video: Soundcheck und Präsentation

Sämtliche Elektronik während der Fahrt frei wählbar

Zunächst einmal enttäuschend wenig. Speziell bei sportlicher Fahrweise wirkt die Suzuki GSX-S 750 bis 7.000/min etwas saftlos, packende Dynamik gaukelt lediglich das erwähnte Ansauggeräusch vor. Nach dieser Marke ändert sich das jedoch schlagartig. Dann wird das Naked Bike plötzlich quicklebendig und schießt wild durchs Revier. Hungrig dreht der Vierling immer weiter, erst der Begrenzer um 12.000/min bereitet der Orgie ein Ende. Was für ein Ritt! Verhaltener Anfang, heftiges Finale – typisch Supersportler. Charakteristisch sind auch die allzeit präsenten Vibrationen, die eingeschworene Fans jedoch locker wegstecken. Zumal der Antrieb mit der Traktionskontrolle nun ein leckeres neues Feature bietet.

Das System überraschte allerdings mit einer ungewöhnlichen Eigenart. Beim Wheelen über eine Kuppe unterbrach es den Schub komplett und gab die Power erst wieder frei, nachdem der Pilot das Gas komplett geschlossen hatte. Laut Hersteller eine reine Sicherheitsmaßnahme, die erst dann greift, wenn die TC stark korrigieren muss und nicht nur die Drosselklappen schließt, sondern auch auf Spätzündung stellt. Die Elektronik regelte jedoch nur einmal derart vehement, sonst überzeugte sie auf allen drei Stufen mit kurzen Intervallen. Einrad-Akrobaten aufgepasst: Zünftige Wheelies gestattet die Suzuki GSX-S 750 nur bei deaktivierter TC. Glücklicherweise sind sämtliche Stufen inklusive On-Off-Funktion auch während der Fahrt frei wählbar – klasse!

Lasche Bremsen der Vorgängerin sind passé

Moderne Zeiten auch bei der Bremse der neuen Suzuki GSX-S 750. Radial verschraubte Vierkolben-Festsättel von Nissin ersetzen die Tokico-Schwimmsättel der GSR. Außerdem zieren nun Wave-Scheiben die Anlage. Die beißt zwar nicht urgewaltig zu, gefällt aber mit ordentlichem Druckpunkt und gleichmäßiger, effektiver Wirkung. Kein Vergleich zu den laschen Ankern der Vorgängerin. Keine Änderungen beim Regelverhalten des ABS: Das System greift nach wie vor etwas früh und grob ein, außerdem lässt es bergab bisweilen Stoppies zu – Vorsicht, Überschlag nicht ausgeschlossen!

Erfreulich ist dagegen, dass die neue Suzuki GSX-S 750 schön handlich durch die Ecken pfeilt. Kurvenswing vom Feinsten. Lediglich sensible Naturen attestieren ihr einen leicht nervösen Touch beim Einlenken. Einen großen Anteil am easy Handling haben die Sohlen von Bridge­stone. Der Reifenhersteller entwickelte gemeinsam mit Suzuki den aktuellen Sportgummi S 21 in Sonderspezifikation „G“. Vorn ein wenig spitzer, hinten 500 Gramm leichter und jeweils mit einem anderen Unterbau ausgestattet, kaschieren die Gummis gekonnt das um drei auf 213 Kilo angestiegene Gewicht (Werksangabe). Die Masse spürt man allenfalls noch beim Umlegen in Wechselkurven. Kennzeichnend für diese Bike-Gattung ist das tendenziell komfortabel abgestimmte Fahrwerk. Dennoch verkraftetdas Fahrwerk der Suzuki GSX-S 750 sportliche Einlagen bis zu einem gewissen Grad überraschend gut. Ebenfalls typisch für diese Preiskategorie: Gabel und Federbein könnten feinfühliger ansprechen.

Styling Suzuki GSX-S 750

Das Styling der Suzuki GSX-S 750 orientiert sich nun an der GSX-S 1000 und trennt die Lager in Gegner und Befürworter. „Langweilig, alles schon mal gesehen“, sagt die eine Gruppe. Ein „aufregendes Raubtier-Design“ bescheinigt ihr die andere. Hier muss sich jeder sein eigenes Bild machen. Neue Hoffnung für Suzuki? Für Fans dieser Motorcharakteristik stimmt die Richtung jedenfalls.

Die aktuelle Ausgabe
PS 6 / 2023

Erscheinungsdatum 10.05.2023