Top-Test: Aprilia Tuono V4 R APRC
Italienisches Naked Bike mit mächtig Dampf

In Noale haben sie es wieder getan. Haben das grollende Erbgut der Vollblutsportlerin Aprilia RSV4 fast eins zu eins in die nackte Tuono gepackt. Das Ergebnis: ein Naked-Bike-Gewitter, das sich gewaschen hat.

Italienisches Naked Bike mit mächtig Dampf
Foto: Fotos: fact

Rein messtechnisch sind es ein paar Zentimeter, gefühlt sind es Welten. Acht in der Höhe und neun in der Breite, um genau zu sein. Exakt um diese Beträge unterscheiden sich die Lenkerhöhen und Lenkerbreiten von Aprilias Vollblutsportlerin RSV4 und ihrer jüngsten Schwester, der Tuono (italienisch: Donner). Mit verblüffendem Ergebnis: Den entfesselten Gewalten des famosen 1000er-V4 lässt es sich auf der Sportlerin weitaus effektiver entgegenstemmen als auf der neuen Tuono V4 R. Aprilias neueste Kreation zieht selbst ausgewiesenen Kraftmeiern unweigerlich derart die Arme lang, dass sich mancher Orthopäde Sorgen um die Schultergelenke macht.

Rückblende: Es ist noch nicht lange her, da wäre ein Motorrad wie die Aprilia Tuono V4 R angesichts der extremen Eckdaten ein frommer Wunsch geblieben. So wie damals, als viele von einer nackten ZX-10R mit hohem Lenker träumten und statt dessen mit der xtrovertierten, aber im Grunde ihres Kurbelgehäuses kreuzbraven Z 1000 bedient wurden. Anders sei das nicht umsetzbar, hieß es damals, ein Motorrad mit der Leistung einer ZX-10R und einem so geringen Gewicht wäre aus Gründen der dynamischen Radlastverteilung (auf gut Deutsch: der permanenten Tendenz zur Einradakrobatik) und Stabilität mit einem breiten, hohen Lenker praktisch nicht fahrbar.

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Aprilia Tuono V4 R APRC Cockpit.

Tuono V4 R, Mit 212 Kilogramm vollgetankt ebenso leicht wie die Rennschwester RSV4, mit 167 PS Nennleistung fast ebenso stark. Kann das gut gehen? Immerhin hat man bei Aprilia Erfahrung mit derart radikalen Konzepten. Schon die alte Tuono war ähnlich konditioniert. Zugegeben, mit dem relativ "zahmen" V2, der in seiner letzten Ausbaustufe gerade einmal 133 PS entwickelte und zum Vergleich mitfuhr, war das kein Wagnis.

Und noch ein entscheidender Unterschied: Im Vergleich zur Vorgängerin, bei der die Metamorphose vom Vollblut-Sportler zur Straßenkämpferin noch ohne tiefer gehende Eingriffe vonstatten ging, investierte Noale bei der Tuono V4 jede Menge Feinarbeit. Ein Beispiel dafür: die rahmenfeste Verkleidung, die nicht nur die Einlassschächte des Ram-Air integrieren muss, sondern bei hohem Tempo auch für zusätzlichen Druck aufs Vorderrad sorgt. "Ohne die", so Tuono-Projektleiter Marco Zuliani, "hätten wir die Leistung im sechsten Gang künstlich kappen müssen, weil es hinsichtlich der Fahrstabilität kritisch geworden wäre." So aber darf der V4 frei aufspielen, wurde lediglich über zahmere Steuerzeiten, um 20 Millimeter längere Ansaugschnorchel, etwas mehr Schwungmasse an der Kurbelwelle sowie die reduzierte Maximaldrehzahl (von 12500 auf 11500/min) kultiviert und auf Durchzug getrimmt. Alles im Dienste eines noch spontaneren Antritts, zu dem auch die im Vergleich zur RSV4 kürzer übersetzten ersten drei Gänge ihren Teil beitragen sollen. Und, wenn wir schon bei den Änderungen sind: Der Motor hängt um einen halben Zentimeter tiefer im Rahmen, der Radstand ist 25 Millimeter länger, der Lenkkopf um 0,5 Grad flacher angestellt und zehn Millimeter weiter vorne, der Schwingendrehpunkt liegt fünf Millimeter tiefer.

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In der High-End-Liga Standard: die Auspuffklappe, die bei der Tuono drehzahlabhängig gesteuert wird.

Und? Fühlt man das? Natürlich nicht so unmittelbar wie die um zwölf Millimeter tieferen Rasten und den hohen, breiten Lenker, der die Sitzposition im zivilen Leben spürbar entkrampft. Aber man ahnt schon beim Anlassen, beim kernigen Bollern aus dem attraktiven Schalldämpfer, dass sich dort etwas Gewaltiges zusammenbraut. Dann die ersten Meter und die Gewissheit: Das ist kein laues Lüftchen, sondern ein ausgewachsenes Gewitter. Keine Nummer für Zauderer und Bedenkenträger, sondern ein Stresstest auch für diejenigen, die sich mit allen Wassern gewaschen wähnen.

Was folgt, ist gewiss eine der ultimativsten Erfahrungen, die der Serienmotorradbau im öffentlichen Straßenverkehr zu bieten hat. Sie beginnt spätestens, wenn der V4 auf Betriebstemperatur ist, die Drosselklappen auf Durchzug gestellt sind und die Drehzahlen gen 10000er-Marke schnellen. Zack, zack - praktisch ohne Lastwechselschlag werden die Gänge dank Schaltautomat blitzschnell durchgesteppt, feuert die Tuono mit mächtig Haftung am 190er-Hinterrad (Pirelli Diablo Corsa) auf die nächste Ecke zu, wird das Vorderrad mit zunehmender Drehzahl leicht und leichter, donnert der V4 seine typische Zündfolge durch die nun weit aufgestellte Auspuffklappe. Das alles passiert wie im Zeitraffer, sodass die nächste Ecke deutlich schneller kommt als erwartet. Also Anker werfen, und zwar richtig. Doch Achtung! Wer angesichts des Sensors am Vorderrad auf Antiblockierhilfe setzt und voll zulangt, liegt komplett falsch - und bald auf der Nase, weil Aprilia das komplette norditalienische Fahrassistenz-Expertenteam an den Kurvenausgang beorderte. Das jedenfalls legt der geballte Elektronik-Pool nahe, der sich in der Beschleunigungsphase um kontrollierte Haftung bemüht. ATC (Aprilia Traction Control), AWC (Aprilia Wheelie Control) und AQS (Aprilia Quick Shift) stehen bereit, um den grobmotorischen Umgang mit der geballten Kraft in geordnete Bahnen zu lenken. Die Aprilia-Techniker haben sich sogar Gedanken um den möglichst effektiven Ampelsprint (Aprilia Launch Control) gemacht - und dabei so profane Dinge wie ein ABS glatt vergessen.

Jetzt Spaß beiseite: Natürlich wäre bei einem derart leichten und derart starken Motorrad, das bei Vollbremsungen mindestens eine so heikle dynamische Radlastverteilung aufweist wie in der Beschleunigungsphase, ein hochwertiges ABS mit funktionierender Überschlagserkennung Gold wert. Man arbeite daran, ist aus Noale zu hören. Und werde dann mit dem besten System von allen reüssieren.

In nahezu jeder anderen Hinsicht jedoch werden potenzielle Tuono-Kunden vortrefflich bedient. Das gilt nicht nur für die Traktionskontrolle, die sich am linken Lenkerende in acht Stufen bequem einstellen lässt und feinfühlig regelt (was auf guten Landstraßen seltener, auf schlechtem Geläuf häufiger notwendig ist), sondern vor allem auch, was die Primärtugenden für einen Streetfighter dieses Anstrichs angeht. Ganz vorn dabei: das atemberaubende Handling, das in Kombination mit der messerscharfen Rückmeldung (Federbein und Gabel werden von Sachs geliefert) und der unbedingten Neutralität bis in tiefste Schräglagen für ein Kurvenerlebnis der Extraklasse sorgt. Dabei hilft dem Fahrer die vorderradorientierte Sitzposition ebenso wie die leicht frontlastige Gewichtsverteilung (51 zu 49 Prozent). Am meisten jedoch helfen die idealen Abmessungen des kompakten 65-Grad-V4, der hinsichtlich Einbaulage und Schwerpunkt wohl das Optimum dessen darstellt, was man mit einem Vierzylinder erreichen kann.

Allerdings - und das darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben - zahlt man zumindest für die entsprechende Leistungsausbeute seinen Preis. Nicht nur an der Zapfsäule, wo die Tuono sich mit 6,6 Litern (gefahren im landstraßentauglichen S-Einspritzmodus) am oberen Rand der Säuferskala bewegt, sondern auch bei der Fahrwerksabstimmung. Die nicht zu verleugnende Härte des Federbeins passt zwar zur radikalen Auslegung, ist jedoch vor allem der hohen Motorleistung geschuldet. Man stelle sich vor, die Tuono würde es bei beherztem Leistungseinsatz hinten richtig in die Feder ziehen. Dann wäre das Vorderrad kaum noch am Boden zu halten und der bei Stadtfahrten durchaus spürbare Sachs-Lenkungsdämpfer hätte noch deutlich mehr zu tun als ohnehin schon.

Ein etwas exakteres Ansprechverhalten des Motors (der V4 nimmt auch in der Tuono-Ausbaustufe nur mit leichter Verzögerung Gas an) wäre hingegen auch ganz ohne Nachteile zu haben und würde den Umgang mit der Tuono V4 R gerade in kniffligen Situationen (zum Beispiel auf dem Hinterrad) erleichtern. Das wäre zusammen mit einem entsprechend progressiv ausgelegten ABS ein großer Schritt hin zu einer Performance, die nur ganz schwer zu toppen ist.

Fact
Wer viel leistet, braucht viel Kühlung: Die riesigen Waben tarnt die Tuono-Verkleidung recht geschickt.

Motor:
Der begeisternde V4 ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Aprilia tut daher gut daran, an den Schwächen zu arbeiten und die Stärken zu betonen. So ist die Laufruhe im Rahmen der Tuono-Adaption deutlich besser geworden, während es hinsichtlich des Ansprechverhaltens noch Nachbesserungsbedarf gibt. Dasselbe gilt für das Startverhalten. Nach kalten Nächten nimmt er nur unwillig Gas an, warm gefahren springt er schlecht an. Trotzdem: Der V4 ist ein faszinierender Antrieb.

Fahrwerk:
Ein Naked Bike, das punktemäßig auf Supersportlerniveau liegt: Allein diese Tatsache sagt aus, wie die Tuono gestrickt ist. Egal ob Handlichkeit, Lenkverhalten oder Rückmeldung - die Aprilia ist überall top. Selbst die Geradeauslaufstabilität ist über jeden Zweifel erhaben, limitierender Faktor ist der hilflos im Wind hängende Fahrer. Dass es bei einer solchen Ausrichtung mit dem Federungskomfort nicht weit her sein kann, leuchtet ein. Das wäre auch ein wenig zu viel verlangt.

Alltag:
In dieser Hinsicht gibt es große Nackte, die besser aufgestellt sind. Dem Sozius fehlt eine akzeptable Haltemöglichkeit, was angesichts der gebotenen Fahrdynamik besonders tragisch ist. Die Frontverkleidung liefert nicht viel Windschutz, unterbindet lästige Turbulenzen jedoch recht wirkungsvoll, und die Gepäckunterbringung ist mangels Haken unzureichend. Auch mit der Reichweite ist es nicht weit her.

Sicherheit:
Das ist unglaublich: Da ist die Tuono zumindest in der aufpreispflichtigen und empfehlenswerten APRC-Version (1200 Euro extra) vollgestopft mit Elektronik - und hat kein ABS an Bord. Bremswirkung und -dosierung hingegen sind tadellos, das Aufstellmoment ist gering.

Kosten:
Der Verbrauch des V4 ist immer noch hoch, aber nicht mehr so exorbitant wie bei den ersten RSV4-Versionen. Trotzdem gilt für die Kosten: Da könnte man auch Supersportler fahren.

 Max. Punktzahl  Aprilia
Gesamtwertung  1000  660
Preis-Leistungs-Note  1,0  2,7


Im vollen Elektronik-Ornat ist die Tuono V4 R APRC kein Preis-Leistungs-Wunder. Trotzdem schlägt sie sich angesichts der strammen Punkteausbeute beachtlich.

Fazit:
Chapeau, das ist ein Aufschlag. Aprilia hat sich mit der Tuono V4 R bei der Verwandlung vom Supersportler in ein radikales Naked Bike viel Mühe gegeben. Und diese Mühe hat sich gelohnt. Dabei sollte jedoch klar sein, dass sie nicht für den gemütlichen Sonntagsurlaub gebaut wurde und auch nicht für die Urlaubstour zu zweit. Tief in ihrem Inneren ist die Tuono Racer geblieben. Und das ist gut so!

Fact
Leistungsdaigramm: Leistung an der Kurbelwelle.

Motor
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-65-Grad-V-Motor, je zwei oben liegende, zahnrad-/kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung Ø 48 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 450 W, Batterie 12 V/9 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 42:16.
Bohrung x Hub 78,0 x 52,3 mm
Hubraum 1000 cm³
Verdichtungsverhältnis 13,0:1
Nennleistung 123,0 kW (167 PS) bei 11500/min
Max. Drehmoment 112 Nm bei 9500/min

Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Up-side-down-Gabel, Ø 43 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Lenkungsdämpfer, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Zweikolben-Festsattel.
Alu-Schmiederäder 3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 190/55 ZR 17
Bereifung im Test Pirelli Diablo Rosso Corsa

Maße + Gewichte
Radstand 1445 mm, Lenkkopfwinkel 63,0 Grad, Nachlauf 107 mm, Federweg v/h 120/130 mm, zulässiges Gesamtgewicht 401 kg, Tankinhalt/Reserve 17,0/3,6 Liter.

Service-Daten

Service-Intervalle 10000 km
Öl- und Filterwechsel alle 10000 km/4,0 Liter
Motoröl SAE 5W40
Telegabelöl SAE 0W
Zündkerzen NGK-R CR9EKB
Leerlaufdrehzahl 1500 ± 100/min
vorn/hinten (Sozius)2,3/2,5 (2,5/2,8) bar
Garantie zwei Jahre
Farben Gelb, Schwarz, Grau

Archiv
Leistung am Hinterrad

An der Kurbelwelle ist die Sache klar. Ab zirka 8500/min überflügelt der neue V4 den alten V2 und zieht uneinholbar davon. Ebenso klar: Bis dahin hat der V2 Vorteile, startet im Drehzahlkeller mit mehr Schwung und zeigt im mittleren Drehzahlbereich einen deutlichen Drehmomentvorteil.

Soweit zur Kurbelwellenleistung. Betrachtet man die Sache hingegen am Hinterrad, wird deutlich sichtbar, was auch im Fahrbetrieb allgegenwärtig ist. Die alte Tuono hat Getriebeabstufung und Sekundärübersetzung eins zu eins von der RSV 1000 übernommen und ist damit viel zu lang übersetzt. Auch deutlich länger als die viel stärkere Tuono V4 R, deren erste drei Gänge sogar eigens auf das neue Einsatzgebiet abgestimmt wurden. Ergebnis: Gemessen im letzten Gang (aber eben auch in den unteren Gängen) steht am Hinterrad spürbar weniger Leistung zur Verfügung (siehe Diagramm), und zwar schon im landstraßenrelevanten Bereich jenseits der 60 km/h. Diese Tatsache schlägt sich spürbar auch in der subjektiven Wahrnehmung nieder. Die neue Tuono wirkt viel temperamentvoller.

Bei der Bremsprüfung ereilt die neue Tuono das Schicksal aller Supersportler. Die Vierkolbenzangen beißen vehement und gut kontrollierbar zu, die Verzögerung steigt steil an - bis zu dem Punkt, an dem das Hinterrad wegen der dynamischen Radlastverteilung nicht am Boden zu halten ist und der Überschlag droht. Das Ergebnis: überschaubare 9,7 m/s2 und ein Bremsweg von 39,8 Metern.


Fahrleistungen


Höchstgeschwindigkeit 270 (255) km/h
Motorrad-messung 260  km/h

Beschleunigung

0-100 km/h 3,2 (3,5) sek
0-140 km/h 4,9 (5,4) sek
0-200 km/h 8,7 (10,0) sek

Durchzug

60-100 km/h 3,8 (4,6) sek
100-140 km/h 3,7 (4,7) sek
140-180 km/h 3,8 (6,0) sek

Tachometerabweichung

Effektiv (Anzeige 50/100) 47/97 (49/95) km/h

Drehzahlmesserabweichung

Anzeige roter Bereich 12500 (11500)/min
Effektiv 12400 (11000)/min

Verbrauch

bei 130 km/h 6,6 (5,5) l/100 km
Landstraße 6,2 (5,4) l/100 km
Theor. Reichweite Landstraße 274 (333) km
Kraftstoffart Super

Maße+Gewichte
L/B/H 2060/940/1170 (2045/860/1220) mm
Sitzhöhe 820 (840) mm
Lenkerhöhe 960 (1030) mm
Wendekreis 6800 (6840) mm
Gewicht vollgetankt 212 (215) kg
Zuladung 189 (185) kg
Radlastverteilung v/h 50/50 (49/51) %

Tuono Alt gegen Tuono Neu

Fact
Ansichtssachen: Die neue Tuono wirkt aus allen Perspektiven zierlicher. Vor allem die voluminöse Auspuffanlage dominiert das Erscheinungsbild der alten Tuono.

Auch wenn die Marschrichtung bei Aprilia sich grundsätzlich nicht verändert hat: Die neue Tuono V4 R geht im Gegensatz zu ihrer V2-Vorgängerin als echtes Gewitter durch. Aber nicht, weil sie die reine Sportlerlehre ungefilterter ins Naked-Bike-Revier trägt. Sondern weil ihre Basis, die RSV4, ein ganz anderes Kaliber ist als die alte Mille.

Das liegt vor allem am Motor. Der Rotax-V2 ist zwar ein wackerer Vertreter seiner Klasse, glänzt jedoch mehr durch seine Zuverlässigkeit als durch eine geschmeidige Laufkultur und die reine Performance. 133 Prüfstands-PS: Das ist in Zeiten, in denen die aufgebohrten 1200er-Zweizylinder von Ducati und KTM über 170 PS abliefern und eine Ducati Multistrada mehr als 150 PS auf die Prüfstandsrolle drückt, nicht eben rekordverdächtig. Nur zum Vergleich: Der neue Aprilia-V4 liefert diese Leistung quasi nebenbei im Regenmodus ab.

Dafür, dass Tuono alt gegen Tuono neu beinahe lethargisch wirkt, ist jedoch eine ganz andere Tatsache weit mehr verantwortlich. Es ist die ellenlange Sekundärübersetzung, welche die V2-Tuono im direkten Vergleich ins Phlegma fallen lässt (siehe Messwerte, Leistungskurven und Gangdiagramme auf Seite 20). Sie ist bei gleichem Tempo immer mit deutlich niedrigerer Drehzahl unterwegs. Das ist gut für den Verbrauch und die Geräuschentwicklung, aber schlecht fürs Temperament.

Dasselbe gilt in abgeschwächter Form auch für die Fahrwerksseite. Schon die alte Tuono ist handlich, neutral, toll ausbalanciert, liefert ordentliche Rückmeldung. Die neue jedoch kann das alles noch spürbar besser. Egal ob beim beherzten Anbremsen, Abwinkeln oder am Kurvenausgang: Wer nur auf der alten Tuono unterwegs ist, ist zufrieden. Steigt er auf die neue um, ist er begeistert.

Das gilt sogar für die vorderradorientiertere Sitzposition. Auf der höheren, insgesamt mächtiger wirkenden alten Tuono sitzt man auch 20 Millimeter höher. Die Lenkerenden jedoch liegen sogar um 70 Millimeter höher. Dass es trotzdem weniger entspannt zugeht, liegt an den hohen Fußrasten und dem daraus resultierenden engen Kniewinkel. 445 Millimeter lichter Höhe - da wird es selbst für Kurzbeinige eng.

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