Der neuen Rocket 3 hat Triumph noch mehr Hubraum und Newtonmeter spendiert, gleichzeitig aber auch das Gewicht nach unten geschraubt. Klingt nicht schlecht, das zeigt auch der erste Fahreindruck mit dem neuen Triple-Oberhaupt auf Teneriffa.
Der neuen Rocket 3 hat Triumph noch mehr Hubraum und Newtonmeter spendiert, gleichzeitig aber auch das Gewicht nach unten geschraubt. Klingt nicht schlecht, das zeigt auch der erste Fahreindruck mit dem neuen Triple-Oberhaupt auf Teneriffa.
Um gleich am Anfang Missverständnisse zu vermeiden: Die neue Rocket 3 von Triumph ist immer noch ein verdammt großes Motorrad. Fast 1,7 Meter Radstand, dazu ein Gewicht von guten 320 Kilogramm vollgetankt und Reifen, deren Dimensionen beim Badeurlaub locker als Schwimmring durchgehen könnten – tight sieht anders aus. Dennoch muss die neue Rocket 3 den Vergleich mit der Vorgängerin nicht scheuen, denn die wog noch einmal 40 Kilogramm mehr. Das sagen die Engländer zumindest. Der zweifelsfreie Beleg auf der geeichten MOTORRAD-Waage fehlt noch. Aber das Versprechen vom Triumph klingt glaubhaft, weil sie beim neuen Big Triple wirklich jede Schraube und jedes Teil neu entwickelt haben. Von der alten Rocket 3 ist nur die Zündbox geblieben. Alles andere wurde innerhalb der vierjährigen Entwicklungszeit komplett neu ausgelegt und auf jedes Gramm hin geprüft. Auch gerade deshalb, weil der neue Motor mit jetzt satten 2.458 Kubik nochmals an Hubraum zugelegt hat. Die Kombination aus weniger Kilos und mehr Druck klingt doch richtig vielversprechend.
Daher machen wir jetzt auch Druck, nötigen den Anlasser dazu, den Motor für erste Zündungen durchzudrehen. Sofort entweicht angenehmes Big-Bike-Brabblen aus den insgesamt drei Töpfen, die sich den Platz links und rechts neben dem Motorrad teilen. Satt rastet der erste Gang im Getriebe ein, dessen schräge Zahnräder extra viel Drehmoment übertragen können. Und das müssen sie auch, schließlich soll der neue Motor in der Spitze 221 Nm bei 4.000 Umdrehungen leisten. Wobei dieser Wert rein akademischer Natur ist, weil das Drehmoment quasi von 2.000/min bis zur Abregeldrehzahl etwas unter 7.000 Touren eigentlich nie unter 200 Nm liegt. Schub ist auf dem Papier also vorhanden.
Und Schub ist auch beim Fahren da. Supersauber hängt der große Dreizylinder in allen Fahrmordi (Rain, Road, Sport, Rider) am Gas, sind vom fetten Kardan der schicken, neuen Einarmschwinge selbst beim wildesten Manöver mit der Gashand keine Zuckungen zu spüren. Und mit Macht schiebt der Drilling im genannten Drehzahlbereich nach vorne. Nie überfallartig, sondern eher wie Thors-Hammer, der mit Eleganz von einem englischen Gentleman geschwungen wird. Der Lohn des Ganzen: Die Rocket 3 paart ein tolles Spurt- und Durchzugsvermögen, ohne beim Abrufen der vollen Power zu überfordern.
Allerdings kann es dann beim Surfen auf der wirklich fetten Leistungswelle schon mal passieren, dass der eilige Rocketman etwas zu forsch auf die nächste Biegung zusteuert. Dann heißt es schnell ein paar Gänge im Getriebe nach unten schalten, weil die schieren Schwungmassen des Motors die Fuhre beim reinen Gasschließen nur wenig verzögern. Das kann die Bremse dafür umso besser. Eine 18er-Brembo-Radialbremspumpe an der Front, gepaart mit Brembo Stylema-4-Kolben-Festsättel an der 47er-Gabel sowie die 4-Kolben-Zange hinten bringen die Rocket auf Sportler-Niveau zum Stehen.
Als besonderes Feature hat Triumph bei der Rocket 3 die vordere Bremse mit der hinteren gekoppelt. Greift man vorne zum Anker, entscheidet die IMU-gesteuerte Regelelektronik anhängig von der Verzögerung, der Schräglage und weiteren Parametern, wieviel Bremsdruck elektronisch hinten aufgebaut werden soll. Vom Eingriff hinten während der Fahrt spürt der Fahrer nichts, ein Betätigen der hinteren Bremse ist weiterhin möglich.
Ein weiterer Baustein für das wirklich gute Stopp-Verhalten der Rocket ist das Fahrwerk. Das kommt vorne wie hinten von Showa und ist voll einstellbar. Triumph hat die 120 Millimeter Federweg an der Front und deren 107 am Heck so abgestimmt, dass der große Dreier zwar nicht ultrasensibel über Flickstellen hinwegrollt, dafür aber beim Bremsen oder beim forschen Kurvenswing auch nie rumgautscht. Die Rocket liegt selbst beim Rastenkratzen ohne Schaukelei oder Hinterhältigkeit auf der Bahn.
Das gilt übrigens für die Rocket 3 R und die Rocket 3 GT. Triumph bietet gleich zwei Modell des großen Dreizylinders an. Erstere folgt dem Roadsterprinzip, besitzt einen nur wenig gekröpften, breiten Lenker und recht mittig angebrachte, um 15 Millimeter höhenverstellbare Rasten. Die Rocket 3 GT betont dagegen mehr Gleiten und Reisen. Dafür ist ihr ebenfalls breiter Lenker weiter nach hinten gebogen, liegen die um 25 Millimeter nach vorne und hinten verstellbaren Rasten insgesamt klar weiter vorne, bettet das Sitzpolster den Piloten ein paar Millimeter tiefer. Und auch wenn sich durch diese Unterschiede die Fahrerintegration deutlich unterscheidet, fahrdynamisch liegen die zwei unterm Strich auf sehr ähnlichem Niveau. Beide lassen richtig viel Fahrdynamik zu, winkeln nicht überhandlich, aber sehr verlässlich ab, liegen neutral in Schräglage und sind auch dem flotten Vortrieb durchaus zugetan. Von daher scheint die Weniger-und-Mehr-Formel von Triumph – zumindest was die Präsentationsbikes betrifft – voll aufgegangen zu sein.
Beide Bikes sollen ab Dezember in den Handel kommen. Die Rocket 3 R kostet 21.950 Euro, die Rocket 3 GT 22.750 Euro – jeweils zuzüglich Nebenkosten und inklusive vier Jahren Garantie.